‘Es war einmal ....’ Kaum ein anderer Satz übt wohl in der Kindheit einen vergleichbaren Zauber aus: Große Kinderaugen, glückliches Staunen und heiliger Ernst auf Kindergesichtern. Langsam wird der Blick verklärt und ein Lächeln huscht über die Lippen. Märchenstunde! Angenehme Erinnerungen an Kindertage.
Märchen, mit ihnen wachsen wir alle auf, besonders mit denen aus der Sammlung der GEBRÜDER GRIMM . Aber sind wir dann den Kinderschuhen entwachsen, verlieren die Märchen ihre Faszination. Vielleicht fällt uns noch der grobe Ablauf von ‘Rumpelstilzchen’ und ‘Rotkäppchen’ ein, deren Bildfragmente nicht nur in Märchenbüchern, sondern auf hunderten von Konsumartikeln der Kinderwelt auftauchen. So sehr wir als Kinder an den Geschichten gehangen haben, so abwertend legen wir sie in der Regel im späteren Alter wieder beiseite, und das Märchen als ein infantiles Gebilde ohne beträchtlichen Kulturwert bekommt oft einen negativen Akzent von Phantasterei oder gar Schwindel.
Die Fremdheit dieser einstmals so vertrauten Welt gegenüber läßt sich daraus verstehen, daß unsere Bewußtseinsschicht mit ihrer vorwiegend logisch-rationalen Struktur die Verbindung mit tieferliegenden ursprünglichen Schichten abgebrochen hat. Dieser Zustand ist, angesichts des zivilisatorischen Trends, dessen Vergnügungsindustrie und Touristikbüros Sorge tragen, daß Lebensfreude erhalten bleibt und daß seelisches Ungleichgewicht nicht in psychische Störungen umschlägt, keineswegs verwunderlich, umso mehr als auch unsere Industriegesellschaft vorwiegend außen angepaßte, gut kontrollierbare Mitglieder produziert. In unserem heutigen Computerzeitalter glauben wir an das, was man statistisch erforschen und nachprüfen kann. Sind wir mit Hilfe der Technik und der wissenschaftlichen Methodik zwar um viele Erkenntnisse reicher geworden, so dürfen wir dennoch diese Kategorien nicht schlechthin für allgemeingültig halten. [...]
Inhaltsverzeichnis:
0 EINLEITUNG
0.1 THEMATISCHE EINFÜHRUNG:
0.2 THEMATISCHE STANDORTBESTIMMUNG
0.3 METHODISCHE VORÜBERLEGUNGEN
1 DAS MÄRCHEN ALS INSTRUMENT DER KINDERPSYCHOTHERAPIE UNTER LITERATURWISSENSCHAFTLICHEN GESICHTSPUNKTEN
1.1 TERMINOLOGISCHE UND ETYMOLOGISCHE BEGRIFFSBESTIMMUNG
1.2 HISTORISCHE UND TIEFENPSYCHOLOGISCHE ERKENNTNISSE DER MÄRCHENFORSCHUNG
1.2.1 Zur Geschichte des M ä rchens
1.2.2 Das M ä rchen als ‘ Projektion des kollektiv Unbewu ß ten ’
1.3 WESENSZÜGE DES EUROPÄISCHEN VOLKSMÄCHENS: VOM ‘HANDWERKSZEUG’ DER STRUKTUR- UND STILANALYSE
1.3.1 Der Personal- und Requisitenbestand
1.3.2 Das Handlungsmuster und die Themen
1.3.3 Die stilistische Gestaltung
2 PÄDAGOGISCHE UND ENTWICKLUNGSPSYCHOLOGISCHE ASPEKTE
2.1 ZUR SITUATION DER MÄRCHENPÄDAGOGIK
2.1.1 Das M ä rchen im ‘ Kreuzfeuer ’ p ä dagogischer Diskussionen
2.1.2 Die zeitgen ö ssische Verwendung des M ä rchens
2.2 DAS KIND UND SEINE ENTWICKLUNGSPSYCHOLOGISCHE KORRESPONDENZ ZUM MÄRCHEN
2.2.1 Die stilistisch analoge Erkenntnisgestaltung des Kindes
2.2.2 Die strukturell analoge Inszenierung von Entwicklungsprozessen der Kindheit im M ä rchen. 33
2.3 FUNKTIONEN DES MÄRCHENS FÜR DAS SEELISCHE WACHSTUM DES KINDES
2.3.1 M ä rchen als ‘ Schl ü ssel zur Welt ’
2.3.2 „ Die Notwendigkeit des Zauberhaften “
2.3.3 Angstbew ä ltigung mit Hilfe von M ä rchen
3 GRUNDLAGEN DER PSYCHOTHERAPEUTISCHEN BEHANDLUNG VON KINDERN
3.1 DEFINITION UND GEGENSTAND DER KINDERPSYCHOTHERAPIE
3.2 DIE ENTSTEHUNG UND ENTWICKLUNG DER KINDERPSYCHOTHERAPIE
3.2.1 Die Anf ä nge der Kinderpsychotherapie
3.2.2 Die Entwicklung der Kinderanalyse nach dem Ersten Weltkrieg
3.2.3 Die Phase nach dem Zweiten Weltkrieg
3.3 ZUR PRAKTISCHEN DURCHFÜHRUNG UND ANWENDUNG DER KINDERPSYCHOTHERAPIE.
3.3.1 Entwicklungspsychologische Konditionen der psychotherapeutischen Grundsituation beim Kind
3.3.2 Pathogenese psychischer St ö rungen im Kindesalter
3.3.3 Diagnostik der psychischen St ö rung im Kindesalter
3.3.4 Konzepte und Modelle der Kinderpsychotherapie
3.3.5 Kriterien kinderpsychotherapeutischer Praxis
3.3.6 Strategien und Techniken des Kinderpsychotherapeuten
3.3.7 Zum Ablauf eines psychotherapeutischen Settings
4 DAS MÄRCHEN UND SEIN DIAGNOSTISCHER UND THERAPEUTISCHER EINSATZ IN DER KINDERPSYCHIATRIE
4.1 ZU DEN WURZELN DER MÄRCHENPSYCHOTHERAPIE
4.1.1. Historische Spuren der M ä rchentherapie
4.1.2 Die Beitr ä ge der Tiefenpsychologie
4.2 THERAPEUTISCH ANALYTISCHE WESENS- UND FUNKTIONSBESTIMMUNG
4.2.1 Der kommunikative Durchf ü hrungsmodus der M ä rchentherapie
4.2.2 Die motivationale Kraft des M ä rchens zur therapeutischen Betreuung
4.2.3 Heilung durch die Fiktionalisierung kindlicher Problematik
4.2.4 Archetypische Demonstration universeller Geborgenheit
4.2.5 Die archetypische „ patterns of behaviour “
4.3 DIE INTRA- UND INTERPSYCHISCHEN EBENEN DES MÄRCHENS
4.4 THERAPEUTISCH QUALITATIVE PROZESSE DER MÄRCHENPSYCHOTHERAPIE: WIRKUNG UND WIRKSAMKEIT
4.4.2 Die Projektion
4.4.3 Die Identifikation
4.4.4 Die Distanzierung und Objektivierung
4.4.5 Die Selektionsm ö glichkeiten
4.4.6 Die Modellsituation
4.5 DAS MÄRCHEN ALS LITERARISCHES REPRÄSENTATIONSSYSTEM
4.6 DAS LIEBLINGSMÄRCHEN ALS DIAGNOSTISCHER FAKTOR IN DER KINDERPSYCHOTHERAPIE
4.7 METHODISCHE MÖGLICHKEITEN MÄRCHENTHERAPEUTISCHER PRAXIS MIT KINDERN
4.7.1 Rezeptive Ans ä tze der M ä rchenpsychotherapie
4.7.2 Der produktive M ä rcheneinsatz
4.7.3 Der gestalttherapeutische M ä rchenansatz
5 ABSCHLIEßENDE BETRACHTUNGEN
6 LITERATURVERZEICHNIS
Danksagung
Die vorliegende Arbeit wurde im Zeitraum von September bis Dezember 1999 geplant und realisiert. Daß eine Examensarbeit nicht nur Arbeit bedeutet, sondern, zumindestens in meinem Fall, auch Spaß machen kann, habe ich nebenbei auch den folgenden Personen zu verdanken, die ich kurz erwähnen möchte: Zunächst möchte ich meinen Eltern danken, durch deren ständige Aufmerksamkeit und Motivation ich die Examenszeit zuversichtlich in Angriff nehmen konnte. Desweiteren stand mir mein Freund hilfreich zur Seite, indem er mir durch seine objektiven Betrachtungen neue thematische Sichtweisen eröffnete. Doch auch ohne die Anregungen des Seminars ‘Märchen in der Therapie’ unter der Leitung von Prof. Dr. Flaschka wäre es wohl nicht zur Realisierung dieser Arbeit gekommen. Darüber hinaus seien auch einige Therapeuten namentlich erwähnt, wie W.SCHERF, H.DIECKMANN, A.GUGGENBÜHL, D.EWERT, E.WEDL, K.WEBER u.a., die durch regen Briefkontakt ihr Interesse am Gelingen meiner Arbeit bekundeten. Für die besondere Gestaltung des Layouts möchte ich mich bei Ursula (11 Jahre) bedanken, die mit ihrer Märchenzeichnung zu einer ansprechenden Aufmachung beitragen soll.
0 Einleitung
0.1 Thematische Einf ü hrung:
‘Der Verlust der Zauberdinge im heutigen Zeitalter’
‘Es war einmal ’ Kaum ein anderer Satz übt wohl in der Kindheit einen vergleichbaren Zauber aus: Große Kinderaugen, glückliches Staunen und heiliger Ernst auf Kindergesichtern. Langsam wird der Blick verklärt und ein Lächeln huscht über die Lippen. Märchenstunde! Angenehme Erinnerungen an Kindertage. Märchen, mit ihnen wachsen wir alle auf, besonders mit denen aus der Sammlung der GEBRÜDER GRIMM1. Aber sind wir dann den Kinderschuhen entwachsen, verlieren die Märchen ihre Faszination. Vielleicht fällt uns noch der grobe Ablauf von ‘Rumpelstilzchen’ und ‘Rotkäppchen’ ein, deren Bildfragmente nicht nur in Märchenbüchern, sondern auf hunderten von Konsumartikeln der Kinderwelt auftauchen. So sehr wir als Kinder an den Geschichten gehangen haben, so abwertend legen wir sie in der Regel im späteren Alter wieder beiseite, und das Märchen als ein infantiles Gebilde ohne beträchtlichen Kulturwert bekommt oft einen negativen Akzent von Phantasterei oder gar Schwindel.
Die Fremdheit dieser einstmals so vertrauten Welt gegenüber läßt sich daraus verstehen, daß unsere Bewußtseinsschicht mit ihrer vorwiegend logisch-rationalen Struktur die Verbindung mit tieferliegenden ursprünglichen Schichten abgebrochen hat. Dieser Zustand ist, angesichts des zivilisatorischen Trends, dessen Vergnügungsindustrie und Touristikbüros Sorge tragen, daß Lebensfreude erhalten bleibt und daß seelisches Ungleichgewicht nicht in psychische Störungen umschlägt, keineswegs verwunderlich, umso mehr als auch unsere Industriegesellschaft vorwiegend außen angepaßte, gut kontrollierbare Mitglieder produziert. In unserem heutigen Computerzeitalter glauben wir an das, was man statistisch erforschen und nachprüfen kann. Sind wir mit Hilfe der Technik und der wissenschaftlichen Methodik zwar um viele Erkenntnisse reicher geworden, so dürfen wir dennoch diese Kategorien nicht schlechthin für allgemeingültig halten.
Um nicht eine Einbuße an schöpferischen Entfaltungsmöglichkeiten zu erleiden, müssen wir die Gabe, das Sichtbare zu durchschauen, wieder nutzen, d.h. wir müssen lernen, den Dingen ins Herz zu sehen, denn nur mit dem Herzen sieht man gut.2 In die Tiefen der Meere und in den Weltraum bereits vorgedrungen, mußten auch Forscher feststellen, daß dort draußen weder Drachen noch Hexen oder Feen existieren, sondern daß diese Zauberwesen tief in der Seele des Menschen verankert sind. Zum Glück gibt es aber in unserem Kulturraum bis heute ein Volk, „das Volk der Kinder“1, das diese geheimnisvolle Sprache der Märchen weiterhin kultiviert und ihr zugetan ist, obwohl ihre Erfahrungen aus einer in hohem Maße technisierten Welt, in der fast alles möglich ist, das Märchen häufig seines wunderbaren Charakters entkleiden. Will die vorliegende Arbeit nun die Ehre des Märchens retten, so hat sie schon recht gewichtige Argumente zu bringen, wenn die These bewiesen werden soll, daß Märchen als „Kunstwerke von zeitloser Gültigkeit“2 geradezu eine hervorragende Funktion für den kindlichen Wachstums- sowie für den bei psychisch devianten Kindern notwendigen Therapieprozeß beinhalten und eine „durch nichts zu ersetzende geistige Nahrung“3 sind.
Wissenschaftliche Studien belegen derzeit mit trauriger Regelmäßigkeit, daß viele Kinder unter Gesundheitsstörungen leiden und in einem seelisch wie körperlich ungesunden Umfeld aufwachsen.4 Der Mangel an Bindung und Geborgenheit ist eine wesentliche Ursache für seelisches Leid und in der Folge auch für physische Mangelerscheinungen, wie der Unfähigkeit sich zu konzentrieren oder sich alleine kreativ zu beschäftigen. Darüber hinaus reicht die ‘Palette’ von Nervosität, Einzelgängertum, Gefühlsarmut, Aggressivität bis hin zum so genannten ‘Burn-out- Syndrom’ oder der ‘CFSC’ (chronische Müdigkeit), um vorab nur einige Störungsmuster aufzugreifen.
Steht nun das Märchen bereits dort, wo die Therapie hin will,5 möchten die weiteren Ausführungen im Hinblick auf den geschilderten ‘Verlust der Zauberdinge’ wieder eine ‘Lanze’ für das Märchen brechen und insbesondere Kinderpsychotherapeuten, aber auch Eltern und Erzieher erneut dafür gewinnen, Märchen in ihre Arbeit bewußt einzuplanen.
Zu Beginn der Arbeit mußte auch ich mich wieder für den Symbolgehalt der Märchen sensibilisieren, betrat aber auch gleichzeitig durch die medizinisch psychotherapeutische Einbindung dieses Themas ‘Neuland’. Fasziniert von TRAUDEL SIMON-WUNDTs1 Berichten märchentherapeutischer Praxis, drängte es mich im Rahmen meiner Examensarbeit zu einer ausführlicheren, auch im kinderpsychiatrischen Bereich verankerten Beschäftigung mit diesem Thema.
0.2 Thematische Standortbestimmung
Zur eindeutigen thematischen Lokalisierung und Aufklärung über die Herkunft der gewonnenen Erkenntnisse dient die folgende schematische Auflistung. Gibt es demnach im ganzen sechs Ebenen, auf denen die Frage nach dem Wesen des Märchens beantwortet werden kann,
„1. die Ebene der gesellschaftlichen, politischen und ideologischen Funktion [,]
2. die Ebene der psychologisch-psychotherapeutischen Funktion [,]
3. die Ebene der pädagogischen Funktion [,]
4. die Ebene der kulturwissenschaftlich-volkskundlichen Funktion [,]
5. die Ebene der literarischen Funktion [und]
6. die Ebene der bewußtseinsstrukturellen Funktion [,]“2
so beschränken sich die weiteren Ausführungen auf die zweite Ebene. Da im kinderpsychotherapeutischen Bereich die Grenze zwischen Therapie und Erziehung zuweilen verwischt, werden die folgenden Darstellungen gelegentlich mit Anmerkungen der pädagogischen Ebene angereichert, wie sich ebenso durch die Funktionalisierung des Märchens als therapeutisches ‘Werkzeug’ ein Rückgriff auf die fünfte Ebene nicht vermeiden läßt. Teilt doch auch MAX LÜTHI (*1909 †1991), ein bedeutender Märchenforscher von internationaler Bedeutung, diese Auffassung, daß, „um die Funktion und den Sinn des Märchens für den Menschen bestimmen zu können, mehrere Wissenschaften zusammenarbeiten sollen“3.
0.3 Methodische Vor ü berlegungen
Auf der Suche nach einer geeigneten Gliederung sah ich mich mit einer Fülle von Literatur konfrontiert: Auf der einen Seite stand eine Vielzahl märchentherapeutischer Praxisbeispiele, die keinem übergeordneten Konzept zuzuordnen waren und denen jegliche medizinische Fundierung fehlte, auf der anderen Seite standen vorwiegend tiefenpsychologische Interpretationsmodelle mit völlig anderen Schwerpunkten, die wenig Wert auf einen konkreten psychotherapeutischen Einsatz des Märchens legten, aber gleichzeitig interessante Themen menschlicher Problematiken bearbeiteten. Letztendlich ergab sich nun die folgende thematische Gliederung, deren Darlegung sich auf die Kapitel der Arbeit reduziert. Für weitere dispositionelle Informationen sei der Leser auf die Kurzverweise vor den jeweiligen Abschnitten verwiesen. Fungiert das Märchen als Instrument der psychotherapeutischen Arbeit mit Kindern, so müssen von literaturwissenschaftlicher Seite her zunächst seine gattungsspezifischen Merkmale geklärt werden, wie auch seine allgemeine Gegenstandsbestimmung zu erfolgen hat. Um nun die Wirksamkeit des Märchens hinsichtlich seiner Unterstützung ärztlicher Hilfe abschätzen zu können, wird in einem zweiten Kapitel hinterfragt, inwieweit es um die Einstellungen und Empfänglichkeiten der zu behandelnden Patienten, der Kinder1, gegenüber der Märchenwelt bestellt ist. Wie man dann sieht, erinnert das Märchen an die Erlebnisse auf bestimmten Reifungsstufen im Leben des Kindes und an Vorstellungen aus der Welt seelisch devianter Kinder. Verlockend ist es, diese Ähnlichkeiten als Entsprechungen zu werten und mittels Analogieschluß hinter die Oberfläche des Märchens zu kommen. Sind diese Erkenntnisse mit Hilfe der entwicklungspsychologischen Disziplin in ausreichendem Maße geprüft worden, so dient das dritte Kapitel der medizinischen Fundierung. Die Pathogenese und Diagnostik psychischer Störungen liefern hierzu wesentliche Aspekte, wenn man nicht nur oberflächlich von geistesgestörten Patienten reden will, sondern auch Interesse am Ursachengefüge besteht.
Nachdem die ersten drei Kapitel, deren thematische Polarisation sich auch aus dem Titel der Arbeit ergeben, basale Informationen liefern, tragen im vierten Kapitel zunächst theoretische Überlegungen zur psychotherapeutischen Funktionsbestimmung des Märchens bei. In Anwendung dieser Resultate beschäftigen sich anschließende Abschnitte mit den reizvollen Möglichkeiten, die das Märchen bietet, wenn man es in die Behandlung von seelischen Störungen einbezieht.
Bevor wir nun in eine Welt, ‘in der das Wünschen noch geholfen hat’, wie es im Märchen vom ‘Froschkönig’ heißt, ‘eintauchen’, sei formal noch angemerkt, daß sich die Arbeit an den alten Regeln der Rechtschreibung orientiert.
1 Das Märchen als Instrument der Kinderpsychotherapie unter literaturwissenschaftlichen Gesichtspunkten
Die folgenden Untersuchungen des Märchens hinsichtlich seiner Bedeutung und Beziehung zur Psychotherapie sowie seiner Funktionalisierung als therapeutisches Hilfsmittel setzen einige literaturwissenschaftliche Gedanken über seinen Inhalt, seine Form und Herkunft voraus. Fungiert insbesondere die Struktur- und Stilanalyse als fundamentales ‘Handwerkszeug’ des Märchentherapeuten, so sind insbesondere, um auch im anschließenden Kapitel die Berührungspunkte des Märchens mit der Psyche und der Bewußtseinsentwicklung der kindlichen Patienten analysieren zu können, Erkundungen über die Wesensmerkmale sowie über das tiefenspychologische Verständnis dieser Gattung einzuholen, wobei der Schwerpunkt dieses Essays auf den für den therapeutischen Nutzen wesentlichen Aspekten liegt.
1.1 Terminologische und etymologische Begriffsbestimmung
Das Wort ‘Märchen’ stammt aus dem Mittelhochdeutschen und stellt eine Verkleinerungsform zu dem Wort ‘die Märe’ (mhd.: diu mœre)1 dar, dessen ursprünglicher Sinn ‘Kunde’ oder ‘Nachricht‘ bedeutete. Aufgrund der Verkleinerung erfuhr dieses Diminutivum eine Bedeutungsverschlechterung und wurde zur Bezeichnung von unwahren und erfundenen Geschichten (lügenmaere, tandmaere, u.a.)2 gebraucht. Im Mittelalter setzte sich dann infolge der Exponierung des Widerspruchs zur Wirklichkeitserfahrung die allgemein geläufige Bedeutung ‘Erzählung’ für jene Versformen durch. Die im oberdeutschen Sprachraum überwiegende Form ‘Märlein’ wurde dann seit dem 18. Jhd. allmählich durch das ‘Märchen’ abgelöst.3 Zur gleichen Zeit setzte auch die von JOHANN GOTTFRIED HERDER (*1744 †1803) sowie anderen Trägern des ‘Sturm und Drang’ angezettelte Gegenbewegung ein, die nun in der Volksdichtung eine „Quelle der wahren Poesie“4 entdeckte; die französischen Feenmärchen und die Geschichten aus ‘Tausenundeiner Nacht’ machten diese Gattung ebenso berühmt. Im 19. Jhd. hielt die steigende Popularität insbesondere durch die
Sammlung der GEBRÜDER GRIMM1, JACOB LUDWIG KARL (*1785 †1863) und WILHELM (*1786 †1859), sowie LUDWIG BECHSTEINs (*1801 †1860)2 weiterhin an. Durch die weltweite Verbreitung der GRIMMschen Märchen erfolgte ihre Etablierung zur Kennzeichnung der Erzählgattung ‘Volksmärchen’ und dann später ‘Kunstmärchen’. Eine der bekanntesten Märchendefinitionen, die des Literaturwissenschaftlers ANDRÉ JOLLES, prägt den Begriff ‘Gattung GRIMM:
Ein Märchen ist eine Erzählung oder eine Geschichte in der Art, wie sie die Gebrüder Grimm in ihren Kinder- und Hausmärchen zusammengestellt haben. (...) Man pflegt ein literarisches Gebilde dann als Märchen anzuerkennen, wenn es -allgemein ausgedrückt- mehr oder weniger übereinstimmt mit dem, was in den Grimmschen Kinder- und Hausmärchen zu finden ist.3
Somit verstehen wir unter ‘Märchen’ im wissenschaftlichen Sinne seit HERDER und den GEBRÜDERn GRIMM eine der Unterhaltung dienende, mit dichterischer Phantasie entworfene und „eine nicht an die Bedingungen des wirklichen Lebens geknüpfte wunderbare Geschichte“4 phantastischer Begebenheiten.
Als Volksdichtung steht das Märchen auf Grund seines starken Stilwillens neben Sage, Legende, Mythus, Fabel, Parabel, Schwank und Anekdote. Sind in anderen Kulturkreisen diese Erzählungen meist dichter miteinander verwoben, so bilden die ‘eigentlichen Märchen’ eine selbständige Kategorie. Ihre Untergattungen zeigen ein breitgefächertes Spektrum, das von Mythen-, Tier-, Zauber- bis Schwank- und Novellenmärchen reicht.5
1.2 Historische und tiefenpsychologische Erkenntnisse der M ä rchenforschung
1.2.1 Zur Geschichte des Märchens
Märchen gibt es quer durch alle Kulturen hindurch; so beeinflußten sich die Geschichten der alten Ägypter, Juden, Griechen, Römer, Inder und Araber und prägten auch die europäischen Märchen. Eindeutige Befunde über die Existenz von Märchen in vorgeschichtlicher Zeit liegen allerdings nicht vor, so daß sich die Herkunft des
Märchens im Dunkeln der Vorgeschichte verliert. Finden sich schon in der altgriechischen sowie römischen Literatur Spuren von Märchen und wird auch häufig Indien als ihr Ursprungsland und Ausgangspunkt ihrer mündlichen Überlieferung angesehen1, so verlegt ALBERT WESSELSKI2 die Entstehung der Märchengattung in das Spätmittelalter.
Mit Beginn der Neuzeit lassen sich die Quellen glücklicherweise eindeutiger erschließen. Brachte im 16. Jhd der Neapolitaner GIAMBATTISTA BASILE (*1575 †1632)3 mit seiner publizierten Sammlung von fünfzig Volksmärchen, dem ‘Pentamerone’, die schriftliche Aufzeichnung und Verbreitung der Märchen ‘in Gang’, so machte sich im 17. Jhd. dieser Einfluß des italienischen Barocks auch auf das deutsche Märchen bemerkbar. In Frankreich veröffentlichte 1696/97 CHARLES PERRAULT (*1628 †1703)4 acht Erzählungen.
Erschien im 18. Jhd. zwar eine ganze Flut von gedichteten Feenmärchen und orientalischen Märchen, so verhalfen nach der Aufklärung vor allem JOHANN KARL AUGUST MUSÄUS (*1735 †1787)5 und auch JOHANN WOLFGANG VON GOETHE (*1749 †1832)6 dem Märchen wieder zu Ansehen.
Angeregt durch die Sammeltätigkeiten von CLEMENS BRENTANO (*1778 †1842)7 und ACHIM VON ARNIM (*1781 †1831)8, widmeten sich seit 1807 dann die Brüder GRIMM der systematischen Erfassung von Märchen. Zum erstenmal erschienen 1812 ihre ‘Kinder- und Hausmärchen’9, die auch in ihrer Wirkung in den Folgejahren alle anderen Registrierungen deutscher Märchen überragten. Dachten die GEBRÜDER GRIMM zu Beginn ihrer Sammeltätigkeiten zwar noch nicht an ein kindliches Publikum, so wurden ihre Märchen trotzdem im Zuge der idyllischen Verniedlichung in die Kinderstuben abgedrängt.
Im Gegensatz zu den ‘Kinder- und Hausmärchen’ der Brüder GRIMM, die ihre Themen auf eine sehr phantasievolle und naive Art behandelten, entstand das feingeistige Kunstmärchen des 19. Jhd. Die wunderbaren Geschichten des Dänen HANS CHRISTIAN ANDERSEN (*1805 †1875)10 und der deutschen Romantiker, wie z.B.
LUDWIG TIECK (*1773 †1853)1, deren Lektüre sich aber eher für ältere Kinder und Erwachsene eignet, gehören dazu.
Gemeinsam ist allen, daß mit der schriftlichen Fixierung des Märchens die Tradition der mündlichen Überlieferung, der ein Eingriff in das ‘lebendige Märchen’ derart, daß es im Inhalt den gesellschaftlichen Problemen und spekulativen Weltdeutungen seiner Zuhörer angepaßt werden konnte, stets möglich war, immer mehr in den Hintergrund tritt.
1.2.2 Das Märchen als ‘Projektion des kollektiv Unbewußten’
Während im 19. Jhd. die Frage nach dem Ursprung und der Sinndeutung im Vordergrund stand, zentrieren sich die Märchenforschungen im 20. Jhd. in verstärktem Maße um eine tiefenpsychologische Betrachtungsweise von Wesen und Eigenart des Märchens als eine besondere Ausdrucksform menschlichen Selbstverständnisses. So widmete sich Anfang dieses Jahrhunderts auch die Psychologie den Volksmärchen: CARL GUSTAV JUNG (*1875 †1961)2 und BRUNO BETTELHEIM (*1903 †1990)3, ein Chicagoer Psychoanalytiker, um nur zwei bedeutende Wissenschaftler zu nennen, die sich in der Praxis mit verhaltensgestörten Kindern beschäftigten, interpretierten Märchen für therapeutische Zwecke. BETTELHEIM war davon überzeugt, daß Kinder Märchen in ihrer Entwicklung brauchen, um einen Sinn in ihrem Leben finden zu können. Auch die Psychoanalyse SIGMUND FREUDs (*1856 †1939)4, als eine mögliche psychotherapeutische Behandlungsform, hat sich der Märchen in Form der ‘Amplifikation’ zur Traumwelt des Menschen angenommen. Seinen Beobachtungen verdanken wir u.a. die Entdeckung der symbolträchtigen Natur des Märchens. Nach der Auffassung von JUNG5 entstammen die Märchen den inneren Urbildern der Seele. Würden diese in Worte gestalteten seelischen Bilder aneinandergereiht, ergäben sich seltsame, wunderbare Geschichten: Märchen. Ebenso wie Mythos oder Legende könnten Märchen als ein Spiegel der archaischen Anteile der menschlichen Seele aufgefaßt werden, und diese durch jahrhundertelange Überlieferung entstandene Form sei von vielen Menschen aufgenommen und weitergegeben worden.6 Das
Volksmärchen als kollektiv wirksame Kulturform berichte mehr als nur individuelles Geschehen. Stamme dieses archetypische Volksgut, vom Kunstmärchen abgesehen, ja auch nicht aus der Phantasiewelt eines einzelnen Menschen, sondern gehöre zu den geistigen Bildungen eines Kulturraumes, an dem wahrscheinlich unendlich viele Menschen mitgewirkt haben, so daß auch einer geographisch eindeutig lokalisierbaren Entstehung somit zu widersprechen sei.1 So sind Märchen der reinste und einfachste Ausdruck kollektiv-unbewußter psychischer Prozesse, der Archetypen. Nach Meinung von JUNG ist jeder Archetyp in seinem Wesen ein bestimmter psychischer Impuls, „der seine Wirkung wie ein linearer Strahl erzeugt, und gleichzeitig ist er ein ganzes Magnetfeld, das sich in alle Richtungen ausdehnt.“2
Dieser Archetyp Märchen ist in der Regel nun das erste geistig gestaltete Kulturprodukt, mit dem der Mensch in Berührung kommt und das er in sich aufnimmt.
1.3 Wesensz ü ge des europ ä ischen Volksm ä chens: Vom ‘ Handwerkszeug ’ der Struktur- und Stilanalyse
LÜTHI3 stellt anhand seiner literaturwissenschaftlichen Untersuchungen über Form und Wesen des europäischen Volksmärchens fest, daß das Märchen nicht Phantastik oder Willkür, sondern hochentwickelte Kunstform ist. Die verschiedenen Typen des Märchens auf ihre ursprüngliche Gestalt zurückführend, nimmt er eine ausführliche Struktur- und Stilanalyse vor, deren Ergebnisse Basis wissenschaftlicher psychologischer Ausführungen sowie auch der vorliegenden Arbeit sind. Um die Wirkung des Märchens als therapeutisches Instrumentarium erfassen zu können, werden in Analogie zum Vorgehen bekannter Entwicklungspsychologen, wie z.B. CHARLOTTE BÜHLER4, LÜTHIs5 Forschungsergebnisse mit einzelnen Ergänzungen, u.a. von LUTZ RÖHRICH6 und FRIEDRICH PANZER7, im folgenden Abschnitt kurz ausgeführt.
Demnach zeichnet sich das europäische Volksmärchen durch einen charakteristischen Inventar an Personen sowie Requisiten, einen bestimmten Handlungsablauf und die Neigung zu einer bestimmten Darstellungsart aus.
1.3.1 Der Personal- und Requisitenbestand
Im Mittelpunkt des Märchens steht der Held, der Protagonist, um dessen Gestalt herum alles konstruiert ist. Er verkörpert nicht den antiken Heros, der mit rücksichtsloser Gewalt seine Feinde besiegt und dann zum Herrscher deklariert wird; er entspricht auch nicht dem modernen Bild eines erfolgreichen und berühmten Helden. Die Größe des Märchenhelden besteht stattdessen in seinem selbstverständlichen Beistand während einer existierenden Mangelsituation, ohne daß er sich ihr fatalistisch überläßt. Bei den wunderbaren Kräften, die ihm oft in sonderbarer Weise zufallen und ihn zur Lösung der gestellten Aufgabe befähigen, kann es sich um Alltags- oder Zauberdinge handeln. Diese als Hauptrequisite des Märchens zu bezeichnenden Gaben benutzt er niemals, wie die tragische Figur des Unhelden, zu seinem eigenen Vorteil, sondern schützt die Schwachen und läßt sich dabei auf seinem Weg nicht von falschen Ideologien beirren. Entstammt der Held meist der menschlich-diesseitigen Welt, so hat er Nebenfiguren, wie Hexen, Feen, Riesen oder Tiere, oftmals aus dem Jenseits, aus einer übernatürlichen Welt an seiner Seite, die in verschiedenen Funktionen auftreten können, als Partner, Helfer, Kontrastfiguren, Feinde oder Auftraggeber. Ihre phantastischen, zumeist anthropomorphen Erscheinungen repräsentieren alle „wesentlichen Sphären, mit denen sich der menschliche Geist beschäftigt“1. Jeglicher Individualität beraubt, handelt es sich bei den meisten Märchengestalten um uniforme Persönlichkeiten, denen ein Eigenname gänzlich fehlt und die lediglich als Prinzessin, Stiefmutter oder Bauer tituliert werden oder die einen gebräuchlichen Eigennamen besitzen, wie z.B. ‘Hans im Glück’.
Zusammenfassend läßt sich ein Ineinandergreifen von Zauber- und Alltagswelt im Personen- und beim Requisiteninventar beobachten.
1.3.2 Das Handlungsmuster und die Themen
Die geringe Variationsbreite im Handlungsverlauf ermöglicht den Rückschluß auf eine überwiegende Grundstruktur:
Den Schilderungen eines ‘Goldenen Zeitalters’ folgt zumeist der die paradiesische Stimmung bedrohende signifikante Untergang, eingeleitet in der ‘Protasis’2. Herrscht im Land Armut, naht der Wintereinbruch oder wurde eine vielbegehrte Kostbarkeit entwendet, so dramatisiert die menschliche Unfähigkeit angesichts des Leids an Schwäche, Neid oder Bosheit die katastrophalen Umstände noch. In Anlehnung an RÖHRICH1 lassen sich darüber hinaus noch folgende häufige Themen der Märchen herauskristallisieren: Kinderlosigkeit, Glück und Unglück, Dummheit und Faulheit, Furchtlosigkeit sowie Prüfungssituationen.
Bei diesen Spielarten handelt es sich nur um einen kleinen Auszug aus dem Katalog der grundlegend strukturierenden Mangelerfahrungen, deren bedrückender Zustand unmittelbar zur Notwendigkeit des den Schutz von Heim und Familie verlassenden Auszugs des Helden führt. Mit den unbekannten Gefahren und der Begegnung mit Hexen oder Riesen in einem dunklen Wald, hinter den sieben Bergen oder in einem verzauberten Schloß konfrontriert, versiegen zuweilen seine Kräfte und sein Mut, sich den Aufgabe zu stellen, wie z.B. den goldenen Vogel zu finden oder eine Prinzessin aus der Gewalt eines Geistes zu befreien.
Erscheint der Kampf an diesem Tiefpunkt, dem eigentlichen Höhepunkt, der ‘Peripetie’2, fast aussichtslos, so kommt es früher oder später, den Ratgebern folgend und auf ihre Unterstützung vertrauend, zu einer Wandlung der ganzen Situation. Die bedrohlichen Figuren verlieren ihre Macht, der Held verfügt über neue Kräfte, die ihm den Sieg über jegliche Mächte und Figuren in der ‘Lysis’3 ermöglichen.
In den Schlußbildern wird die neue Situation beschrieben, und es kommt zu der so häufig das Ende besiegelnden Hochzeit. Dieser glückliche Ausgang des typischen Volksmärchens, um nur ein wesentliches Merkmal herauszuheben, ist wie bei keiner anderen Form der Erzählkunst durch die stätige Gewißheit vom Sieg des Guten und der Bestrafung des Bösen strukturierender Zielpunkt für das Ganze des Märchens und nach Meinung von LÜTHI4 die entscheidende charakteristische Konstante.
Diese Aufzählung tradierter Handlungsmuster und Motive kann natürlich nur ein Ausschnitt aus der unbegrenzten Vielfalt der Handlungsmuster, deren Thematik zumeist aber um universelle Wahrheiten kreist und das tendenzielle Grundmuster von Trennung, Verstoßung, Verwandlung und Vereinigung widerspiegelt, sein. Folgt nach Meinung von V.J. PROPP und W.A. BEHERNDSOHN diese biographisch lineare Struktur der Märchenhandlung dem zweiteiligen Schema „als die eigentliche Vollform des Märchens“5, so gliedert LÜTHI6 die Handlung in drei Episoden.
Die archetypische Gestaltung der Rahmen- und Binnenerzählung aber stets einhaltend, erzählt das Märchen zunächst von der Wirklichkeitswelt und geht dann mit dem Helden zur glücklichen Aufhebung der Problemlage in eine Binnen-, Jenseits- oder Innenwelt, deren Grenzen er nach der glücklichen Lösung wieder hin zur Wirklichkeitswelt überschreitet.
1.3.3 Die stilistische Gestaltung
In den Stilanalysen LÜTHIs treten folgende prägnante Wesenszügen hervor, deren Ausführung im zweiten Kapitel durch die aufzuzeigende Analogie des Märchens zum kindlichen Weltbild noch Ergänzungen erfährt:
1.3.3.1 Die Eindimensionalität
Die völlig selbstverständliche Verwobenheit der Realität mit dem Jenseitigen und dem Wunderbaren, das fließende Übereinandergehen von Wirklichkeit und Nichtwirklichkeit umschreibt LÜTHI mit dem Begriff der „Eindimensionalität“1. Der übliche Dualismus von Himmel und Erde wird verweigert; Natur und Geist sind eine Dimension. Diesseits und Jenseits werden nicht als unterschiedliche Bereiche fixiert, so daß alle Märchenfiguren ein Handlungsfeld bilden. Aus der Profanwelt losgelöst, kann der Held mit den Wesen des magischen Reiches, den Zauberern, Hexen oder Zwergen, durch deren „Doppelnatur“2 ihnen wiederum die Teilhabe am diesseitigen Reich gelingt, in Verbindung treten. Auf Grund der einheitlichen Projektion des geistig Differenzierten sind diese Begegnungen mit jenseitigen Wesen für den Märchenmenschen alltäglich, wie sie auch auf die Leserschaft nicht erstaunlich wirken. An dieser Stelle sei nur angedeutet, daß der ‘Einweltcharakter’ des Märchens denn auch dem Fassungsvermögen und der Weltsicht des Kindes entspricht.
1.3.3.2 Die Flächenhaftigkeit
Von einer räumlichen und zeitlichen, seelischen oder geistigen Tiefengliederung wie auch von einer nuancierten Darstellung des Gefühlslebens der Figuren sieht das Märchen gewöhnlich ab. Gefühle erscheinen in Form von Kausalität unabhängigen Ereignissen, als Zielsetzungen und als Handlungen, ohne jegliche psychologische Analyse oder Beifügung adjektivischer Beschreibungen. „Der deus ex machina ist geradezu Grundsatz der Märchenhandlung [...].“1 Erscheint nicht nur das Innenleben der Figuren projiziert in der Darstellung ihres Äußeren bzw. des Geschehens, so werden ebenso die Beziehungen zwischen den einzelnen Wesen durch äußerlich sichtbare Gaben hergestellt. Das Übergewicht der Handlung gegenüber reflektierenden Erzählsequenzen führt zu einer Projektion der Figuren und Vorgänge „auf die Fläche der Handlung: die Gefühle und Eigenschaften als Gebärden und Taten, die Beziehungen als Gaben, die von einer Figur zur anderen gehen.“2 Nur was in die Fläche der Handlung tritt, wird beleuchtet.
1.3.3.3 Der abstrakte Stil
Die Tendenz zur Abstraktion als ein kompensatorisches Grundprinzip des Märchenstils ergibt sich derart, daß u.a. infolge des Verzichts auf eine individualisierende Charakteristik von Personen und Dingen nur das Wesentliche in knappen Umrissen ‘flächenhaft’, mit einer Vorliebe für extreme Kontrastierungen bildhaft zur Sprache kommt. Werden die Figuren stationsweise, in rascher Abfolge geführt, ohne daß sich das Märchen in detaillierten Schilderungen der Einzelheiten verliert, besteht dafür die Handlung aus mehreren Episoden, deren Übersicht durch ihre Konzentrierung auf eine ‘schlanke’ Handlungslinie dem Leser erhalten bleibt. „So bilden Einsträngigkeit und Mehrgliedrigkeit Grundlage und Voraussetzung des abstrakten Stils.“3
Resultieren die klaren Konturen und Umrißlinien der Requisiten aus der Vorliebe für eine Mineralisierung, Metallisierung oder eine bestimmte Farbgebung von Dingen, so stechen sie aus der Fläche hervor. Neben dieser isolierenden Wirkung zählen noch die folgenden Wesenszüge zum abstrakten Stil: Die stilisierten Formeln, auf deren Tradition insbesondere die GEBRÜDER GRIMM Wert gelegt haben4, sowie die Verse, die einerseits der rhythmischen Gestaltung dienen, deren Redundanz andererseits formfestigend und gliedernd wirkt. „Und so wird auch sonst in ausgedehntem Maße die Dreizahl verwendet, um einen pyramidenartigen Aufbau der Handlung in drei sich übereinander erhebenden Stufen zu erzielen.“5
Die dem kindlichen Gemüt nach Konturschärfe entgegenkommende abstrakte Stillisierung der ‘Polarisation’6 entfaltet ihre Wirksamkeit in der komplementären Charakterisierung tragender Märchenfiguren: Schönheit und Häßlichkeit, Güte und Bosheit, Armut und Reichtum sowie Fleiß und Faulheit zeugen von diesem antithetischen Denken im Märchen; sowie auch Pech und Gold sich über die so unterschiedlichen Maries ergießen oder der Dummling sich der Prinzessin gegenübersieht, jedoch wohl eher die von AXEL OLRIK1 als ‘Achtergewicht’ bezeichnete Sympathie der Leserschaft mit den Benachteiligten auf sich ziehen wird.
Mit der Vorliebe für das Extreme differenziert das Märchen auch gewöhnlich entschieden in der Stilisierung zwischen der Figur des Helden und der des Unhelden. Auch die dichotomische Klassenstruktur der Märchengesellschaft, die Begebenheiten, die den Figuren widerfahren und die Aufgaben, die sie erfüllen, sind extrem gezeichnet. „Inbegriff alles Extremen, letzte Spitze des abstrakten Stils ist [jedoch dann] das Wunder.“2
1.3.3.4 Die Isolation und Allverbundenheit
Neben der familiären und heimatlichen Ungebundenheit der Heldenfiguren sind Tendenzen zur Isolierung ebenso im Handlungsschema spürbar. So suggeriert z.B. das unveränderte Verhalten des Helden in einer wiederholten, anfangs fehlgeschlagenen Prüfungssituation eine Selbständigkeit der Episoden. Doch während dem Leser das Zusammentreffen bestimmter Gegebenheiten als glücklicher Zufall erscheint, sind die äußerlich völlig isolierten Vorgänge trotzdem auf unsichtbare Weise koordiniert, denn sonst würden sie haltlos nebeneinander stehen. Indem die Figuren jederzeit miteinander in Kontakt treten, sich aber auf Grund mangelnder seelischer Verwurzelung leicht wieder voneinander lösen können, zeichnen sich auch die handelnden Figuren durch eine allseitige universale Beziehungsfähigkeit aus. Ein korrelatives Zusammenwirken von Isolation und Allverbundenheit ergibt sich durch die Figuren und die Gestaltungsweise der Handlungsstruktur.
1.3.3.5 Die Sublimation und Welthaltigkeit
Unter Verzicht auf wesenseigene Motive greift das Märchen auf profane, numinose oder magische Motive zurück. Alle wichtigen Elemente menschlicher Existenz, wie z.B. Geburt, Trennung, Hochzeit und Tod, erscheinen im Märchen. Ist sein Repertoire noch so gewaltig, „die sublimierende Kraft des Märchens schenkt ihm die Möglichkeit“3, das Leben in seiner ganzen Bandbreite umfassend zu repräsentieren. Seine klaren Aussagen und Handlungsfolgen sowie das Fehlen epischer Breite geben dem europäischen Märchen die typische Klarheit und Bestimmtheit.
So verschmelzen Form, Rhythmus und Idee des Märchens zu einer einzigen Ganzheit in Aufbau und Wirkung. Auf welche Weise Stil und Struktur des Märchens der wesensmäßigen Eigenart des Kindes gerecht werden, wird nun im folgenden Kapitel analysiert. Denn soll der Frage nach den Möglichkeiten und dem Potential von Märchen in der Kinderpsychotherapie nachgegangen werden, so ist zunächst grundsätzlich der Stellenwert von Märchen in der geistig-seelischen Entwicklung des Kindes zu klären.
2 Pädagogische und entwicklungspsychologische Aspekte
Im folgenden Kapitel gilt es die Beziehung des Kindes zum Märchen zu überdenken, um in einem zweiten Schritt zu erörtern, inwiefern das Märchen für das seelische Wachstum des Kindes sinnvoll ist. Um der Gefahr einer allzu einseitigen und zu positiv beurteilenden Darstellung des Märchens zu entgehen, werden zunächst kritische Stellungnahmen, die den Einsatz des Märchens im Kindesalter für nicht vertretbar erachten, wahrgenommen. Die Auflösung dieser Opposition ergibt sich im direkten Anschluß sowie auch im Zuge der nachfolgenden Abschnitte.
2.1 Zur Situation der M ä rchenp ä dagogik
„Machen wir Kinder nicht zu Träumern, die sich in der heutigen Realität nicht zurechtfinden?“1 So und ähnlich fragen heute noch vielfach Erzieher und Therapeuten, die sich in den Strudel hineingerissen sehen, der alle Traditionen fraglich macht. Und die Volksmärchen gehören zu den ältesten im europäisch-abendländischen Raum gewachsenen und überlieferten Traditionen.
In den letzten anderthalb Jahrzehnten, zumindestens in den siebziger Jahren, wurden ein Reihe kontrovers geführter Debatten über die grundsätzliche Fragestellung ‘Märchen - Erziehungsgehilfe oder Gefahr?’ geführt, deren Positionen von dem unumstößlichen Verdikt ‘Böses stammt aus Märchen’2 bis zu der uneingeschränkten Feststellung „Kinder brauchen Märchen”1 von BETTELHEIM reichten. Kaum ein kritischeres Buch zur Märchenrezeption hat in den letzten Jahren in der westlichen Welt größeren Wirbel verursacht als dieses Werk. Es ist ein Meilenstein psychoanalytischer Theorie zur Interpretation von Märchen. Das Augenmerk vor allem auf den therapeutischen Gehalt von Märchen lenkend, versucht BETTELHEIM in ausführlichen tiefenpsychologischen Deutungen aufzuzeigen, wie jedes Märchen für die verschiedensten Entwicklungsphasen des Kindes typische Konflikte und Ängste widerspiegelt. Doch bevor allen ‘Ent-GRIMMERn’ diese mögliche Bedeutung des Märchens für die Entwicklung der kindlichen Persönlichkeit präsentiert werden konnte, geriet das Märchen am Ende der sechziger Jahre bei sozialkritisch orientierten Wissenschaftlern und erziehungsreformerischen Eltern in den Verdacht, falsche Vorstellungen und Einstellungen beim Kind zu wecken. Nachfolgend werden nun drei ihrer wichtigsten Argumente in Verbindung mit direkten Gegendarstellungen zur Sprache gebracht.
2.1.1 Das Märchen im ‘Kreuzfeuer’ pädagogischer Diskussionen
2.1.1.1 ‘Antiquierte gesellschaftliche Strukturen ohne Identifikationswert’
In besonderem Maße lehnten gesellschaftskritische Autoren das Märchen lange Zeit als Instrument der Pädagogik und Therapie ab, denn, so macht RUDOLF SCHENDA2 auch auf die ‘Anti-BETTELHEIM-Thesen’ aufmerksam: Ein modernes Kind, ganz zu schweigen von einem seelisch erkrankten Kind, könne sich in diesen Erzählungen von notleidenden Helden und Errettungen durch magische Helfer überhaupt nicht mehr wiederfinden. Viele der Gegenstände und Figuren, welche im Märchen als wichtige Symbole auftreten, wie etwa das Spinnrad oder Prinz und Prinzessin, seien dem Kinde fremd, oder es präge sich ein falsches Welt- und Gesellschaftsbild ein, das dem höfisch- absolutistischen oder dem bürgerlich-vordemokratischen Zeitalter angehört. Das Märchen transportiere ein so dickes Packet von längst überholten familialen, sozialen und konjugalen Normen, deren Divergenzen mit den realen Lebensläufen zu starker Desorientierungen führen könnten. Denn die Probleme der Kinder lägen auf ganz anderer Ebene und seien viel komplexer: Tatsächlich haben es immer mehr Kinder auch in der heutigen Wirklichkeit nicht mit glücklichen Hochzeiten zu tun, sondern sind von der zerrütteten Ehe ihrer Eltern betroffen.
„Oberflächlich betrachtet, lehren Märchen zwar wenig über die Verhältnisse des modernen Lebens in der Massengesellschaft“1 und die äußeren Lebensverhältnisse, die im Märchen ihren Niederschlag gefunden haben, sind völlig verschieden von den Verhältnissen, unter denen derzeit die Kinder aufwachsen, aber die inneren Probleme der menschlichen Reifung, von denen die Märchen berichten, sind dennoch bei allen Völkern und zu allen Zeiten in ihrem Kern dieselben geblieben, „und über die richtigen Lösungen für seine Schwierigkeiten in jeder Gesellschaft erfährt man mehr aus ihnen als aus jeder anderen Art von Geschichten im Verständnisbereich des Kindes.“2
Beinhaltet das Märchen zwar eine Mustersammlung von lediglich traditionellen Grundkonflikten, so ermöglichen jedoch die offenen Figurationen und ihre elementaren Beziehungen sowie die beachtliche Variationsbreite an Verarbeitungsangeboten dem Kinde die Integration seiner persönlichen Konfliktbiographie. Die strukturelle Analogie des Märchens ebenso wie die stilistische Adaption an den kindlichen Geist wird im folgenden noch eindeutiger belegt .
2.1.1.2 ‘Drohender Realitätsverlust durch das Märchen’
So melden sich ebenso immer wieder Kritiker zu Wort, die vor der Überspannung der kindlichen Phantasie durch das Märchen und seiner Verführung zur Flucht vor den alltäglichen Erfordernissen in eine Phantasiewelt, in der sich die Probleme auf wunderbare Weise von selbst lösen würden, warnen. Dieser an das Märchen gerichtete Vorwurf und die Furcht vor der Phantasie hat eine lange Tradition: Schon im 18. Jhd. kämpfte die Aufklärungsbewegung einer bildungsbeflissenen Elternschaft gegen die abergläubische Vorstellungswelt, die den Märchen angeblich innewohne und die Kinder zur Lebensuntüchtigkeit führe.3 War doch die Erziehung zu Arbeit und Pflicht besonders in den Erziehungsheimen der proletarischen Kinder erwünscht. Im modernen Sprachgebrauch ist dann von ‘Realitätsschock’ die Rede, weil im realen Leben genau das nicht passiere, was die Märchen den Kindern simuliere.
Außreichend autoritative Zeugnisse liefern jedoch Argumente, die eine Beeinträchtigung des Wahrheitssinns durch das Märchen bestreiten. So weist beispielsweise HILDEGARD HETZER darauf hin, daß die Kindermärchen keinesfalls in einem so unbedingten Gegensatz zur Realität [stehen], wie man das manchmal anzunehmen bereit ist, wie ja auch das Kind im Märchenalter in der realen Welt ebenso zu Hause ist wie in der Welt des Märchens.1
Somit ist das Märchen nicht, wie JOLLES2 einseitig dargelegt hat, eine Kontrastdichtung zur wirklichen Welt, sondern es vermittelt ein Wesensbild der wirklichen Welt. Diesem Konflikt entgeht RÖHRICH3 durch seine Differenzierung in Märchenthemen und -motiven, welche letztere durchaus wunderbare, übernatürliche Züge haben können, während die Märchenthemen Probleme von alltäglicher Aktualität aufnehmen; sie seien Wirklichkeitserfahrungen und Wirklichkeitsdeutungen. Das Märchen ist nicht nur Wunschdichtung sondern auch fiktionale Auseinandersetzung mit realen Generations-, sozialen oder psychischen Konflikten. So liegt selbst im betont Unwirklichen der Märchen noch ein verborgener Wirklichkeitssinn.
2.1.1.3 Grausamkeiten im Märchen
Zugegegeben - Märchen sind keine leichte Kost: Von Kindesaussetzung in ‘Hänsel und Gretel’, von tödlichen Racheplänen in dem ‘tapferen Schneiderlein’, von Freiheitsberaubung und Kinderhandel in ‘Rumpelstilzchen’ und von vielen anderen Ungeheuerlichkeiten ist die Rede.4 Diese überzogen blutrünstigen Darstellungen sind keine Kleinigkeiten, die die Kinderseelen verkraften müssen und die zudem noch als Heilmittel therapeutische Qualität haben sollen. Noch extremer formuliert z.B. der Tiefenpsychologe J.RATTNER diese negative Einstellung zu Märchen. Seiner Auffassung folgend seien Märchen
Rückstände einer grauenhaften, barbarischen und unmenschlichen Vorzeit [...], Bestandteil der autoritären und angsteinflößenden Pädagogik der Vergangenheit ... (und eine) Ausgeburt düsterer, kranker und trostloser Phantasie, die gelegentlich aufgehellt wird, aber sich im Grunde auf ein kindliches Seelenleben mit erdrückender Last einer schauerlichen Unbegreiflichkeit niederzulegen versucht.5
Rückten besonders nach 1945 die Schilderungen grausamer Vorgänge des Märchens ins Zentrum der literaturpädagogischen Auseinandersetzung, so ist in unserem medialen Zeitalter erneut eine wachsende Brutalisierung nicht nur in Film, Funk und Fernsehen, sondern auch in Computerspielen und im Internet zu verzeichnen. Die Frequentierung unzähliger Angebote an Mord- und Kriminalfilmen scheint diese menschliche Vorliebe, beim Bösen ungeschoren als Zaungäste teilnehmen zu können, zu bestätigen und auch den Erkenntnissen der Kinderpsychologie ist diese Information von der gleichzeitige Suche und Furcht vor dem Bösen zu verdanken.1 Man muß sich bewußt sein, „dass das Gemüt eines Kindes nicht unbedingt einem Rosengarten entspricht, sondern dass es teilweise von chaotischen Triebkräften beherrscht wird“2. Wird einem Kind nun die in seiner Phantasie zu erfolgende Konfrontation mit seinem im Unterbewußtsein existierenden ‘Ungeheuer’ verwehrt, dann lernt es die Schattenseiten seines Wesens nicht näher kennen und erhält auch keinen Hinweis zu ihrer Bändigung.3 In der Identifikation mit den Märchenfiguren bekommt das Kind die Möglichkeit für eine derart frühe Auseinandersetzung, denn die uneingeschränkte Präsentation von Leid und Unrecht, wie es nun tagtäglich geschieht, intendiert eine behutsame Begegnung mit der Realität des Bösen: „Kinder, die dem Märchen nicht begegnet sind, trifft das Grausame des Lebens unvorbereitet.“4 Eine detallierte Erörterung, inwiefern Märchen zur Angstbewältigung beitragen können, erfolgt am Ende dieses Kapitels.
Somit können sich die weiteren Ausführungen trotz der Einwände gemäß der BETTELHEIMschen Feststellung ‘Kinder brauchen Märchen’ in berechtigter Weise und getrost auf das Märchen einlassen.
2.1.2 Die zeitgenössische Verwendung des Märchens
Gegenwärtig muß sich die didaktische Märchenvermittlung kaum noch gegen eine falsche Historisierung und verengende Soziologisierung verteidigen. Sie scheint sich immer stärker als Souverän behaupten zu können, auch wenn die schier endlosen Debatten um die im Märchen dargestellten Grausamkeiten, seine patriarchalen Rollenstereotypen, frauenfeindlichen Tendenzen und sein illusionäres Happy-End nicht zum Verstummen kommen. Andererseits geraten einige Verteidiger des Märchens leicht in die Gefahr, dem Märchen Kraftreserven zuzusprechen, die in die bedenkliche Nähe von Heilsbotschaften geraten. In der Annahme, daß es sich bei der Praktizierung um eine medizinische Märchentherapie handelt, wurde im Rahmen dieser Arbeit Informationsmaterial des TROUBADOUR-Märchentherapiezentrums1 bestellt, doch ließen die angeforderten Materialien auf eine extreme Vereinnahmung des Märchens im Sinne der Vulgärpsychologie und Esoterik schließen.
In bewußter Entgegensetzung zu einer solchen Polarisierung suchen die hier weiter vorgestellten Beiträge nach sinnvollen Einsatzmöglichkeiten des Märchens im medizinisch kinderpsychiatrischen Bereich.
2.2 Das Kind und seine entwicklungspsychologische Korrespondenz zum M ä rchen
In diesem Abschnitt geht es darum, dem Leser die Weltsicht des Kindes vor Augen zu führen, auf der Ebene kindlichen Denkens einzusteigen und gleichzeitig die Anknüpfungspunkte des Märchens im kindlichen Geist und in seiner Persönlichkeit zu lokalisieren, um den therapeutischen Zugang zu Kindern über den Weg des Märchens zu legitimisieren.
Der Forscherin LINDA DÉGH2, die die eigentümliche Anziehungskraft des Märchens auf den Erwachsenen untersuchte, entspricht in der Kinderpsychologie CHARLOTTE BÜHLER3. Sie lieferte mit ‘Das Märchen und die Phantasie des Kindes’ ein umfassendes Werk, dessen Aussagen auch heute noch von unschätzbarem Wert sind. Ausgehend von der bei fast jedem Kind zu beobachtenden Faszination durch Märchen, ist sie der Frage nach den Ursachen für diese hohe Empfänglichkeit nachgegangen. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zeigen, daß das Märchen sowohl vom Inhaltlichen wie auch vom Formalen her mit den Bedürfnissen kindlicher Auffassungsgabe und Phantasie weitgehend korrespondiert.
Hebt JULIUS KLAIBER4 bereits 1866 in einem pädagogisch orientierten Vortrag über ‘Das Märchen und die kindliche Phantasie’ hervor, „das Märchen und die Kinderseele sich verstehen“, so stellt die Metapher von ELFRIEDE HASENKAMP 1958 das Verhältnis folgendermaßen dar: „Die Seele eines Kindes gleicht dem Mutterboden der Erde, in den das Märchen fällt und Frucht trägt, und diese Frucht wird zum lebendigen Teil seiner selbst.“5
Von der Peripherie zu konkreten Aussagen kommend, überprüft der folgende Abschnitt nun mit Rückgriff auf die Beiträge der Entwicklungspsychologie sowie der klassischen Stadientheorie von JEAN PIAGET (*1898 †1980)1 die stilistische Kongruenz des Märchens zum kindlichen Adressaten, während im Anschluß seine inhaltliche, d.h. seine Struktur und Themen betreffende Seite zur Verdeutlichung herangezogen werden.
2.2.1 Die stilistisch analoge Erkenntnisgestaltung des Kindes
2.2.1.1 Die bildhaft- symbolische Sprache der kindlichen Seele
Im Anschluß an die erfolgreiche Realisierung einer ausreichenden Subjekt-Objekt- Differenzierung aktivieren die Kinder zwischen dem vierten und siebten Lebensjahr2 eine Bewußtseinsschicht, in der auf einer ikonischen Repräsentationsebene erlebt und gedacht wird. Jegliche abstrakt-logische Anschauungen verweigernd, manifestiert sich die Sprache der kindlichen Seele in dieser Phase hauptsächlich in bildhaften Handlungsabläufen.3 Erfolgt zu diesem Zeitpunkt eine wohl zunächst rezeptive Konfrontation mit Geschichten oder Märchen, so scheint die Korrespondenz der von außen kommenden Phantasien mit den inneren Befindlichkeiten des Kindes dann erstaunlicherweise sehr unmittelbar und spontan auch zu funktionieren, während für den das Märchengeschehen im Gegensatz zum Kind objektiv beurteilenden Erwachsenen Interpretationen zur Übersetzung des bildlich-symbolischen Materials oft hilfreich sind. KRISTINE WARDETZKY bestätigt durch ihre umfangreichen Einzelgespräche mit Unterstufenkindern, daß sie -unabhängig von ihrer intellektuellen und sozialen Reife über geradezu eidetische Fähigkeiten verfügen ... Sie sind in hohem Maße sensibel für das äußere Geschehen im Detail.4
Die symbolischen Repräsentanzen der Märchen entsprechen also der Sensibilität der Kinder für Bild und Symbol und stellen für sie eine ihren Bedürfnissen genau entsprechende ‘geistige Nahrung’5 dar. Somit wird der Therapeut versuchen, sich auf diese Bildebene mit Hilfe des Märchens einzulassen, ohne sich dabei auf eine sachlich- rationale Mitteilung zu stützen, um Zugang zu seinem kleinen Patienten zu erhalten.
2.2.1.2 Die emotionale Sensibilität des Kindes
Wie die Befunde zur Ontogenese des emotionalen Empfindens1 gezeigt haben, zählt zu den ersten sozial-kognitiven Mechanismen des Kindes die Fähigkeit zur Empathie wie auch gemäß dem ‘Achtergewicht’ das Märchen seine Sympathie den in aller Augen als Unfähig geltenden Personen, dem Dummling, schenkt.
Den Beobachtungen BÜHLERs folgend, genügt zur lebhaften Identifizierung und emotionalen Sensibilisierung des Kindes der geringe Aufwand an Darstellungsmitteln des Märchens:
Die wenigen Anhaltspunkte, die das Märchen dem Kinde bietet, reichen offenbar vielfach völlig aus, es ganz zu beschäftigen, denn für das Kind steht nicht so sehr die vorgestellte Situation im Mittelpunkt seines Erlebens, sondern das gefühlsmäßige Betroffen werden von ichnahen Einzelheiten.2
Offensichtlich dahingehend mit dem Kind korrespondierend, daß sich die Märchenerzählung mit geringerer Intensität einer exakten Beschreibung des Milieus, d. h. den Umständen des Ortes, der Zeit und den sozialen Verhältnissen, widmet, sind seine Mitteilungen über die den Kindern leichter zugängliche Ebene des intensiven Gefühlslebens adressiert3, denn abgesehen von den Figuren im Märchen zählen Gefühl, Affekt und Instinkt auch zu den entscheidenden Triebkräften des Kindes: „Die Welt des Kindes ist bis zum Rande mit Gefühlen und Affekten gefüllt, und diese Fülle verwebt und bindet das Märchen in seinen Zauberteppich ein.“4
2.2.1.3 Die Phantasie des Kindes
Zu Beginn seiner Entwicklung verfügt das Kind über wenige reale Eindrücke, deren lückenhafte Repräsentation es durch die Phantasie ausfüllt. Schon vor ca. 150 Jahren schrieb einer der phantasievollsten Erzähler Deutschlands, JEAN PAUL in einer Erziehungslehre:
Gebt dem kleinen Kinde einen dürren Zweig, es wird mit seiner Phantasie Rosen daraus spriessen lassen! Gebt ihm ein Rosenblatt und es wird auf dem Wasser ein Wunderschiffchen bewegen!1
Kinder haben offensichtlich ein starkes Bedürfnis danach, sich mit ihrer eigenen Einbildungskraft in Phantasiewelten zu versenken und die Umwelt mit Wesen ihrer Phantasie zu bevölkern.
Auch BÜHLER konnte bei der Analyse des Märchens Rückschlüsse auf die Struktur der kindlichen Phantasietätigkeit ziehen und verdeutlichen, daß das Märchen wie keine andere Erzählform dem Kind das Ausleben seiner Vorstellungen erlaubt, ja es fordert geradezu „eine spontane Ergänzung durch die kindliche Phantasie“2 und dies wegen der Unbestimmtheit des Ortes, der Zeitlosigkeit im Geschehen, der plötzlichen Verwandlungen und Übergänge sowie der bloßen Nennung von Namen und Vorgängen, die dem Märchen eigen sind.
2.2.1.4 Das wirklichkeitsfremde Weltbild des Kindes
Den kindlichen Leser in all seiner Naivität und Wirklichkeitsfremdheit berührt das Märchen, indem es jegliche kulturelle und soziale Distanzen ohne Schwierigkeiten überwindet. Der ärmste Bauernsohn kann am nächsten Tag Prinz oder König werden, wie auch gemäß der potentiellen Allverbundenheit der Märchenheld jegliche Grenzen überwinden kann und universell beziehungsfähig ist. „Hier träumt das Märchen seinen kindlichsten und rührendsten Traum, und mit ihm träumt ihn das Kind, dem diese Seite des Märchens sicher nicht sonderbar erscheint“3, wohl auf Grund des mangelnden Wissens um die Bedeutung von Bildung und sozialem Stand.
2.2.1.5 Das magisch-mythologische Denken des Kindes
Erst im Laufe des sechsten Lebensjahres4 entsteht ein wissendes, rationales Bewußtsein und bis dahin lebt das Kind in einer magisch-mythologischen Welt, geprägt durch ein Instinkt- und imaginatives Bildbewußtsein. Die Entwicklungspsychologie spricht vom magischen, zauberhaften Denken des Kindes, das durch ein unbeständiges Verhältnis zur objektiven Welterfassung gekennzeichnet ist und sich in den vielfältigen Handlungsritualen sowie Wünschen der Kinder, äußere Einflüsse der Welt zu manipulieren und die Dinge positiv im Hinblick auf die eigenen Bedürfnisse zu formen, äußert.1 Geheimnisvolle Kräfte seien in allen Dingen unaufhörlich am Werk, könnten schützen oder schaden und es gelte, sich diese Kräfte gewogen zu machen. Durch seine „naive Verkettung des Alltäglichen, ja Profanen, mit dem Außerordentlichen und Wunderbaren“2, durch seine Eindimensionalität von Diesseits und Jenseits sowie durch die Ritualisierung von Situationen bekundet das Märchen nun in besonderem Maße seine Korrespondenz zu dieser Stufe kindlicher Entwicklung, deren Fassungsvermögen ebenso noch zwischen Realitäts- und Wunderglaube hin und her gerissen ist.
Doch sei dieses Denken keineswegs als eine primitive, sondern als eine qualitativ ganz andere Denkweise mit emotional hoch aufgeladenen Bildern zu betrachten. Selbst im Bereich wissenschaftlicher Forschung wird die Wichtigkeit derartiger archetypischer Imagines bestätigt. Diese Schicht der frühen Bewußtseinsentwicklung verkörpert somit einen Gegenpol zu der Erziehung zu Rationalität und logisch abstraktem Denken, um Kinder besonders in intellektueller Hinsicht frühzeitig fit zu machen.3
2.2.1.6 Der Animismus des Kindes
In Analogie zur Ausstattung sämtlicher Vertreter der Zauberwelt mit vorwiegend menschlichen Kräften und Motiven besitzt das Kind auch eine animistische Tendenz zur Vermenschlichung oder Beseelung der unbelebten Natur und Gegenstände.4 Die Natur, abstrakte Begriffe und Gedanken werden personifiziert, die beengenden Gesetzlichkeiten der Natur gesprengt, und das Kind tendiert dazu, unbelebten Objekten sowie Tieren Gefühle zuzuschreiben, so daß es z.B. ohne Überraschung auch auf die Darstellung anthropomorpher Tierfiguren im Märchen reagiert.5
Auf Grund der archaischen Identität zwischen menschlichen Neigungen und Tiergestalten zählen Tiergeschichten denn auch zu den bevorzugten Märchengattungen bei Kindern, denn
die Fee ist von menschlichem Aussehen, nur mit besonderen Machtmitteln versehen [...]; Riesen und Zwerge sind auch nur Menschengestalten von besonderer Größe und Kleinheit, mit besonderer Kraft, List oder Macht.1
MARIE-LOUISE VON FRANZ2 konnte beobachten, wie in besonderer Weise bei Kindern Tiere zu Trägern von Projektionen ihrer psychischen Faktoren wurden. Dieser Neigung zur Beseelung der Natur begegnet jeder im täglichen Umgang mit Kindern, z.B. in der Sonne und dem Mond, die Kinder mit Menschengesichtern zeichnen. Ergaben die Untersuchungen des Psychologen PIAGET3 vor zwanzig Jahren, daß die acht- bis zehnjährigen Kinder noch stark animistisch dachten, so haben heutzutage die Kindern durch die frühe sachliche Aufklärung diese Denkstufe bereits verlassen.
2.2.1.7 Das aktionale Weltverständnis des Kindes und seine Anschauungsgebundenheit
Das kleine Kind kann infolge seiner Unfähigkeit, Abstraktes geistig zu verarbeiten, Vorgänge nicht anders als in Form von Handlungen und Aktivitäten erfassen.4 Dieser Prozeß vollzieht sich, indem in seiner Vorstellung Eigenschaften zu Handlungen werden, d.h. Gutes oder Böses wird als Geschehen erlebt.
Diesem aktionalen Weltverständnis des Kindes entspricht die nach LÜTHI5 bezeichnete ‘flächenhaften’ Darstellungsweise des Märchens. „Der Charakter hat Bedeutung nicht um seiner selbst, sondern um der Handlungen willen, die von ihm ausgehen. [...] Die sichtbare Außenseite des Lebens steht im Vordergrund“6 und gedankliche Prozesse, die in den Köpfen der Figuren ablaufen, werden in die aus ihnen resultierenden anschaulichen Vorgänge umgesetzt. So heißt es z.B. nicht, „um die Geißlein zu täuschen, wandte der Wolf folgende List an - sondern in einfachem Nacheinander wird umständlich berichtet, was der Wolf nun tat [...].“7 Aus diesem Grund spricht man bei den Volksmärchen auch von der typischen ‘Anschauungsliteratur’8, die dem kindlichen Bedürfnis nach handlungsmäßigem Erfassen der Dinge zu entsprechen scheint. Bevor ein Kind einen Gegenstand benennen kann, muß es ihn berühren, anfassen und erfassen. Erst nach der Stufe der sensumotorischen Intelligenz und der durch den Erwerb der Objektpermanenz abschließenden Differenzierung von Handlung und Objekt bildet sich die an den Spracherwerb gebundene begriffliche Intelligenz aus. Durch objektive Kennzeichen werden auch emotionale Erlebnisse der Märchenfiguren fixiert: Im Märchen vom ‘Froschkönig’ wird der traurige Zustand der Prinzessin nicht durch den Satz ‘sie war traurig’, sondern durch die Schilderung, „da setzte sie sich hin und weinte“1, dokumentiert. Ebenso wie das Märchen nur auf visuelle Eindrücke spezialisiert ist, fehlt dem Kind jegliche reflektierende Innenschau, und es wird durch äußere Effekte gefesselt. Ihre physiognomische Weltanschauung äußert sich derart, daß Kinder z.B. von dem äußeren Erscheinungsbild, insbesondere vom Gesichtsausdruck, auf die Charaktere einer ihnen fremden Person zu schließen versuchen.
Diesen Abschnitt abschließend sei noch auf einen weiteren interessanten Aspekt verwiesen, der den für das Märchen charakteristischen Mangel an Abstraktion ersetzt: „Die Beziehung zwischen dem Helden und dem helfenden Tier verdinglicht sich in dem Haar, der Feder oder der Schuppe, die er von ihm erhalten hat [...].“2 Ähnlich wie es sich im Märchen um eine deutliche Bevorzugung der Anschaulichkeit anstelle abstrakter Begriff, wie etwa Sehnsucht, Liebe oder Haß, handelt, zeigt sich auch bei Kindern der Hang zur Verdinglichung3, wenn z.B. ihre Kuscheldecke als Zeichen der emotionalen Bindung an das Zuhause unbedingt mit auf die Reise in die Jugendherberge gehen muß.
2.2.1.8 Der Rhythmus des kindlichen Fassungsvermögens: „Das Wanderbedürfnis der kindlichen Phantasie“4
Plötzlicher und oft unerklärlicher, nicht explizit verwiesener Orts- und Milieuwechsel, wie ihn der Roman kennt, entspricht nicht dem zeitlichen Nacheinander und dem sukzessiven ‘Wanderbedürfnis der kindlichen Phantasie’. Die Kontinuität und durchgehende Sukzession der Handlungsverläufe des zumeist einsträngig fortschreitenden Märchens kommen hingegen dem Rhythmus des kindlichen Vorstellungsvermögen, das sich nicht wie die des bildenden Künstlers auf ein ruhendes Gesamtbild [konzentriert], sondern [...] in schneller Bewegung von Vorstellung zu Vorstellung, von Tätigkeit zu Tätigkeit [eilt]1, entgegen. Auch das Märchen kennt keine Zustandsschilderung und der Inhalt des Märchen als ein unaufhörliches Handeln, gegeben als eine zahlreiche Bilderfolge scheint dahingehend den zur Reife drängenden „stürmischen Entwicklungsvorstößen“2 des Kindes zu entsprechen.
2.2.1.9 Das räumliche und zeitliche Fassungsvermögen des Kindes
Dem Stadium der Freude an den willkürlichen und unbestimmten Räumen sowie dem im Märchen erscheinenden Menschenbild der poteniellen Allverbundenheit der Figuren geht auch ein ähnlicher Zustand in der realen Raumwahrnehmung beim Kind voraus. In den ersten Lebensjahren bleibt zunächst noch eine gewisse Unbestimmtheit des Raumempfindens bestehen; so z.B. besitzt das Kind die merkwürdige Fähigkeit, bei der Auffassung eines Bildes von dessen Lage im Raum unabhängig zu sein.3
Ebenso wie sich seine Beziehung zum Raum erst entwickelt, verhält es sich mit dem zeitlichen Orientierungsvermögen. Da das Kind mit seinem ganzen Wollen immer im Augenbilck der Gegenwart verhaftet ist, hat die Vergangenheit für das Kind eine geringere Bedeutung und ist zeitlich nicht modelliert, derart daß ihm die Abläufe von Ereignissen und ihr zeitliches Vor- und Nacheinander klar sein würden. Ein unbestimmtes ‘Es war einmal’ ersetzt auch im Märchen eine exakte zeitliche Fixierung.4
2.2.1.10 Die intellektuelle Leistungsfähigkeit des Kindes
Das Kind lehnt auch ein tragisches Ende des Märchens ab, im Gegensatz zum Erwachsenen, der noch Lust empfindet, „wenn der Untergang des Helden ... zugleich ein Sieg einer höheren sittlichen Idee ist.“5 Den durch den Tod des Helden besiegelten Sieg einer höheren Idee würde das Kind, auf Grund seiner begrenzten intellektuellen Leistungsfähigkeit, nach Meinung von BÜHLER6 nicht begreifen. Erst durch den geretteten und mit Glück belohnten Helden wird ihm der Sieg des ideell Wertvollen wirklich faßbar. Zudem wird hierdurch das kindliche Gerechtigkeitsbedürfnis befriedigt.
2.2.1.11 Der Egozentrismus des Kindes
Charakteristisch für den kindlichen Geist ist seine stark zentrierte Sichtweise und auffallend egozentrische Denkweise.1 So wie das kleine Kind sich nun als Mittelpunkt der Welt erlebt, steht auch die Person des Märchenhelden im Mittelpunkt der Handlung. Sind jegliche Beziehungen der Randfiguren nur auf seine Figur bezogen, bildet er die ganze Einheit der Handlung; nur durch ihn realisiert sich die Allverbundenheit der Geschehnisse.
2.2.1.12 Das polaristische Denken des Kindes
In Hinsicht auf die Charakteristik der Personen assimiliert das Märchen an die Unfähigkeit seiner Hörer, lebenswahre komplexe Charaktere zu erfassen. Die mangelnde Kombinationsfähigkeit des Kindes, mannigfache Eigenschaften einer Person zu entnehmen, korrespondiert mit dem streng zweipoligen Schema der Märchen von Gut und Böse, Fleißig und Faul oder Schön und Häßlich.2 Von jeglicher ambivalenter Typisierung entfernt, ist die Wesensart der Gestalten eindeutig und in ihrer gegenseitigen Beziehung gleich oder konträr, denn während z.B. die Goldmarie besonders fleißig ist, ist die Pechmarie besonders faul. Den Empfehlungen BETTELHEIMs folgend, muß man mit „Doppeldeutigkeiten [...].warten, bis aufgrund positiver Identifikationen eine relativ feste Persönlichkeit entstanden ist.“3
2.2.1.13 Das finalistische Denken des Kindes
Als Finalismus wird die Denkform definiert, in der jedes Tun zweckgerichtet ist. Sie entsteht aus dem Erleben des Kindes, daß die Existenz von Naturerscheinungen sowie Handlungen der Erwachsenen in Bezug auf seine Person zumeist einen Zweck verfolgen.4 Ebenso utilitaristisch verhalten sich die Märchenfiguren, denn „das Volksmärchen als Gestalt und geordnete Ganzheit weist vielmehr eine dynamische Struktur auf, konvergiert auf ein bestimmtes Lebensziel.“5
Neben den genannten Faktoren spielt sicherlich die grundlegende Einstellung des Kindes, die sich auf Grund des bisher geförderten archetypischen Umgangs durch Eltern oder Erzieher ergibt, bei der Annahme der Märchenangebote und bei der angestrebten inneren Berührbarkeit eine wichtige Rolle.
Als Resümeee bleibt festzuhalten, daß die Struktur- und Stilgestaltung des Märchens auf ähnlich vorgebildete Strukturen der Seele beim Kind treffen und seine Gefühle und seinen Verstand in einander ergänzenden Weise inspirieren. Nach J. MENDELSOHN1 erwecke das Märchen eine „unmittelbare Resonanz“ in der Seele des Kindes, denn Sender und Empfänger seien genau aufeinander abgestimmt. Doch die Nähe des Kindes zum Märchen ist nicht nur eine Frage der analogen Erkenntnisstruktur, sondern auch eine Frage der strukturellen korrespondierenden Inszenierung.
2.2.2 Die strukturell analoge Inszenierung von Entwicklungsprozessen der Kindheit im Märchen
Auf den ersten Blick sind Märchen ‘Geschichten aus alten Zeiten’; eine genauere Betrachtung läßt jedoch erkennen, daß sie als ein ‘Welttheater’ wesentliche Konfliktsituationen mit abstrakten Figuren durchspielen. Entwicklungspsychologen, wie BRUNO JÖCKEL2, JOSEPHINE BILZ3, WILHELM LAIBLIN4, OTTOKAR GRAF WITTGENSTEIN5 und nicht zuletzt BETTELHEIM6 sehen u.a. im Märchen den für diese Arbeit interessanten Reifungsprozeß des Kindes vorgebildet, der mit dem Aufkommen des Widerstandes gegen die Eltern beginnt und damit endet, daß der Jugendliche das Andersgeschlechtliche, [...] nicht mehr als [...] bedrohlich empfindet [...].7
Während FREUD8 zwar in den Märchensymbolen ebenso Relikte früherer phylo- und ontogentischer Vorgänge erblickte, sah auch er meistens kindliche und adoleszente Entwicklungsgeschichten im Märchen vorgebildet.
Verfolgen wir nun die Handlungsstruktur des Märchens:
Leid und Mangel sind nicht nur die zentralen Ausgangsmotive des Märchens, sondern als Kennzeichen kindlicher Alltagserfahrungen und insbesonders psychischer Störungsbilder reflektieren sie auch die seelische Konstitution des Kindes; sei es der stechende Schmerz der geschwisterlichen Eifersucht oder das Minderwertigkeitsgefühl auf Grund ungenügender körperlicher Kräfte.
In symbolischer und poetischer Verkleidung wird nun auch das ebenso unabdingbar erscheinende „existentielle Dilemma“1 der Loslösung und der damit verbundenen Trennungängste des Kindes aufgegriffen, wie auch im Märchen der auf die eingangs geschilderte Mangelsituation unausweichlich erscheinende Auszug des Helden folgt. Nach BETTELHEIM2 verwandle der Auszug des Helden, wie er alle Gefahren übersteht und schließlich neue sinnvolle Bindungen eingeht, diese ursprüngliche Trennungsangst des Kindes vor dem Verlassen der Kindheit in eine positive Erfahrung notwendiger Selbstverwirklichung.
Doch auf diesen Wegen kommt es immer wieder zu bitteren Rückschlägen, ähnlich wie der Märchenheld sie hinnehmen muß, bis er ans Ziel gelangt, denn auch er ist nicht ohne Fehler und infolge seiner Unvollkommenheit zeigt er den Weg, „wie man mit den eigenen Schwächen umgehen muß.“3 So sind Liebe und Haß, Gerechtigkeit und Rache, Freude und Kummer Gegensätze, aus deren Konfrontation zahlreiche Probleme für das Kind erwachsen. Mit den ‘Riesen-ansprüchen’, die Eltern an ihr Kind richten, muß es sich auseinandersetzen. Ebenso wie der Held sich mit wilden Tieren herumschlagen muß, so ‘schlagen’ dem Kind oft Wut und die eigenen Aggressionen entgegen. Doch die hilfreichen Ratschläge der Eltern oder gegebenenfalls die ‘magischen Zauberkräfte’ des Therapeuten stehen dem Kind zur Lösung der Konfliktsituationen zur Seite, wie auch der Märchenheld auf solche fremde Unterstützung angewiesen ist.
Die Märchenhelden sind also getreue Beschreibungen des Kindes, wie es am Anfang seiner Entwicklung steht und den Mächten der Welt hoffnungslos unterlegen zu sein scheint, sich dann aber unter den verschiedensten Schicksalen und Kämpfen aufwachsend etabliert. Sind zwar je nach Märchen unterschiedliche Entwicklungskonflikte akzentuiert, so findet sich doch der Dreischritt von Symbiose- Trennung-Individuation, den ein Mensch am Anfang seines Lebens erstmals durchläuft, in fast allen Märchen wieder. Es ist ein psychischer Prozeß, der sich darin zeigt, daß ein Mensch nach gelungener Symbiose und Trennung seine Autonomie erlangt.4 Das
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1 Vgl. Grimm, J.L.K. & W.: Kinder- und Hausmärchen. o.J.
2 Vgl. Saint-Exupéry, A. de: Der kleine Prinz. 1985; S. 72. 5
1 Mendelsohn, J.: Die Bedeutung des Volksmärchens für das seelische Wachstum des Kindes. In: Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie 7 (1958) H.1; S. 152. (Sigle: Praxis Kinderpsychologie)
2 Meves, C.: Erziehen und Erzählen. 1982; S. 9.
3 Lüthi, M.: Volksmärchen und Volkssage. 1966 2 ; S. 21.
4 Vgl. Brockert, S./Schreiber, G.: Heilende Märchen für Kinder. 1997; S. 11.
5 Vgl. Marschik, M.: Poesietherapie. 1993; S. 11.
1 Vgl. Simon-Wundt, T.: Märchendialoge mit Kinder. 1997.
2 Haas, G.: Wozu Märchen gut sind. In: Doderer, K. (Hrsg.): Über Märchen für Kinder von heute. 1983; S. 160. (Sigle: Doderer 1983)
3 Lüthi, M.: Das europäische Volksmärchen. 1981 7; S. ? 7
1 Anmerkung: Zur Abgrenzung gegenüber Kleinkindern und Jugendlichen umfaßt die Bezeichnung ‘Kinder’ im folgenden die Altersspanne zwischen dem fünften bis zwölften Lebensjahr.
1 Vgl. Panzer, F.: Die Gestalt der Märchen. In: Rötzer, H.G. (Hrsg.): Themen-Texte Interpretationen. Bd.1: Märchen. 1988 4 ; S. 24. (Sigle: Rötzer 1988 4)
2 Vgl. Lüthi, M: Märchen. 1996 9 ; S.1.
3 Vgl. Panzer, F.: Die Gestalt der Märchen. In: Rötzer 1988 4; S.24.
4 Grimm, W.: Auf der Suche nach dem Ursprung. In: Rötzer 1988 4; S.9. 9
1 Vgl. Lüthi, M.: Märchen. 1996 9 ; S.1.
2 Vgl. a. a. O.
3 Jolles, A.: Märchen. In: Ders.: Einfache Formen. Darmstadt 1958; S. 218-247. Zit. nach: Bartonicek, N.: Sich auf Märchen einlassen. In: Deutsch in der Grundschule 9 (1999); S. 2.
4 Vgl. Röhrich, L.: Märchen und Wirklichkeit. 1964, S. 1.
5 Vgl. Woeller, W. & M.: Es war einmal 1994; S. 20.
1 Vgl. Woeller, W. & M.: Es war einmal 1994; S. 71.
2 Vgl. Lüthi, M: Märchen. 1996 9 ; S. 44.
3 Vgl. Leyen, F. von der: Das Märchen. 19584 ; S. 9.
4 Vgl. a. a. O.
5 Vgl. Woeller, W. & M.: Es war einmal 1994; S. 205.
6 Vgl. Leyen, F. von der: Das Märchen. 19584 ; S. 11.
7 Vgl. Lüthi, M.: Märchen. 1996 9 ; S. 52.
8 Vgl. a. a. O.
9 Vgl. Leyen, F. von der: Das Märchen 1958 4 ; S. 13.
10 Vgl. Schaufelberger, H.: Märchenkunde für Erzieher. 19872 ; S. 24. 11
1 Vgl. Schaufelberger, H.: Märchenkunde. 1987 2 ; S. 24.
2 Vgl. Leber, G.: Über tiefenpsychologische Aspekte von Märchenmotiven. In: Praxis Kinderpsychologie 4 (1955), H.11/12; S. 281.
3 Vgl. Bettelheim, B.: Kinder brauchen Märchen. 1992 1 .
4 Vgl. Freud, S.: Märchenstoffe in Träumen. In: Laiblin, W. (Hrsg.): Märchenforschung und Tiefenpsychologie. 1969; S. 49. (Sigle: Laiblin 1969)
5 Vgl. Jung, E.: Die Anima als Naturwesen. In: Laiblin 1969; S. 237.
6 Vgl. Müller, P. E.: Märchen zeigen Wege - Leben, Tod und Wiedergeburt. 1996; S. 11. 12
1 Vgl. Grimm, W.: Auf der Suche nach dem Ursprung. In: Rötzer 1988; S. 10.
2 Franz, M.-L. von: Psychologische Märcheninterpretation. 1986; S. 13.
3 Vgl. Lüthi, M.: Das europäische Volksmärchen. 1981 7 ; S. 6.
4 Vgl. Bühler, Ch.: Das Märchen und die Phantasie des Kindes. In: Bühler, Ch./Bilz, J.: Das Märchen und die Phantasie des Kindes. 1958. (Sigle: Bühler/Bilz 1958)
5 Vgl. Lüthi, M.: a) Märchen.1996 9 . b) Volksmärchen und Volkssage. 1975 3 . c) Das europäische Volksmärchen.1981 7 .
6 Vgl. Röhrich, L.: Märchen und Wirklichkeit. 1964 2 .
7 Vgl. Panzer, F.: Die Gestalt der Märchen. In: Rötzer 19884 . 13
1 Lüthi, M.: Märchen. 1996 9 ; S. 28.
2 Vgl. Petzold, H.G./Orth, I.: Poesie und Bibliotherapie. In: Petzold, H.G./Orth, I. (Hrsg.): Poesie und Therapie. 1985; S. 83. (Sigle: Petzold/Orth 1985)
1 Vgl. Röhrich, L.: Märchen und Wirklichkeit. 1964; S. 232f.
2 Vgl. Petzold, H.G./Orth, I.: Poesie und Bibliotherapie. In: Petzold/Orth 1985; S. 83.
3 Vgl. a. a. O.
4 Vgl. Lüthi, M.: Märchen. 1996 9 ; S. 25.
5 Lüthi, M.: Märchen. 1996 9 ; S. 26.
6 Vgl. a. a. O.
1 Vgl. Lüthi, M.: Das europäische Volksmärchen.1981 7 ; S. 8.
2 Panzer, F.: Die Gestalt der Märchen. In: Rötzer 1988 4 ; S. 28. 16
1 Panzer, F.: Die Gestalt der Märchen. In: Rötzer 1988 4 ; S. 33.
2 Lüthi, M: Volksmärchen und Volkssage.19817 ; S. 14.
3 Lüthi, M.: Das europäische Volksmärchen. 19817 ; S. 34.
4 Vgl. Schaufelberger, H.: Märchenkunde für Erzieher. 1987 2 ; S. 48.
5 Panzer, F.: Die Gestalt der Märchen. In: Rötzer 1988 4 ; S. 36.
6 Vgl. Bühler, Ch.: Das Märchen und die Phantasie des Kindes. In: Bühler/Bilz 1958; S. 27. 17
1 Vgl. Schaufelberger, H.: Märchenkunde für Erzieher. 1987 2 ; S. 50.
2 Lüthi, M.: Das europäische Volksmärchen. 1981 7 ; S. 35.
3 Lüthi, M.: Das europäische Volksmärchen. 1981 7 ; S. 69. 18
1 Betz, F.: Märchen als Schlüssel zur Welt. 1979 3 ; S. 7.
2 Vgl. Schaufelberger, H.: Märchenkunde für Erzieher. 1987 2 ; S. 97. 19
1 Bettelheim, B.: Kinder brauchen Märchen. 1999 21 .
2 Vgl. Schenda, R.: Wandel in den Mitteilungsformen einer populären Gattung. In: Doderer 1983; S. 40.
1 Bettelheim, B.: Kinder brauchen Märchen. 1999 21 ; S. 11.
2 a. a. O.
3 Vgl. Schenda, R.: Wandel in den Mitteilungsformen einer populären Gattung. In: Doderer 1983; S 29.
1 Hetzer, H.: Zur Einführung. In: Bühler/Bilz 1958; S. 12f.
2 Vgl. Lüthi, M.: Das europäische Volksmärchen. Zit. nach: Röhrich, L: Märchen und Wirklichkeit. 19794 ; S. 232.
3 Vgl. Röhrich, L: Märchen und Wirklichkeit. 1979 4 ; S. 303.
4 Vgl. Schäfer, M.: Märchen lösen Lebenskrisen. 1993; S. 40.
5 Ellwanger, W./Grömminger, A.: Märchen - Erziehungshilfe oder Gefahr? Zit. nach: Strehlow, R.: Die Bedeutung der Grimmschen Märchen für die Erziehung von Kindern. 1985; S. 157. (Sigle: Strehlow, R.: Die Bedeutung der Grimmschen Märchen. 1985)
1 Vgl. Crames, Ch.: Das Märchen in der Psychiatrie. 1975; S. 95.
2 Brockert, S./Schreiber, G.: Heilende Märchen für Kinder und Eltern. 1997; S. 105.
3 Vgl. Dieckmann, H.: Gelebte Märchen. 1978; S. 64.
4 Wittgenstein, O. Graf: Märchen, Träume, Schicksale. Zit. nach Gutter, A: Märchen und Märe. 1968; S. 23.
1 Vgl. Troubadour e.V. Märchenzentrum und freie Bildungsstätte: Märchenzeitschrift: EntspannungHeilung-Selbst-Bewußt-Sein. (1999), H. 1.
2 Vgl. Lüthi, M: Märchen. 1996 9 ; S. 105.
3 Vgl. Bühler, Ch.: Das Märchen und die Phantasie des Kindes. In: Bühler/Bilz 1958; S. 17-72.
4 ebd., S. 19.
5 Hasenkamp, E.: Umgang mit Märchen. 1958; S. 50. 24
1 Vgl. Sodian, B.: Theorien der kognitiven Entwicklung. In: Keller, H. (Hrsg.): Lehrbuch Entwicklungspsychologie. 1998; S. 149f. (Sigle: Keller 1998)
2 Vgl. Betz, F: Märchen als Schlüssel zur Welt. 1977, S. 8.
3 Vgl. Rauh, H.: Frühe Kindheit. In: Oerter, R./Montada, L. (Hrsg.): Entwicklungspsychologie 19953 ; S. 214. (Sigle: Oerter/Montada 1995 3 )
4 Haas, G.: Überlegungen zur zeitgenössischen Märchendiskussion und Märchendidaktik. In: Doderer 1983; S. 170.
5 Vgl. Lüthi, M.: Volksmärchen und Volkssage. 1966 2 ; S. 17. 25
1 Vgl. Bischof-Köhler, D.: Zusammenhänge zwischen kognitiver, motivationaler und emotionaler Entwicklung in der frühen Kindheit und im Vorschulalter. In: Keller 1998; S. 349. (Sigle: Bischof-Köhler. In: Keller 1998)
2 Bühler, Ch.: Das Märchen und die Phantasie des Kindes. In: Bühler/Bilz 1958; S. 37.
3 Vgl. Brockert, S./Schreiber, G.: Heilende Märchen für Kinder. 1997; S. 6.
4 Mendelsohn, J.: Die Bedeutung des Volksmärchens für das seelische Wachstum des Kindes. In: Praxis Kinderpsychologie 7 (1958), H.1; S.154. (Sigle: Mendelsohn. In: Praxis Kinderpsychologie 1958)
1 Streit, J.: Warum Kinder Märchen brauchen. 1985; S. 12.
2 Bühler, Ch.: Das Märchen und die Phantasie des Kindes. In: Bühler/Bilz 1958; S. 42.
3 ebd.; S. 39.
4 Vgl. Dieckmann, H: Gelebte Märchen. 1978; S.51.
1 Vgl. Bischof-Köhler. In: Keller 1998; S. 329.
2 Bühler, Ch.: Das Märchen und die Phantasie des Kindes. In: Bühler/Bilz 1958; S. 25.
3 Vgl. Diergarten, A./Smeets, F.: Komm, ich erzähl dir was. 1987; S. 19.
4 Vgl. Montada, L.: Die geistige Entwicklung aus der Sicht Jean Piagets. In: Oerter/Montada 19953 ; S. 523. (Sigle: Montada. In: Oerter/Montada 1995 3 )
5 Vgl. Coulacouglou, C.: Märchentest FTT. 1996; S. 10. 28
1 Bühler, Ch.: Das Märchen und die Phantasie des Kindes. In: Bühler/Bilz. 1958; S. 31.
2 Vgl. Franz, M.-L. von: Psychologische Märcheninterpretation. 1986; S. 26.
3 Vgl. Montada. In: Oerter/Montada 1995 3 ; S. 523.
4 Vgl. ebd.; S. 521.
5 Vgl. Lüthi, M.: Das europäische Volksmärchen. 19817 ; S. 13.
6 Bühler, Ch.: Das Märchen und die Phantasie des Kindes. In: Bühler/Bilz 1958; S. 33.
7 ebd., S. 61.
8 Vgl. ebd., S. 68.
1 Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. o. J.; S. 5.
2 Beit, H. von: Das Märchen. 1965; S.41.
3 Vgl. Bischof-Köhler. In: Keller 1998; S. 340.
4 Lüthi, M.: Volksmärchen und Volkssage. 1966 2 ; S. 18. 30
1 Beit, H. von: Das Märchen. 1965; S. 36.
2 Bilz, J.: Menschliche Reifung im Sinnbild. In: Laiblin 1969; S. 161.
3 Vgl. Montada. In: Oerter/Montada 19953; S. 523.
4 Vgl. Beit, H. von: Das Märchen. 1965; S. 40.
5 ebd., S. 37.
6 Vgl. Bühler, Ch.: Das Märchen und die Phantasie des Kindes. In: Bühler/Bilz 1958; S. 60. 31
1 Vgl. Sodian, B.: Theorie der kognitiven Entwicklung. In: Keller 1998; S. 153.
2 Vgl. Schieder, B.: Märchen - Nahrung für die Kinderseele. 1996; S.18f.
3 Bettelheim, B.: Kinder brauchen Märchen. 1999 21 ; S. 16.
4 Vgl. Montada. In: Oerter/Montada 1995 3 ; S. 523.
5 Mendelsohn, J.: Das Tiermärchen und seine Bedeutung als Ausdruck seelischer Entwicklungsstruktur. In: Praxis Kinderpsychologie 10 (1961), H. 1; S. 8. (Sigle: Mendelsohn. In: Praxis Kinderpsychologie 1961)
1 Vgl. Mendelsohn. In: Praxis Kinderpsychologie 1958; S.153.
2 Vgl. Jöckel, B.: Das Reifungserlebnis im Märchen. In: Laiblin 1969; S. 195-211.
3 Vgl. Bilz, J.: Märchengeschehen & Reifungsvorgänge unter tiefenpsychologischen Gesichtspunkten. In: Laiblin 1969; S. 379-385.
4 Vgl. Laiblin, W.: Symbolik der Wandlung im Märchen. In: Laiblin 1969; S. 345-374.
5 Vgl. Wittgenstein, O. Graf: Dornröschen. In: Laiblin 1969; S. 429-442.
6 Vgl. Bettelheim, B.: Kinder brauchen Märchen 1999 21 .
7 Jöckel, B.: Reifungserlebnis im Märchen. In Laiblin 1969; S. 198.
8 Vgl. Horn, K.: Lebenshilfe aus »uralter Weisheit«? In: Uhter, H.-J. (Hrsg.): Märchen in unserer Zeit. 1990; S. 161. (Sigle: Uther 1990)
1 Bettelheim, B.: Kinder brauchen Märchen. 1999 21 ; S. 15
2 Vgl. a. a. O.
3 Wittmann, U.: Ich Narr vergaß die Zauberdinge. 1995; S. 12.
4 Vgl. Kast, V.: Wege zur Autonomie. 1985; S. 10.
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