(...) Anhand gängiger Forschungsbeiträge werde ich versuchen, den Begriff zu präzisieren, bevor im folgenden Abschnitt ein kurzer Blick auf Mörikes Idyllenverständnis geworfen werden soll. In den weiteren Kapiteln der Hausarbeit stehen dann konkrete Aspekte in Bezug auf das Werk „Der alte Turmhahn“ im Vordergrund.
Zunächst erfolgt eine Betrachtung der Form und des Versmaßes, bevor dann anschließend zum Inhalt des Gedichtes übergegangen wird. Das anschließende Kapitel beschäftigt sich mit der Zeitstruktur des Textes, wobei dessen Entstehung und die inhaltliche Zeitebene in der die Handlung ihren Rahmen findet, dabei im Mittelpunkt stehen. Des weiteren werden die Raumdarstellung und die Perspektiven, d.h. vor allem die Sichtweisen des Protagonisten einer genaueren Betrachtung unterzogen, bevor dann im letzten Kapitel des Hauptteils der Frage nachgegangen wird, inwiefern man Mörikes Idyllen im strengeren Sinne überhaupt „idyllisch“ nennen kann. Das Ende der Hausarbeit bildet eine abschließende Betrachtung des Gedichts unter Rückbezug auf die zuvor erschlossenen Erkenntnisse, die im Gedicht „Der alte Turmhahn“ gefunden wurden. Es soll an dieser Stelle auch im allgemeinen Sinne versucht werden, Mörikes Idyllenverständnis darzulegen.
Inhaltsverzeichnis
1.0 Einleitung
1.1 Definition der Gattung „Idylle“
1.2 Mörikes Idyllen
2.0 Hauptteil
2.1 Formale und inhaltliche Aspekte in „Der alte Turmhahn“
2.2 Zeitstruktur
2.3 Raumdarstellung und Perspektiven
2.4 Wie idyllisch ist die Idylle ?
3.0 Schlussbetrachtung
4.0 Literaturverzeichnis
4.1 Primärliteratur
4.2 Sekundärliteratur
4.3 Internetquellen
5.0 Anhang
1.0 Einleitung
Eduard Mörike [è Abbildung siehe Anhang] gilt als einer der bedeutendsten Lyriker Deutschlands und eigensinnigster Erzähler des 19. Jahrhunderts. Ein Mann, der sich als Pfarrer der sechshundertköpfigen Gemeinde Cleversulzbach überfordert fühlte und wegen andauernden Kränklichkeiten zum Frühpensionär wurde. Ein Lyriker, der sein eigenes Schaffen nicht immer allzu ernst zu nehmen schien:
„Mörike hat sich nicht selten den Spaß erlaubt, seine Gedichte in einen erfundenen Kontext zu stellen, sie nicht als eigene, sondern als fremde Werke auszugeben“.[1]
Dies macht es nicht immer einfach, seine Lyrik richtig zu deuten und zu verstehen. Das Politische lag ihm fremd, er wurde zum Inbegriff des biedermeierlichen Idylls und galt als weltabgewandt. Zum einen mag es sich um Vorurteile handeln, zum anderen war Mörike in seinem Wesen aber auch keineswegs praktisch veranlagt und die „großen Probleme“ innerhalb der Gesellschaft und der Politik waren ihm fremd.
So blieb auch sein äußeres Leben in geographischer Hinsicht auf die Gegend Schwabens und rund um den Bodensee beschränkt, auf einen idyllischen Raum, der sich teilweise auch in seinen literarischen Arbeiten wiederfinden lässt.
Die beiden lyrischen Werke „Der alte Turmhahn“ [siehe Anhang] und „Die Idylle vom Bodensee“ zählen zu den bekanntesten Idyllen Mörikes und wurden zu seiner Zeit von einem großen Lesepublikum aufgenommen. Insgesamt nimmt die Idyllendichtung im Gesamtwerk Eduard Mörikes einen breiten und bedeutenden Raum ein und kann somit als ein wichtiger Zugang zur Person des Dichters selbst und auch zu dessen Verhältnis zu dieser Gattung angesehen werden.
Vor allem das erstgenannte Gedicht Mörikes gehört zum Populärsten was er verfasst hat, für manchen stellt diese Dichtung „die schönste Pfarridylle des Biedermeiers“[2] dar, für andere gilt sie dagegen als „Paradehahn deutscher Gemütsinnigkeit“. Im folgenden soll allein „Der alte Turmhahn“ näher betrachtet werden, eine Verserzählung, die das Leben, die Gedanken und Gefühle eines Kirchturmhahnes nach seiner Entfernung vom Dach des Gotteshauses zum Thema hat. Bevor dieses Gedicht selbst vorgestellt und interpretiert werden kann, erfolgt zu Beginn der Arbeit eine kurze Gattungsdefinition der Idylle.
Anhand gängiger Forschungsbeiträge werde ich versuchen, den Begriff zu präzisieren, bevor im folgenden Abschnitt ein kurzer Blick auf Mörikes Idyllenverständnis geworfen werden soll. In den weiteren Kapiteln der Hausarbeit stehen dann konkrete Aspekte in Bezug auf das Werk „Der alte Turmhahn“ im Vordergrund.
Zunächst erfolgt eine Betrachtung der Form und des Versmaßes, bevor dann anschließend zum Inhalt des Gedichtes übergegangen wird. Das anschließende Kapitel beschäftigt sich mit der Zeitstruktur des Textes, wobei dessen Entstehung und die inhaltliche Zeitebene in der die Handlung ihren Rahmen findet, dabei im Mittelpunkt stehen. Des weiteren werden die Raumdarstellung und die Perspektiven, d.h. vor allem die Sichtweisen des Protagonisten einer genaueren Betrachtung unterzogen, bevor dann im letzten Kapitel des Hauptteils der Frage nachgegangen wird, inwiefern man Mörikes Idyllen im strengeren Sinne überhaupt „idyllisch“ nennen kann. Das Ende der Hausarbeit bildet eine abschließende Betrachtung des Gedichts unter Rückbezug auf die zuvor erschlossenen Erkenntnisse, die im Gedicht „Der alte Turmhahn“ gefunden wurden. Es soll an dieser Stelle auch im allgemeinen Sinne versucht werden, Mörikes Idyllenverständnis darzulegen.
1.1 Definition der Gattung „Idylle“
Das Wort Idylle wird zum einen rein formal als kleines Gedicht verstanden, zum anderen in Bezug auf den Inhalt als „Bildchen“ aus dem Volksleben. So findet sich im Sachwörterbuch der Literatur folgende Definition:
„Idylle (besser: Idyll, v. griech. eidyllion = Bildchen, kleines Gedicht), episch-halbdramatische (dialogische) Dichtform z. Schilderung friedvoll-bescheidenen, ungetrübten Daseins harmlos empfindender Menschen und natürlich-alltäglichen Land- und Volkslebens in schlichter Alltagssprache, Vers oder Prosa, oft mit lyrischen Einlagen in geschlossenen Szenen [...], bes. als Form der Hirtendichtung.“[3]
Renate Böschenstein[4] bezeichnet die Interpretation der Idylle als „Bildchen“ aber als Fehldeutung, die aus einer mangelhaften Übersetzung herrührt, wobei im richtigen Sinne eigentlich nur das „kleine Gedicht“ gemeint ist.
Die Herkunft der Idylle ist laut Böschenstein klar zu bezeichnen, denn mit der griechischen Übersetzung des Wortes „Idylle“ waren ursprünglich kleine Einzelgedichte des alexandrinischen Dichters Theokrit überschrieben. Diese bestanden aus einer Mischung von epischen, lyrischen und dramatischen Elementen und wurden überwiegend in der Form des Hexameters verfasst. Theokrit schrieb diese Werke unter Rückbeziehung auf „volkstümliche poetische Formen, Hirtengesänge und kleine Komödien (Mimen)“.[5]
Indes schließe sich laut Böschenstein die europäische Tradition der Idylle auch nur an einen Teil dieser Sammlung des Theokrit an, nämlich an jene Werke der sogenannten Hirtendichtung, die später als „bukolisch“ bezeichnet wurden.
Im allgemeinen lassen sich Definitionen der Idylle in der Forschung auf folgende, knappe Zusammenfassung komprimieren[6]:
Die Idylle stellt ein abgerundetes Bild von harmlosen Menschen dar, die in einfachen und naturnahen Verhältnissen in Zufriedenheit und Zurückgezogenheit leben. Im Altertum war die Idylle identisch mit der Hirtendichtung, die auch „Ekloge“ genannt wird. Sie kommt sowohl in Prosa- als auch in Versform vor und ist oft in jenen Zeiten beliebt, in denen sich die Menschen nach einem natürlichen Leben zurücksehnen.
In der literaturgeschichtlichen Entwicklung lebt die Idylle „als allegorisierende Schäferdichtung im Barock, als empfindsame Kleinkunst in der Aufklärung (Geßner), als realistische Schilderung des Volkstümlichen im Sturm und Drang (Maler Müller, Voß), als Dorf- und Bauerngeschichte im poetischen Realismus (Gottheit) und im sozialistischen Realismus (Strittmatter)“[7]
Im allgemeinen geht die Idylle im 19.Jahrhundert in der Dorfgeschichte auf, das 20.Jahrhundert bestand aus einer „unidyllischen“ Grundhaltung, wobei Thomas Mann, H.v. Hofmannsthal, Gerhart Hauptmann und andere vergeblich eine Wiederbelebung dieser Dichtart versuchten.[8] Das Erscheinungsbild und Selbstverständnis der Idylle erfuhr schließlich in den letzten Jahrzehnten eine grundlegende Änderung:
„Die naive Welthaltung der ursprünglichen Idylle ist verloren, die sentimentalische bricht durch die pessimistische Grundhaltung die Form.“[9]
[...]
[1] Mayer Mathias: „Interpretationen – Gedichte von Eduard Mörike”. Reclam, Stuttgart, 1999. S.10
[2] Wild, Reiner: „Der Sonnenblume gleich steht mein Gemüthe offen - neue Studien zum Werk Eduard Mörikes“. Röhrig, St. Ingbert, 1997. S.133 Zitiert nach: Sengle, Friedrich: „Biedermeierzeit. Deutsche Literatur im Spannungsfeld zwischen Restauration und Revolution. 1815-1848.“ Stuttgart, 1971, S.769.
[3] Wilpert, Gero von: „Sachwörterbuch der Literatur“. Kröner, Stuttgart, 2001. 8., verb. und erw. Auflage. S.362
[4] Böschenstein, Renate: Idylle“. In: Ricklefs, Ulfert (Hrsg.): „Das Fischer-Lexikon der Literatur“. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main, 2002. S.777.
[5] ebda.
[6] Internetquelle: „Livingbox – Literaturgattungen: Idylle.“ Nach http://members.chello.at/livingbox/Idylle.html
[7] ebda.
[8] Wilpert, Gero von: „Sachwörterbuch der Literatur“. Kröner, Stuttgart, 2001. 8., verb. und erw. Auflage.S.363
[9] ebda.
- Arbeit zitieren
- Rene Jochum (Autor:in), 2003, Eduard Mörikes Idylle "Der alte Turmhahn", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18517
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