Die gotischen Wandmalereien der Burgkapelle von Mauterndorf in Salzburg - Eine stilkritische Analyse zur chronologischen Einordnung


Diplomarbeit, 2001

144 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Die gotischen Wandmalereien der Burgkapelle von Mauterndorf in Salzburg

Eine stilkritische Analyse zur chronologischen Einordnung

Zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra der Geisteswissenschaften

Für Doris

DANKSAGUNG

Zu guter letzt gilt mein Dank noch all jenen nicht namentlich Genannten, die mir mit guten Ratschlägen und Aufmunterungen stets zur Seite standen.

I. EINLEITUNG

Der Ort Mauterndorf war das Verwaltungszentrum jenes "praedium in Lungowe", das Erzbischof Hartwig von König Heinrich II. 1002 unter der Bedingung als Schenkung erhielt, daß es nach dem Tode des Erzbischofs an das Salzburger Domkapitel falle. Mauterndorf besaß - obgleich zu dieser Zeit noch ohne Burg - große Bedeutung, weil an dieser verkehrstechnisch wichtigen Nord-Süd-Verbindung Maut eingehoben wurde, welche ab 1143 dem Domkapitel ebenfalls durch Schenkung zufiel. 1

Die Baugeschichte der Burg Mauterndorf geht bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts zurück. Möglicherweise wurde sie an der Stelle einer römischen Anlage

zum Schutz der Tauernstraße errichtet, die schon von den Römern benutzt wurde: 2 "Am 4. August 1253 erlaubte Papst Innozenz IV. dem Domkapitel, zum Schutze seiner Besitzungen auf eigenem Boden Burgen zu erbauen. Da das Domkapitel hauptsächlich im Lungau einen geschlossenen Besitz hatte, und wir in der Folge von einer anderen domkapitlischen Burg nichts hören, wird diese Erlaubnis wohl mit dem Bau der Burg Mauterndorf in Zusammenhang zu bringen sein," 3 da sonst von keiner Burg des Domkapitels zu hören ist und zudem im Lungau dessen reichster Besitz lag. 4 Um 1330 wurde die Burg um den Kapellentrakt erweitert. 5

Erzbischof Heinrich zu Friesach verleiht am 27. Juli 1339 der "Basilica sita in castro Mauterdorf" ...„auf die bevorstehende Kirchweih und dann später für genannte Festtage 40 Tage Ablaß“ 6 , woraus wir die Erbauungszeit der Schloßkapelle mit dem Patrozinium Heinrich, Kunigunde und Virgil gewinnen können. Es ist allerdings nicht bekannt, ob die Burg im Mittelalter erzbischöflich oder domkapitlich war, da die Urkunden darüber schweigen. Für letzteres sprechen jedoch die Kaplaneistiftung des Dompropstes von 1458, sowie die vom Dompropst Burkart von Weisbriach (1452-1461) veranlaßten Wandmalereien und Altarflügel und die dem Dompropst Ebran von Wildenburg zugeschriebene Verstärkung des Schlosses von 1480. 7

Weitere Ausbauten erfolgten durch Erzbischof Leonhard von Keutschach, der vor allem die Räume oberhalb der Kapelle 1494 errichten und mit hohem Kostenaufwand das „Keutschacherzimmer" mit Holztäfelung bzw. originaler Rankenbemalung ausstatten ließ. 8

Durch die Güterzuweisung bei der Säkularisation des Domkapitels fiel Schloß Mauterndorf 1514 jedenfalls an das Domkapitel. 1546 wurde an der Burg wieder gebaut, wobei ein neuer Teil angefügt wurde. Dieser Anbau scheint sich mehr als ein Jahrzehnt bis 1559 hingezogen zu haben, da als Bauleiter zu dem

in Aussicht stehenden Abschluß ein Meister Wilhelm Pongartner, Steinmetz aus Murau, genannt wird. 9

Durch diesen Bauabschnitt scheint die Burg ihr charakteristisches Bild erhalten zu haben, wie es uns auch noch heute, ungeachtet späterer Umbauten, entgegentritt. Offensichtlich war dies bis Ende des 19. Jahrhunderts der letzte entscheidende Eingriff in die Bausubstanz (Abb. 1). 10 Im Zuge der Säkularisierung des Domkapitels 1806 wurde die Burg inkameriert und als nicht ertragreich dem Verfall preisgegeben, nachdem alles Mobile abmontiert und veräußert worden war. Die Kapelle wurde 1827 als lebensgefährlich gesperrt, der Altar 1831 in die Pfarrkirche übertragen und die Burg 1832 endgültig zur Ruine erklärt. In der Folge wechselte die Burg oftmalig die Besitzer: 1836 kaufte sie der Kreishauptmann Karl Graf Welsperg-Raitenau, der sie schon 1839 an Veit Mauser, Mühltalbauer in Mauterndorf abgibt. 11 1855 wurde die Kapelle wiederhergestellt und 1860 der Altar zurückgebracht. Im Jahre 1861 erfolgte die Weihe unter dem Patrozinium „Unsere Liebe Frau“. 12 1892 erwarb der Postmeister Isidor Gugg die Burg von den Erben Mausers, dem Metzger Urban Mauser und der Gastwirtin Maria Mauser, verehelichte Mayr. Dr. Hermann Epenstein, ein vermögender königlich preußischer Stabsarzt und später Ritter von Mauterndorf erwarb die Burg 1894 in sehr desolatem Zustand, so daß es (Zitat Berger) „...heute nur mehr eine namentlich historische bemerkenswerte Ruine ist." 13 In den folgenden Jahren bis 1901 ließ er sie - beraten von seinem Freund Graf Wilczek - durch den Architekten und Konservator Regierungsrat Vitus Berger in mustergültiger Weise wieder instand setzen und restaurieren. 14 Die Malereien der Schloßkapelle wurden von Josef Gold 1901 unter möglichster Schonung des alten Bestandes renoviert. 15

Durch den Tod Baron Epensteins 1934 ging der Besitz an dessen Witwe Elisa- über, welche für die Burg ihrerseits, nachdem sie 1939 gestorben war, das ehemalige Patenkind ihres Gatten, Hermann Göring, als Erben einsetzte. Dieser nahm sich jedoch damals nicht die Zeit, um seinen neuen Besitz ins Grundbuch einzutragen, womit die Schenkung ungültig wurde und Familie Marschall - die Erben der Frau von Epenstein - als rechtmäßige Erben auftraten. 16 In deren Hand blieb die etappenweise instand gesetzte Burg bis 1942, anschließend bis 1945 fiel sie an das Deutsche Reich. 17

Danach wurde die Burg 1966 an die Republik Österreich verkauft und ist seit 1968 im Besitz des Landes Salzburg, welches diese durch großzügige Renovierungsarbeiten intakt hielt. Vor allem durch die Umbauten von 1979 bis 1981 wurde Schloß Mauterndorf in ein Kulturzentrum mit dementsprechenden Veranstaltungsräumlichkeiten adaptiert und revitalisiert. Seit 2000 wird mit einem neuen Konzept „Erlebnisburg Mauterndorf" versucht, die Burg vor allem auch für junge Besucher und Familien attraktiv zu gestalten (Abb. 2). 18

2. Forschungsstand

überhaupt nicht auf - ein weiterer Hinweis über das Fehlen einer wissen- Bearbeitung. 19

Meine Nachforschungen erfolgten nicht nur in der Instituts- oder Universitätsbibliothek, sondern ich suchte auch nach „Spuren" im Bundesdenkmalamt in Wien und Salzburg. Mein Weg führte ebenfalls in diverse Archive Salzburgs - die Unterlagen im Konsistorialarchiv waren allerdings wenig aufschlußreich 20 , während sich im Salzburger Landesarchiv neben einem Foto der Triumphbogenwand der Mauterndorfer Schloßkapelle aus dem Jahre 1909 21 , ein Zeitungsartikel von 1892 fand, in dem von qualitätvollen Aquarellen, die den Charakter der alten Wandmalereien möglichst getreu wiedergeben, berichtet wird. 22 Treffend wird die Situation von Ernst BACHER in dem erst kürzlich herausgegebenen Band von Ronald GOBIET genannt, in dem er Otto DEMUS mit einem Zitat von Paul CLEMEN zu Wort kommen läßt: „Die mittelalterliche Wandmalerei ist das Lieblingskind der Denkmalpflege und ein Stiefkind der Forschung" 23 - Lieblingskind deshalb, weil ebendiese Kunstgattung einerseits zu den besonderen Sorgenkindern dieses Aufgabenbereiches zählt und andererseits immer wieder neue Entdeckungen gemacht werden. Der zweite Aspekt mit dem Hinweis, daß die mittelalterliche Wandmalerei ein Stiefkind der Forschung sei, ist mit der großen Quantität der in den letzten Jahrzehnten freigelegten Wandmalereien, mit denen die Forschung nicht Schritt halten konnte, zu erklären. 24 Auch in diesem neuesten Band über Wandmalereien in Salzburg, wird die Wandmalerei der Schloßkapelle von Mauterndorf nur zweimal kurz im Beitrag von Andreas RUDIGIER erwähnt - einerseits als Kurzzitat aus der Kunstge-

schichte Franz MARTINS, in dem er die Krönung der heiligen Maria und deren Verherrlichung vor dem Thron Salomons in der Mauterndorfer Schloßkapelle als bedeutendstes und zugleich ältestes Bild der nur vereinzelt erhaltenen Spuren der gotischen Wandmalereien in den Kirchen beschreibt und die Datierung um etwa 1350 ansetzt 25 - andererseits in einer Fußnote, in der er die Wandmalereien als Vergleich, wenn auch nur im weiteren Sinne, heranzieht. 26 In einer naturwissenschaftlichen Diplomarbeit von Thomas SCHREIL und Michaela ZITZ werden die Burgkapelle und die Malereien kurz vorgestellt, allerdings gibt es im ikonographischen Programm Divergenzen zu anderen Arbeiten. 27

Franz FUHRMANN beruft sich in seinem Beitrag über die Entstehung des Kapellentraktes um 1330 und der Wandmalereien um 1350 ebenfalls auf die ÖKT. 28

Elga LANC behandelt in ihrem Corpuswerk zwar nicht Mauterndorf, aber dafür den Freskenzyklus der Göttweigerhofkapelle von Stein an der Donau, in dem die gesamte Westwand der Kapelle von Maria als Thron Salomonis eingenommen wird. Ihre systematische Vorgehensweise und vor allem das Schema der Wandabwicklung der Kapelle war für mich ein wichtiger Anhaltspunkt für meine Diplomarbeit. 29 Für sie steht die Datierung der Wandmalereien in den Jahren zwischen 1305 und 1310 außer Frage, 30 während Josef ZYKAN, der sich mit dem selben Thema in einem früheren Artikel beschäftigt hat, dieselben Arbeiten

der Malschule des Stiftes von St. Florian in Oberösterreich und zeitlich zwi- 1310 und 1320 einordnet. Für ihn würde dieser Freskenzyklus als Vorbild für die bedeutendsten österreichischen Malereien der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts gelten. 31

Schon von der Entstehungszeit her können die Wandmalereien von Stein als Vorbildmöglichkeit für die Schloßkapelle von Mauterndorf angenommen werden

- doch darauf wird später noch eingegangen werden. Friederike ZAISBERGER und Walter SCHLEGEL geben in ihrem gemeinsamen Buch zwar nur einen kurzen Abriß über die Geschichte der Burg, aber in der Literaturangabe dann doch einige ältere Quellen bzw. Zeitschriften an. 32 In einem Aufsatz von Herbert KLEIN erhält man neben geschichtlichen Daten zur Burg Mauterndorf den bis heute gültigen Hinweis, daß eine eingehende Bauuntersuchung noch aussteht. 33

In seinem Bericht „Wand- und Tafelmalerei" verschafft Walther BUCHO-WIECKI einen detaillierten Überblick über die Entwicklung der österreichischen Malerei in der Gotik und erklärt genau die ursprüngliche Bedeutung der Wandmalerei bzw. spätere Zurückdrängung durch die Tafelmalerei. 34 In einer knappen, vierzeiligen Aussage erklärt er: „...der Linienstil ist, etwa im Kapitelhause zu Engelszell, noch bis um 1350 in etwas vergröberter Ausführung zu verfolgen; in den tiefsten Alpenlandschaften - Mauterndorf, Schloßkapelle - strebt man gleichzeitig, weitaus feiner, mit dem Thron Salomonis noch immer dem großen Vorbilde zu Gurk nahezukommen." 35

Ein ausführlicher Bericht von Christine MICHNA gibt Aufschluß über die Entwicklung des salomonischen Thronsymbols in Österreich anhand einer Auflistung bzw. Gesamtübersicht der Kunstwerke und Denkmäler. Hier bekommt man gleichzeitig, neben einem Überblick der möglichen Vorläufer Mauterndorfs, die Anmerkung, daß es sich bei der Wandmalerei der Burgkapelle um eine interessante Abweichung vom Urtypus, durch die Hereinnahme der Marienkrönung,

handelt. 36 Dieselbe Autorin behandelt in ihrer Dissertation eingehend die Ent- die Verbreitungsgebiete und die möglichen Formen des Bild Marias als Thron Salomonis vom Mittelalter 37 bis zum Höhepunkt im 14. Jahrhundert, um im 15. Jahrhundert langsam mit dem gleichzeitigen Ausklingen der Mystik aus dem vorherrschenden Ideenkreis zu verschwinden; ein kurzer Exkurs verweist auch auf die Symbolik des Salomonischen Thrones in der Barockzeit. 38 Besonderen Schwerpunkt legt sie auf das deutsche Sprachgebiet unter der speziellen Berücksichtigung von Österreich und vor allem Salzburg - von wo aus das Fresko der Schloßkapelle zu Mauterndorf als „viertes" Denkmal inspiriert worden bzw. in Zusammenhang zu bringen ist. 39

Im vierten Teil ihrer Dissertation gibt sie im Katalogteil neben einer Beschreibung der Beispiele noch die Datierung sowie die jeweilige gültige Literatur an und setzt das Fresko von Mauterndorf - (Michna spricht im allgemeinen immer von Fresken und nie von Wandmalereien) - schon relativ früh, um 1330, an. 40 In einem Artikel im Lexikon der Kunst erfolgt eine Aufzählung zahlreicher Beispiele, welche die Beliebtheit des Bildthemas des Thron Salomos bezeugen. Diese können teilweise auch als Vergleichsobjekte für die Burgkapelle zu Mauterndorf herangezogen werden. 41

Heribert HUTTER bietet in seiner Arbeit einen Gesamtüberblick der Wandmalereien in Österreich im 14. Jahrhundert und behandelt stilkritisch die Gebiete je nach ihren Entwicklungen bzw. Einflüssen, die hauptsächlich aus dem Italieni-

schen aber auch teilweise aus Böhmen nach Österreich hereinwirkten. 42 Zudem kann sein Literaturverzeichnis bzw. die Aufsatzliteratur als sehr hilfreich und mehr als ausgiebig bezeichnet werden. 43 In seinem Katalogteil behandelt er in alphabetischer Reihenfolge jene Denkmäler der Wandmalerei des 14. Jahrhunderts, die relativ gut erhalten oder bekannt bzw. schon dementsprechend freigelegt sind. 44 Dort findet man auch eine kurze ikonographische Beschreibung der Burgkapelle von Mauterndorf bzw. einen Hinweis auf „Verwandtschaft" mit deutschen Tafeln der Jahrhundertmitte, und zwar der Bebenhausener Tafel zu Stuttgart. 45

Unbedingt zu erwähnen ist noch der Beitrag Franz MARTINS, der neben den genauen historischen Daten und einer exakten Baubeschreibung der gesamten Burg Mauterndorf noch die Wandmalereien der Burgkapelle ikonographisch beschreibt sowie eine Datierung angibt. 46 Auch findet sich hier ein schon vorhin erwähntes Aquarell in Schwarz-Weiß-Abbildung von 1892 - also vor der Restaurierung durch Josef Gold im Jahre 1901. 47

Da trotz intensiver Suche sonst keinerlei schriftliche Hinweise auf die Restaurierung bzw. den Restaurator „aufzuspüren“ waren, ist es durchaus möglich, daß Josef Gold vielleicht Franz Martin noch persönlich bekannt war. Auch die Restaurierungsberichte im Bundesdenkmalamt geben darüber keine Auskunft; es finden sich darin nur eine dürftige Beschreibung der Burg und Kapelle, der Literaturverweis auf die ÖKT bzw. Dehio und die Dissertation von Heribert HUTTER, sowie ein kurzer Abriß aus eben diesen Unterlagen. 48 Aus der Arbeit von Letztgenanntem liegt noch in Kopie sein bereits oben genannter Bericht bei. 49

Als einzige Literatur, die sich neben dem Datierungsproblem etwas eingehender mit der Stilfrage beschäftigt und zumindest die Triumphbogenwand ausführlicher beschreibt, ist das Werk Otto FISCHERS, der die Malereien - aufgrund

der gleichzeitigen Entstehungszeit - wiederum mit der Bebenhausener Tafel in eine Stilverwandtschaft setzt. 50

Von größtem Interesse war für mich die Auflistung von Abbildungen und Negativen vor und nach der Restaurierung, die sich demnach im Archiv des Bundesdenkmalamtes in Wien befinden sollen. Bei der genaueren Untersuchung fanden sich dort zwei Ordner mit alten Fotographien; in ersterem eine komplette Serie über die Restaurierungen an der Burg im Jahre 1894 bis 1895, wobei eine Aufnahme der Triumphbogewand von besonderem Interesse war, da man recht gut den Zustand vor der Restaurierung im Jahre 1901 erkennen kann. Allerdings handelt es sich hier nur um Fotos, die Negative waren nicht aufzufinden, und über deren Verbleib ist auch nichts bekannt. Da die Bilder jedoch genauestens nummeriert sind und in den Restaurierungsberichten ohne Nummer ausgewiesen sind, muß es sich um verschiedene Aufnahmen handeln. 51 Im zweiten Ordner befanden sich zwei Aufnahmen der Aquarelle von 1892, welche die Apsis und die Triumphbogenwand darstellen. 52 In einem Artikel in den Mitteilungen an die Zentralkommission aus dem Jahre 1899 erfahren wir: „Schon im Jahre 1894 hatte Conservator Director Berger an die Central-Commission berichtet, daß das hochinteressante, leider ruinenhafte mittelalterliche Schloß Mauterndorf im Lungau von dem Med. Dr. Hermann Epenstein in Berlin angekauft wurde und in bewohnbaren Stand gesetzt werden soll." Weiters „nur die Capelle und das Thorwarthaus waren halbwegs im Stande. So stand es mit dem Schloße im Jahre 1894, das bereits 1832 amtlich zur Ruine erklärt wurde." 53 Es werden zudem die Schäden sowie vorgenommene Restaurierungen im Detail aufgezählt und darauf hingewiesen, daß das Äußere keinerlei Veränderungen zeigen würde. 54 Leider vermißt man eine Beschreibung des Zustandes der Wandmalereien der Schloßkapelle. Als sehr ausführlich kann man den Bericht von Vitus Berger bezeichnen, der neben der genauen Situation der Burg noch die Schloßkapelle als „wohlerhalten inmitten des Ruinenhaften dastehend" und die „Freskomalereien als ziemlich

gut erhalten" wiedergibt. Demnach ist die Kapelle seit der Restaurierung um 1860 der Benützung wiedergewonnen und wird von der Pfarre Mauterndorf erhalten. 55

Die immer wieder im Text ausgewiesenen Tafeln (z.B. Grundriß, Musikempore usw.) dürften nur beim Original - welches an die k.k.Z.K. Wien übersendet wurde - dabeigewesen sein. 56

Diese Aufnahmen waren leider trotz intensiver Bemühungen nicht zu finden. Allerdings befanden sich im Fotoarchiv der ÖNB Glasplatten mit Aufnahmen der Triumphbogenwand - eine davon eine Fotographie aus dem Jahre 1894 des Amateurs Karl Mössl aus Wien, welche sehr deutlich den Zustand vor der Restaurierung wiedergibt (Abb. 7).

Zwei weitere waren die Glasplatten, welche die Aufnahmen Franz Martins von den Malereien der Burgkapelle (Abb. 5 u. Abb. 6) darstellen, die in der ÖKT aufscheinen. Die dritte Fotographie zeigt ein Detail der linken Chorwand nach der Restaurierung, allerdings ist ein genaueres Aufnahmedatum nicht bekannt.

3. Aufgaben- bzw. Problemstellung

Demnach ergibt sich auch die Aufgabenstellung für diese Diplomarbeit, anhand von stilkritischen Vergleichen zu versuchen, eine ungefähre zeitliche Einordnung bzw. Zuordnung eines „Meisters" bzw. Werkstatt für den Freskenzyklus der Burgkapelle von Mauterndorf zu finden.

Dazu muß allerdings noch betont werden, daß ich gerade bei der Bestimmung der Maltechnik, des Erhaltungszustandes und vor allem auch bei den Farben auf meine eigenen Augen angewiesen und das Heranziehen eines Fachmannes oder Restaurators nicht möglich war, weil es den Rahmen dieser Diplomarbeit übersteigen würde.

4. Baubeschreibung

niedrige gotische Chor selbst endet in einer dreiseitigen Apsis (Chor- bzw. Ka- mit drei hohen Spitzbogenfenstern als Beleuchtung, 59 wobei das Ostfeld schmäler als die Schrägseiten ist. Im gotischen Rippengewölbe vereinigen sich vier Rippen in einem runden, mit einer fünfblättrigen Rose besetzten Schlußstein. Rechts vom Triumphbogen befindet sich noch ein kleiner rechteckiger Wandschrank. 60

5. Gesamtausstattung

Besonders Salomon (A 43) und David (A 44) werden durch ein eigenes „Po- sowie eine bankartige mit Rundbögen versehene Architektur vom Thron abgegrenzt und gleichzeitig hervorgehoben.

Eine noch deutlichere Unterstreichung ihrer Stellung erfahren Maria (A 4) und Christus (A 5), welche völlig isoliert von den anderen Personen in einer eigenen loggiaartigen Behausung auf einer Bank sitzen.

Der darunterliegende Balken, der von kleinen zarten Rundbögen durchbrochen wird, ist der bankartigen Abgrenzung oberhalb der Köpfe Salomons und Davids sehr ähnlich und findet sich ebenfalls über dem rechten und linken Fensterfeld der Apsis (B 4, B 7) wieder.

Neben den architektonischen Elementen bereichern vegetabile Formen die Szenerie; schlangenförmige Ranken, die in dreiblättrigen Zweigen auslaufen verbinden die Heiligenbüsten auf der linken bzw. der rechten Seite des Triumphbogens (A 7 bis A 14 und A 15 bis A 22). Ein weiteres sehr plastisch wirkendes Element ist der von einem Band umwundene Stab an der Innenseite des Triumphbogens (A 3), der gleichzeitig eine deutliche Grenze zwischen dessen Programm und dem der Apsis bildet.

Eine Kombination aus ornamentalen und vegetabilen Formen verziert die Zwickeln der Apsisdecke (B 14, B 15). Die schmalen Felder zwischen den Fenstern (B 8, B 9, B 12), sowie ein schmaler Streifen (B 17) als Begrenzung des nördlichen Zwickels (B 15) schmücken verschiedenfarbige pflanzenähnliche Formen und sind offensichtlich rein dekorative Zier- bzw. Füllelemente. In den Hauptfeldern (B 3, B 4, B 6, B 7, B 11) werden Personen aus dem Alten Testament dargestellt.

Allgemein ist zu sagen, daß versucht wurde, die Architektur und die Personen in einem relativ hohen Realitätsgrad darzustellen, vegetabile Elemente aber noch sehr illusionistische Motive zeigen. Plastische Verzierungen gibt es aus Mörtelschichten, die einerseits als architektonische Begrenzungen das „Krö- nungsgehäuse“ von Christus und Maria oben und unten abschließen. Andererseits sind alle Nimben, die von Maria (A 4), Christus (A 5), alle Heiligenbüsten (A 7 - A 22), Löwen (A 23 - A 28) und Figuren des Thrones (A 29 - A 42), sowie einige Personen der Apsis, wie etwa die beiden Johannes (B 2, B 10) und die beiden Abraham (B 4, B 7) auszeichnen, durch diese Methode optisch erhöht.

Die Kämpfer an der Innenseite der Triumphbogenwand werden durch die seitli- Bemalung von Rankenwerk, welches beide durch ein schmäleres Band gleichartiger Dekoration (B 17) miteinander verbindet, in das gesamte Programm miteinbezogen.

5.2. Ikonographisches Programm

mittelalterlichen Typologie entspricht dem Vorbild der Marienkrönung jener Moment, in dem Salomon seine Mutter neben sich zu seiner Rechten auf den Thron setzt. 68 Hier steht also der Gedanke an die Königin des Himmels 69 sowie die Braut-Bräutigam-Beziehung im Vordergrund, d.h. die Vermählung Christi mit der Kirche, 70 wobei Maria die bräutlich gekrönte Ecclesia darstellt. 71 Doch sind die Zeichen der „Sedes Sapientiae“ auf dem symmetrischen Stufenthron, wie die Löwen, die Tugenden und die Propheten vorhanden, und huldigen so Maria als die zentrale Figur des Krönungsgeschehens. 72 In ihr vereinigen sich somit verschiedene Bedeutungsinhalte, deren Hauptgedanke die Auserwähltheit Marias zugrunde liegt: der salomonische Löwenthron, die im Tempel der Weisheit thronende Sapientia - denn Maria ist selbst „die wahre Weisheit“ 73

- und die bräutlich gekrönte Ecclesia. 74

Im gesamten betrachtet, handelt es sich bei diesem Programm um eine großartige Huldigungsszene Marias, die durch die Heiligenmedaillons (A 7 - 22) sowie durch die beiden Figuren des Salomons (A 43) links und Davids (A 44) rechts noch erweitert werden, welche beide als Sockelfiguren auf Postamenten am Fuße des Thrones stehen und durch die namentliche Beschriftung oberhalb ihrer gekrönten Häupter als solche kenntlich gemacht sind. Sie gelten als Antitypen Christi, da der mittelalterlichen Denkweise entsprechend die alttestamentlichen Aussagen christologisch gedeutet, d.h. als Voraussetzung für die Erfüllung der Heilsgeschichte im Neuen Testament verstanden werden. Der hier jugendliche, wegen seiner Weisheit und Gerechtigkeit berühmte Salomon, König

des Alten Bundes, wird dem König des Neuen Bundes, Christus, der mehr ist

als Salomon, sinnbildlich gegenüber- bzw. „zu Füßen“ positioniert. 75 Salomons Vater David, als bärtiger König auf der rechten Seite dargestellt, verkörpert einerseits das Sinnbild der Gerechtigkeit und andererseits - in Verbindung mit

67 Vgl. Lechner, Martin: Maria. In: LCI. Bd. 3. zit. Anm. 66), 1971, Sp.183.

Salomon und Christus - die Grundidee allen von Weisheit geleiteten und ge- Regierens eines christlichen Herrschers. 76 Die sechs Stufen des Thrones bedeuten die Schöpfungstage, Weltalter und sechs Tugenden Salomons als Lehrer der Lebensweisheit 77 . Außerdem weisen sie darauf hin, daß die Jungfrau Maria, die sechs Stände der Seligen d.h. Patriarchen, Propheten, Apostel, Märtyrer, Bekenner und Jungfrauen noch übertrifft. 78

Den Hintergrund der Krönungsszene bildet ein blauer Himmel, der mit goldenen Sternen übersät ist. Links und rechts des Triumphbogens befinden sich je acht Medaillons mit Brustbildern von nimbierten Heiligen (A 7 - 22), welche von einem wellenförmig laufenden Ast (A 6), der mit dreiblättrigen Zweigen endet, umschlossen und gleichzeitig miteinander verbunden werden. Da diese Medaillons teilweise leserliche Namensinschriften in der äußeren kreisförmigen Einfassung der Bilder tragen, konnten sie von Franz MARTIN großteils benannt werden. Die Reihenfolge ist beginnend an der Evangelistenseiten von unten demnach: unbekannte Heilige (A 7), Bischof mit Stab und Palme (A 8), S. Saturninus martir (A 9), S. Crisantus martir (A 10), S. Modestus martir (A 11), S. Vitus martir (A 12), S. Sebastianus martir (A 13) und S. Fabianus papa (A 14).

Von rechts oben nach unten: S. La(m)pertus e(pisc.) et martir (A 15), S. Vincentius martir (A 16) (mit Rost, Buch und Palme), S. Georius martir (A 17), S. Hermes martir (A 18) und S. Ciprianus martir (A 19). Die letzten drei unteren Heiligen sind nicht mehr zu entziffern, sie stellen einen männlichen Heiligen (A 16) mit Buch und Palme, sowie zwei weibliche Heilige (A 21 und A 22) mit Buch und Palme dar.

Zu beiden Seiten des Spitzbogens führen von der Zweidrittel-Höhe ausgehend je sechs Stufen abwechselnd in blauer und weißer Farbe, vor denen je ein Lö- we (A 23 - 28) steht, zum Thron empor. 79 Die insgesamt zwölf Löwen beiderseits des Thrones verkörpern einerseits - alttestamentlich - die zwölf Stammvä-

75 Vgl. wie Anm. 73)

ter Israels, somit auch die Urväter Marias, andererseits - neutestamentlich - die zwölf Apostel.

Das oberste Löwenpaar kann auch die beiden Johannes vertreten: Johannes den Täufer, den letzten und größten Propheten des Alten Testaments und gleichzeitig Wegbereiter und Vorläufer des Messias, sowie Johannes den Evangelisten, in dessen Evangelium der Beginn auf den Logos (die Ewige Weisheit) hinweist. 80

Auf den Stufen, unter baldachinartiger Architektur mit dünnen Säulen, stehen beiderseits je vier weibliche Figuren (Tugenden, A 29 - 36) mit Schriftbändern, wobei die jeweils unterste Tugend nicht auf einer Stufe, sondern auf einem eigenen kleinen Podest steht. Linkerhand befinden sich Humilitas (A 29), Prudentia (A 30), Asces(is) (A 31) und Caritas (A 32), auf der rechten Seite von oben nach unten Castitas (A 33), Sophia oder Sapientia (A 34), Virginitas (A 35) und Obedientia (A 36).

Über den Baldachinen der drei äußeren Tugenden befinden sich auf jeder Seite unter Dreipässen bzw. Kiel- und Rundbogen die Brustbilder von je drei männlichen Heiligen (Propheten, A 37 - 42), die ebenfalls lange Spruchbänder tragen, deren Beschriftung aber nicht mehr zu entziffern ist. Getrennt durch eine bankartige, links drei- und rechts vierbogige Architektur, stehen unterhalb dieses Stiegenbaus unter einem auf Säulen ruhenden Dreipaß, der nach oben einen Kielbogen bildet, beiderseits je eine gekrönte Gestalt (Salomon und David) mit einem langen Schriftband in den Händen. Die gesamte Triumphbogenwand wird auf der rechten Seite durch ein schmales Zickzackband (A 45) vertikal eingefaßt. 81

In der Apsis (B) vereinigen sich Szenen aus dem Alten Testament mit ornamentalen und vegetabilen Elementen zu einer dekorativen Gesamtausstattung, wobei die Figur des Johannes des Täufers (B 2) - der mit der Rechten auf das in der linken Hand gehaltene Lamm weist - an der Leibung des Triumphbogens nicht nur die Überleitung von der Ostwand zum Chorerker, sondern gleichzeitig die Verbindung vom Alten zum Neuen Testament schafft. Ihm gegenübergestellt - gleichsam als Gegenpol - findet sich Johannes Evangelist (B 10) mit Buch und Feder. Beide Figuren werden von je einem Dreipaß mit

Kielbogen und Dach mit zwei Dreiecksgiebeln bekrönt und befinden sich auf blauem Grund mit goldenen Sternen. Gleichzeitig wiederholen sie die Johannesdarstellung der zwei Löwen links und rechts des Krönungsthrones. Über dem Fenster der linken Apsis- bzw. Evangelienseite opfert Abel (B 3) kniend ein Lamm, während Kain (B 6) auf der Epistelseite die gleiche Handlung quasi spiegelverkehrt mit Ähren vollzieht.

Durch eine zinnenartige Architektur von der darüberliegenden Darstellung abgetrennt und unter einem Dreipaß ist linkerhand eine weitere Opferung, nämlich die Isaaks durch Abraham (B 4), im Gange, wobei der kleine Isaak auf einem Holzstoß sitzend seine Hinrichtung erwartet; das obere Ende des Schwertes, mit dem sein Vater zum Streiche ausholt, wird von einem hervorbrechenden Engel erfaßt. Links im Bild hängt an einem morchelartigen Baum ein Widder als „Ersatzopfer“.

Auf der rechten Seite stehen analog zwei Männer nebeneinander; links Abraham mit Vollbart und Nimbus erhält vom gekrönten, jungen Melchisedech zu seiner Rechten den Kelch mit der Hostie (B 7).

Die zwei Figurengruppen (B 4, B 7) stehen jeweils auf Postamenten, linksseitig unter Dreiecksgiebel, rechtsseitig unter einem Fünfpaß - der mittlere Bogen kielbogig - mit Krabben und Kreuzblumen verziert. Die Postamente werden von je einem Apostelkreuz jüngeren Datums (17./18. Jahrhundert) (B 2) durchbrochen.

Oberhalb des Fensters im Spitzbogen der mittleren Apsiswand erwächst aus einer zinnenbewehrten Burg das Brustbild des segnenden Erlösers (B 11). Die schmäleren Felder neben den Fenstern zeigen durchwegs verschiedenartiges, dekoratives Ranken- oder Blattwerk (B 8, B 9, B 12): in der linken Apsiswand (B 8) zeigt sich blau-rotes, spitzblättriges Rankenwerk auf schwarzem

Grund; ähnlich blau-rote, aber dreiblättrig-runde Blätter auf ebenso schwarzem Grund, welche aus goldenen Ringen wachsen, finden sich auf der rechten Ap-

siswand (B 9). Beiderseits des Mittelfeldfensters (B 12) verlaufen rot-weiße, farblich abwechselnde Ranken. Die Zwickeln der Decke (B 14) sind mit goldfarbenen Spiralzweigen auf blauem Grund, welche in spitzigblättrigen Kleeblät-

81 Vgl.wie Anm. 79)

tern enden, bemalt. 82 Nur im westlichsten Zwickelfeld (B 15) ist die Form der Spiralzweige weiter ausladend. Besondere Betonung erfahren die Kreuzrippen durch die Bemalung (B 16); wobei Rot als äußere Begrenzung, Zartgrün als Umrandung und Gelb als innere Bemalung verwendet wird. Alle vier Rippen treffen sich am höchsten Punkt der Apsis in einem kleinen, blauen Schlußstein, der von einer fünfblättrigen Rose erhöht und verziert wird (B 13). Eine ornamentale Grenze zur Malerei des Triumphbogens erfolgt durch abwechselnd blau-rotes Rankenwerk (B 17), das in seiner Art und Farblichkeit denen der schmalen Fensterwände (B 8, B 9) ähnelt.

Das Gesamtprogramm des Chorerkers (B) läßt auf eine Verehrung von Gottvater, der sich genau in der Mitte desselben befindet, schließen. Dies wird vor allem durch die kniende Position und Handlung von Abel (B 4) und Kain (B 6) noch unterstrichen. Zusammen mit Maria (A 4) und Christus (A 5) in der Krö- nungsszene des Triumphbogens ergibt sich eine „Dreieinigkeit“ der Heiligen Familie, wobei der Besucher zuerst durch den Triumphbogen und sozusagen unter der Krönung hindurch bis zum Allerhöchsten, in Gestalt Gottvaters, zum Kapellenschluß hingeführt wird.

6. Allgemeiner Zustand - Restaurierung, Technik, Erhaltung, Farbe

tion beschränken und jene vor der Restaurierung nur kurz erläutern. Einen gu- Anhaltspunkt über den Zustand der Wandmalereien vor der Restaurierung gibt eine alte Aufnahmen aus dem Jahre 1894 (Abb. 7), woraus ersichtlich wird, daß einige Fehlstellen - z.B. die zweite Stufe des Thrones auf der linken Seite bzw. oberhalb der untersten Heiligenbüste auf der rechten Seite - ausgebessert wurden. Auch die Malereien - hier vor allem die dekorativen Elemente z.B. der mit einem Band umwundene Stab (A 3) und die Ausmalungen in den Zwickeln der Apsisdecke (B 14, B 15) - wurden relativ kräftig ergänzt und übermalt. Am deutlichsten zeigt sich die Veränderung jedoch beim umlaufenden Wandvorhang (A 1, B 1), welcher vor 1901 überhaupt nicht zu erkennen ist. Allerdings ist es möglich, daß dieser im Zuge der Restaurierung aufgedeckt - da zuvor übertüncht - und nun wiederhergestellt wurde.

Bei den figürlichen Darstellungen an sich z.B. Marienkrönung ( A 4, A 5), den Tugenden, Propheten und Personen der Apsis bzw. teilweise auch bei den Heiligenbüsten, hat sich der Restaurator offenbar an die Vorlagen gehalten und keinerlei größere Übermalungen durchgeführt. 84 Im wesentlichen ist der heutige Zustand der Malereien sowohl der Triumphbogenwand als auch des Chorerkers als gut zu bezeichnen. 85 Es gibt auch keine Anhaltspunkte, daß nach 1901 die Wandmalereien nochmals restauriert worden wären - hilfreich dazu ist ein Vergleich zwischen einer alten Fotographie von 1909 mit einer Aufnahme jüngeren Datums. 86

Dem 14. Jahrhundert entsprechend, ist die Ausmalung in einer Mischtechnik entstanden, d.h. während sich der Freskoauftrag (al fresco) auf die Linien der Figurenzeichnung in roter Farbe (entspricht der Vorzeichnung in Rotocker) be- bliebals vielbeschäftigter Restaurator und Kirchenmaler seinem Nazarenertum bis ins 20. Jahrhundert treu.

(Vgl. hiezu Fuchs, Heinrich: Die österreichischen Maler des 19. Jahrhunderts. Bd. 2. G-K. Wien 1973, S.K 22.; Vgl. auch Haslinger, Adolf und Peter Mittermayr: Salzburger Kulturlexikon. Salzburg, Wien 1987, S.216; Vgl. ebenso Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler. Von der Antike bis zur Gegenwart. Begr. v. Ulrich Thieme und Felix Becker. Hg. v. Ulrich Thieme und Fred. C. Willis. Bd. 14. Leipzig 1921, S.337.)

schränkt, wurden die übrigen Farben in Sekkomalerei (al secco) aufgetragen. 87 Dadurch konnte sich die Sinopie in dem feuchten Verputz freskoartig abbinden, wogegen die eigentlichen Farbflächen auf dem bereits trockenen Mörtel gemalt wurden. Dies ermöglichte einerseits langsames, schichtenweises, detailreicheres Arbeiten bzw. spätere Retuschen, andererseits ist die Sekkomalerei weniger haltbar als die al fresco Vorzeichnung. Dies zeigt sich auch im heutigen Erscheinungsbild (Abb. 9), da die Farben an einigen Stellen abgefallen sind (ungeachtet der Restauration, obwohl vor allem die figürlichen Darstellungen - wie schon vorhin erwähnt - keinerlei „Farbauffrischungen“ erhalten haben) und dort von der im ursprünglichen Zustand nicht sichtbaren Sinopie bestimmt werden. 88 Besonders gut zeigt sich dies bei einigen Personendarstellungen wie z.B. dem Kopf der Maria mit weißem Maphorion und Kleid (A 4), bei einigen Heiligenbüsten (A 8, A 10, A 12 - A 14, A 16, A 18 - A 22), sowie sehr deutlich bei den beiden Johannes im Übergang zur Apsis (B 2, B 10), im Gesicht und Gewand des Abraham und des Engels (B 4) und im Kleid des Melchisedech (B 7). Plastische Erhöhungen aus Mörtel zur Steigerung der eindrucksvollen Wirkung finden sich in den „Tellernimben mit radialen Strahlen“ 89 der Heiligen und Lö- wen, als obere und untere Begrenzung des Throngehäuses sowie auf der halben Höhe im Inneren des Triumphbogens als Kämpfer. Soweit sie heute noch vorhanden und erkennbar sind, zeigen sich vor allem die Nimben der Löwen und einige der Heiligen mit Resten von Appliken, deren Zwischenbelegung aus Gold aufgrund von Oxidation des Silbers heute verschwärzt erscheint. 90 Eine weitere „Schwärzung“, die allerdings anderen Ursprunges sein dürfte, zeigt sich auffallend und in verschieden starkem Ausmaß nur in den Gesichtern (wobei es sogar bis zur Unkenntlichkeit kommen kann) einiger Heiligenbüsten (A 7, A 8, A 10, A 11, A 15 - A 17, A 20, A 21).

Im allgemeinen ist die Zeichnung durchwegs vorhanden, während sich die Farbschichten unterschiedlich erhalten haben. 91 Dabei ist zu berücksichtigen, daß - wie schon vorhin erwähnt - bei der Restaurierung der dekorativen Male-

rei des Triumphbogens (A 3) und der Apsis (B 8, B 9, B 12, B 14, B 15, B 17) sowie beim Sternenhimmel hinter der Krönungsszene die Farben neu aufgetragen sowie Fehlstellen 92 (besonders gut sichtbar die zweite Thronstufe von unten auf der linken Seite - A 24) ergänzt wurden.

An einigen Stellen durchziehen Sprünge die Malereien wie z.B. bei der Krö- nungsszene (A 4 und A 5), die sowohl vertikal als auch horizontal verlaufen. Vom mittleren Propheten auf der rechten Seite (A 41) ausgehend, führt ein anderer Riß schräg nach links durch die Tugend der Sophia (A 34), den drittobersten Löwen (A 28), bis er sich zweigeteilt in der Büste des Hl. Vinzenz (A 16) verliert. Fast vertikal ansetzend, dann aber leicht schräg nach rechts verlaufend, findet sich eine dritte markante Linie links beim obersten Propheten (A 39) beginnend, die darunterliegende Gestalt der Askese (A 31) und den drittobersten Löwen (A 28) durchschneidend, um im gelben Außenring der Büste des Hl. Sebastian (A 13) zu enden. 93

Der farbliche Gesamteindruck wird dominiert durch den Kontrast mit dem graublauen Hintergrund, von dem sich durch goldgelbfarbene Architekturen eingefaßte Figuren abheben, wobei deren Farbigkeit hauptsächlich auf Rotbraun-, Blau- und Ockertönen aufgebaut ist. Ihre Schriftbänder sind in hellem Weiß, die Schrift in schon stark verblaßtem Schwarz gehalten, was auch ein Erkennen derselben sehr erschwert. In den Thronstufen (A 23 - A 28) wechselt sich wiederum ein gleichhelles Weiß mit einem Türkisblau, welches sich auch in der Hintergrundarchitektur der beiden Randfiguren Salomon (A 43) und David (A 44) wiederfindet. Das leuchtendste Rot zeigt sich im Mantel Christi und in der Bemalung der Dekoration des Heiligenbüstenbogens, des Stabes (A 3) und in der Rankenmalerei der Apsis (B 8, B 9, B 17), ebendort findet sich auch ein kräftiges Blau und Goldgelb; allerdings verdanken diese ihre frische Farbigkeit

91 Vgl. Lanc (wie Anm. 87)

teilweise der Restauration. Dennoch läßt der jetzige Erhaltungszustand das ei- richtige Bild der ursprünglichen Buntheit, die durch die Verwendung von Gold noch leuchtender und kostbarer war, durchaus erahnen. 94

7. Forschungsstand zu Stil- und Datierungsproblemen

nicht sehr stark. Für die genaue Beurteilung der Tiefe der Sprünge müßte ein Fachmann her- werden.

außer acht und orientieren sich ausschließlich an dem urkundlich festgelegten Datum der Kapellenweihe von 1339. 102

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Malereien zwischen 1335 und 1350 entstanden sein müßten, wobei das erste Datum - aufgrund der Stilähnlichkeit mit der Bebenhausener Tafel, deren Entstehungszeit nun mit 1335 festgelegt wurde - als eher begründbar anzunehmen ist. Doch soll diesbezüglich durch einen genaueren stilistischen Vergleich mit anderen Werken noch später darauf eingegangen werden.

Vom Stilistischen her läßt sich schon eine Verknüpfung der Idee des Mittelalters mit der Ankündigung von neuen Zügen einer nachfolgenden Zeit erkennen: Dem Alten noch verhaftet ist das ikonographische Programm und das Fehlen der Perspektive, welche sich aus der Flächendekoration ergibt. Dazu zählt das architektonische Scheingerüst, welches vor allem der Ostwand als reine Gliederung dient und das Figurenprogramm so anordnet, daß der Blick auf die Marienkrönung - die hier das Hauptbild darstellt - hingelenkt wird. Auch die Elemente dieses „Gerüstes“ wie die dünnen, rahmenden Säulen, welche übermauerte Spitzbögen mit darüber hervorschauenden Heiligenbüsten mit Propheten rahmen, sowie die mit Spruchbändern versehenen Tugenden entsprechen dem mittelalterlichen Zitat.

Dazu zählt auch noch die sparsame, fast zartgliedrige Architektur - Fischer bezeichnet sie auch als „zart und mager“ - sowie die in ruhig niederfließende Gewänder gekleideten Figuren, von denen acht schlanke, anmutige Mädchen die Tugenden Marias darstellen. Sie schmiegen sich förmlich weich in die sie umgebende Rahmung. Die einfachen hellen Farben - und hier überwiegen Blau, Braun und Weiß - übernehmen die Führungsrolle unter den Farbtönen. Alles scheint jedoch noch auf der Kraft der Linie zu ruhen und auch im Gesamtbzw. Einzelaufbau spielen Raum und Perspektive noch keine große Rolle. Im Gegensatz dazu findet sich schon manche Neuerung, die nicht mehr ganz passen will: Von einer veränderten Auffassung zeugt der Gedanke, die thronende

Maria durch einen Krönungsakt mit Christus zu erweitern und die Aufmerksam- der Tugenden beiden zuzulenken.

Zudem machen sich in den Gewändern Schattenandeutungen bemerkbar, und es sind einzelne Glieder des Architekturaufbaus nicht mehr als rein flächenhaftes Ornament behandelt.

Auch beim Thron wird versucht, in primitivster Perspektive eine Raumtiefe zu erzielen, und in den gemalten Arkadenbögen können schon Licht und Schatten unterschieden werden. Der runde Stab in der Leibung des Triumphbogens, dessen Form gut zu erkennen ist und um den sich ein Band schlingt, hat seinen Ursprung in einem breitlappigen umgebogenen Blatt, welches in eigentümlichem Kontrast zur noch ganz flächenhaften Ranke daneben steht. Im gesamten läßt sich wohl noch keine Raumillusion erkennen, doch offenbaren sich schon in kleinen Zügen Vorzeichen für einen Umbruch zu einer nachfolgenden Zeit. 103

Durch die gegebene Form des beinahe quadratischen Wandbildes (ca. 6,5m breit und über 7m hoch) 104 ergibt sich primär eine statische Ruhe, die jedoch durch den leicht spitzbogigen Triumphbogen durchbrochen wird und damit sowohl eine Unterteilung, als auch Spannung in der Architektur wie in der Malerei erzeugt (Abb. 9).

Das hat gleichfalls zur Folge, daß der karthesische Mittelpunkt der Wand - aufgrund der Durchbrechung - fehlt, und man statt dessen nur von einem Handlungsmittelpunkt sprechen kann, der sich nach oben in die Krönungsszene verlagert. Diese ist zugleich als das Hauptzentrum - nicht nur der Handlung selbst, sondern der gesamten Ostwand der Kapelle - zu bezeichnen. 105 Die bildteilende Vertikale ist - wenn man die Ostwand insgesamt betrachtet - dem Triumphbogendurchbruch folgend, nach links gerutscht. Eine Horizontalisierung erfolgt einerseits durch den am Fuße verlaufenden Wandteppich, sowie durch die sich auf beiden Seiten des Triumphbogens entsprechende „Gartenbankarchitektur“ 106 über den Köpfen von Salomon und David.

Durch den Faktor der Ähnlichkeit 107 bedingt, überspringt der Beobachter die dazwischenliegende Distanz, so daß die oben genannte gemalte Architektur quasi durchgehend erscheint.

Gleichzeitig kommt hier der Faktor der durchgehenden Linie 108 zum Tragen, da eben diese Architektur auf der einen Seite hinter dem breiten Band der Heili-

genbüsten zu verschwinden und auf der gegenüberliegenden wieder herauszu- scheint.

Das Hauptaugenmerk des gesamten Wandgemäldes richtet sich auf die Unterteilung durch reichhaltige, architektonische Elemente, die noch ganz den mittelalterlichen Duktus der Gotik erkennen lassen.

In diese „Bauelemente“ fügen sich die einzelnen Personen ein; jede steht für sich und ist ihrem eigenen Geschehen verhaftet. Fast alle tragen Spruchbänder und verweilen bei ihrer Tätigkeit wie in einer Klause. Schon durch den „Durchbruch“ in die Apsis, ergibt sich eine architektonische Vorbedingung und dadurch gleichzeitig ein dynamischer Torbogen, der nach oben zum wichtigsten „Binnenbild“ und Hauptgeschehen der gesamten Triumphbogenmalerei - der Marienkrönung - hinweist. Alles scheint darauf ausgerichtet, Architektur wie auch die „postierten“ Akteure, um nach oben bis zum Höhepunkt aufzusteigen.

Ganz der Entstehungszeit im alpinen Raum gemäß fehlt noch völlig eine erkennbare künstliche Lichtquelle, so daß die Farben im gesamten gleich erscheinen und nur durch die ihnen eigenen Darstellungswerte existieren. Alle sind gleichartig vertreten - abgesehen von denen im Laufe der Zeit verursachten Farbverluste bzw. durch die Restauration bedingten Auffrischungen - es gibt keine Aufhellungen oder Reflexe durch künstlichen Lichteinfall. Lediglich durch die Fenster in der Südwand der Kapelle bzw. in der Apsis erfolgt eine - wenn auch spärliche - Beleuchtung durch natürliches Tageslicht. Der gesamte Hintergrund der Malerei der Ostwand der Kapelle wird von einem durchgehenden dunklen Blau; noch ohne Anzeichen einer räumlichen Strukturierung gebildet.

Erst auf dieser ersten Schicht, die quasi wie eine Folie unterlegt ist, bauen sich Architektur, Figuren, dekorative Verzierungen und farbige Abgrenzungen wie z.B. die rot-gelben Einfassungen zu beiden Seiten der Heiligenbüsten auf. Auch diese Anordnung folgt noch völlig einem rein geometrischen System, in dem die Linearität überwiegt; die Farben dienen nur der Ausfüllung der Objekte und generell fehlt noch die Darstellung von Schatten, Licht bzw. Schattierungen sowie Perspektive.

Genausowenig finden sich in der Malerei - weder in der Triumphbogenwand noch in der Apsis - Überschneidungen von Personen oder von Personen mit

Architekturelementen. Es herrscht ein Nebeneinander und noch keine Hinterei- durch die Räumlichkeit erzeugt werden könnte. Werden Architektur und Figur miteinander in Verbindung gesetzt, dann dient erstere als Rahmung oder Hintergrundkulisse für letztere. Doch darauf soll noch genauer zu einem späteren Zeitpunkt eingegangen werden. Durch diese Komposition der einzelnen Elemente entsteht Flächigkeit, alles ist noch in einem ruhenden Sein - das stille „Nebeneinander“ der einzelnen Komponenten erzeugt Zeitlosigkeit. 109

Dem gegenüber steht - wie schon anfangs erwähnt - die nach oben ziehende Dynamik des architektonischen Aufbaus und erzeugt eine gerichtete Spannung sowie Zeitlichkeit. 110

Auch der aus der Mittelachse gerückte „Durchbruch“ in die Apsis läßt das ganze Geschehen in der Folge etwas nach links driften. Dadurch wird nun König Salomon im Gegensatz zu David eingeengt und gleichzeitig optisch angehoben, was wiederum die Tendenz nach oben hin verstärkt. Diesem „Trend“ versucht allerdings das auf der rechten Seite abschließende Zackenband entgegenzuwirken, da sich durch das geometrische pfeilartige Muster desselben für den Rezipienten ein Gegenzug nach rechts einstellt. Den untersten Teil des Programms bildet ein goldbraunfarbener, in sich strukturierter, marmorierter und mit Goldborte endender, gemalter Wandteppich. 111 Er stellt sowohl einen durchlaufenden Abschluß der Malereien nach unten hin, wie auch eine Verbindung zwischen den beiden Räumlichkeiten der Kapelle, dem Hauptraum und der Apsis, dar.

Aus dem Teppich erwächst in nächster Folge förmlich zu beiden Seiten ein breites rotes Band, in dem sich - ebenfalls beiderseits - je acht Medaillons von Heiligen nach oben schlängeln, welche „lampionartig“ an einem zartgrünen Geäst hängen. Als innere Begrenzung gleichsam ziehen je zwei goldgelbfarbene Strei-

fen aufwärts, wobei sich die inneren an der Spitze treffen, die äußeren an den Rand des Throngehäuses stoßen.

Ende der Leseprobe aus 144 Seiten

Details

Titel
Die gotischen Wandmalereien der Burgkapelle von Mauterndorf in Salzburg - Eine stilkritische Analyse zur chronologischen Einordnung
Hochschule
Universität Salzburg
Note
1
Autor
Jahr
2001
Seiten
144
Katalognummer
V185781
ISBN (eBook)
9783656982326
ISBN (Buch)
9783867466653
Dateigröße
44966 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
wandmalereien, burgkapelle, mauterndorf, salzburg, eine, analyse, einordnung
Arbeit zitieren
Sonja Pucher (Autor:in), 2001, Die gotischen Wandmalereien der Burgkapelle von Mauterndorf in Salzburg - Eine stilkritische Analyse zur chronologischen Einordnung , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185781

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die gotischen Wandmalereien der Burgkapelle von Mauterndorf in Salzburg - Eine stilkritische Analyse zur chronologischen Einordnung



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden