Diese Arbeit leistet einen Beitrag zur Implementierung erfolgversprechender Instrumente einer
zeitgemäßen Personalführung in Krankenhäusern. Sie legt dar, weshalb das Mitarbeitergespräch
in Krankenhäusern eingesetzt werden sollte und bringt schließlich ein Konzept zur Einführung
von jährlichen Mitarbeitergesprächen für ein Klinikum hervor. So werden in dieser Arbeit sowohl
theoretische Grundlagen als auch praxisbezogene Hinweise vermittelt.
Zunächst werden im zweiten Kapitel die verschiedenen Facetten eines Mitarbeitergesprächs vorgestellt,
um den Leser mit den Funktionen und den Inhalten des Instruments vertraut zu machen.
Es werden Möglichkeiten aufgezeigt, die ein Mitarbeitergespräch seinen Anwendern bietet und
die Anforderungen, die es an sie stellt.
Die Frage, aus welchen Gründen das Mitarbeitergespräch in den Krankenhäusern eingeführt
werden sollte, beantwortet das darauf folgende Kaptitel. Hierin findet eine Auseinandersetzung
mit den personellen Bedingungen in den Krankenhäusern statt. Sie betrachtet die Zweckmäßigkeit
einer Einführung des Mitarbeitergesprächs. Diese Auseinandersetzung liefert zugleich Aussagen
über die derzeitigen Voraussetzungen zur Implementierung des jährlichen Mitarbeitergesprächs
und damit auch Ansätze für ein Konzept.
Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg
Fachbereich Sozialpädagogik
Studiengang Pflege
Konzept
zur Einführung jährlicher Mitarbeitergespräche
im Krankenhaus
Diplomarbeit
vorgelegt von
Katrin Wukasch
am
23. November 2001
1.1 Thematische Abgrenzung
Der zunehmende Wettbewerbs- und Kostendruck im Gesundheitswesen erfordert von den Kran- eine grundlegende Veränderung in ihrem Selbstverständnis und in ihren Strukturen.
Um überlebensfähig zu bleiben, gehören zu den Aufgaben des Managements eine gesteuerte Entwicklung und Einsetzung vorhandener Ressourcen. Eine ganz besondere Rolle kommt dabei
den personellen Ressourcen zu, weil qualifizierte und motivierte Mitarbeiter eine zentrale Basis für die Qualität der Leistungen im Krankenhaus sind. 1
Die Entwicklung einer Vertrauenskultur zwischen Mitarbeitern und Führungskräften 2 steht im Vordergrund, wenn es gilt, den Mitarbeiter zum Mitdenker und Mitgestalter zu gewinnen. Daraus resultiert für viele Krankenhäuser die Aufgabe, ihre Organisationsgestaltung und Führungsstrukturen zu überdenken und mitarbeiterorientierter auszurichten. Auf Grund dieser Zielsetzungen wird den klinischen Personalentwicklungs- und Weiterbildungsabteilungen zunehmend ein ver-
größertes Aktionsfeld eingeräumt. Sie sind einerseits gefordert, dem Personalbedarf entsprechen-
de Qualifizierungsmaßnahmen zu planen bzw. umzusetzen. Andererseits besteht ihre Aufgabe im
Einsatz effizienter Instrumente, welche die Mitarbeiter an ihren Arbeitsplätzen fördern und entwickeln helfen. Das in dieser Arbeit vorgestellte jährliche Mitarbeitergespräch fungiert als ein solches Instrument. 3 Es leistet einen komplementären Beitrag zur mitarbeiterorientierten und mitarbeiterbeteiligenden Führungsweise und findet deshalb in Großunternehmen inzwischen häufig Einsatz. 4
Als primäre Voraussetzung für die Entwicklung neuer Führungskulturen im Krankenhaus bedarf es jedoch einer Bereitschaft zum Wandel. So ist die Einführung eines neuen Instruments, wie die des jährlichen Mitarbeitergesprächs, mit sich verändernden Verhaltensweisen und Abläufen verbunden. Auf sie gilt es einzuwirken, um erfolgversprechende Maßnahmen nicht durch manifestierte Denkweisen und Strukturen schon im Keim zu ersticken.
Dieser Aufgabe stellt sich auch ein Universitätsklinikum. An seinen Strukturen orientiert, erfolgt in dieser Arbeit die Entwicklung eines Konzepts zur Einführung jährlicher Mitarbeitergespräche im Krankenhaus.
1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise
Diese Arbeit leistet einen Beitrag zur Implementierung erfolgversprechender Instrumente einer zeitgemäßen Personalführung in Krankenhäusern. Sie legt dar, weshalb das Mitarbeitergespräch in Krankenhäusern eingesetzt werden sollte und bringt schließlich ein Konzept zur Einführung von jährlichen Mitarbeitergesprächen für ein Klinikum hervor. So werden in dieser Arbeit sowohl theoretische Grundlagen als auch praxisbezogene Hinweise vermittelt.
Zunächst werden im zweiten Kapitel die verschiedenen Facetten eines Mitarbeitergesprächs vor- um den Leser mit den Funktionen und den Inhalten des Instruments vertraut zu machen. Es werden Möglichkeiten aufgezeigt, die ein Mitarbeitergespräch seinen Anwendern bietet und die Anforderungen, die es an sie stellt.
Die Frage, aus welchen Gründen das Mitarbeitergespräch in den Krankenhäusern eingeführt werden sollte, beantwortet das darauf folgende Kaptitel. Hierin findet eine Auseinandersetzung mit den personellen Bedingungen in den Krankenhäusern statt. Sie betrachtet die Zweckmäßigkeit einer Einführung des Mitarbeitergesprächs. Diese Auseinandersetzung liefert zugleich Aussagen über die derzeitigen Voraussetzungen zur Implementierung des jährlichen Mitarbeitergesprächs und damit auch Ansätze für ein Konzept.
Ein Instrument in ein Unternehmen einzuführen, dass einen Wandel im Umgang mit Mitarbeitern und Kollegen erfordert, ist ohne die Kenntnisse im Management von Veränderungen nicht möglich. Aus diesem Grund gibt das vierte Kapitel einen Überblick über die notwendigen Aufgaben im Veränderungsprozess.
Aus diesen Erkenntnissen und der im Rahmen einer kleinen Untersuchung möglichen Einsicht in die Bedingungen eines Klinikums erfolgte die Entwicklung eines Konzeptes. Dieses liefert Hinweise zur Einführungsplanung, Steuerung und Durchführung.
Diese Arbeit konzentriert sich auf Grund des zur Verfügung stehenden Zeitrahmens vorwiegend an patientennahen Berufsgruppen. 5
2 Das Mitarbeitergespräch
Erstmals in Deutschland begann 1974 die Dr. Karl Thomae GmbH, die Philosophie von Mitar- von ehemals starren Beurteilungssystemen zu Gesprächen über Zusammenarbeit von Vorgesetzten und Mitarbeitern und Zielvereinbarungen zu verändern. Damit setzte sie ein bedeutendes Zeichen für die weitere Entwicklung des Führungsmanagements in Unternehmen. 6 Untersuchungen des Hernstein International Management Institute belegen, dass inzwischen immer mehr Organisationen die Chancen entdecken, die dieses Instrument bietet. 7 Wodurch das Mitarbeitergespräch gekennzeichnet ist, welche verschiedenen Funktionen ihm zukommen und wie sich das Gespräch gestalten lässt, sind Fragen, die im folgenden Kapitel beantwortet werden sollen. Schließlich soll herausgestellt werden, welche Vorteile die Durchführung eines Mitarbeitergesprächs ermöglichen kann aber auch, welche möglichen Risiken bedacht sein wollen.
2.1 Definition
Das Fundament eines Mitarbeitergesprächs bildet der Gedanke der Förderung und der Führung von Mitarbeitern. Er ist gekennzeichnet durch „die verantwortliche Einbeziehung aller Mitarbeiter in das Unternehmensgeschehen, ihre Einbindung in die Entwicklung der Zielvorstellungen für ihre jeweiligen Aufgaben sowie die soziale Umkehrbarkeit der Kommunikation und Interaktion aller am Unternehmensgeschehen beteiligten Menschen“ 8 . Einem Unternehmen, das den Mitarbeiter mit seinen Fähigkeiten, Zielen und Ideen als wichtigstes Potential für das Unternehmen erkennt, bietet ein organisiertes Gespräch die Möglichkeit, eine Kultur des miteinander Redens im Unternehmen zu entwickeln.
Recherchiert man in der Managementliteratur zu diesem Thema, so begegnet man einer Vielzahl von unterschiedlichen Bezeichnungen für das Mitarbeitergespräch. Autoren sprechen ebenso von Mitarbeiter-Vorgesetzten-Gesprächen 9 wie auch von Führungsgesprächen oder bezeichnen diese entsprechend ihrer Funktion als Beurteilungs- 10 oder Zielvereinbarungsgespräch 11 . Es ist anzu-
nehmen, dass die Differenzen der Bezeichnungen aus den unterschiedlichen Anlässen, aus denen ein Gespräch zu führen ist, resultieren. 12 Dennoch verbirgt sich hinter dem ungleichen Wortlaut eine relativ eindeutige Begriffsdefinition. Sie erklärt das Mitarbeitergespräch als einen im Unternehmen organisierten, persönlichen Dialog zwischen dem Mitarbeiter und seinem Vorgesetzten. Das Gespräch zeichnet sich durch spezifische Zielsetzungen, eine inhaltliche Planung sowie eine konkrete Terminierung aus. 13 Die Interpretation dieser Definition reicht unterschiedlich weit. So wird zum einen ein konkreter Gesprächstyp des Mitarbeitergesprächs gemeint und ein anderes Mal jede Art von Kommunikation zwischen dem Mitarbeiter und dem Vorgesetzten. In dieser Arbeit findet ausschließlich eine Auseinandersetzung mit dem geplanten Mitarbeitergespräch statt.
2.2 Funktionen von Mitarbeitergesprächen
Mitarbeiter zu führen, ohne mit ihnen zu kommunizieren, wäre unmöglich. Das persönliche Ge- stellt damit ein Führungsmittel dar, dass den Unternehmen in allen personengebundenen Bereichen zum Erreichen von Zielen verhilft. Neben dieser sehr globalen Funktion können Gespräche jedoch auch anlassbezogen geführt werden. Die vielfältigen Arten von Mitarbeitergesprächen weisen auf eine Fülle unterschiedlichster Funktionen hin. „Allgemeines Ziel bei allen
Mitarbeitergesprächen ist ein Informationsaustausch. In der Regel beinhaltet jeder spezifische Gesprächsanlaß (!) eine spezifische selektive Kombination einzelner Funktionen. Dabei findet in jedem Gespräch ein Austausch von Sachinformationen statt.“ 14 Die jeweilige Funktion einer Sache definiert sich über ihre Aufgabe, ihren Sinn und Zweck. Wenn aufgezeigt werden soll, welche Aufgabe an ein Mitarbeitergespräch gestellt wird, muss vorher die Zielsetzung geklärt sein. Auch für ein Unternehmen lassen sich erst aus gesetzten Zielen die Maßnahmen für die Zielerreichung ableiten. Das Mitarbeitergespräch bietet als Instrument v.a. in der Personalführung und Personalentwicklung viele Möglichkeiten, auf diese Ziele erfolgreich hinzuarbeiten. Dabei kommt ihm in Ergänzung zu weiteren personalwirtschaftlichen Instrumenten eine komplementä- re Funktion zu.
Die Funktionen des Mitarbeitergesprächs lassen sich nach dem systemtheoretischen Ansatz in drei Ebenen darstellen: der Mikroebene, der Mesoebene und der Makroebene. 15 „Unter einem
System ist grundsätzlich eine gegenüber der Umwelt abgegrenzte Gesamtheit von Subsystemen und Elementen zu verstehen, die miteinender in Beziehung stehen (...) und sich gegenseitig beeinflussen.“ 16 An dieser Stelle sollen mögliche Funktionen des Mitarbeitergesprächs im System Organisation aufgezeigt werden, da eine kritische Auseinandersetzung im Rahmen dieser Arbeit zu umfassend wäre. 17
Die wohl für die Mitarbeiter am deutlichsten spürbaren Funktionen gestalten sich auf der Mikro- Auf dieser Ebene findet die Interaktion der einzelnen Mitarbeiter mit ihren unmittelbar Vorgesetzten statt, die auf qualifizierte Leistung und zufriedene Mitarbeiter zielt. Die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter setzt deren Sicherheit und Selbstverwirklichung voraus. 18 Zur Schaffung dieser Voraussetzungen fungiert das Mitarbeitergespräch als ein Instrument, dass dazu beitragen kann, Verständnis füreinander und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern und ihren Vorgesetzten zu entwickeln und zu fördern. Durch den geplanten Dialog wird die Möglichkeit geboten, auf sachliche Weise gegenseitig Anerkennung und Kritik zu beispielsweise Arbeitsaufgaben, Arbeitsbedingungen, Arbeitsweise und Zusammenarbeit zu äußern. Dabei sollte konstruktive Kritik durchaus geschätzt werden und als Ansatz für Veränderungen gesehen werden. Auf Grund des Informationsaustausches und des offenen Ansprechens von Verhaltensauffälligkeiten kann den Mitarbeitern Klarheit über ihre Arbeitsweise gegeben werden. Den Mitarbeitern wird desweiteren ermöglicht, sich offen zu äußern, Ideen und Beanstandungen einzubringen und dadurch mehr Eigenverantwortung für die Arbeit zu übernehmen. Mit Zielsetzungen für die Zukunft sind die Inhalte von Mitarbeitergesprächen nicht nur retrospektiv geprägt, sondern geben auch eine prospektive richtungsweisende Orientierung für Mitarbeiter und Vorgesetzte. Eine zusätzliche Funktion der Gespräche wird in der Förderung und Entwicklung der Mitarbeiter gesehen. Im Gesprächsverlauf sollen angemessene Qualifizierungsmaßnahmen für den Mitarbeiter beiderseits vorgeschlagen werden. Dabei ist eine realistische Einschätzung des Mitarbeiters durch den Vorgesetzten von wesentlicher Bedeutung, um den Mitarbeiter weder zu über- noch zu unterfordern.
Spricht man von der Mesoebene, so sind die innerhalb des Unternehmens ausdifferenzierten Strukturen, wie z.B. Abteilungen/ Stationen gemeint. Mitarbeitergespräche haben auf dieser Ebene v.a. ihre Funktion in der positiven Beeinflussung des Zusammenlebens der Mitarbeiter. Dabei kommt der Kompetenz des Vorgesetzten eine wichtige Rolle zu. 19 Denn Kenntnisse und Erfah-
nikund Patientenorientierung. Juventa-Verlag, Weinheim, 1993, S.52f.
rungen in zwischenmenschlicher Kommunikation und mitarbeiterorientierter Gesprächsführung sind klare Voraussetzungen für ein erfolgreiches Realisieren der Gespräche. 20 Führungskräfte können sich auf Grund ihrer Rolle dem Mitarbeiter nicht entziehen. Diese Auseinandersetzung im Mitarbeitergespräch hilft, Führungskräfte zu verbesserten sozialen Führungskompetenzen zu befähigen. Somit können Mitarbeitergespräche langfristig auch auf die Gesprächskultur und die Zusammenarbeit positive Auswirkungen erzielen. Entwickelt sich das miteinander Reden - auch zwischen dem Mitarbeiter und dem Vorgesetztem - zur akzeptierten Verhaltensweise, können somit Konfliktsituationen minimiert und der zwischenmenschliche Umgang im Arbeitsalltag verbessert werden. Zudem kann dieses Verhalten bei den Mitarbeitern bewirken, kritische Beanstandungen als Verbesserungsvorschlag zu verstehen und das Team animieren, eigene Ideen einzubringen und umzusetzen. Desweiteren tragen das Beurteilen von vergangenem Verhalten und die gezielte Planung zukünftigen Verhaltens zu einer verbesserten Arbeitsleistung bei, sofern die neuen Ziele auch in Abstimmung mit der Vorstellung des Mitarbeiters kongruieren. 21 Es kann also geschlussfolgert werden, dass sich mit Mitarbeitergesprächen letztlich auch die Mitarbeiterzufriedenheit und das Betriebsklima steigern lässt.
Für die Ebene des Gesamtunternehmens - der sog. Makroebene - resultiert aus dem bisher Aufge- die Steigerung von Effizienz und Effektivität des Unternehmens. D.h. das Unternehmen ist auf dem richtigen Weg, seine Organisationsziele zu erreichen und wendet zudem die richtigen Maßnahmen an. 22
In der Literatur findet man die Hauptfunktionen von Mitarbeitergesprächen auch nach den ein- Inhalten eines Gesprächs 23 oder den Zielsetzungen verschiedener Gespräche 24 unterteilt. Zusammenfassend sollen die Hauptfunktionen von Mitarbeitergesprächen nach Schuler noch einmal kurz aufgeführt werden:
Hauptfunktionen von Mitarbeitergesprächen nach Schuler 25 Abbildung 1:
2.3 Inhaltlicher Aspekt
Neben den Funktionen können Mitarbeitergespräche verschiedene inhaltliche Aspekte aufweisen. Sie können situativ, unregelmäßig und aus einem speziellen Anlass durchgeführt werden, oder sie sind auf die zielorientierte Förderung von Mitarbeitern und Unternehmen gerichtet und finden deshalb regelmäßig statt. Demnach lassen sie sich anlass- oder inhaltsbezogen unter Berücksichtigung ihrer Regelmäßigkeit einteilen. 26 Eine derartig umfassende Systematisierung, wie Menzel et al. sie vornehmen und wie sie auch in dieser Arbeit wiedererkennbar ist, weist die themenbezogene Fachliteratur nur selten auf. Abweichend findet man die Gespräche eher nach Arten 27 oder Gesprächsstilen 28 oder nach ihren Funktionen 29 erfasst. Dies ließe darauf schließen, dass die ungleiche Systematisierung und der nicht eindeutig definierte Wortgebrauch den unterschiedlich weit gespannten Charakter des ‚Mitarbeitergesprächs’ bestätigen.
MITARBEITERGESPRÄCHE
Die häufigsten Gesprächsarten für Mitarbeitergespräche 31 Abbildung 2:
2.3.1 Das Zielvereinbarungsgespräch
Die Notwendigkeit einer Zielsetzung begründet sich darin, Angestrebtes auch tatsächlich und nicht nur zufällig zu erreichen. Besonders für Unternehmen, bei denen Erfolg in erster Linie mit kurz- bis langfristiger Planung einhergeht, sollten Zielvereinbarung und Zielorientierung mit dem Ansatz ständiger Verbesserung wesentliche Beachtung finden. Das Führungskonzept „Management by Objektives“ (kurz MbO - Führen durch Zielvereinbarungen) besteht aus folgenden Phasen: Aufnahme des Ist-Zustandes, Festlegung des Zieles, Überprüfen der Ziele und Evaluieren der Ziele. Es verfolgt wie auch der Qualitätszyklus nach Deming (Plan-Do-Check-Act, PDCA-Zyklus) 32 den Ansatz einer kontinuierlichen Verbesserung. Die effiziente Anwendung dieser Methode setzt Kenntnisse im Formulieren und Setzen von Zielen voraus.
Das Zielvereinbarungsgespräch hat einen retrospektiv und prospektiv gerichteten Charakter. Ei- beinhaltet es die Betrachtung der Erfüllung zurückliegender Ziele und deren Abweichung, andererseits werden neue zukünftige Ziele gemeinsam mit dem Mitarbeiter festgelegt. 33
Diese Funktionen werden häufig auch in andere Gesprächsarten integriert. So dient das Zielver- vorrangig der Leistungssicherung aber auch der Personalentwicklung, ist Bestandteil des Jahresmitarbeitergesprächs oder Grundlage des Beurteilungsgesprächs. Im Dialog kann es zudem notwendig sein, über die notwendigen Maßnahmen zur Zielerreichung zu diskutieren und dementsprechende Voraussetzungen für deren Durchführung zu schaffen. 34
Das Beurteilungsgespräch setzt sich aus den Dimensionen Leistungs-, Potential- und Persönlich- zusammen und basiert meist auf einer vorausgegangenen Leistungs- und Potentialbeurteilung. Die Beurteilung von Leistungen fokussiert retrospektiv die in einer bestimmten Zeitperiode erbrachten Leistungen und gezeigten Kompetenzen am Arbeitsplatz anhand bekannter und vorgegebener Kriterien. Bei der Potentialbeurteilung hingegen wird das Leistungs- und Persönlichkeitspotential eingeschätzt, um Reserven auch an möglichen anderen Stellen besser zu nutzen. 35 Die Methoden, Mitarbeiter zu beurteilen, sind vielfältig. 36 In der Praxis zeichnet sich die Tendenz ab, standardisierte durch freie Beurteilungen zu ersetzen. Zu Gunsten der Individualität nimmt jedoch die Zuverlässigkeit und die Vergleichbarkeit dieses Verfahrens - nach der Ansicht Schulers 37 - bedenklich ab. Hingegen schätzen Unternehmenspraktiker die Validität, die Praktikabilität und die Akzeptanz bei den Mitarbeitern durchweg positiv ein. 38 Als vordergründige Frage sollte zuvor geklärt werden, welche Rolle die Beurteilung einnimmt. Neben einer rein fachlichen Beurteilung kann auch auf eine Beurteilung gezielt werden, bei der Interaktion und Vertrauensbildung im Vordergrund stehen. Bei letzterer sollte man sich bewusst sein, dass ein streng durchstrukturiertes Gespräch selten Freiräume für vertrauensbildende Interaktion lässt. Ist ein vergleichbares Urteil über den Mitarbeiter das Ziel, bieten standardisierte Formulare eher eine unentbehrliche Hilfe.
Wird der vornehmliche Wert des Gesprächs auf das Schaffen von Vertrauen zwischen Mitarbei- und Vorgesetzten gelegt, gehen diesem Offenheit und Bewertungsgründe voraus. Das Gespräch dient dazu, „im Dialog mit dem Mitarbeiter die eigenen Einschätzungen zu überprüfen, die ‚inneren Bilder’ mit den persönlichen Wünschen und Interessen des Mitarbeiters abzuglei-
chen und gemeinsam Perspektiven für eine Qualifizierung zu entwickeln“ 39 . Die maßgebliche Aufgabe des Gesprächs findet sich demnach wieder im Analysieren und Lösungsfinden aufgetauchter Probleme beim Mitarbeiter, im Anerkennen des Mitarbeiters sowie im Setzen neuer unternehmens- und mitarbeiterorientierter Ziele. Sie kann dem Zielvereinbarungsgespräch voraus gehen. Da hierbei Kenntnisse in der Bewertung einen besonderen Stellenwert einnehmen, sollen klassische Beurteilungsfehler im einem Kapitel gesondert aufgeführt werden. 40 Leuzinger weist darauf hin, dass sich die Mitarbeiterbeurteilung auch als Spiegelbild des praktizierten Führungsverhaltens zeigt. 41 In der Regel werden die Mitarbeiter von ihrem Vorgesetzten beurteilt. Es bietet sich dem Mitarbeiter zudem der Raum, seinen Vorgesetzten zu bewerten. Da die Vorgesetztenbeurteilung trotz in Angst begründeten Widerständen immer mehr an Bedeutung gewinnt - gerade für die Mitarbeiterzufriedenheit und die Verbesserung der Führungskompetenzen - soll die Methode an dieser Stelle ergänzend genannt werden. 42 Erwähnenswert ist die Sensibilität dieser Beurteilungsart, auf Grund derer ein separater Termin sinnvoll und Vorbereitung beider Gesprächspartner notwendig erscheint.
Das Fördergespräch zielt auf eine bedarfsgerechte und mitarbeiterorientierte Personalentwicklung ab. Diese definiert sich über die folgend aufgezeigten drei wesentlichen Aspekte.
Immer mehr Mitarbeiter streben nach Jobenrichment und Jobenlargement. 43 Sich verändernde Markt- und Organisationsbedingungen erfordern neue Kenntnisse und Fähigkeiten. Neue und leistungsschwache Mitarbeiter benötigen eine schnellstmögliche Anpassung an die Anforderungen ihres Arbeitsplatzes.
Aus diesen Aufgaben resultiert für den Inhalt des Gesprächs eine Diskussion um mögliche und notwendige Fördermaßnahmen. Werden Ziele im Sinne der Personalentwicklung vereinbart oder aus der Beurteilung resultierende Förderpotentiale festgestellt, so kann das Fördergespräch auf die vorhergegangenen Gespräche aufbauen bzw. in den jeweiligen Gesprächen integriert werden. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass der direkte Vorgesetzte der Gesprächsführung nicht immer gerecht werden kann. Sein Vorteil ist zwar, den Mitarbeiter genau zu kennen, es fehlt ihm in seiner Position jedoch häufig an der Qualifikation, verschiedene Personalentwicklungsmaß-
nahmen effizient zusammen zu stellen und künftige Entwicklungsbestrebungen des Unterneh- dabei beachten zu können. 44 Daher ist eine Kooperation mit der Personalentwicklung sinnvoll.
Die Inhalte des Jahresmitarbeitergesprächs können auf Grund unterschiedlicher Zielsetzungen institutionsbezogen differieren. Generell findet das Gespräch jedoch regelmäßig einmal jährlich statt. Die Komponenten, aus denen es sich i.d.R. zusammensetzt, sind die vorangestellten Gesprächsarten. In Ausnahmen wird das Fördergespräch separat geführt.
Abbildung 3: Die üblichen Bestandteile des Jahresmitarbeitergesprächs
Die Zusammenlegung der Gespräche hat Effizienzgründe. Da die Gespräche aufeinander aufbau- und somit auch voneinander abhängig sind, können die Zusammenhänge zwischen den (nicht) erreichten Zielen und der Beurteilung sowie der Beurteilung und den daraus folgernden Fördermaßnahmen bzw. neuen Zielen besser erkannt werden. So erfüllt das Gespräch verschiedene bereits genannte Zwecke und ist zudem zeit- und kostensparender.
2.4 Verhaltensorientierter Aspekt
Die Zielsetzung allein gewährt keinen erfolgreichen Gesprächsverlauf. Vielmehr liegt die zentra- Verantwortung im Verhalten der Gesprächspartner. Die Gesprächsführung ist längst schon zu einem zentralen Diskussionsthema in der Personalarbeit geworden. Nachstehend werden verhaltensspezifische Faktoren und Voraussetzungen aufgezeigt, die für das Gespräch relevant sind.
Ein in einer Organisation geführter Dialog zwischen verschiedenen Hierarchieebenen wird insbe- durch vier Charakteristika beeinflusst:
Durch die Persönlichkeitsmerkmale und Einstellungen des Mitarbeiters, durch die Persönlichkeitsmerkmale und Einstellungen des Vorgesetzten, durch das Bild, dass die Gesprächspartner voneinander haben und durch die organisationsbezogene Rahmenbedingungen und Organisationsprinzipien. 45
Konzentrierte sich die Führungsforschung noch vor Jahren auf den Vorgesetzten, erweiterte sie in den letzten Jahren ihren Blick auf den Mitarbeiter sowie auf die wechselseitige Wirkung von Vorgesetzten und Mitarbeiterverhalten. 46 So hängt von der Persönlichkeit des Mitarbeiters und seinen Einstellungen auch sein Gesprächsverhalten zum Vorgesetzten ab. Bestimmte Verhaltensnormen werden von ihm erwartet, auf die der Mitarbeiter reagieren muss. Die Art seiner Reaktion ist wiederum davon abhängig, welche Bedeutung er dem Gespräch beimisst und ob er in dem Dialog einen Sinn für sich sieht. Den Dialog beeinflussen ebenfalls seine Bereitschaft zur Kritik und evtl. Abwehrmechanismen gegenüber dem Verhalten des Vorgesetzten. 47 Weiter ist in den meisten Fällen davon auszugehen, dass ein Mitarbeitergespräch - allein auf Grund des geplanten Dialogs mit dem Vorgesetzten - im Mitarbeiter Anspannung hervorruft. Häufig findet sich diese in Erwartung, Angst, Erfahrung oder Enttäuschung begründet. Aufgabe des Vorgesetzten ist es deshalb, ergänzend zu seinen Kenntnissen zum Mitarbeitergespräch v.a. auch Fähigkeiten in Führung und Kommunikation aufzuweisen, um mögliche Barrieren zu minimieren.
Ein weiterer Schlüsselfaktor für den Gesprächserfolg liegt im Führungsstil des Vorgesetzen, d.h. in seinem Verhalten gegenüber seinen Mitarbeitern, welches gekennzeichnet ist durch Vorbildfunktion, Motivationsarbeit und dem Ernstnehmen der Mitarbeiter. Einer Studie des GEVA-Instituts zufolge sind Mitarbeiter sehr häufig mit diesem Verhalten unzufrieden. 48 Wird bedacht, dass ein Mitarbeitergespräch lediglich eine Ausnahmesituation im Arbeitsalltag darstellt, ist die Bedeutung korrekten Führungsverhaltens im Alltag umso größer, da sich ein wünschenswertes zwischenmenschliches Verhältnis v.a. im täglichen Miteinander entwickelt. Dieses Verhältnis begründet sich auch darin, welchen Eindruck der eine bei dem jeweils anderen hinterlässt. Eine kompetente Führungskraft zeichnet sich durch die Fähigkeit aus, den Mitarbeiter zutreffend einzuschätzen und folglich eine geeignete Gesprächsstrategie festzulegen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass eine Reihe von Urteilstendenzen diese Einschätzung unbewusst verfälscht. 49 Neben den zahlreichen Schulungsangeboten zu Führungs- und Kommunikationstrainings darf
nicht unvergessen bleiben, dass eine erfolgreiche Zusammenarbeit von Vorgesetzten und Mitar- nur mit einer ganzheitlichen Führungskultur im Unternehmen durchgesetzt werden kann.
Die Interaktion und damit auch das Gespräch zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern beeinflus- ebenfalls organisationsbezogene Rahmenbedingungen und Organisationsprinzipien (Grad der Hierarchisierung, Organisationsklima, Führungskultur, Fehlerkultur, Qualitätsdenken etc.) beachtlich. Ein Einwirken auf die Einstellungen der Mitarbeiter kann nur durch Aufklärung und Überzeugung einerseits und durch glaubhaftes Praktizieren der Führungsebene andererseits gelingen. Daher gilt für den Führungsapparat als eine unbedingte Voraussetzung, die Bereitschaft, den Mitarbeiter als wichtigstes Unternehmenspotential anzuerkennen und diese Einstellung in den genannten Komponenten der Organisationsbeziehungen auch spürbar umzusetzen. Geht man davon aus, dass diese Voraussetzung in der Mehrzahl der Unternehmen nicht gegeben ist, müssen notwendige Maßnahmen des Veränderungsmanagements angewandt werden, welche neben der Veränderung von Organisation und Kultur auch Strategien und Technologien berücksichtigen sollten. 50 Nähere Ausführungen zum Thema Veränderungsprozesse - insbesondere im Unternehmen Krankenhaus - folgen im vierten Kapitel dieser Arbeit.
Der variable Einsatz von Gesprächstechniken ist auf Grund der unterschiedlichen Gesprächsan- sinnvoll. Inhalte von Führungs- und Kommunikationstrainings zielen auf die Fähigkeit ab, Gespräche sowohl in ihrer Form als auch in ihrem Verlauf (Gesprächsstil) bewusst steuern zu können. Da der Dialog in der Regel vom Vorgesetzten initiiert wird, bestimmt er die Form und den Stil des Gesprächs. Hingegen sind Redeanteil und Gesprächsverlauf von beiden Gesprächspartnern in gleicher Weise beeinflussbar. Mit welchen Gesprächsformen und -stilen ein Vorgesetzter das Gespräch steuern kann, wird folgend erläutert.
Gesprächsformen: Bei den Gesprächsformen wird unterschieden zwischen: völlig freiem Gespräch teilstrukturiertem Gespräch und voll strukturiertem Gespräch
Der Grad der Strukturierung korreliert dabei negativ mit der Spontanität der Gesprächspartner. Welche Form sich für ein Mitarbeitergespräch als sinnvoll erweist, hängt von der Zielsetzung der Gespräche ab. Steht beispielsweise die Informations- bzw. Datensammlung im Vordergrund, kann mittels einem voll strukturierten Gespräch die Datenmenge reduziert und vergleichbar ge-
macht werden und die Auswertung somit erheblich erleichtert werden. Diese Gesprächform be- eine starre Strukturierung, die meist mittels Leitfäden vorgegeben wird. Ein zwischenmenschliches Gespräch, bei dem auch die spontane Berücksichtigung von Themen eine Bedeutung hat und Beziehungen aufgebaut werden sollen, ist also mit einem voll strukturierten Gespräch nicht denkbar. Die Anwendung der freien Gesprächform fände hierbei eher ihren Zuspruch, weil sie keine definierten Inhalte vorgibt und somit sehr flexibel auf Themen und Fragen reagiert werden kann. Der Nachteil dieser Gesprächsform ist jedoch sein kaum zielgerichteter und damit wenig steuerbarer Charakter. Das teilstrukturierte Gespräch versucht die Vorteile beider vorangestellten Gesprächsformen zu integrieren und ergibt damit eine Mischung aus freiem und zugleich zielgerichtetem Dialog. Für die Durchführung von regelmäßigen Mitarbeitergesprä- chen ist diese Gesprächsform daher die am besten geeignete. 51
Gesprächsstile: Genauso wie Gesprächsformen den Charakter des Gesprächs beeinflussen, wir- auch Gesprächsstile und Lenkungstechniken auf ihn ein. Angewandte Gesprächsstile im Rahmen des Mitarbeitergesprächs sind der direktive und der non-direktive Gesprächsstil. Der non-direktive Gesprächsstil weist keine konkrete Zielvorgabe auf, weil der Gesprächsführende sich ausschließlich am Interesse des Gesprächspartners orientiert und keinerlei neuen Input in den Dialog gibt. Im Gegensatz dazu erhält die Gesprächsführung im direktiven Stil durch den Gesprächsführenden einen hohen Grad an Lenkung, so dass das Gespräch strukturiert wird und im Verlauf immer wieder in Richtung des Zieles ausgesteuert wird. Im Mitarbeitergespräch bemisst Schuler beiden Gesprächsstilen Bedeutung zu. Jedoch wird darauf hingewiesen, dass der nondirektive Gesprächsstil lediglich phasenweise, z.B. für Problemlösungsprozesse, sinnvoll erscheint, da ein rein assoziatives Gespräch bedroht ist, vom eigentlichen Gesprächsziel abzuweichen. Die zum Steuern des Gesprächsverlaufs angewandten Lenkungstechniken sind für ein konstruktives Gespräch jedoch mindestens genauso von Bedeutung. 52 Ergänzend zum Gesprächsablauf können erfolgreich eingesetzte Techniken auch gezielt auf das Verhalten des Mitarbeiters einen verstärkenden (z.B. durch Kopfnicken) oder abschwächenden (z.B. durch eine fragende Mimik) Einfluss nehmen. Eine interessante Diskussion zu den einzelnen Techniken, zu denen beispielsweise das Verstärken, das Zusammenfassen, das Konkretisieren und das Fragen gehö- ren, liefert Neuberger hinsichtlich ihrer Anwendung und Wirkung. 53
Abgesehen von allen erlernbaren Techniken der Gesprächsführung spielen unbewusste Verhal-
tensweisen und Kommunikationsmuster auch im unternehmerischen Dialog eine wichtige Rolle. Zwischenmenschliche Kommunikation geschieht nicht nur verbal, sondern kann insbesondere durch non-verbale Kommunikation, durch Mimik und Gestik, erfolgen. So sind allgemeingültige Kommunikationsmodelle auch für das Mitarbeitergespräch relevant. Da es in einem Dialog grundsätzlich einen Sender und einen Empfänger gibt, geht man davon aus, dass die betroffene Information gesendet und empfangen wird. Dieser Prozess kann besonders bei sozialen Situationen an zwei Stellen zu Schwachpunkten führen. Einmal in dem Moment, in dem der Sender seine Gedanken und Gefühle verbal bzw. non-verbal „verschlüsselt“ losschickt. Das andere Mal zum Zeitpunkt des Empfangens, bei dem die Nachricht vom Empfänger wieder entschlüsselt werden muss. 54 Konkretisiert werden mögliche „Empfangsverzerrungen“ im Modell von Schulz von Thun, „Vier Ohren einer Nachricht“. Das Modell unterteilt die Botschaften einer Nachricht in eine appellierende (Sie fordert auf.), in eine sich selbst offenbarende (Sie drückt etwas vom Sender aus.), in eine beziehungsmäßige (Sie stellt den Sender und den Empfänger in Beziehung) und in eine klar sachbezogene Seite (Sie stellt den Sachverhalt dar). Der verbale Inhalt einer Nachricht wird damit zu einer etwaigen Möglichkeit neben drei anderen möglichen Botschaften. 55
Für einen Dialog - insbesondere dem im Mitarbeitergespräch - gilt es, eine verzerrte oder gar falsche Botschaft zu vermeiden. Deshalb ist eine unbedingte Rückmeldung zwischen Empfänger und Sender notwendig. Empfangene Botschaften sollten daher von der Führungskraft rückgemeldet und (selbst)kritisch reflektiert werden. Diese Verhaltensweisen erfordern von Führungskräften verstärkte Kenntnisse und Erfahrungen in den Bereichen der Beratung, Betreuung sowie Kommunikationsfähigkeit. Sie können nur in einem kontinuierlichen Lernprozess entwickelt und sich angeeignet werden.
Eine hundertprozentige Objektivität ist bei der Aufnahme von Informationen vermutlich nicht zu erreichen, da der Mensch keine „neutrale, affektfreie, nur rational und sachbezogen argumentierende Instanz“ 56 darstellt, sondern von Gefühlen geleitet wird. So begründet sich, dass jedes Gespräch auch mit einer bewussten oder unbewussten Wertung der Information und des Gegenübers einhergeht und es dadurch zu Urteilsverzerrungen und selbst Fehlurteilen kommen kann. V.a. wenn die Beurteilung des Mitarbeiters im Gespräch ein zentrales Thema darstellt, ist es erforderlich, dass der Beurteiler mit möglichen Urteilstendenzen vertraut ist und unbewusste Wertungen vermieden werden können. Einige klassische Urteilstendenzen werden in der folgenden Abbildung (Abb. 4) aufgeführt.
Beispielhafte Urteilstendenzen 57 Abbildung 4:
Denn fungiert die Beurteilung als zielorientierter Kommunikationsprozess für verbesserte organisatorische Bedingungen und verbesserte Leistungen, wird diese von den Beteiligten weniger als Kritik und persönlicher Angriff verstanden. Auch zukünftig wird bei diesem sensiblen Thema gerade an dieser Stelle anzusetzen sein.
2.5 Instrumentaler Aspekt
Ein weiterer Aspekt, durch den ein Mitarbeitergespräch gekennzeichnet wird, ist der instrumenta- Um einen optimalen Ablauf der Gespräche zu gewährleisten, sind verschiedene Instrumente
hilfreich. Als primäre Instrumente finden der Gesprächsleitfaden, Stichwort- bzw. Themenlisten und der Dokumentationsteil ihre praktische Anwendung. Da das Gespräch auch auf institutionelle Vorgaben und Richtlinien baut, zählen Dokumentationen, wie z.B. das Leitbild, der Personalentwicklungsplan und die Stellenbeschreibung als sekundäre Instrumente, die das Gespräch inhaltlich mit gestalten. 59
Ein Leitfaden zielt der Wortbedeutung entsprechend darauf ab, seine Anwender im Gespräch zu leiten damit diese „den Faden nicht verlieren“. Es soll sich also am Wesentlichen und Notwendigen während des Gesprächs orientiert werden. Er beinhaltet neben den Anleitungen zur Gesprächsdurchführung gesprächsvorbereitende und -nachbereitende Hinweise. Diese treffen Aussagen über die Gestaltung, über die Ablaufphasen, über die Inhalte und über das Verhalten des Gesprächsleiters. Detaillierter Inhalte werden dann in sogenannten Themenlisten aufgeführt, die dem Leitfaden beigelegt sind.
Tatsächlich entspricht der Gesprächsleitfaden jedoch in der Praxis eher einem Gesamtkonzept für Mitarbeitergespräche. Häufig befinden sich ergänzend zu den bereits aufgeführten Inhalten ebenso die Erklärungen dafür, was ein Mitarbeitergespräch ist, welche Funktionen und Vorteile es hat und welche Gesprächs- und Führungsregeln beachtet werden müssen. Gestalterisch differieren Praxisleitfäden in Umfang und Inhalten. Gemeinsam ist ihnen allen jedoch die zu Beginn orientierende und informierende Funktion für die Interaktionspartner. Themenlisten und Dokumentationen werden häufig als standardisierte Formulare in den Anhang eines solchen Leitfadens integriert. 60 Es stellt sich die Frage, inwieweit so umfangreiche Gesprächsleitfäden (i.S.v. Konzepten) für die Unternehmen sinnvoll und effizient sind. Da Mitarbeiter sich eher einer für sie relevanten und bündigen Information bedienen, setzen sie sich häufig mit Konzepten nur dann auseinander, wenn diese übersichtlich, prägnant und für sie relevant sind. Andererseits kann in einem ausführlichen Leitfaden die unternehmensspezifische Handhabung der Gesprächsabläufe und Inhalte festgelegt sein und somit einen qualitativen Standard liefern. Es ist also ratsam, den Umfang sowie die Inhalte v.a. mit den anwendenden Führungskräften zu entwickeln und auf das Leitbild abzustimmen, auf die Philosophie des Unternehmens also und sich daraus ergebene Ziele
und Strategien 61 .
Neben dem Leitfaden zählen die bereits erwähnten Stichwort- bzw. Themenlisten zu den weite- Hilfsinstrumenten. Sie sind Bestandteil des Leitfadens (Konzepts) und haben die Aufgabe, die inhaltliche Grobgliederung des Gespräches mit vorgegebenen Stichworten zu präzisieren. Der Anwender wählt, ggf. gemeinsam mit dem Mitarbeiter, in der Vorbereitungsphase alle die für den Mitarbeiter relevanten Themen aus. Das Gespräch kann somit auf diese Schwerpunkte konzentriert und gelenkt werden.
Häufig sind die Definitionen zwischen Stichwortlisten und Leitfäden nicht eindeutig abgegrenzt. So spricht Meixner von einem Leitfaden im Sinne eines Konzeptes, wendet diesen Begriff aber auch im Sinne eines Leitfadens an, der nur den Gesprächsinhalt beinhaltet. 62 Schließlich findet er in der Praxis vier Varianten für Stichwortlisten: 63 die offen gestaltete Variante, bei der Vorgesetzter und Mitarbeiter über die Themen des Gesprächs im Voraus entscheiden die Stichwortliste, welche verbindlich und unverbindlich eine Auswahl an Themen aufzeigt der strukturierte Gesprächsleitfaden, der den gesamten Gesprächsverlauf in zeitlicher Reihenfolge inhaltlich aufführt kombinierte Verfahren
Die notwendige Detaillierung der Struktur von Stichwortliste und Leitfaden ist von der gewählten Gesprächsform abhängig. Detailliert strukturierte Instrumente können eine Hilfe für die Orientierung an den Gesprächsthemen sein. Andererseits besteht die Gefahr, dass sie die Konzentration der Gesprächspartner zu stark auf sich ziehen und somit der Gesprächsfluss erheblich gestört wird. Neben der Detaillierung ist der Aufbau der Instrumente ein weiteres Kriterium für eine weitgehend ungehemmte Kommunikation. Nur wenn dieser übersichtlich und einfach formuliert gestaltet ist, wird es dem Anwender möglich, das Instrument scheinbar unbemerkt während des Gesprächs zu nutzen. So wird den Anliegen der Mitarbeiter Raum gelassen und dennoch darauf geachtet, vom Seitenpfad wieder auf den Hauptpfad des Gesprächs zurück zu kehren.
Der Dokumentationsteil bietet als drittes Instrumentarium die Möglichkeit, im Gespräch Gesag-
tes schriftlich zu fixieren. Ein Festhalten der Gesprächsinhalte hat neben dem oft als lästig emp- Mitschreiben auch vielseitige positive Gründe. Niedergeschriebenes ermöglicht, im Alltag oft vergessene Vorsätze wieder in das Gedächtnis zurück zu rufen. Dieser Umstand ist besonders beim Zielvereinbarungsgespräch im Hinblick auf evtl. nachträgliche Meinungsdifferenzen äußerst wichtig. Zudem ist ein formuliertes Ziel, v.a. wenn es exakt beschrieben wird, wirksamer als ein nur gedachtes. 64 Für die Gesprächsnachbereitung kann das Dokumentieren die Evaluation des Gesprächs erheblich erleichtern. Auch die jährliche Entwicklung des Mitarbeiters wird so schriftlich nachvollziehbar. Es ist jedoch davon auszugehen, dass das Dokumentieren auf die Interaktion als „Störfaktor“ wirken kann und einer entspannten Gesprächsatmosphäre somit entgegen gewirkt. Hinsichtlich des Vorgesetzten besteht die Gefahr darin, dass er sich allzu sehr auf seinen Vordruck konzentriert und damit die Interaktion hemmt. Beim Mitarbeiter kann dieses Verhalten eher Unsicherheit und einen angespannte Redefluss verursachen. Daher ist es grundsätzlich wichtig, im Vorfeld zu klären, was warum zu dokumentieren ist und wie die Dokumentation erfolgen sollte. Meixner bietet dazu folgende Vorschläge: 65 Jeder macht eigene Aufzeichnungen. Die eigenen Aufzeichnungen werden gemeinsam abgesprochen. Die Dokumentation erfolgt auf einem Vordruck durch den Vorgesetzten. Die Dokumentation erfolgt auf einem Vordruck durch den Mitarbeiter. Die Dokumentation erfolgt auf einem Vordruck abwechselnd durch den Mitarbeiter und den Vorgesetzten.
Die in der Praxis gebräuchlichste Variante ist die Dokumentation durch den Vorgesetzten auf einem standardisierten Vordruck. Die Anwendung erfolgt v.a. in Zielvereinbarungs- und Beurteilungsgesprächen, deren Vereinbarungsinhalte und Ergebnisse die Notwendigkeit einer Dokumentation am offensichtlichsten fordern. Der Aufbau des Dokumentationsbogens sollte sich dabei an Gesprächsform und Gesprächsstil orientieren und entsprechend stark strukturiert sein. So hilft er dem Vorgesetzten, angesprochene Problempunkte weder zu vergessen noch durch subjektive Erinnerung zu verzerren. Zudem erleichtert er das Zeitmanagement mit Hilfe seiner Struktur. Grundsätzlich sollte jedoch ein Minimum an Aufzeichnungen angestrebt werden, um das Gespräch auf den mündlichen Aspekt zu konzentrieren. In einer unmittelbar folgenden Phase können die wichtigsten Gesprächinhalte möglichst gemeinsam mit dem Mitarbeiter protokolliert werden, um mit Transparenz Vertrauen zu schaffen.
2.6 Ablauforientierter Aspekt
Der letzte Abschnitt zeigt alle Ablaufphasen eines Gespräches auf. Schon allein die Zielstellung des Gesprächs verlangt vom Organisierenden eine gewisse Planung des Gesprächsablaufes mit seinen Inhalten. So lässt sich ein Gespräch in folgende Phasen einteilen: Gesprächsvorbereitung Gesprächsdurchführung Gesprächsnachbereitung
Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass Gesprächsleitfaden, Themenliste und Dokumenta- bereits entwickelt und anwendungsbereit sind. Nun ist der erste wichtige Schritt die frühzeitige Terminierung des Gesprächs vor dem Hintergrund einer angemessenen Vorbereitungszeit, sowohl für den Vorgesetzten als auch für den Mitarbeiter. Wünscht sich der Mitarbeiter eine dritte Person an seine Seite, so sollte seinem Wunsch nachgegangen werden. Um eine hohe Effektivität des Gesprächs zu erreichen, sollten neben dem Termin v.a. auch der Zweck und das angestrebte Ergebnis im Vorfeld kurz besprochen werden. Der Vorgesetzte sollte sich mit Hilfe der Themenliste bezogen auf den Mitarbeiter vorbereiten und evtl. eigene Notizen hinzufü- gen. Es empfiehlt sich, auch dem Mitarbeiter eine Themenliste auszuhändigen. So kann er sich im Vorfeld auf das Gespräch vorbereiten. 66
Die Reihenfolge der Gesprächspartner kann das Gesamtergebnis der Gespräche des Vorgesetzten beeinflussen. So empfiehlt sich auch hier der pädagogische Grundsatz: vom Einfachen zum Schweren und Komplexen, um die aufgebrachte Energie nicht gleich anfangs durch Querulanten einzubüßen, sondern Gespräch für Gespräch Strategien und Taktiken erweitern zu können. 67 Weitere Maßnahmen, die seitens des Vorgesetzten zu treffen sind, sind die Planung des Ortes und des Ambientes. Unabhängig vom Gesprächsaspekt ist es wichtig, einen ungestörten Ort mit ruhiger Atmosphäre auszuwählen, d.h. ohne von Telefon und Menschenverkehr abgelenkt zu werden. Häufig wird ein neutraler Gesprächsplatz außerhalb des Vorgesetztenbüros empfohlen. Sollten dieses die räumlichen Gegebenheiten nicht zulassen, bietet sich ein Besprechungstisch statt eines Schreibtischs an, um die Statusunterschiede nicht unnötig zu betonen. Desweiteren sollte durch ausreichend eingeplante Zeit dem Mitarbeiter die Bedeutung des Gesprächs vermittelt werden. Ein Zeitrahmen von einer dreiviertel Stunde bis ein und eine halbe Stunde wird als sinnvoll empfohlen, um den Gesprächspartnern einerseits ausreichend Zeit zur Verfügung zu
stellen, sie andererseits jedoch auch an einen zielorientierten Gesprächsverlauf zu binden. 68
Kontaktaufnahme Informationsphase Argumentationsphase Beschlussphase Abschlussphase
Hierbei nehmen die Phasen keine verbindliche Position ein, sondern gelten eher einer Orientie- im Gesprächsverlauf. Je nach Gesprächsanlass sollten die Phasen unterschiedlich gewichtet werden.
Die erste Phase ist gekennzeichnet durch die Kontaktaufnahme und die persönliche Begrüßung. Dabei gilt das „Small-Talk-Verfahren“ dem Schaffen einer vertrauten Atmosphäre zwischen beiden Gesprächspartnern. Sie stellt die Basis für einen positiven Gesprächsverlauf dar. Eine herzliche Begrüßung und ein gezeigtes Interesse werden vom Mitarbeiter jedoch nur angenommen, wenn das Auftreten des Vorgesetzten seiner auch sonst üblichen Art entspricht. Andernfalls ruft das Verhalten eher Skepsis und Distanz im Mitarbeiter hervor. 70
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- Katrin Jänig (Author), 2001, Konzept zur Einführung jährlicher Mitarbeitergespräche im Krankenhaus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185745
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