Mit den beiden Begriffen „Furchappell“ und „Werbung“ werden in der Themenstellung zwei Bereiche miteinander verbunden, die auf den ersten Blick nicht zueinander zu passen scheinen, assoziiert man mit Werbung in der Regel doch eher positive Motive wie Glück, Liebe oder Freundschaft, denn furchtauslösende Warnungen vor Bedrohungen. Doch der Einsatz von Furchappellen in der Werbung ist wohl kalkuliert: Zunächst möchte man die Aufmerksamkeit des Rezipienten erreichen, anschließend soll der Empfänger motiviert werden, sich vor der beschriebenen Gefahr durch den Kauf der beworbenen Absatzleistung zu schützen. Dieses an sich einfache Kalkül wird allerdings nur dann aufgehen, wenn bestimmte Erkenntnisse aus der Furchappelltheorie berücksichtigt werden. So steigt z. B. die Überzeugungskraft eines Furchtappells nicht automatisch mit zunehmender induzierter Furcht an und die Reaktion des Empfängers wird sich überhaupt nur dann in eine gewünschte Richtung kanalisieren lassen, wenn der Furchtappell mit einer Handlungsempfehlung verbunden ist.
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1 Einleitung
Mit den beiden Begriffen „Furchappell“ und „Werbung“ werden in der Themenstellung zwei Bereiche miteinander verbunden, die auf den ersten Blick nicht zueinander zu passen scheinen, assoziiert man mit Werbung in der Regel doch eher positive Motive wie Glück, Liebe oder Freundschaft, denn furchtauslösende Warnungen vor Bedrohungen. Doch der Einsatz von Furchappellen in der Werbung ist wohl kalkuliert: Zunächst möchte man die Aufmerksamkeit des Rezipienten erreichen, anschließend soll der Empfänger motiviert werden, sich vor der beschriebenen Gefahr durch den Kauf der beworbenen Absatzleistung zu schützen. Dieses an sich einfache Kalkül wird allerdings nur dann aufgehen, wenn bestimmte Erkenntnisse aus der Furchappelltheorie berücksichtigt werden. So steigt z. B. die Überzeugungskraft eines Furchtappells nicht automatisch mit zunehmender induzierter Furcht an und die Reaktion des Empfängers wird sich überhaupt nur dann in eine gewünschte Richtung kanalisieren lassen, wenn der Furchtappell mit einer Handlungsempfehlung verbunden ist.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Möglichkeiten und die Grenzen aufzuzeigen, die sich beim Einsatz von Furchtappellen in der Werbung ergeben. Dazu werden zunächst in Kapitel 2 für das Verständnis der Materie notwendige Begriffe geklärt bzw. definiert. Kapitel 3 legt mit der Beschreibung der fünf gängigsten Erklärungsmodelle aus der Furchtappell-forschung die Basis für die nachfolgenden Abschnitte, wobei am Ende dieser Modellbetrachtungen außerdem deutlich wird, dass es nicht den Wirkungsmechanismus für Furchtappelle gibt, der universell in allen Situationen zugrunde gelegt werden kann. Es sind vielmehr verschiedne Variablen, die die Wirkung von Furchtappellen bestimmen. Welche Möglichkeiten sich hieraus für den Einsatz von Furchtappellen in der Werbung ergeben, zeigt Kapitel 4, wo die Grenzen liegen, ist Gegenstand von Kapitel 5. Im Fazit der Arbeit wird schließlich anhand eines kurzen Praxisbeispiels demonstriert, dass in der Werbung insbesondere die Verwendung von abgeschwächten Furchtappellen sinnvoll ist.
2 Grundlegende Begriffsbestimmungen
2.1 Werbung
Bezogen auf Absatzmärkte für Konsum-, Investitionsgüter und Dienstleistungen lassen sich für die Werbung zwei globale Ziele formulieren: Sie muss zum einen dafür sorgen, dass der Verbraucher das beworbene Angebot als aktuelle Alternative für seine Kauf-
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entscheidung wahrnimmt, was auch als Aktivierung bezeichnet wird; zum anderen muss Werbung durch das Auslösen von Emotionen und die Vermittlung von Informationen die Einstellung des Konsumenten dahingehend beeinflussen, dass dieser das Angebot kauft. 1 Auf Grund des dabei stattfindenden Austausches von Informationen kann Werbung als eine Form der Kommunikation definieren werden. 2 Für die folgenden Ausführungen wird einschränkend festgelegt, dass sich Werbung vornehmlich den Massenmedien Fernsehen, Rundfunk bzw. Druckerzeugnissen bedient und kommerzielle Absichten verfolgt. 3
2.2 Persuasive Kommunikation
Der Ablauf von Kommunikation lässt sich anhand des allgemeinen Kommunikationsparadigmas von Lasswell beschreiben: Der Kommunikator sendet eine Botschaft über einen Kanal zum Rezipienten, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen 4 (vgl. Anhang 1).
Häufiges Ziel ist es, die Einstellung des Empfängers gegenüber sich selbst, gegenüber anderen Personen, Objekten und Sachverhalten zu bilden bzw. zu ändern und damit auch sein Verhalten zu beeinflussen. In der Psychologie spricht man hierbei von Persuasion bzw. Persuasionswirkung. 5 Wie oben dargestellt, soll im Falle der Werbung die Persuasion in den Kauf des beworbenen Produktes münden.
Auf Einstellungsänderung abzielende Kommunikation verwendet Botschaften, die in ihrer Grundtendenz positiv oder negativ sein können. Positive Botschaften sind Appelle, die das erwünschte Verhalten und dessen positive Konsequenzen betonen; sie werden auch als Lustappelle bezeichnet. Thematisiert die Botschaft dagegen unerwünschtes Verhalten und dessen negative Folgen, so handelt es sich um negativen Botschaften bzw. Furchtappelle. 6
2.3 Furcht und Furchtappell
In der Psychologie versteht man unter dem Begriff „Furcht“ ein Gefühl der Bedrohung vor unerwünschten physischen, sozialen oder finanziellen Konsequenzen. Die Ursachen dieser Bedrohung sind eindeutig feststellbar und die betroffenen Personen haben die
1 vgl. Kroeber-Riel, W. / Esch, F.-R. (2000), S. 35 ff.
2 vgl. Böhler, H. / Scigliano, D. (2005), S. 115.
3 vgl. Schweiger, G. / Schrattenecker, G. (2001), 6 f.
4 vgl. Lasswell, H. (1948), S. 37.
5 vgl. Koeppler, K. (2000), S. 15.
6 vgl. Süss, D. / Arx, von, C. / Marxer, M. (2002), S. 2 und 15.
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Möglichkeit, sich vor der Gefahr gezielt zu schützen. 7 Es ist dabei zwischen unterschiedlichen Formen der Furcht zu unterscheiden, abhängig davon, ob sie sich auf höhere Gefahren (Schmerz, Verletzung, Tod), soziale Belange (verbunden mit Scham oder Schüchternheit), Leistungssituationen (Prüfungen) oder moralische Probleme (zusammen mit Schuldgefühlen) bezieht. 8 Als „Angst“ werden hingegen Gefühle der Bedrohung bezeichnet, wenn diese mehrdeutig und unbestimmt sind, weil keine konkrete Bedrohungsquelle ausgemacht werden kann und die betroffene Person keine Möglichkeit hat, gezielt zu reagieren. 9
Furcht wird im Rahmen von Kommunikation durch eine verbale oder nonverbale Botschaft vom Kommunikator zum Rezipienten übertragen. Teilt diese Botschaft dem Empfänger mit, dass für ihn relevante Werte (wie Leben, Gesundheit, Eigentum etc.) bedroht sind und geschieht dies mit der Absicht, beim Empfänger Einstellungs- oder Verhaltensänderungen herbeizuführen (Persuasion), so spricht man von „Furchtappel- len“. 10 Prinzipiellwird dabei zwischen Furchtappellen mit und ohne angeschlossener Handlungsempfehlung unterschieden.
3 Modelle zur Erklärung der Wirkung von Furchtappellen
Zur Erklärung der Wirkungsweise von Furchtappellen wurden seit Beginn der 1950er Jahre mehrere Modelle und Theorien entwickelt, die sich unterschiedlich strukturieren lassen. 11 Dieser Arbeit liegt die Gliederung von Barth zugrunde, da sie eine Betrachtung der Furchtappellwirkung aus mehreren Perspektiven erlaubt. Barth unterscheidet anhand von Forschungsmethodik und Erkenntnisinteresse zwischen drei Theorierichtungen: Modelle der traditionellen Furchtappelforschung beschäftigen sich v. a. mit der Frage, welche Effekte unterschiedlich starke Furchtappelle auf das Verhalten eines Rezipienten haben. Primäres Untersuchungsziel sozialkognitiver Modelle ist die Frage, welche Komponenten eines Furchtappells welchen Einfluss auf die Persuasionswirkung
7 vgl. Koeppler, K. (2000), S. 425. Im Gegensatz zu anderen Autoren ist Koeppler allerdings der Ansicht,
dass „Furcht“ und „Angst“ auf Grund fehlender empirischer Belege nicht genau zu unterscheiden sind.
Vgl. außerdem Krohne, H. (1996), S. 8 f
8 vgl. Ulich, D. / Mayring, P. (1992), S. 153.
9 vgl. Krohne, H. (1996), S. 8.
10 vgl. Barth, J. / Bengel, J. (1998), S. 51.
11 vgl. z. B. Dillard, J. (1994), S. 295 ff oder Koeppler, K. (2000), S. 427 - 435.
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haben. Modelle der Einstellungsänderungsforschung untersuchen, wie der Empfänger ihn erreichende Furchtappelle verarbeitet. 12
3.1 Modelle der traditionellen Furchtappellforschung
3.1.1 Triebreduktionsmodell
Die zentrale Annahme dieses erstmals 1953 von Hovland und Koautoren vorgestellten Modells ist, dass Furcht die Funktion eines Triebreizes besitzt. 13 Triebreize entstehen im Inneren des menschlichen Organismus und verlangen nach Aktionen zu ihrer Beseitigung. 14 Ein Furchtappell veranlasst folglich den Empfänger zu Reaktionen, welche die induzierte Furcht verringern. Der Lerntheorie entsprechend, werden dabei jene Reaktionen häufiger auftreten, die zu einer verstärkten Furchtlinderung führen. Um die Handlungen des Individuums in eine gewünschte Richtung zu lenken, muss der Furchtappell mit einer furchtreduzierenden Handlungsempfehlung verbunden werden. 15 Hypothese des Modells ist, dass zu schwache Furchtinduktion keine Veränderung von Verhaltensabsichten im Sinne der Handlungsempfehlung zur Folge hat, da keinerlei Aufmerksamkeit geweckt wird. Den gleichen Effekt haben zu starke Furchtappelle, allerdings deswegen, weil es seitens des Empfängers zu Abwehrreaktionen kommt. Die größte Wirkung erzielen folglich Botschaften mit mittlerer Furchtstärke 16 (vgl. Anhang 2).
3.1.2 Kurvenlineares Modell
Ebenfalls 1953 traten Janis und Feshbach mit einer Studie 17 an, um das Triebreduktionsmodell empirisch zu überprüfen. Ging man ursprünglich davon aus, dass die Persuasionswirkung umso größer ist, je stärker die Furchtinduktion der negativen Botschaft ist, bestätigte die Studie tatsächlich die oben beschriebene Hypothese, dass die Persuasionswirkung von Furcht ab einer bestimmten Höhe wieder rückläufig ist 18 (Kurve 3 in Anhang 3). Janis und Feshbach erklären dies damit, dass Angst zwei Faktoren enthält: Zum einen sog. überredungsfördernde Faktoren, wie erhöhte Aufmerksamkeit und gesteigertes Bedürfnis zur Beruhigung. Ihr Anteil wächst zunächst mit steigender Angststärke stark an (Kurve 1 in Anhang 3). Zum anderen sind sog. überredungshemmende
12 vgl. Barth, J. (2000), S. 107 ff.
13 vgl. Hovland, C. / Janis, I. / Kelley, H. (1976), S. 60 ff.
14 vgl. Freud, S. (1963), S. 211 f.
15 vgl. Barth, J. / Bengel, J. (1998), S. 52 ff.
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