Das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz ist ein sehr junges Gesetz, welches am 1. 1. 2006 in Kraft trat. Dieses neu geschaffene VbVG sollte ein umfassendes Verbandssanktionensystem einführen und beweckte dadurch die Verhinderung bzw. die Reduzierung von Verbandskriminalität.
Auf internationaler Ebene forderten auch zahlreiche internationale Verpflichtungen, Rechtsakte der EU, aber auch völkerrechtliche Übereinkommen (Europarat und OECD) die Einführung einer wirksamen, abschreckenden und angemessenen Sanktionierung juristischer Personen für bestimmte Straftaten, d.h. die Einführung einer deliktischen Verantwortlichkeit juristischer Personen. Dabei ist auf EU-Ebene vor allem das „Zweite Protokoll zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften“ nennenswert.
Die Verbandsverantwortlichkeit weicht deutlich vom traditionellen Strafrecht ab, da es sich dabei nicht um Strafrecht im eigentlichen Wortsinn, sondern um einen selbständigen Zweig im differenzierten Kriminalrecht handelt.
Da die Sanktionsadressaten hier juristische Personen und andere rechtsfähige Verbände sind und nicht natürliche Personen, werden die Unterschiede zwischen Verbänden und dem menschlichen Individuum schlagend, aufgrund derer nicht dieselben Mittel des Strafrechts Anwendung finden können. Z.B. kann nur ein Mensch iSd individuell-sittlichen Schuldbegriffs „schuldig“ werden. Weiters ist die Strafe für Verbände nicht mehr „sinnbildliches Übel“. Deshalb wird auch in diesem Gesetz das Wort „Strafe“ ausgeblendet und dafür der Begriff „Verbandsgeldbuße“ verwendet.
Anhand dieser sorgfältigen Auswahl der Terminologie wird auch das strafrechtliche Schuldprinzip nicht berührt, da der Verband nur „für eine Straftat verantwortlich“ ist. Es ist hier jedoch anzumerken, dass die strafrechtliche Sanktionierung des Verbandes wegen einer Straftat in einem Strafverfahren und selbst die Eintragung der Verbandsgeldbußen in einem Strafregister vorgesehen sind.
Die Verfolgung liegt im Ermessen des Staatsanwaltes. Auch ein diversionelles Vorgehen ist möglich. Neben den bisher bekannten Strafen, vorbeugenden Maßnahmen, Nebenfolgen, vermögensrechtlichen Anordnungen und der Diversion tritt nun die Verbandsgeldbuße als eine weitere Spur sui generis des Kriminalrechts.
Inhaltsverzeichnis
- Rechtslage in Österreich
- Vorbemerkungen zum VbVG
- Anwendungsbereich
- Sanktionsadressaten: Verband iSd § 1 (2) VbVG
- ,,Mitarbeiter" versus „Entscheidungsträger“ iSd § 2 (1) und § 2 (2) VbVG
- Voraussetzungen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit: Zurechnung § 3 VbVG
- Allgemein
- Nichtrepressive Sanktionen im deutschen Recht
- Generelle Haftungsvoraussetzungen
- 1. Fall: Die Verantwortlichkeit für Handlungen von Entscheidungsträgern
- 2. Fall: Die Verantwortlichkeit für Handlungen von Mitarbeitern
- Rechtsvergleich Deutschland
- Nichtrepressive Sanktionen im deutschen Recht
- Verwaltungsrechtliche Vorschriften zur Auflösung und Tätigkeitsbeschränkung
- Einziehung, Verfall und Mehrerlösabschöpfung
- Die Unternehmensgeldbuße nach § 30 Ordnungswidrigkeitsgesetz
- Allgemeines
- Sanktionsadressaten
- Haftungsvoraussetzungen des § 30 OWiG
- Die Unternehmenshaftung auslösende Personen
- Haftungsauslösende Straftaten und Ordnungswidrigkeiten
- Abschöpfung des erlangten Vorteils
- Schlussfolgerungen
- Literaturverzeichnis
- Monographien
- Aufsätze
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) und analysiert dessen rechtliche Rahmenbedingungen in Österreich. Ziel ist es, die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Verbänden für Handlungen ihrer Entscheidungsträger und Mitarbeiter zu beleuchten und die Unterschiede zum traditionellen Strafrecht aufzuzeigen.
- Einführung eines umfassenden Verbandssanktionensystems zur Verhinderung und Reduzierung von Verbandskriminalität
- Unterschiede zwischen dem VbVG und dem traditionellen Strafrecht
- Zurechnung von Straftaten zu Verbänden
- Sanktionsmöglichkeiten für Verbände
- Rechtsvergleich mit Deutschland
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel befasst sich mit der Rechtslage in Österreich und gibt einen Überblick über das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG). Es werden die Vorbemerkungen zum VbVG, der Anwendungsbereich, die Sanktionsadressaten und die Voraussetzungen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit erläutert.
Das zweite Kapitel widmet sich einem Rechtsvergleich mit Deutschland und beleuchtet die nichtrepressiven Sanktionen im deutschen Recht. Es werden die Verwaltungsrechtlichen Vorschriften zur Auflösung und Tätigkeitsbeschränkung, die Einziehung, Verfall und Mehrerlösabschöpfung sowie die Unternehmensgeldbuße nach § 30 Ordnungswidrigkeitsgesetz behandelt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG), die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Verbänden, die Zurechnung von Straftaten, die Sanktionsmöglichkeiten für Verbände, die Verbandskriminalität, die Unterschiede zum traditionellen Strafrecht und den Rechtsvergleich mit Deutschland.
- Quote paper
- MMag. Dr. Sabine Picout (Author), 2006, Lex Kaprun - Das österreichische Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) im Vergleich zu deutschem Recht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185024
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