Gottlob Frege, deutscher Mathematiker, Logiker und Philosoph (1848-1925) gilt, neben Bertrand Russell und Ludwig Wittgenstein, als einer der großen Vordenker der analytischen Philosophie. Freges größte Leistung liegt sicherlich in der Erfindung der modernen Logik, die er unvermittelt und weitestgehend ohne historische Vorbilder 1879 in einem Buch mit dem Titel „Begriffsschrift“ dargeboten hat. Neben der Entwicklung der formalen Logik geht auch deren erste Anwendung für einen philosophischen Zweck, die Grundlegung der Mathematik, auf Frege zurück.
In dem 1918 erschienen Aufsatz Der Gedanke – eine logische Untersuchung, der gleichzeitig den Ausgangs- und Bezugspunkt meiner Arbeit bildet, widmet sich Gottlob Frege einem weiteren Kernbestandteil seiner Philosophie. Speziell in der Auseinander-setzung mit indexikalischen Ausdrücken nimmt das Werk einen besonderen Stellenwert ein. Freges Werke entfalten lange nach seinem Tod eine Wirkung, die sich in allgemeinen Rekonstruktionen wie aber auch in konträren Positionen, etwas von John Perry niederschlägt. In direkter Anlehnung daran werde ich mich mit dem semantischen Verständnis der Fregeschen Theorie des Gedankens, und dabei im Besonderen mit der Verwendung des Indexwortes „ich“ auseinander-setzen. Dabei gilt es zuvorderst zu klären, was Freges Lehre zum Thema des Sinns und des Bezugs eines solchen Indikators anbietet, aber auch, was in diesem Zusammenhang eventuell zu Problemen führt und welche Fragen seine Lehre nicht beantworten kann. Im zweiten Teil meiner Arbeit werde ich die Konzeptionen zweier Sprachphilosophen des späteren 20. Jahrhunderts, die sich ebenfalls intensiv mit den Theorien der Indexikalität beschäftigten, John Perry und Gareth Evans, dem Fregeschen Ansatz gegenüberstellen und deren Positionen, immer in Rückgriff auf Frege, herausarbeiten.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Terminologische Festlegungen
- 2.1. Grundprinzipien der Fregeschen Terminologie und das, was er „Gedanke“ nennt
- 2.2. Zur Klassifikation indexikalischer Ausdrücke
- 2.2.1. Die Ergänzungsbedürftigkeit indexikalischer Gedankenausdrücke bei Frege
- 3. Sätze mit „ich“ und deren Besonderheiten im Kontext von Frege
- 3.1. Probleme mit dem Indikator „ich“
- 3.2. Sinn-Beitrag der sprechenden Person
- 3.2.1. Kemmerlings Interpretation zum Sinn-Beitrag der ersten Person Singular
- 3.2.2. Künnes Ausdeutung zum Sinn-Beitrag der ersten Person Singular
- 4. Indikatoren und Fregescher Sinn in der Semantik von John Perry und Gareth Evans
- 4.1. Perrys Logik der reinen Indexwörter
- 4.1.1. Auseinandersetzung mit Freges Prinzipien
- 4.1.2. Das Dilemma der wesentlichen Indexwörter
- 4.1.3. Perrys Lösung zur Ich-Bestimmung
- 4.2. Evans zu indexikalischer Referenz
- 4.2.1. Skizze der Sprachphilosophie und Erkenntnistheorie Evans'
- 4.2.2. Selbstbewusstsein und die erste Person Singular
- 4.2.3. Evans' Lösung zur Ich-Bestimmung
- 4.2.3.1. Immunität gegen Irrtum durch Fehlidentifikation körperlicher Selbstzuschreibungen
- 5. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die referentiellen Eigenschaften des Personalpronomens „ich“ im Kontext der Fregeschen Sinn- und Bedeutungstheorie. Sie analysiert die Herausforderungen, die indexikalische Ausdrücke wie „ich“ für Freges Philosophie darstellen, und vergleicht Freges Ansatz mit den Konzeptionen von John Perry und Gareth Evans.
- Freges Theorie des Gedankens und seine Unterscheidung von Sinn und Bedeutung
- Die Probleme indexikalischer Ausdrücke, insbesondere „ich“, in Freges System
- Alternative Ansätze zur Behandlung von Indexikalität bei Perry und Evans
- Der Beitrag der sprechenden Person zum Sinn von Äußerungen mit „ich“
- Der Vergleich der Lösungsansätze von Frege, Perry und Evans zum Problem der Ich-Referenz
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt Gottlob Frege und seine Bedeutung für die analytische Philosophie vor. Sie beschreibt Freges Werk "Der Gedanke" als zentralen Bezugspunkt der Arbeit und hebt die Kontroversen um die Interpretation seiner philosophischen Schriften hervor. Die Arbeit konzentriert sich auf das semantische Verständnis der Fregeschen Theorie des Gedankens, insbesondere im Hinblick auf das Indexwort „ich“, und vergleicht Freges Ansatz mit den Theorien von Perry und Evans.
2. Terminologische Festlegungen: Dieses Kapitel erläutert die Grundprinzipien der Fregeschen Sprachphilosophie und den Begriff des "Gedankens" bei Frege. Es wird betont, dass Gedanken bei Frege keine psychologischen Vorgänge sind, sondern das, worüber Wahrheit oder Falschheit ausgesagt werden kann. Der Kapitel erklärt die Fregeschen Termini "Sinn" und "Bedeutung" und differenziert zwischen informativen und nicht-informativen Identitätssätzen. Die Bedeutung eines Ausdrucks ist der bezeichnete Referenzgegenstand, während der Sinn den Erkenntnis- und Informationswert repräsentiert.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Analyse indexikalischer Ausdrücke, insbesondere des Personalpronomens „ich“, in der Fregeschen Sinn- und Bedeutungstheorie im Vergleich zu Perry und Evans
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht die referentiellen Eigenschaften des Personalpronomens „ich“ im Kontext der Fregeschen Sinn- und Bedeutungstheorie. Sie analysiert die Herausforderungen, die indexikalische Ausdrücke wie „ich“ für Freges Philosophie darstellen und vergleicht Freges Ansatz mit den Konzeptionen von John Perry und Gareth Evans.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themen: Freges Theorie des Gedankens und seine Unterscheidung von Sinn und Bedeutung; die Probleme indexikalischer Ausdrücke, insbesondere „ich“, in Freges System; alternative Ansätze zur Behandlung von Indexikalität bei Perry und Evans; den Beitrag der sprechenden Person zum Sinn von Äußerungen mit „ich“; und den Vergleich der Lösungsansätze von Frege, Perry und Evans zum Problem der Ich-Referenz.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Einleitung, Terminologische Festlegungen (inkl. Grundprinzipien der Fregeschen Terminologie, Klassifikation indexikalischer Ausdrücke und Ergänzungsbedürftigkeit indexikalischer Gedankenausdrücke), Sätze mit „ich“ und deren Besonderheiten im Kontext von Frege (inkl. Probleme mit dem Indikator „ich“ und Sinn-Beitrag der sprechenden Person mit detaillierter Betrachtung der Interpretationen von Kemmerling und Künne), Indikatoren und Fregescher Sinn in der Semantik von John Perry und Gareth Evans (inkl. Perrys Logik der reinen Indexwörter mit Auseinandersetzung mit Freges Prinzipien, dem Dilemma der wesentlichen Indexwörter und Perrys Lösung zur Ich-Bestimmung, sowie Evans' Ansatz zur indexikalischer Referenz mit seiner Sprachphilosophie und Erkenntnistheorie, Selbstbewusstsein und der ersten Person Singular und Evans' Lösung zur Ich-Bestimmung, inklusive Immunität gegen Irrtum), und Schlussbetrachtung.
Was sind die zentralen Begriffe der Arbeit?
Zentrale Begriffe sind: Freges Theorie des Gedankens, Sinn und Bedeutung, indexikalische Ausdrücke, Personalpronomen „ich“, Referenz, Sinn-Beitrag der sprechenden Person, Interpretationen von Kemmerling und Künne, John Perry, Gareth Evans, und die Lösungsansätze der genannten Philosophen zum Problem der Ich-Referenz.
Welche Autoren werden verglichen?
Die Arbeit vergleicht die Ansätze von Gottlob Frege, John Perry und Gareth Evans zur Behandlung von indexikalischer Referenz, insbesondere des Personalpronomens „ich“.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Das Ziel der Arbeit ist es, die referentiellen Eigenschaften des Personalpronomens „ich“ im Kontext der Fregeschen Sinn- und Bedeutungstheorie zu untersuchen und die verschiedenen Lösungsansätze von Frege, Perry und Evans zu vergleichen und zu bewerten.
Welche Probleme werden im Zusammenhang mit dem „ich“ diskutiert?
Die Arbeit diskutiert die Probleme, die indexikalische Ausdrücke wie „ich“ für Freges Philosophie darstellen, insbesondere die Bestimmung des Sinns und der Bedeutung und den Beitrag der sprechenden Person zur Bedeutung des Satzes.
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- Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtschaftsing. Karin Ulrich (Author), 2012, Indexikalität und Fregescher Sinn: Eine Untersuchung zu den referentiellen Eigenschaften des Personalpronomen "ich", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/184560