In dieser Hausarbeit wird untersucht, wie verschiedene klassische theoretische Ansätze der
internationalen Beziehungen (IB) eine Kooperation von Staaten in internationalen
Regierungsorganisationen (IROs), die Entstehung von Nicht-Regierungsorganisationen
(NGOs) und anderen globalen Akteuren, anders gesagt Global Governance, erklären. Diese
Fragestellung ist interessant, da es im eigentlichen Sinne nicht um die Analyse einer
Staatenwelt geht, sondern um die Betrachtung des Phänomens der Global Governance mit
dem Mittel klassischer Theorien internationaler Beziehungen. Wie können klassische
Theorien zur Erklärung einer nicht zu leugnenden Ausweitung der Global Governance
herangezogen werden oder braucht man dazu einen neuen Theoriegedanken in Form einer
„Global Governance Theorie der internationalen Beziehungen“?
Im Zentrum der Betrachtung liegt der Realismus, der Idealismus wird als Gegenstandpunkt
zum Realismus beschrieben. Anschließend erläutern zwei weitere Theorien erstens die
spezielle Theorie des neoliberalen Institutionalismus und zweitens die Theorie des
Liberalismus aus ihren Perspektiven das Phänomen Global Governance.
Eine Anwendung des Realismus auf das Phänomen der Global Governance ist insofern
besonders interessant, da sein Theoriebild Kooperation eigentlich ausschließt. Der
Realismus konnte den kalten Krieg erklären. Aber wie kann die neue Situation in den IB
mit dem Phänomen der Global Governance durch den Realismus beschrieben werden?
Unbestritten gibt es heute sich entwickelnde und ausbreitende Kooperationen auf globaler
Ebene. Welches Kalkül also hätte ein realistisch handelnder Akteur. Mit welchen Zielen
und Erwartungen werden Kooperationen eingegangen ohne in Konflikt mit den
Theoriegedanken zu kommen, die Vertrauen in den IB nicht kennen und wo Konflikte
gerne militärisch gelöst werden.
Als zweites wird betrachtet welche Entwicklungen der Global Governance sich in
idealistischen Theorien spiegeln? Generell ist bei den Betrachtungen erstens die Rolle des
Staates aus der Perspektive der jeweiligen Theorie und zweitens die Fähigkeit globale Kooperation zu erklären von besonderer Wichtigkeit. Allem geht eine Beschreibung des
Prozesses der Global Governance als Folge (man möge auch Ursache sagen) der
Globalisierung voran.
Inhalt
1. Einleitung
2. Global Governance und internationale Organisationen
3. Global Governance - ein Erklärungsversuch aus Sicht des Realismus
4. Idealismus - Grundgedanken
5. Neoliberaler Institutionalismus und liberalistische Ansätze
6. Liberalismus und Global Governance
7. Fazit
Abkürzungen
Literatur
Internetquellen
Global Governance - Erklärungsansätze klassischer Theorien internationaler Beziehungen
1. Einleitung
In dieser Hausarbeit wird untersucht, wie verschiedene klassische theoretische Ansätze der internationalen Beziehungen (IB) eine Kooperation von Staaten in internationalen Regierungsorganisationen (IROs), die Entstehung von Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) und anderen globalen Akteuren, anders gesagt Global Governance, erklären. Diese Fragestellung ist interessant, da es im eigentlichen Sinne nicht um die Analyse einer Staatenwelt geht, sondern um die Betrachtung des Phänomens der Global Governance mit dem Mittel klassischer Theorien internationaler Beziehungen. Wie können klassische Theorien zur Erklärung einer nicht zu leugnenden Ausweitung der Global Governance herangezogen werden oder braucht man dazu einen neuen Theoriegedanken in Form einer „Global Governance Theorie der internationalen Beziehungen“?
Im Zentrum der Betrachtung liegt der Realismus, der Idealismus wird als Gegenstandpunkt zum Realismus beschrieben. Anschließend erläutern zwei weitere Theorien erstens die spezielle Theorie des neoliberalen Institutionalismus und zweitens die Theorie des Liberalismus aus ihren Perspektiven das Phänomen Global Governance.
Eine Anwendung des Realismus auf das Phänomen der Global Governance ist insofern besonders interessant, da sein Theoriebild Kooperation eigentlich ausschließt. Der Realismus konnte den kalten Krieg erklären. Aber wie kann die neue Situation in den IB mit dem Phänomen der Global Governance durch den Realismus beschrieben werden? Unbestritten gibt es heute sich entwickelnde und ausbreitende Kooperationen auf globaler Ebene. Welches Kalkül also hätte ein realistisch handelnder Akteur. Mit welchen Zielen und Erwartungen werden Kooperationen eingegangen ohne in Konflikt mit den Theoriegedanken zu kommen, die Vertrauen in den IB nicht kennen und wo Konflikte gerne militärisch gelöst werden.
Als zweites wird betrachtet welche Entwicklungen der Global Governance sich in idealistischen Theorien spiegeln? Generell ist bei den Betrachtungen erstens die Rolle des Staates aus der Perspektive der jeweiligen Theorie und zweitens die Fähigkeit globale Kooperation zu erklären von besonderer Wichtigkeit. Allem geht eine Beschreibung des Prozesses der Global Governance als Folge (man möge auch Ursache sagen) der Globalisierung voran.
2. Global Governance und internationale Organisationen
Global Governance beinhaltet mehr als die internationale Politik zwischen Staaten. Global Governance, auf Deutsch „Weltregieren“, bezeichnet die Formen der international agierenden Organisationen, z. B. WTO, UN, GREENPEACE, ICANN (=Zentralstelle für die Vergabe von Internet-Namen und –Adressen), ICAO (= Internationale Organisation für die zivile Luftfahrt) etc. auf globaler Ebene. Ebenfalls zum Bereich der Global Governance zählen ethnische Gruppen und regionale Vereinigungen. Hier sind besonders regionale Organisationen wie die NATO oder die EU zu nennen. Multinationale Unternehmen (MNUs) und internationale Organisationen zur Koordination der Arbeit von MNUs, beispielsweise der Kommunikationsindustrie, kann man ebenfalls dazu zählen, da sie global handeln, wirtschaften, investieren und Einfluss nehmen. Oft sind gerade sie die Adresse für andere internationale Organisationen und koordinieren internationale Standards. Als Beispiel kann man die UPU (Universal Postal Union) nennen, die bereits seit dem 19. Jahrhundert die weltweiten Standards für den internationalen Postverkehr regelt, aber auch die WTO nimmt eine koordinierende Funktion im Bereich des weltweiten Handels ein. Global Governance schafft Regeln, wächst in politischen Räumen, wo es an zentraler Autorität und Koordinierungskompetenzen fehlt und beispielsweise Beratungskompetenz gebraucht wird.
Internationale Organisationen können sich aus Staaten oder im Falle der transnationalen Organisationen aus gesellschaftliche Gruppen verschiedener Staaten konstituieren.[1] Zusätzlich gibt es supranationale Gemeinschaften, wie z.B. die EU, bei der die Souveränität der Mitgliedstaaten teilweise auf die supranationale Ebene übergeht und Regimes, bei denen Staaten ohne formale Organisation zusammenarbeiten.
Global Governance ist in engem Zusammenhang mit dem Phänomen der Globalisierung zu sehen. Globalisierung meint den Prozess einer sich ändernden Welt in Hinsicht der grenzüberschreitenden Transaktionen (und gleichzeitig der abnehmenden Bedeutung der territorialen Grenzen). Als Folge von geringeren Transaktionskosten, gestiegener Mobilität von Gütern, Dienstleistungen, Menschen und Information, von sich öffnender Märkte und Territorien, sind wirtschaftliche, politische, kulturelle und soziale Ereignisse enger miteinander vernetzt, gegenseitig erreichbar und auch interdependenter. Am weitesten fortgeschritten ist der Prozess der Globalisierung im weltweiten Wirtschafts- und Finanzsystem. Baylis und Smith beschreiben das Phänomen der Globalisierung als einen Prozess "of increasing interconnectedness between societies…".[2] Damit ist auch eine zunehmende Verflechtung verschiedenster Akteure zu immer geringeren Transaktionskosten gemeint.
Die zunehmende globale Verflechtung im Bereich der Politik und in Folge dessen eine Ausweitung globaler Koordinations-, Vermittlungs-, und Schlichtungs-, und Beratungskompetenzen im Bereich der Politik (der Wirtschaft, Kultur etc.) - namentlich Global Governance - aus Sicht einiger Theorien der IB ist Gegenstand dieser Hausarbeit.
Zeitlich lässt sich ein Startpunkt des Prozesses Global Governance schwer festlegen. Die Entdeckung Amerikas oder eine globalisierte Welt zur Zeit der Kelten werden ebenso genannt wie die Phase vor dem 1.Weltkrieg. Verbreitete Zustimmung findet jedoch die Feststellung, dass besonders seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts der Prozess der Globalisierung an Dynamik und in Folge dessen das Wachstum von Global Governance exponentiell zugenommen hat. Dies zeigt sich an der für diese Arbeit besonders interessanten Zahl der internationalen Organisationen,[3] die bei weitem die Zahl der Nationalstaaten übertrifft. Die Schätzungen gehen dabei weit auseinander. Stichweh nennt ca. 23.000 NROs im Jahre 1993, Heintzen spricht von 5.500 NROs und ca. 250 IROs im Jahre 1998.
Grundsätzlich sind unter den internationale Organisationen zwei Hauptgruppen zu unterscheiden. Ersten, die internationalen (zwischen Staaten und von Staatsvertretern zusammengesetzten) Regierungsorganisationen und zweitens die transnationalen (zwischen Gesellschaften agierenden) Organisationen.[4] Zur ersten Gruppe gehören z.B. die UN, in deren Vollversammlung Vertreter der Mitgliedsstaaten sitzen. GREENPEACE, der WWF oder amnesty international gehören zur Gruppe der transnationalen Organisationen. Oft bestehen solche Organisationen aus netzwerkähnlichen Strukturen, die sich aus Regionalgruppen zusammensetzen und es gibt Arbeitsgruppen, die über die Grenzen der Nationalstaaten global zusammen arbeiten. Die IROs verfolgen, je nachdem wie stark sie von ihren konstituierenden Mitgliedern emanzipiert sind, mehr oder minder die Interessen des Nationalstaates, im Gegensatz zu den NROs, die als private Akteure Spezialinteressen oder Ideen (z. B. der Idee der Menschenrechte) nachgehen. Heute kann man folglich eine Welt konstatieren, die zwar weiterhin öffentliche oder staatsbasierte Organisationen kennt, diese aber durch immer mehr „civil society –actors“[5] ergänzt werden.
3. Global Governance – ein Erklärungsversuch des Realismus
Als wichtigster Vertreter der realistischen Schule gilt Hans Joachim Morgenthau.[6]
Für Realisten ist der Staat der Hauptakteur und Souveränität das wichtigste Gut in den IB. Die Souveränität des Staates hängt maßgeblich von seiner Macht ab. Macht bedeutet bei den Realisten in erster Linie militärische Macht. Im Innern des Staates gilt die Ordnung und Sicherheit im Hobbschen Sinne als sicher gestellt, nach außen muss Einfluss gewonnen werden und Macht profiliert werden. Sicherheit kann in einem anarchischen Staatensystem nur durch Selbsthilfe erzeugt werden, da keine höhere Autorität über Krieg oder Frieden wacht. Der Begriff „Sicherheitsdilemma“ bezeichnet eine Situation, bei der Staaten immer wieder Sicherheit (durch militärische Macht) und dadurch wieder Unsicherheit auf Seite der anderen Staaten produzieren. Kooperationen sind unter realistischen Gesichtspunkten Nullsummenspiele, bei denen der eine das gewinnt, was der andere verliert. Folglich werden Kooperationen vermieden. In der Welt des Realismus dominieren Konflikte aufgrund gegensätzlicher Interessen in der Weltpolitik.[7]
Aus neorealistischer Sicht sollen Frieden und Ordnung in einer globalisierten Welt auf hegemoniale Weise zustande kommen. Ein Hegemon soll für Stabilität in einer globalisierten Welt sorgen. Realisten betonen, dass Staaten ihre Macht zum Wohle der eigenen Interessen nutzen. Dabei müssen Staaten in einer anarchischen Staatenwelt, in der sich jeder selbst der nächste ist mit anderen vertrauens un würdigen Staaten konkurrieren. Als Konsequenz gilt Global Governance in Form von humanitärer Hilfe oder Peace-Keeping Maßnahmen in der dritten Welt als nutzlos, zumal es im Realismus das Postulat der Nichteinmischung gibt.[8]
[...]
[1] vgl. Zürn (1998): 176
[2] Baylis & Smith (2001): 7
[3] Stichweh 2000: 253 und Aufsatz von Heintzen online verfügbar, siehe Internetquellen
[4] Zürn, Michael (1998): Regieren jenseits des Nationalstaates, Frankfurt/ M., S. 176
[5] Albert, online verfügbar: URL: http://www.uni-bielefeld.de/soz/iw/pdf/albert.pdf
[6] Baylis & Smith (2001): 150ff
[7] Krell (2000) Kap.6
[8] Menzel (2001): 238
- Quote paper
- Markus Kühbauch (Author), 2003, Global Governance Erklärungsansätze klassischer Theorien der internationalen Beziehungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18665
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