Technisches Konzept und Wirtschaftlichkeit einer Biogasanlage für ein landwirtschaftliches Unternehmen in Thüringen


Diploma Thesis, 1997

100 Pages, Grade: 2


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungen und Symbole

Vorwort

I. Stromeinspeisung
1. Stromeinspeisegesetz
1.1 Anwendungsbereiche
1.2 Abnahmepflicht
1.3 Höhe der Vergütung
1.4 Härteklausel
2. Der Streit um das Stromeinspeisegesetz ...
3. Vergütungskriterien

II. Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen
1. Gasausbeuteberechnung ...
1.1 Hilfreiche Theorie
1.2 Die Kohlenstoffbilanz um die Gesamtanlage
1.3 Die Bilanzierung des Gases über den ...
1.4 Stöchometrische Berechnung der ...
2. Gasausbeuten
3. Gasertragsmodell
3.1 Modell
3.2 überschlägliche Berechnung
4. Berechnung der Gasproduktion
5. Wirtschaftlichkeitsfragen
5.1 Stromvergütung
5.2 Wärmenutzung
5.3 Entsorgungsgebühren
5.4 Betriebskosten
5.5 Förderung
5.6 Projektkosten
5.7 Kapitaldienst
6. Berechnung der Wirtschaftlichkeit
6.1 Fall 1
6.2 Berechnung Fall 1
6.3 Berechnung Fall 2
6.4 Berechnung Fall 3
6.5 Berechnung Fall 4
6.6 Berechnung Fall 5
7. Zusammenfassung der Wirtschaftlichkeitsrechnung

III. Zuschlagsstoffe

1. Zuschlagsstoffe

2. Einsetzbare Zuschlagsstoffe

3. Bezugsquellen für Zuschlagsstoffe

IV. Abschließende Betrachtung
1. Fazit

Anhang Teil

1. Selbständigkeitserklärung

2. Literaturverzeichnis

Anhang Teil

1. Definition von Termini

Abkürzungen und Symbole

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vorwort

Das landwirtschaftliche Unternehmen Mihla GmbH & CO. „Am Reitenberg” begann im Herbst 1990 mit der Planung zum Bau und Betrieb einer Biogas- anlage.

Da zu dieser Zeit in Deutschland das nötige „Know how” zur Biogaserzeugung und -nutzung nicht vorhanden war , wandt man sich an das dänische Ingenieur- büro B & S Energieteknik AS in Herning.

Dieses Ingenieurbüro betreibt in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Herning eine Biogasanlage und hat zahlreiche andere Biogasanlagen geplant und betreut.

Die Ingenieure von B & S Energieteknik erstellten ein Konzept für die Anlage und unterbreiteten den Betreibern des Landwirtschaftsunternehmens ihr Angebot.

Durch Schwierigkeiten in der Finanzierung des Projektes und Problemen bei der Beantragung der Fördergelder verzögerte sich der Baubeginn bis heute.

In der Zwischenzeit hat das landwirtschaftliche Unternehmen Mihla sich von unabhängigen Ingenieurbüros Gutachten und Wirtschaftlichkeitsabschätzungen für das geplante Vorhaben eingeholt.

Meine Aufgabe besteht nun darin:

1. Probleme der Stromeinspeisung des durch Biogas gewonnenen Stroms zu beleuchten,
2. den Nutzen und die Wirtschaftlichkeit der Anlage unter verschiedenen Gesichtspunkten zu berechnen und zu bewerten,
3. mögliche Stoffe , die zur Vergärung eingesetzt werden können, vorzuschlagen und Bezugsquellen aufzuzeigen.

Mein besonderer Dank gilt Prof. Dr. Ing. habil Storm , Herrn Apfel und meinem Vater , die mich während der Anfertigung dieser Diplomarbeit unterstützt haben und mir mit ihrem Rat zur Seite standen.

I. Stromeinspeisung

1. Stromeinspeisegesetz

Das Gesetz über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz , genannt Stromeinspeisegesetz , wurde am 07. Dezember 1990 beschlossen und trat am 01. Januar 1991 in Kraft. Die Paragraphen 1 und 3 wurden am 19.07.1994 erneut abgeändert , so daß die heute gültige Fassung folgende Verlautbarung hat : [ I.1 ]

1.1 Anwendungsbereiche:

Dieses Gesetz regelt die Abnahme und die Vergütung von Strom , der aus- schließlich aus Wasserkraft , Windkraft , Sonnenenergie , Deponiegas , Klärgas oder aus Produkten oder biologischen Rest- und Abfallstoffen der Land- und Forstwirtschaft oder der gewerblichen Be- und Verarbeitung von Holz gewonnen wird , durch öffentliche Elektrizitätsversorgungsunternehmen. Nicht erfaßt wird Strom

1. aus Wasserkraftwerken , Deponiegas- oder Klärgasanlagen oder aus Anlagen , in denen Strom aus Produkten oder biologischen Rest- und Abfallstoffen aus der gewerblichen Be- und Verarbeitung von Holz gewonnen wird , mit einer installierten Generatorleistung über 5 Megawatt sowie
2. aus Anlagen , die zu über 25 % der Bundesrepublik Deutschland , einem Bundesland , öffentlichen Elektrizitätsversorgungsunternehmen oder Unternehmen gehören , die mit ihnen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes verbunden sind , es sei denn , daß aus diesen Anlagen nicht in ein Versorgungs- gebiet dieser Unternehmen eingespeist werden kann.

1.2 Abnahmepflicht:

Die Elektrizitätsversorgungsunternehmen sind verpflichtet , den in ihrem Versorgungsgebiet erzeugten Strom aus erneuerbaren Energien abzunehmen und den eingespeisten Strom zu vergüten.

1.3 Höhe der Vergütung:

(1) Die Vergütung beträgt für Strom aus Wasserkraft , Deponiegas und Klärgas sowie aus Produkten oder biologischen Rest- und Abfallstoffen der Land- und Forstwirtschaft sowie der gewerblichen Be- und Verarbeitung von Holz mindestens 80 von Hundert des Durchschnittserlöses je Kilowattstunde aus der Stromabgabe von Elektrizitätsversorgungsunternehmen an alle Letztverbraucher. Bei einem Wasserkraft , einer Deponiegas- oder einer Klärgasanlage mit einer Leistung über 500 Kilowatt gilt dies nur für den Teil des eingespeisten Stroms des jeweiligen Abrechnungsjahres , der dem Verhältnis von 500 Kilowatt zur Leistung der Anlage in Kilowatt entspricht ; dabei bemißt sich die Leistung nach dem Jahresmittel der in den einzelnen Monaten gemessenen höchsten elektrischen Wirkleistung. Der Preis für den sonstigen Strom beträgt mindestens 65 vom Hundert des Durchschnittserlöses nach Satz 1.
(2) Für Strom aus Sonnenenergie und Windkraft beträgt die Vergütung mindestens 90 von Hundert des genannten Durchschittserlöses.
(3) Der nach Absatz 1 und 2 maßgebliche Durchschnittserlös ist der in der amtlichen Statistik des Bundes jeweils für das vorletzte Kalenderjahr veröffentlichte Wert ohne Ausgleichsabgabe nach dem Dritten Verstromungs- gesetz und Umsatzsteuer in Pfennigen pro Kilowattstunde.

1.4 Härteklausel:

(1) Die Verpflichtung nach den 2 und 3 bestehen nicht , soweit ihre Einhaltung eine unbillige Härte darstellt oder dem Elektrizitätsversorgungsunternehmen die Einhaltung seiner Verpflichtung aus der Bundestarifordnung Elektrizität vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S.2255) unmöglich machen würde.
(2) Eine unbillige Härte liegt insbesondere vor , wenn das Elektrizitätsver- sorgungsunternehmen seine Strompreise spürbar über die Preise gleichartiger oder vorgelagerter Elektrizitätsversorgungsunternehmen hinaus anheben müßte.

2. Der Streit um das Stromeinspeisegesetz vor dem Grundgesetz

Das Stromeinspeisegesetz (nachfolgend: StromEG) verpflichtet die Elektrizitäts- versorgungsunternehmen in §§ 2 , 3 StromEG zur Abnahme und Vergütung der eingespeisten Energie über deren wirtschaftlichen Wert hinaus , somit zu einer - wenigstens teilweise - wirtschaftlich nicht entgoltenen Geldleistung.

[ I.1 ]

Damit beinhaltet das StromEG eine staatliche Umverteilungsmaßnahme , die de facto einem staatlichen Zuschuß zu den die Kosten nicht deckenden Abnahme- preisen gleichsteht , der von den Elektrizitätsversorgungsunternehmen in Form der Mehrkosten als Abgabe erhoben wird. Solche , allerdings über ein Sonder- vermögen oder eine bloße Zweckbestimmung im Haushalt dem Ausgleich oder einem anderen begrenzten Sachzweck dienenden Abgaben sind aber Sonder- abgaben und unterliegen wegen des Konfliktes mit dem Postulat der Steuer- finanzierung öffentlicher Aufgaben strengen Zulässigkeitsvoraussetzungen.

[ I.2 ]

Die Art und Weise der Bewertung finanzverfassungsrechtlich relevanter Regelungen - insbesondere des StromEG - zur Ermittlung der Vergleichbarkeit mit den Sonderabgaben hat sich im Rahmen der aktuellen Diskussion als wesentlicher und entscheidender Streitpunkt herauskristallisiert.

Infolge der Beurteilung des sogenannten Kohlepfennigs durch das Bundesverfas- sungsgericht als verfassungswidrig , [ I.3 ] , ist die Vergütungspflicht hinsichtlich der Einspeisung regenerativer Energieträger noch stärker unter Beschuß geraten. Hauptvorwurf ist die „staatliche angeordnete Subventionierung” in Höhe von bundesweit ca. 200 Mio. DM von Konkurrenten unmittelbar durch private Stromversorger. Während der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 22.10.1996 keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken hegt , hat das Bundesverfassungsgericht mit dem Beschluß vom 09.01.1996 seine endgültige Entscheidung zunächst einmal „vertagt”.[ I.4 ]

Darüber hinaus zeichnet sich aber auch eine Kraftprobe anläßlich der beabsich- tigten Installation eines EU-Strommarktes ab , der neben der bloßen Einspeisung auch Durchleitungspflichten erforderlich machen wird und damit die bisherigen nationalen Versorgungsstrukturen möglicherweise grundlegend ändern könnte.

Die mit Spannung erwartete Überprüfung des StromEG auf seine Verfassungs- mäßigkeit seitens des Bundesverfassungsgerichtes ist zumindest aufgeschoben worden. Den Vorlagebeschluß des Landesgerichts Karlsruhe gemäß Artikel 100 I GG vom 29.09.1995 hat das Bundesverfassungsgericht am 09.01.1996 als un- zulässig beurteilt.[ I.4 ]

Nach Ansicht des Bundesverfassungsgericht hätte das vorlegende Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Norm näher darlegen müssen. [ I.5 ]

Deshalb von einem Sieg der alternativen Stromerzeuger zu sprechen , wie in den Medien teilweise geschehen [ I.6 ] , ist zwar fehl am Platz , dennoch gewährt die vierseitige Begründung Einblick in die Marschrichtung des Bundesverfassungs- gerichtes für den Fall einer erneuten Vorlage.

Zur Entstehungsgeschichte des StromEG und seinen faktischen Auswirkungen sei hier nur kurz und zusammenfassend folgendes gesagt:

§2 StromEG konstruiert die Abnahmepflicht der Elektrizitätsunternehmen hin- sichtlich erzeugtem Strom aus erneuerbaren Energien. Insofern hat sich gegen- über der Zeit von 1990 faktisch nichts geändert. Neu ist aber die Kombination aus Kontrahierungszwang und Mindestvergütungsregelung. Zu zahlen haben die Energieversorgungsunternehmen nun nicht mehr lediglich die ihrerseits ersparten Aufwendungen , sondern die in §3 StromEG nunmehr festgesetzten Mindest- prozentsätze bezogen auf die Durchschnittserlöse. Aufwendungen beliefen sich „früher” auf maximal 3,9 Pfennig pro Kilowattstunde aufgrund § 26 II GWB bzw. etwa 8,4 Pfennig je Kilowattstunde nach der stromwirtschaftlichen Verbändevereinigung. Letztere war zwischen dem Bundesverband der Deutschen Industrie bzw. der Vereinigung Industrielle Kraftwirtschaft einerseits und der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke andererseits abgeschlossen wurden.

Für Strom aus Wasserkraft sieht § 3 I StromEG nunmehr 80% des sonstigen Erlöses des Energieversorgungsunternehmens vor. Im Falle der Sonnenenergie und Windkraft sind es gemäß § 3 II StromEG sogar 90%.

Summiert ging es im Jahr 1994 um einen Betrag von ca. 150 Mio. DM , in den vergangenen Jahren dürfte die Summe noch höher ausgefallen sein.

[ I.6 ]

Grundsätzlich bedeuten wirtschaftslenkende staatliche Preisfestsetzungen einen Verstoß gegen die Grundsätze einer marktwirtschaftlichen Ordnung. Dies hat auch der Gesetzgeber des StromEG erkannt. Deshalb bedarf es immer einer besonderen Rechtfertigung. Eine solche liegt beispielsweise vor , wenn anson- sten ein nicht hinnehmbares Ungleichgewicht zu Lasten überragender öffentlicher Güter entstünde.

Nicht erst seit der Rio-Konferenz von 1992 ist die Vermeidung der Minimierung von Ressourcen und die Verhinderung erhöhten Schadstoffausstosses als über- ragend wichtiges Gemeinschaftsgut anerkannt. Mit der Staatszielbestimmung in Artikel 20a Grundgesetz hat dies nun auch seinen Widerhall in der Verfassung gefunden. Aufgefordert zu entsprechendem Verhalten ist letztlich jedermann. Im Bereich der Energieversorgung haben wir es aber mit der Besonderheit zu tun , daß zum einen infolge der monopolmäßigen Angebotsstruktur auf der Strom- verteilungsebene der Konsument , das heißt die Allgemeinheit keine Wahlfreiheit hinsichtlich des Abrufes bestimmter Energieträger hat. „Der Strom kommt eben doch aus der Steckdose” , gleichgültig , ob der Primärenergieträger nun Kohle oder die Sonne ist. Zum anderen ist auf den vorgelagerten Erzeugungsebene die Nachfrageseite ebenfalls monopolartig ausgestaltet: Die vertikal strukturierten Verbundunternehmen sind gleichzeitig Stromerzeuger , insofern gar nicht an einer Substituierung durch Fremdeinspeiser interessiert. Jedoch besteht für die Erzeuger regenerativer Energien keine Handlungsalternative gegenüber der Ein- speisung ins öffentliche Netz.

Das StromEG mit der Maßgabe , das Marktungleichgewicht zugunsten der Produzenten von Strom aus regenerativen Energien auszupendeln , ist in jedem Fall verfassungsgemäß.[ I.4 ]

Die Kombination aus Einspeisungs- und Mindestpreispflicht schafft wirt- schaftliche Anreize zur Ergreifung von Klimaschutzmaßnahmen. Der rapide Anstieg der Energieerzeugung insbesondere aus Windkraft belegt dies nach- haltig. Bei Windkraft und Photovoltaik bestehen weiterhin große Sparpotentiale , zu deren Aktivierung der Einstieg in die Massenproduktion nötig ist. Mit der konkreten Vergütungsproblematik in Zusammenhang stehen aber auch ganz andere Entwicklungen. Die Beurteilung des StromEG als verfassungswidrig würde einen Rückschlag hinsichtlich der Schaffung eines europäischen Strom- marktes bedeuten: So würde die über die Einspeisung hinaus erforderliche Liberalisierung des Netzzugangs unter Umständen verbaut werden. Andererseits könnte die Überprüfung des StromEG durch das Bundesverfassungsgericht für die Energieversorgungsunternehmen aber auch zum Bumerang werden , nämlich dann , wenn das StromEG für verfassungsgemäß befunden wird und das Bundes- verfassungsgericht die Gelegenheit ergreift , die Monopolstrukturen im Energie- sektor in einem Grundsatzurteil grundlegend in Frage zu stellen. Dies wäre mit Blick auf die im vollen Gange befindliche Liberalisierung in den weiteren Bereichen der natürlichen Monopole Telekommunikation und Schienenverkehr auch nur logisch. Interessanterweise sind es gerade die Energieversorgungsunter- nehmen , die nun auf den Telekommunikationsmarkt drängen und dort die gegenwärtige Monopolstellung der Deutschen Telekom beklagen - anhand von Argumenten , die sie in umgekehrter Richtung auf ihrem heimischen Markt ungern hören. [ I.7 ]

3. Vergütungskriterien

Um die Möglichkeiten , die das StromEG dem Erzeuger von Strom ( aus regenerativen Energien ) bietet zu nutzen , ist es immens wichtig , sich genau an die Vorgaben im Gesetzestext zu halten.

Für Biogasanlagen hat dies besondere Prägnanz , weil hier der Rahmen der einzusetzenden Stoffe klar abgesteckt ist. Im StromEG heißt es hierzu : „ ... aus Produkten oder biologischen Rest- und Abfallstoffen der Land- und Forstwirt- schaft oder der gewerblichen Be- und Verarbeitung von Holz”. [ I.1 ]

Das bedeutet de facto für die Betreiber , wenn sie andere Stoffe zur Entgasung einsetzen würden , der Strom nicht mehr nach StromEG , sondern nur noch nach Verbändevereinbarung vergütet würde. Welche Prägnanz diese im Gesetzestext getroffene Verlautbarung hat , zeigt sich am Beispiel der Biogas- anlage im thüringischen Behringen.

Hier wird den in der Umgebung gelegenen Betrieben und Anlagen die Möglichkeit eröffnet , ihre Fette , die sich in Fettabscheidern gesammelt haben , preisgünstig in der Biogasanlage zu entsorgen. Die Betreiber der Biogasanlage schlagen somit zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen bekommen sie Fette geliefert , die einen großen Methananteil bei der Vergärung freisetzen , und zum anderen entlasten sie die umliegenden Deponien.

Da diese Fette aber weder biologische Rest- und Abfallstoffe der Land- oder Forstwirtschaft sind , weigert sich das vor Ort zuständige Energieversorgungs- unternehmen den aus dem Biogas entstehenden Strom nach StromEG zu vergüten. [ I.8 ]

Das Energieversorgungsunternehmen zahlt nunmehr nur nach Verbändeverein- barung Stromwirtschaft [ I.9 ] , so wie in Tabelle 1 dargestellt.

Tabelle 1 : Vergütung des in Behringen erzeugten Stroms laut Verbändevereinbarung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wenn man bedenkt , daß bei einer Entsorgung der Fette auf einer Deponie für den dort gewonnenen Strom (Deponiegas) wiederum nach StromEG gezahlt würde , macht die in Behringen verweigerte Zahlung wenig Sinn.

Trotz wiederholter Gesprächs- und Verhandlungsbereitschaft der Behringer Betreiber gegenüber dem Energieversorgungsunternehmen ist es bis heute zu keiner Einigung gekommen. Über die in der Zwischenzeit eingereichte Klage gegen die Zahlungsverweigerung muß noch verhandelt werden.

Dieser Fall macht deutlich , daß die Wahl der zu vergärenden Materialen nicht nur nach der Methanausbeute und Verfügbarkeit , sondern auch nach den Kriterien des StromEG zu erfolgen hat.

Materialen , die auf alle Fälle ohne Probleme eingesetzt werden können , sind :

- Rinder- und Schweinegüllen
- Schlachtereiabfälle
- Klärschlamm
- Bleicherde
- Bioabfall aus der Biotonne
- Magen- und Darminhalte aus Schlachtereien
- Molkepermeat
- Rapsöl
- Flotationsschlamm

Durch diese vom Gesetzgeber erlassenen Einschränkungen wird es zunehmend ein Problem , die für eine gute Gasausbeute benötigten Zuschlagsstoffe in aus- reichender Menge zu beschaffen.

Möglichkeiten , andere Stoffe in den Vergärungsprozeß einfließen zu lassen , sind damit stark begrenzt.

Produkte , wie Abfälle der Süßwarenindustrie , Zuckersud aus Raffinerien oder auch ähnliche Stoffe mit hoher Methanausbeute bei der Vergärung lassen sich so nur nach Absprache mit dem Energieversorgungsunternehmen einsetzen.

II. Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen

1. Gasausbeuteberechnungen für realistische Anlagenprognosen

Die anaerobe Vergärung von Bioabfällen und organischen Reststoffen zur Erzeugung von Biogas hat in den letzten Jahren , nicht zuletzt durch die Klima- debatten und die Ressourcenknappheit fossiler Brennstoffe , einen erheblichen Aufschwung erfahren. Dementsprechend groß ist das Interesse an neuer Technologie und an detaillierten Berechnungsmöglichkeiten , um die zu erwartende Gasausbeute vorher exakt zu bestimmen.

Der wesentlichste Faktor , der Rückschlüsse auf die Effektivität der Anlage zuläßt , ist der zu erzielende Methangehalt des Biogases aus den jeweiligen Zuschlagsstoffen für die Vergärung. Teilweise ist es jedoch sehr schwierig , die in Ausschreibungen und veröffentlichten Betriebsergebnissen dargestellte Gas- ausbeute zu interpretieren.

Als hauptsächliche Bemessungsgrundlage für die Gasausbeute der in den Reaktor eingebrachten Materialien dienen vielfach Erfahrungswerte aus Versuchs- und Betriebsmessungen. Durch die starken Schwankungen der Qualität und Quantität des Inputmaterials kommt es oft zu großen Differenzen zwischen der erwarteten und der tatsächlichen Gasausbeute. Das tritt häufig dann auf , wenn Ergebnisse aus Betriebsmessungen einfach auf andere Standort- und Rahmenbedingungen übertragen werden.

Aus diesem Grund ist es besonders wichtig , schon im Vorfeld die Gasausbeute realistisch und belastbar zu bilanzieren.

1.1 Hilfreiche Theorie

Für die Abfallgemische , die im statischen Mittel gleichmäßig zusammengesetzt sind , kann man mit Hilfe weniger beschreibender Summenparameter erfolgreich Modelle entwickeln.

Auf diesem Gedanken beruhten ebenfalls die in den 70er und 80er Jahren von HILL , CHEN und HASHIMOTO entwickelten Prozeßmodelle zur Vergärung von Gülle. Sie gingen bei der Berechnung der Gasproduktion von einer bei theoretisch unendlicher Faulzeit gebildeten Gasmenge aus. Sie setzten diese in Beziehung zur hydraulischen Verweilzeit in der Vergärung „t” , zum bakteriellen Wachstumskoeffizienten „l max” und zum summarischen Hemmfaktor „K”.

[ II.1 ]

Die sich daraus ergebende Formel lautete folgendermaßen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

OTS = organische Trockensubstanz , bestimmt als Glühverlust

GN = Biogasproduktivität in Normkubikmeter Biogas je Kubikmeter

Reaktionsraum und Tag (m³ i.N./m³/d)

YOTS = Biogasausbeute in Normkubikmeter Biogas je Kilogramm zugeführte

Organik (m³ i.N./kgOTS)

bR , OTS = Organische Reaktorraumbelastung in Kilogramm zugeführte Organik je

Kubikmeter Reaktionsraum und Tag (kgOTS/m³/d)

[ II.1 ]

Die zur Auswertung benötigten Summenparameter lassen sich bei der relativ konstanten Güllezusammensetzung in Langzeitversuchen gut ermitteln. Begrenzt wird die Aussagekraft jedoch durch den analytischen Zuschnitt auf einen speziellen Tierbestand. Die ermittelten Konstanten sind deshalb nicht über- tragbar.

Die Linde-KCA-Dresden verfügt zum Beispiel über ein umfangreiches Meß- material für die Vergärung von Güllen und Klärschlämmen , das in 30 Jahren Entwicklungs- und Anlagenbautätigkeit erstellt und zur Kontrolle der Belastbar- keit mit in der Literatur veröffentlichten Parametern verglichen und ergänzt wurde. Auf dieser Basis ist es möglich , die Parameter des Prozeßmodells in verallgemeinerungsfähiger Form darzustellen. [ II.2 ]

Mit Hilfe der Abhängigkeiten „K” als Funktion der Prozeßbelastung , „l max” als Funktion der Temperatur und „YOTS” als Funktion der Verweilzeit erarbeitete die Linde-KCA-Dresden Biogasproduktionsdiagramme. Diese entstanden für die Stoffklassen Rinder- , Schweine- und Hühnergülle sowie für kommunalen Primär- , Überschuß- und Mischschlamm , für die Prozeßtemperaturen mesophil und thermophil und für die Betreibsparameter hydraulische Verweilzeit und INPUT- OTS-Konzentration.

Mit Hilfe solcher auch von anderen Firmen , Autoren und Arbeitsgruppen erarbeiteten Diagrammen ist es möglich , relevante Vergärungsprobleme schnell und sicher zu beurteilen.

Für die CO-Fermentation oder reine Bioabfallvergärung ist diese Modellierung jedoch nicht praktikabel , da es auf Grund des heterogenen Input nicht mehr möglich ist , die benötigten Parameter mit vertretbarem Aufwand und der notwendigen Stoffbezogenheit zu bestimmen.

Einen Ausweg bietet der Rückgriff auf die theoretischen Zusammenhänge zur Stöchiometrie der Biogasbildung. Um das Problem zu lösen , sind grundsätzlich drei Herangehensweisen möglich , die in der einschlägigen Fachliteratur zitiert werden: [ II.3 ]

1.2 Die Kohlenstoffbilanz um die Gesamtanlage

Der Kohlenstoffgehalt des bei der Vergärung umgesetzten Organikanteils muß sich im Methan (CH4) und Kohlendioxid (CO2) des Biogases einschließlich der im ablaufenden Faulgut gelösten Gas-Anteile wiederfinden. Für die analytische Betrachtung wird der Kohlenstoff als Gesamtgehalt an organisch gebundenem Kohlenstoff (Total Organic Carbon = TOC) erfaßt. Das komplizierte und aufwendige Meßverfahren schränkt allerdings die praktische Nutzung dieser Bilanzmethode stark ein.

1.3 Die Bilanzierung des Gases über den abgebauten chemischen Sauerstoffbedarf

Der chemische Sauerstoffbedarf (CSB) als Summenparameter bietet sich auch für das Bilanzieren der Biogasausbeute an. Als Grundlage wird die Stöchiometrie der CH4 Oxydation genutzt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Sauerstoffverbrauch wird dabei als theoretisches CSB-Oxydationspotential bewertet. Auf Grund des Molvolumens gilt dann 0,35 m³ i.N. CH4/kg um- gesetzter chemischer Sauerstoffbedarf.

Nachteilig bei dieser sowie der vorangegangenen Bilanzierungsmethode ist , daß sie keinerlei Aussage über die Zusammensetzung des Biogases liefern. Hier ist man auf jeden Fall auf übertragbare Versuchsergebnisse bezüglich des CH4 Gehaltes angewiesen.

1.4 Stöchiometrische Berechnung der Biogasausbeute

Die nachfolgend angeführte auf BUSWELL und BOYLE zurückgehende Formel beschreibt die Umwandlung organischer Substanz im wäßrigen Milieu in CH4 und CO2 sowie in Ammoniak und Schwefelwasserstoff , sofern im Ausgangsstoff Stickstoff (N) und Schwefel (S) enthalten waren:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Über das Molvolumen läßt sich damit wieder die erzeugte Gasmenge aus der umgesetzten organischen Trockensubstanz (OTS) ermitteln.

Zusätzlich kann die theoretische Gaszusammensetzung berechnet werden , und es sind Rückschlüsse möglich über das Schwefelwasserstoff (H2S) Bildungs- potential der Organik und die CO2 Bindung in Reaktionen mit dem Ammoniak (NH3).

Im Gegensatz zu den ersten beiden Bilanzierungsmethoden , bei denen es ausreichend war , den Summenparameter analytisch zu ermitteln , muß bei der dritten die genaue chemische Zusammensetzung des organischen Substrates bekannt sein. Während für Einzelstoffe die Bruttosummenformeln weitgehend verfügbar sind , ist die elementar-analytische Untersuchung von Stoffgemischen nur begrenzt durchgeführt worden.

Alle drei Methoden sind jeweils nur in Relation zur umgesetzten organischen Trockensubstanz (OTS) gültig. Sie liefern keine Aussage über Limitierung , Nährstoffbedarf und Grad der biologischen Verwertbarkeit des Rohinput.

Die nachfolgenden Beispiele zeigen , daß die aus einer Bruttosummenformel theoretisch errechnete Biogasausbildung in der Praxis nicht in jedem Fall verfügbar ist:

- zellulosehaltige Substrate (hoher organischer Trockensubstanzgehalt bei geringer anaerober Umsetzung)
- Fette (hoher organischer Trockensubstanzgehalt , aber als reine Kohlenstoffquelle nicht allein vergärbar ; Ausgleich des Nährstoffbedarfes durch Substratmischung erforderlich)
- Kresol (theoretisch gute Gasausbeute errechenbar , aber biotoxisch wirkend)

2. Gasausbeuten

An Hand der in Tabelle 1 dargestellten Datensammlung zur Vergärung werden Parameter , die für die drei Bilanzmethoden benötigt werden , dargestellt. [ II.1 ]

Tabelle 1: TOC , CSB und Gasausbeuten für ausgewählte Mischsubstrate und Einzelstoffe

(TOC = Gesamtgehalt an organisch gebundenem Kohlenstoff = Total Organic Karbon)

(CSB = chemischer Sauerstoffbedarf)

(YG = Gasausbeute Biogas)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eine Übersicht über die für Abfallvergärungsanlagen berechenbaren reaktor- bezogenen Gasproduktionen bei unterschiedlichen Medien zur Vergärung gibt Tabelle 2. Man erkennt aus dem großen Einfluß der stofflichen Zusammen- setzung des zu vergärenden Materials auf die Biogasausbeute , wie wichtig eine realistische Bilanzierung für den wirtschaftlichen Betrieb der Anlage ist. [ II.1 ]

Tabelle 2 : Spezifische Gasproduktivitäten bei anaeroben Suspensionsreaktoren

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3. Gasertragsmodell

Um die für die geplante Biogasanlage im landwirtschaftlichen Unternehmen Mihla zu erwarteten Gasausbeuten genau zu definieren , bedienten sich die Planer , B & S Energieteknik AS und die Herning Kommunale Vaerker (Stadtwerke Herning) , eines von ihnen auch schon bei der Planung anderer Anlagen genutzten Gasertragsmodells. [ II.4 ]

3.1 Modell

Das analytische Berechnungsmodell , wie im nachfolgenden beschrieben , wird als Grundlage für die Berechnung des zu erwartenden Gasertrags unter stationären Verhältnissen auf der Grundlage einer gegebenen Zusammensetzung des zu vergärenden Materials angewendet.

Das Modell berücksichtigt dabei die Zusammensetzung des „Rohmaterials” und die Aufenthaltszeit (Belastung) in der Anlage.

Es wird zur Berechnung des zu erwartenden Gasertrags aus der Biogasanlage auf der Grundlage der tatsächlich registrierten Biomassezufuhr angewendet.

Darüber hinaus kann das Modell während der Betriebsphase zur Berechnung des zu erwartenden Gasertrages angewendet werden , entweder laufend oder als Ziel für die Erreichung des Gasertrages unter variierenden Betriebsverhältnissen. Der Aufbau des Gasertragsmodells sieht wie folgt aus: [ II.1 & 6 ]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Symbole haben folgende Bedeutung:

Prozeßdaten:

V = Volumenstrom eingepumpt in m³

HRT = Hydraulische Aufenthaltszeit in d

Rohwaredaten:

Cf = organische Konzentration im zugeführten Rohmaterial in kgOTS/m³

Bo = Methanpotential im eingepumpten Rohmaterial in m³CH4 i.N./kgOTS

Prozeßparameter:

K = kinetisch konstante Größe , charakteristisch für den Prozeß

Um = charakteristische spezifische Wachstumsgeschwindigkeit in 1/d

Ergebnis:

G = Gasertrag in m³CH4 i.N.

Modellparameter

Die Werte V , Cf , und HRT basieren auf der Registrierung der eingepumpten Menge und dem OTS Gehalt sowie dem Volumen des Fermenters.

Zur Berechnung des Gasertrages unter der Voraussetzung einer Prozeßtemperatur im Bereich zwischen 50°C und 55°C (also thermophil) werden folgende Prozeßparameter ange

[...]

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Details

Title
Technisches Konzept und Wirtschaftlichkeit einer Biogasanlage für ein landwirtschaftliches Unternehmen in Thüringen
College
Erfurt University of Applied Sciences
Grade
2
Author
Year
1997
Pages
100
Catalog Number
V185105
ISBN (eBook)
9783656994633
ISBN (Book)
9783867460118
File size
888 KB
Language
German
Keywords
technisches, konzept, wirtschaftlichkeit, biogasanlage, unternehmen, thüringen
Quote paper
Mark Poltermann (Author), 1997, Technisches Konzept und Wirtschaftlichkeit einer Biogasanlage für ein landwirtschaftliches Unternehmen in Thüringen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185105

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