In dieser Arbeit wird die ESt z. Z. der nationalsozialistischen Herrschaft untersucht. Zur ESt wird der größte Teil der Bevölkerung eines Landes herangezogen, nämlich alle natürlichen Personen unabhängig vom Alter, sobald diese in irgendeiner Art Einkommen erzielen. Somit gehört die ESt zu den Personensteuern, welche wiederum an persönliche Verhältnisse und die eigene Leistungsfähigkeit geknüpft sind.
Um sich einen Überblick über das Wesen der ESt zu verschaffen, wird ihre historische Entstehung kurz beleuchtet. Anschließend werden die EStG von 1934, 1938 und 1939 ausführlich betrachtet, sowie der Kriegszuschlag, der ab 1939 auf die ESt erhoben wurde. Die mit Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft übernommenen Steuergesetze der Weimarer Republik wurden im Oktober 1934 einer große Steuergesetzreform unterzogen, bei der nicht weniger als zehn Gesetze gleichzeitig in geänderter Fassung in Kraft traten bzw. neu erlassen wurden. Hierzu zählte neben dem StAnpG und dem KStG auch das EStG. Im Folgenden wird die Finanzverwaltung behandelt, diese stellt bezüglich des Einkommensteuerrechts sowohl die exekutive, die judikative und die legislative Staatsgewalt dar. Die steuerliche Benachteiligung bestimmter Personengruppen soll anschließend untersucht werden - am Beispiel der Juden und der Sinti und Roma. Den Abschluss bilden die Steuermoral des Führers, sowie ein Ausblick auf das EStG in der neu gegründeten BRD.
Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit den Änderungen im Einkommensteuerrecht, ihren positiven und negativen Aspekten. Es soll herausgefunden werden wie das Regime sich die ESt zunutze machte, um die sich selbst gesetzten Ziele zu erreichen - die Vertreibung bzw. Vernichtung für unwürdig erachteter Personen und die Wiedermobilmachung der Wehrmacht.
Inhaltsverzeichnis
ABKURZUNGSVERZEICHNIS
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
TABELLENVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG
2 KURZE HISTORIE ZUR EINKOMMENSTEUER
3 EINKOMMENSTEUERGESETZE
3.1 Reform der Einkommensteuer von 1934
3.2 Anderungen im Jahr 1938
3.2.1 Bilanzanderung (§§ 4 und 5 EStG)
3.2.2 Aufhebung der Bewertungsfreiheit fur kurzlebige Wirtschaftsguter (§ 6 EStG)
3.2.3 Sonderausgaben (§ 10 EStG)
3.2.4 Die Veranlagung zur Einkommenssteuer (§ 32 EStG)
3.2.5 Aufiergewohnliche Belastungen (§ 33 EStG)
3.2.6 Aufiergewohnliche Einkunfte (§ 34 EStG)
3.2.7 Vorauszahlung (§§ 36 und 3 7 EStG)
3.2.8 Bemessung der Steuer bei beschrankt Steuerpflichtigen (§ 50 EStG)
3.3. Anderungen im Jahr 1939
3.3.1 Abschaffung von Vergunstigungen bei den Sonderausgaben
3.3.2 Die Steuergruppen
3.3.2.1 Die Steuergruppe I
3.3.2.2 Die Steuergruppe II
3.3.2.3 Die Steuergruppe III
3.3.2.4 Die Steuergruppe IV
4 KRIEGSZUSCHLAG AUF DIE EINKOMMENSTEUER
5 DIE REICHSFINANZVERWALTUNG
5.1. Historischer Uberblick uber die Finanzverwaltung
5.2 AUFBAU DER REICHSFINANZVERWALTUNG
5.2.1 Das Reichsministerium der Finanzen
5.2.1.1 Der Reichsminister der Finanzen
5.2.1.2 DerStaatssekretar
5.2.1.3 Die Abteilungen des Reichsfinanzministeriums
5.2.2 Die Landesfinanzamter
5.2.3 Die Finanzamter
5.3 Beamtentum im Nationalsozialismus
5.4 Die Ausbildung zum Finanzbeamten
5.5 Das F in anzgericht
6. DIE STEUERLICHE VERFOLGUNG VON ?NICHTARIERN“
6.1 JUDEN
6.2 Sinti und Roma
7. DIE STEUERMORAL DES FUHRERS
8. DIE BRD UND IHR NATIONALSOZIALISTISCHES ERBE
9. FAZIT
ANLAGE A: PRUFMATRIX ZUR ERMITTLUNG DER STEUERGRUPPE NACH § 32 ESTG 1939
ANLAGE B: SCHWERIN VON KROSIGK, LUDWIG JOHANN (LUTZ) GRAF
ANLAGE C: REINHARDT, FRITZ
ANLAGE D: SCHRIFTVERKEHR
LITERATURVERZEICHNIS
QUELLENVERZEICHNIS
Abkurzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Aufbau des Reichsministeriums fur Finanzen 1936
Abb. 2: Aufbau des Reichsministeriums fur Finanzen 1942
Abb. 3: Prufmatrix zur Ermittlung der Steuergruppe nach §32 EStG 1939
Abb. 4: Portrait Lutz Graf Schwerin von Krosigk
Abb. 5: Portrait Fritz Reinhardt
Tabellenverzeichnis
Tabellel: Einkommensteueraufkommenvon 1925 bis 1933
Tabelle 2: Einkommensteueraufkommen von 1933 bis 1938
Tabelle 3: Zwei Berechnungsmoglichkeiten des Einkommens
1 Einleitung
In der folgenden Ausarbeitung wird die ESt z. Z. der nationalsozialistischen Herrschaft untersucht. Zur ESt wird der groGte Teil der Bevolkerung eines Lan-des herangezogen, namlich alle naturlichen Personen unabhangig vom Alter, sobald diese in irgendeiner Art Einkommen erzielen. Somit gehort die ESt zu den Personensteuern, welche wiederum an personliche Verhaltnisse und die eigene Leistungsfahigkeit geknupft sind.
Um sich einen Uberblick uber das Wesen der ESt zu verschaffen, wird ihre historische Entstehung kurz beleuchtet. AnschlieGend werden die EStG von 1934, 1938 und 1939 ausfuhrlich betrachtet, sowie der Kriegszuschlag, der ab 1939 auf die ESt erhoben wurde. Die mit Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft ubernommenen Steuergesetze der Weimarer Republik wurden im Oktober 1934 einer groGe Steuergesetzreform unterzogen, bei der nicht weni- ger als zehn Gesetze gleichzeitig in geanderter Fassung in Kraft traten bzw. neu erlassen wurden. Hierzu zahlte neben dem StAnpG und dem KStG auch das EStG. Im Folgenden wird die Finanzverwaltung behandelt, diese stellt be- zuglich des Einkommensteuerrechts sowohl die exekutive, die judikative und die legislative Staatsgewalt dar. Die steuerliche Benachteiligung bestimmter Personengruppen soil anschlieGend untersucht werden - am Beispiel der Juden und der Sinti und Roma. Den Abschluss bilden die Steuermoral des Fuhrers, sowie ein Ausblick auf das EStG in der neu gegrundeten BRD.
Diese Diplomarbeit beschaftigt sich mit den Anderungen im Einkommensteuer- recht, ihren positiven und negativen Aspekten. Es soil herausgefunden werden wie das Regime sich die ESt zunutze machte, um die sich selbst gesetzten Ziele zu erreichen - die Vertreibung bzw. Vernichtung fur unwurdig erachteter Personen und die Wiedermobilmachung der Wehrmacht.
Eine Zusammenfassung wird die Diplomarbeit abrunden.
Kurze Historie zur Einkommensteuer
Den ersten ?Vorlaufer einer Einkommenssteuer“ gab es bereits in biblischer Zeit. Die Leviten, Nachfahren Levis, waren bestimmt, den Priestern zu assistie- ren. Fur ihre Dienste erhielten die Leviten einen Zehnt (10 %) des Ertrages von Feld und Flur fur ihren Lebensunterhalt. Dazu heiGt es im 3. Buch Mose, nie- dergeschrieben 1520 v. u. Z.: ?Alle Zehnten im Lande, vom Ertrag des Landes und den Fruchten der Baume, gehoren dem HERRN und sollen dem HERRN heilig sein ... Und alle Zehnten von Rindern und Schafen, alles, was unter dem Hirtenstabe hindurchgeht, jedes Zehnte davon soll heilig sein dem HERRN“1 Darauf basierend beanspruchte die Kirche seit dem 6. Jahrhundert eine Abgabe in Form des Kirchen Zehnt. Hierbei sollten 10 % aller Einnahmen an die Kirche abgegeben werden, die in der damaligen Zeit den Status als hochste Macht fur sich beanspruchte. Aber auch weltliche Herrscher Kaiser Konige und Fursten beanspruchten diese Art der Naturalabgabe fur sich, so dass sich die Abgaben verdoppelten. Mit der Entstehung der Stadte im 13. Jahrhundert setzten sich die Geldsteuern immer mehr durch.
Die erste Besteuerung von Einkommen wurde in England im Jahr 1798 in Form der ?income tax“ erhoben, um mit den Steuereinnahmen den Krieg gegen Napoleon finanzieren zu konnen. Frankreich erhob eine ESt erst im Jahr 1914 zur Finanzierung des Ersten Weltkrieges.
Das Konigreich PreuGen folgte dem Beispiel Englands 1820, indem es eine Klassensteuer einfuhrte. Damit hatte das Konigreich fortan die Vorreiterrolle in Deutschland. Die Steuergesetzgebung oblag auch nach der Grundung des zweiten Deutschen Reiches den einzelnen Landesfursten, so dass es noch keine Einheitlichkeit im Reich gab. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts fuhrte der preuGische Finanzminister von Miquel bei einer Steuerreform eine ESt mit pro- gressivem Steuersatz ein. Wer uber ein hoheres Einkommen verfugte, sollte
auch mehr Steuern zahlen. Der Steuerberechnung lag die Quellentheorie zugrunde, wonach zum Einkommen nur solche Einkunfte zahlen, die eine dau- ernde Bezugsquelle hatten. Somit schieden einmalige Einkunfte wie z. B. ein Lottogewinn bei der Steuerberechnung aus. Die Einfuhrung verband Miquel mit der Pflicht zur Abgabe einer Steuererklarung. In dieser Zeit zahlten die einzel- nen Staaten Beitrage in den Reichshaushalt, um das eigene Steueraufkommen, insbesondere das der ESt, vor Zugriffen von Seiten des Reiches zu schutzen. Nach der Vereinbarung von 1879 war dies der Uberschuss an Zollen und Verbrauchsabgaben, die eine Grenze von 130. Mio. Mark uberstiegen. Diese Sicherung war besonders in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts notig, als der Finanzbedarf des Reiches im Zuge der Kriegsvorbereitung stark anstieg. Wahrend 1901 eine Mrd. Mark fur die Rustung ausgegeben wurde, waren es ein Jahr vor Kriegsbeginn 1,6 Mrd. Dies entsprach 75 % des gesamten Reichs- finanzbedarfs. Wobei naturlich zu beachten ist, dass die Wehrmacht und die Vertretung nach auGen die Hauptaufgaben des Reiches waren.
Das erste EStG der Weimarer Republik vom 19.03.1920 schloss sich der zwei- ten weit verbreiteten Theorie an. Nach der Theorie vom Reinvermogenszugang lag der Steuer der Vermogenszufluss innerhalb eines vorab bestimmten Zeit- raumes zugrunde, die Quelle des Geldzuflusses wurde dabei nicht weiter be- rucksichtigt. Das neue Steuergesetz veranlagte nur noch naturliche Personen mit ihrem Einkommen. Korperschaften, Genossenschaften und Vereine fielen aus dem EStG heraus und wurden fortan nach dem KStG besteuert. Da das Gesetz in der praktischen Anwendung groGere Mangel aufwies, beruht das EStG vom 10.08.1925 auf keiner der verbreiteten Lehrmeinung. Nach der Wah- rungsreform 1923 wurde damit das Steuerwesen neu geregelt und an die neu entstandenen Verhaltnisse in der Weimarer Republik angepasst.
Mit dem Gesetz uber den Neuaufbau des Reiches von 1934 wurden den ein- zelnen Landern Macht entzogen und alle Hoheitsrechte auf das Reich ubertra- gen, womit derWeg fur eine einheitliche Steuergesetzgebung geebnet war. Die folgenden Gesetze waren fur das ganze Reich verbindlich. Dadurch ließ sich das Steueraufkommen im Reich bzw. einzelner Gebiete desDeutschen Reiches untereinander in den folgenden Jahren besser vergleichen.
3 Einkommensteuergesetze
Der Staat benotigt Steuern um seine Ausgaben zu finanzieren, sofern er nicht Einnahmen aus eigenem Vermogen bezieht. Steuern sind also die Hauptein- nahmequellen eines Staates und sollen dafur verwendet werden, das die Re- gierung ihren Pflichten gegenuber der Bevolkerung nachkommt z. B. durch die Finanzierung von Forschung und Bildung, sowie den Bau von StraGen. Bei der Festsetzung der Steuern muss darauf geachtet werden, dass diese sowohl wirtschaftlich und sozial tragbar sind.
In den Jahren vor der Machtergreifung der NSDAP zeigte sich, dass die Ein- kommensteuer auGerst empfindlich gegenuber der Konjunktur war. So stieg das Steueraufkommen in den Jahren von 1925 - 1928 trotz massiver Senkungen insbesondere bei der Lohnsteuer. In den folgenden Jahren war aufgrund der weltweiten Wirtschaftskrise ein starker Ruckgang zu verzeichnen, obwohl die Steuer in den zwei Jahren zwischen Juli 1930 und Juni 1932 funfmal durch Notverordnungen erhoht wurde. Hinzu kamen mehrere Zuschlage bzw. Neben- steuern wie z. B. Zuschlage fur Ledige Oder auf das Einkommen, wenn es 8.000 RM p. a. uberstieg. Das Ergebnis war nicht nur ein unubersichtliches Steuersystem, sondern zeigte auch deutlich, dass das System weder sozial noch wirtschaftlich tragbarwar.
Tabelle 1: Einkommensteueraufkommen von 1925 bis 1933
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Uberarbeitet entnommen, Hog, Hermann Dr., Riwald, Alfred Dr., ESt, KSt, Burgersteuer mit systematischer Einfuhrung versehen und erlauterf, in: Guttentagsche Sammlung Deutscher Reichsgesetze, Steuergesetze, Berlin, 1935, S. 10
An dieser Stelle kann nicht diskutiert werden, ob die in dieser Zeit vorgenom- men Steuererhohungen und die erhobenen Zuschlage zum Ruckgang der Ein- nahmen beitrugen. Jedoch wird in Krisenzeiten immerwiederdiskutiert, ob nicht eine antizyklische Steuerpolitik vernunftiger sei. Das bedeutet in Zeiten einer Hochkonjunktur hohe Steuersatze zu erheben und Uberschusse im Etat zu- ruckzulegen, um wahrend einer Rezession die Steuern senken zu konnen und so die Wirtschaft wieder zu beleben.
Hohere Staatsausgaben durfen nicht sofort mit einer Erhohung der Steuern Oder der Einfuhrung neuer Steuern beantwortet werden. Zuvor ist zu prufen, ob nicht unnotige Ausgaben gespart werden konnen, z. B. die Einschrankung we- niger wichtigerAusgaben oderdie Reduzierung derVerwaltungskosten und erst wenn dies geschehen ist, kann eine Steuererhohung in Betracht gezogen wer-den, unter Berucksichtigung der zu erwartenden wirtschaftlichen Auswirkun- gen.2 Diese und ahnliche AuGerungen tatigte Staatssekretar Fritz Reinhardt des Ofteren. Und Vergehen gegen die Steuerpflicht seien Vergehen gegen die Volksgemeinschaft und die deutsche Nation. Die ungerechtfertigte Bereiche- rung des Einzelnen zum Schaden des Deutschen Reiches und somit auch zum Schaden aller Volksgenossen stelle nach Reinhardt die schlimmste Art des Eigennutzes dar.3
Die ESt war eine Reichssteuer, d. h. die Steuereinnahmen wurden zwischen dem Reich und den Landern aufgeteilt. Die Verteilung der Steuereinnahmen war im § 38 des StAnpG vom 16.10.1934 wie folgt geregelt: Das Reich bekam 26 % der Einnahmen; der Rest wurde im Verhaltnis 25 zu 75 zwischen dem Reich und den Landern aufgeteilt.4. Somit erhielten die Lander also etwa 55 % der Steuereinnahmen und etwa 45 % bildeten die Grundlage fur den Etat des Reiches. Des Weiteren gehort die ESt zu den Personensteuern und ist eine der fuhrenden Steuern, wenn man sich die Hohe der jahrlichen Einnahmen ansieht. Das EStG regelte die Besteuerung des Einkommens naturlicher Personen, was eine personliche Steuerpflicht voraussetzt. In Ausnahmefallen wird auch der Verbrauch zu Grunde gelegt.
Wenn in den Gesetzen nicht etwas anderes vermerkt war, meist in den letzten Paragraphen, traten sie i. d. R. mit ihrer Bekanntgabe in Kraft, d. h. mit Verof- fentlichung in den Gesetzesblattern wie z. B.: RGBI. und RStBI.
Da es bei der folgenden Betrachtung und dem Vergleich der Gesetze zu um- fangreich ist, jede Anderung genauer zu untersuchen, sollen im Folgenden nur bedeutende und wichtige Anderungen behandelt werden.
3.1 Reform der Einkommensteuer von 1934
Mit der Reform vom 16.10.1934 wurde das EStG vom 10.08.1925 unter Beibe- haltung bewahrter Gesetzesregelungen vollstandig uberarbeitet. Die National- sozialisten verabschiedeten Gesetzte welche ihren wirtschaftlichen und bevol- kerungspolitischen Vorstellungen entsprachen. Die Gliederung der Gesetze war ubersichtlich strukturiert, und die Texte waren kurz aber verstandlich formuliert. Des Weiteren wurde 1934 die Anzahl der Paragraphen im EStG gegenuber 1925 von 117 auf 53 verringert. Dies fuhrte jedoch dazu, dass in den folgenden Jahren Verordnungen, Erlasse und Durchfuhrungsverordnungen zum Gesetz umfangreicher wurden.
Ziele der groGen Steuerreform waren es auGerdem:
?1. Vereinfachung des Steuerrechts,
2. Neugestaltung des Steuerwesens durch Anpassung an die bevolker- ungspolitischen, sozialpolitischen, wirtschaftspolitischen und weltan- schaulichen Grundsatze des Nationalsozialismus und an die orga- nisatorischen Umstellungen im Rahmen der Reichsreform,
3. Senkung der auf der Gesamtheit aller Reichsangehorigen ruhenden Steuerlast“[5]
Grundgedanke der Gesetzgebung war, Sachverhalte und Vorschriften, welche die Mehrheit der Burger betrafen bereits in den ersten Paragraphen des Geset- zes zu verankern; die Steuerpflicht, das Einkommen, die Veranlagung sowie den Steuertarif. Womit sich derfolgende Aufbau ergab:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
V Entrichtung der Steuer §§ 35 bis 47
VI Besteuerung nach dem Verbrauch § 48
VII Besteuerung beschrankt Steuerpflichtiger §§ 49 und 50
VIII Ubergangs-undSchlussvorschriften §§ 51 bis 535
Einkommenssteuerpflichtig waren nach § 1 alle naturlichen Personen, die ihren Wohnsitz Oder gewohnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten. Es bestanden folgenden sieben Einkunftsarten:
1. Einkunfte aus Land- und Forstwirtschaft
2. Einkunfte aus Gewerbebetrieb
3. Einkunfte aus selbststandigerArbeit
4. Einkunfte aus nichtselbststandiger Arbeit
5. Einkunfte aus Kapitalvermogen
6. Einkunfte aus Vermietung und Verpachtung
7. Sonstige Einkunfte im Sinn des § 22
lm EStG von 1925 waren es acht Einkunftsarten. 1934 wurden zur Vereinfa- chung die beiden letzten Einkunftsarten zu einer zusammengefasst. Alle Ein-kunfte die sich hier nicht wiederfanden, waren steuerfrei. Was aber war der Unterschied zwischen Einkunften und Einkommen? Als Einkunfte galten die Gewinne aus den ersten drei Einkunftsarten bzw. die Uberschusse aus den ubrigen vier Einkunftsarten, abzuglich des erwirtschafteten Verlustes. Das Ein-kommen setzte sich nun aus der Summe der sieben Einkunfte zusammen, vermindert urn die Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 EStG). Nach dieser Regelung war es fur jeden moglich, seine personliche Steuerschuld aus der Einkom- menssteuertabelle zu entnehmen. Die Einkommenssteuertabelle wurde zu-sammen mit der Lohnsteuertabelle zum ersten Mai im Anhang des Gesetzes veroffentlicht6. Die Einkommenssteuertabelle beinhaltet eine zehnstufige Steuerprogression, mit einem max. Steuersatz von 50 % fur Ledige bei einem Mittelbetrag ab 75.000 RM.
Zu den Sonderausgaben zahlten u. a. ?ein Betrag von 50 Reichsmark fur jede Hausgehilfin und zwar fur jeden vollen Kalendermonat, in dem sie zum Haus- halt des Steuerpflichtigen gehort hat“7 Diese SteuerermaGigung war nicht neu, sondern wurde bereits 1933 im Rahmen des Gesetzes zur Verminderung der Arbeitslosigkeit eingefuhrt. Zweck dieser MaGnahme war:
?1. Entlastung des Arbeitsmarktes um weibliche Arbeitskrafte und auf die Weise Verminderung der Arbeitslosigkeit;
2. Uberfuhrung der weiblichen Arbeitskrafte in immer groGerer Zahl in die Hauswirtschaft und damit in den ihnen von Natur aus zukommen- den Beruf und Forderung des Interesses am Hausfrauenberuf;
3. Freimachung der Mutter in immer groGerem AusmaG fur ihre Auf- gaben als Mutter“8
Die Beschrankung auf drei Gehilfinnen war nicht mehr gegeben. Mit der Uber- nahme in das EStG wurde daraus eine DauermaGnahme, mit der alle Steuer-pflichtigen angeregt wurden, ihrer Ehefrau eine Hausgehilfin zur Seite zu stel- len. Weitere Vergunstigungen fur Familien waren die erhohten KinderermaGi- gungen. Demgegenuber wurden nunmehr unverheiratete Burger wesentlich starker besteuert als verheiratete. Die steuerliche Begunstigung der Familie stand im Vordergrund.
Zu den Sonderausgaben zahlten auch die KiSt und verschiedene Beitrage und Versicherungspramien z. B. fur eine Kranken- Oder Unfallversicherung, die der Steuerpflichtige fur sich und seine Angehorigen leistete. Die Hohe der zuletzt genannten Ausgaben bemaG sich nach der Anzahl der zum Haushalt gehoren- den Personen (§ 10 Abs. 2). Dabei war zu beachten, dass auslandische Versi- cherungen nicht immer im gesamten Reichsgebiet zugelassen waren und sich die erlaubte Versicherungsleistung in einzelnen Gebieten voneinander unter- scheiden konnten. Nicht zu den Sonderausgaben zahlten Ausgaben fur die be- rufliche Fortbildung.
Auf der bereits im August 1925 eingefuhrten Steuerkarte wurden verschiedene personliche Daten des Steuerpflichtigen vermerkt. Dazu zahlten Name und Ad- resse, Geburtsdatum und -ort, Religionszugehorigkeit, Angaben zum Familien- stand und die Anzahl der Kinder, fur die KinderermaGigung gewahrt wurde. An- derungen auf der Lohnsteuerkarte wurden nur auf Antrag vorgenommen. Dem Gesetz nach musste ein Steuerpflichtiger dafur Sorge tragen, dass seine Anga-ben stimmten. Zudem wurde am 10.10. eines jeden Jahres eine Personen- standsaufnahme durchgefuhrt. Sofort vermerkt wurden die positiven Verande- rungen, wie z. B. die Geburt eines Kindes. Wirkten sich die Veranderungen zu Ungunsten des Steuerpflichtigen aus, so blieben sie fur das aktuelle Wirt- schaftsjahr unberucksichtigt.
Eine weitere Neuerung war die Haushaltsbesteuerung. Hierbei wurde der Steu- erpflichtige mit seiner Ehefrau und den minderjahrigen Kindern zusammen ver- anlagt. Stichprobenartig kommt man zu dem Ergebnis, dass bei der Addition beider Einkommen die jahrliche Steuerschuld hoher war, als wenn beide ge- trennt veranlagt wurden. Dies ist auch der Fall bei der Berucksichtigung einer KinderermaGigung. Ziel dieses Vorgehens war auch hier das Fernhalten der Frauen vom Arbeitsmarkt, ?fur die steuerliche Schonung der Ehefrau“ sei ?kein Raum“9
Im Gesetz fand sich immer wieder der Teilsatz ?seine Kinder, fur die ihm Kin- derermaGigung gewahrt wird“ Oder eine andere entsprechende Formulierung.10 Die Gewahrung von KinderermaGigung war i .d. R. nur der Fall, wenn selbige Minderjahrig waren und zum Haushalt des Veranlagten gehorten. Auf Antrag konnte dies ausgeweitet werden, wenn sich die Kinder in der Berufsausbildung befanden und noch keine 25 Jahre alt waren. Dam it erhielt der Veranlagte uber bis zu vier Jahre zusatzliche Vergunstigungen z. B. bei der Lohnsteuer und der Hohe der berucksichtigten Sonderausgaben.
Besitzer von Gebauden konnten unter bestimmten Voraussetzungen ihre Steu- erschuld um 10 % fur Aufwendungen kurzen, die im Rahmen einer Instandset- zung Oder Erganzung von Gebauden in der Zeit vom 01.01.1934 bis zum 31.03.1935 durchgefuhrt wurden. Diese Regelung wurde aus der Erganzungs- verordnung zum Gesetz uber Steuererleichterung vom 20.04.1934 ubernom- men.
Die Anderungen in der Gesetzgebung zeigten eine positive Wirkung, die sich im Steueraufkommen derfolgenden Jahre widerspiegelte.
Tabelle 2: Einkommensteueraufkommen von 1933 bis 1938
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Oberarbeitetentnommen, Meuschel, Hans Dr., Oermann, Josef Dr.; Die Einkommensteuer(ohne Lohnsteuer), Berlin, 1939, S. 17
Des Weiteren gingen die Arbeitslosenzahlen im Jahr 1935 um etwa 3,8 % zu- ruck. Dies hatte zum einen den Erfolg, dass sich die Steuereinnahmen entspre- chend erhohten und zum anderen die Sozialausgaben sanken, so dass sich also ein doppelter Erfolg einstellte.
In dem neuen EStG wurden bereits erste wichtige nationalsozialistische Grund- satze eingebracht, welche hauptsachlich wirtschafts-, bevolkerungs- und sozi- alpolitischer Art waren. In die Tat umgesetzt wurden diese Grundsatze durch eine Ankurbelung der Wirtschaft mit einhergehendem Ruckgang der Arbeitslo- sigkeit, sowie der steuerlichen Entlastung kinderreicher Familien und der Nied- riglohnempfanger.
An der Gestaltung des Gesetzes waren viele verschiedene Personen beteiligt, die ihr Wissen und ihre Erfahrungen z. B. aus der Verwaltungspraxis einge- brachten, um das Gesetz zu verbessern. Dazu zahlten u. a. Mitarbeiter des Reichsfinanzministeriums, der Landes- sowie der Finanzamter, sowie Steuer- richter vom Reichsfinanzhof.
Durch die Anderung des § 12 AO konnte der Reichsminister der Finanzen ab Januar 1935 Erganzungsgesetze, Verordnungen und andere Bestimmungen erlassen, ohne dass es noch der Zustimmung weiteren, ubergeordneten Instan- zen bedurfte. Mit dieser Abkehr von der Gewaltenteilung erhielt er einen Frei- brief zukunftig Steuergesetze nach seinem Willen zu gestallten. Dieses EStG war das Einzigste das vom Reichsminister der Finanzen, Graf Schwerin von Krosigk erlassen wurde. Die beiden folgenden erlieG sein Staatssekretar Fritz Reinhardt in Vertretung. Es stellt sich also die Frage, wessen Wille hier verfolgt wurde. Die Beantwortung kann an dieser Stelle nicht geklart werden.
3.2 Anderungen im Jahr 1938
Bereits am Jahresanfang 1938 wurde ein neues EStG angekundigt, ohne we- sentliche Neuerungen. Das allgemeine Ziel war auch in diesem Jahr das Steu- eraufkommen weiter zu steigern, um den Finanzbedarf des Reiches zu decken. Bereits 1937 war das Steueraufkommen um ca. 20 %, auf 14 Mrd. RM, gegen- uber 1936 gestiegen Trotzdem soil die Bevolkerung von einer Steuererhohung verschont bleiben und wurde somit erneut an seine Pflicht erinnert, die Steuer- erklarung ehrlich und gewissenhaft auszufullen und die Zahlungen punktlich zu entrichten.
Tatsachlich trat das neue Gesetz am 01.01.1938 in Kraft und war bereits fur den Veranlagungszeitraum 1937 anzuwenden (§51 EStG). Staatssekretar Reinhardt erlieG es in Vertretung des Reichsministers der Finanzen Graf Schwerin von Krosigk. Die Veroffentlichung und die folgenden Erklarungen, wie die Anderungen anzuwenden seien, erfolgten erst im Februar 1938. Da die Steuererklarungen fur das Vorjahr im Februar eines jeden Jahres abzugeben waren, war der Zeitpunkt des Gesetzeserlasses auGerst schlecht gewahlt. Das Gesetz hatte erst fur 1938 gelten durfen und nicht nur der Verlustvortrag. Die ersten, nach dem neuen Gesetz falschen, Steuererklarungen durften zu diesem Zeitpunkt bereits abgegeben worden sein und vielleicht wurden auch die ersten falschen Steuerbescheide erlassen. Die Zeit sich mit dem neuen Gesetz ver- traut zu machen, war sowohl fur die Steuerpflichtigen als auch fur die Finanz- beamten sicher zu kurz.
Das Gesetz enthielt gegenuber dem vom 16.10.1934 zwei wesentliche Ande-rungen. Zum einen wurde die Steuerfreiheit der kurzlebigen Wirtschaftsguter aufgehoben und zum anderen erfolgte die Abschaffung des Kinderfreibetrags furjudische Kinder. Diese und alle anderen Anderungen waren notig, damit sich das Einkommensteuerrecht weiterhin im nationalsozialistischen Sinne entwi- ckelte. Die folgende Betrachtung der wichtigsten Gesetzesanderungen erfolgt in Reihenfolge der Paragrafen im Gesetz und stellt somit keine Wertung dar.
3.2.1 Bilanzanderung (§§ 4 und 5 EStG)
Die Vorschrift zur Bilanzanderung wurde von § 5 Abs. 2 und § 4 Abs. 2 vorver- legt, womit ihr Wirkungskreis geandert wurde. Diese Regelung betraf fortan die buchfuhrenden Land- und Forstwirte, sowie Gewerbetreibende und alle Ubrigen die ihren Gewinn durch Vermogensvergleich ermittelten und verhalf ihnen somit zu gleichen Rechten. Vor dieser Gesetzesanderung, die eine fruhere Veranla- gungsrichtlinie in ein Gesetz umwandelte, konnten Land- und Forstwirte und die Angehorigen der freien Berufe ihre Bilanzen auch ohne Erlaubnis des Finanz- amtes andern. Diese Vorschrift wurde verwendet, falls die Vermogensubersicht dem Finanzamt bereits vorlag. Die Vereinheitlichung war von verwaltungstech- nischer Seite sehr zu begruGen.
Es bestand ein wichtiger Unterschied zwischen einer Bilanzberichtigung und einer Bilanzanderung, welcher zwingend zu berucksichtigen war. Dabei schloss eine Berichtigung der Vermogensubersicht zwangslaufig eine Anderung der selbigen mit ein. Bei der Korrektur wurden steuerliche Unrichtigkeiten beseitigt, die beispielsweise durch einen fehlerhaften Wertansatz im Anlagevermogen entstanden waren. Dies konnte ohne die Zustimmung des Finanzamtes erfol- gen, um u. a. dafur keine Verwaltungskosten entstehen zu lassen und eine steuerlich richtige Veranlagung zu gewahrleisten. Jedoch musste das Finanz-amt uber die Anderung informiert werden.
Bei der Anderung (§ 4 Abs. 2) hingegen wurde lediglich eine andere steuerliche Wahlmoglichkeit angewendet. Beide Ansatze waren sowohl steuerrechtlich als auch handelsrechtlich korrekt. Um die Anderung vornehmen zu konnen, musste das Finanzamt vorher um Erlaubnis gebeten werden. Zweck dieser Regelung war, zu verhindern, dass ein Steuerzahler seinen Gewinn und damit die anfal- lende Steuer von sich aus mindern konnte, durch im Nachhinein entdeckte schlechte Entscheidungen z. B. bei der Abschreibung kurzlebiger Wirtschafts-guter.
3.2.2 Aufhebung der Bewertungsfreiheit fur kurzlebige Wirtschaftsguter (§ 6 EStG)
Wie bereits erwahnt war die folgende Gesetzesanderung eine der wichtigsten. In § 6 des EStG von 1934 waren Wirtschaftsguter uber den Zeitraum ihrer be- triebsgewohnlichen Nutzungsdauer hinweg abzuschreiben (§ 7 EStG). Diese Regelung blieb erhalten. Die Ausnahme fur Wirtschaftsguter welche erfah- rungsgemaG max. funf Jahre im Betrieb eingesetzt wurden, entfiel, worn it diese ab sofort gemaG ihrer Nutzungsdauer abzuschreiben waren. Diese besagte, dass die Anschaffungs- bzw. Herstellkosten der besagten Guter uber einen kur- zeren Zeitraum als die Nutzungsdauer abgeschrieben werden konnen, sogar noch im Jahr der Anschaffung. Dadurch wurde der Gewinn vermindert, was sich direkt positiv auf die Hohe der zu zahlenden Steuer des Jahres auswirkte - aus der Sicht des Steuerzahlers. In den folgenden Jahren fehlte der Abschrei- bungsbetrag, so dass die zu zahlende Steuer entsprechend hoher ausfiel. Dies war 1934 durchaus beabsichtigt. Bereits Ende September 1937 wurde der Plan zu dieser Gesetzesanderung bekannt, so dass die neue Regelung erst auf Wirtschaftsguter zutraf, die ab dem 01.10.1937 bestellt wurden bzw. mit deren Herstellung erst nachweislich nach diesem Datum begonnen wurde. Den Un- ternehmern sollte wirtschaftlich kein groGerer Nachteil entstehen als notig, da sie erst ab der Bekanntgabe des Plans ihre Anlagevermogenspolitik andern konnten. Der Reichsminister der Finanzen hat auch einiger Ausnahmen von der neuen Regelung zugelassen:
?1. Lastkraftwagen mit einer Nutzlast von 1,1 t Oder mehr
2. Zugmaschinen Oder Schlepper
3. Anhanger (zu den unter Ziffern 1 und 2 bezeichneten Fahrzeugen) mit einer Nutzlast von 1,1t Oder mehr
4. Kraftomnibusse mit mehr als 16 Sitzplatzen und Kraftomnibus- anhanger mit mehr als 16 Sitzplatzen
5. Beregnungsanlagen in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben
6. alle Wirtschaftsguter, deren Anschaffungs- Oder Herstellungskosten 200 RM nicht ubersteigen“11
Bei diesen sechs Ausnahmen war die verkurzte Abschreibung weiterhin mog- lich, unabhangig vom Bestelldatums Oder dem Beginn der Herstellung.
Der ursprungliche Zweck, die Schaffung von Arbeitsplatzen, wurde erfullt. Viele Unternehmen haben sich die Bewertungsfreiheit zunutze gemacht und Anlage- vermogen, welches diesem Kriterium entsprach angeschafft Oder selbst fur den eigenen Betrieb produziert. Da die Arbeitslosenzahlen u. a. durch diese MaG- nahme stark gesunken waren, war die gesetzliche Ausnahme nicht mehr notig. Zumal Unternehmer unter Umstanden die betrieblichen Anlagen nur erweiterten um dadurch die anfallende ESt zu mindern. Um die so entstehenden Steuer- ausfalle auffangen zu konnen, hatte die ESt erhoht werden mussen, zum Nachteil aller, was steuerpolitisch nicht vertretbar war und auch nicht i. S. d. nationalsozialistischen Politik war.
Diese Neuerung wirkte sich bereits positiv auf das Steueraufkommen 1938 aus. Da die Regelung erst fur das letzte Quartal des Vorjahres gait, war zu erwarten, dass sich die voile Auswirkung im Sommer 1939 zeigte und das Steuerauf-kommen weiter verstarkte.
Sollten die Arbeitslosenzahlen zu einem spateren Zeitpunkt wieder steigen Oder sollten andere wirtschaftliche Faktoren eine Wiedereinfuhrung notwendig machen, war dies vom Gesetzgeber nicht ausgeschlossen.
3.2.3 Sonderausgaben(§ 10EStG)
Eine der Sonderausgaben war die bis dahin unbeschrankt abzugsfahige KiSt (§ 10 Abs. 1 Ziff. 3). Diese blieb erhalten, wurde aber in ihrer Hohe auf max. 2 % der Gesamteinkunfte beschrankt. Begrundet wurde diese MaGnahme da- mit, dass die offentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften in der vorangegan- gen Zeit unverhaltnismaGig hohe Steuern erhoben hatten. Dies wirkte sich positiv auf die Ermittlung des Einkommens aus und schlug sich somit negativ auf die Steuereinnahmen des Reiches nieder. Die Einnahmenminderung war so hoch, dass dies beim ersten Gesetzeserlass nicht vorhersehbar war. Hinzu kam, dass Vertreter der Religionsgemeinschaften die so erhaltenen Mittel nicht selten fur private Zwecke verwendeten. Als zweite Begrundung diente der
Grundsatz, dass Spenden fur wohltatige und gemeinnutzige Zwecke allgemein nicht abzugsfahig seien. Die KiSt wurde in gewisser Weise als Spende angese- hen.
In wieweit die erhobene KiSt tatsachlich das Steueraufkommen mindert, lasst sich nicht mehr genau prufen. Die Hohe der KiSt differierte nicht nur zwischen den Religionen, sondern war auch in den verschiedenen Reichsgebieten nicht einheitlich geregelt. So betrug sie z. B. in Baden 12 % der Lohnsteuer und in Hamburg nur 6,5 %. Im Gegensatz zur ESt, hatten Ledige hier einen Vorteil, da sie weniger Steuern zu zahlen brauchten. Es kann aber angenommen werden, dass hier ubertrieben wurde, mit dem Ziel die Einnahmen der Kirche zu schmalern und so ihren Einfluss zu schwachen.
Wahrend Ziffer 3 des Paragrafen lediglich zuungunsten des Steuerzahlers ge- andert wurde, birgt die Ziffer 6 fur einige von ihnen eine positive Neuerung in sich, den Verlustvortrag. Dieser war in gewisser Weise als Ausgleich fur die Anderung des § 6 gedacht. Von der Moglichkeit des Verlustvortrags konnten ausschlieGlich Land- und Forstwirte, sowie Gewerbetreibende Gebrauch machen, sofern sie Bucher nach den Vorschriften des HGB fuhrten, unabhangig von ihrer Verpflichtung hierzu. Der Abzug beschrankte sich auf die Verluste der beiden Vorjahre, sofern sie nicht bereits in vorangegangenen Veranlagungen berucksichtigt wurden waren.
Bei der Berechnung des Einkommens war es angebracht zuerst alle Einkunfte des zu veranlagenden Wirtschaftsjahres zu addieren und dabei die negativen mit den positiven auszugleichen, urn anschlieGend die Sonderausgaben und danach den Verlustvortrag abzuziehen. Dies entsprach nicht nur der Reihen- folge im Gesetz, der Verlustvortrag war die letzte von sechs Sonderausgaben, sondern war bei sehr hohen Verlusten auch steuerlich gunstiger. Die Bedeu- tung verstarkte sich besonders, wenn nur eine Einkunftsart vorlag.
Zwei Berechnungsmoglichkeiten des Einkommens
Diese Gegenuberstellung zeigt deutlich die steuerliche Vergunstigung. Im ers- ten Beispiel wird das Einkommen wie in der Empfehlung beschrieben, berech- net. Im zweiten erfolgt die Berechnung in umgekehrter Reihenfolge, was zu dem Ergebnis fuhrt, dass der Vortrag geringer ist als im anderen Fall. Das ist darauf zuruck zu fuhren, dass die pauschalen Sonderausgaben nicht mehr von der Zwischensumme abgezogen werden durfen. Die Vergunstigung des Ver- lustvortrages sollte nach Moglichkeit unbeschrankt genutzt werden.
3.2.4 Die Veranlagung zur Einkommenssteuer (§ 32 EStG)
Zur Veranlagung der ESt wurde weiterhin die Einkommensteuertabelle verwen- det, welche wieder die Anlage 1 des Gesetzes bildete. Die vorgenommenen Anderungen entsprachen nicht nur bevolkerungspolitischen Belangen, sondern dienten auch dazu, die Verwaltung zu vereinfachen.
Man gilt ab sofort nicht mehr als ledig, wenn man Elternteil eines ehelich gebo- renen Kindes ist und jetzt verwitwet Oder geschieden war. Unverheiratet Frauen gelten nicht mehr als ledig, sobald sie ein Kind geboren haben. Wahrend nach dem Gesetz von 1934 die ubrigen ledige Frauen erst mit ihrem 65. Geburtstag eine Steuervergunstigung erhielten bzw. wenn sie verwitwet Oder geschieden
waren bereits zehn Jahre fruher, wurden alle kinderlosen Frauen in der neuen Gesetzesfassung bereits mit der Vollendung des 50. Lebensjahres von der Veranlagung als Unverheiratete ausgenommen.
Die Altersgrenze fur geschiedene und verwitwete Manner wurde ebenfalls um funf Jahre verkurzt, so dass auch sie mit Vollendung des 50. Lebensjahres nicht mehr als unverheiratet eingestuft wurden. Fur alle anderen Manner gait als Al-tersgrenze die Vollendung 65. Lebensjahres.
Alle Voraussetzungen fur diese steuerlichen Vergunstigungen mussen min- destens vier Monate vor Ende des Kalenderjahres bestanden haben. Mit dieser scheinbar minimalen Einschrankung wurden viele Steuerpflichtige von der Ver- gunstigung wieder ausgeschlossen.
Hatte der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz im Inland wurde ihm nach dem alten Recht KinderermaGigung gewahrt, da er unbeschrankt Steuerpflichtig war, so- fern die Nachkommen zu seinem Haushalt gehorten. Die Voraussetzung der unbeschrankten Steuerpflichtigkeit gait auch fur die Kinder fur die ihm die Er- maGigung gewahrt wurde. Da jedoch davon auszugehen war, dass diese mit im Haushalt lebten und somit selbst auch unbeschrankt steuerpflichtig waren, konnte in der neuen Gesetzesfassung vom expliziten Hinweis auf diese ver- zichtet werden. Bei erwachsenen Kindern, die sich auf Kosten des Steuerzah- lers in der Berufsausbildung befanden, war die Zugehorigkeit zum Haushalt weder im alten noch im neuen Recht nicht Voraussetzung fur die Gewahrung des Kinderfreibetrages.
Zweck der KinderermaGigung war es nicht Ledigen eine Steuererleichterung zu verschaffen, die ausschlieGlich dafur Adoptiv- Oder Pflegekinder bei sich auf- nahmen. Hier wurde dem Volksgenossen unterstellt, alle Mittel und Wege nut- zen zu wollen um durch ungerechtfertigte Vorteile Steuern zu sparen. Um dies zu verhindern wurde der Freibetrag fur diese Kinder auf max. 720 RM je Kind und Jahr festgesetzt. Die Freigrenze war jedoch so hoch angesetzt, dass sie erst bei einem zu versteuernden Mittelbetrag von 8.000RM p. a. zum Tragen kam. Auf der anderen Seite ist zu bedenken, dass u. a. das Reich fur den Un- terhalt, also z. B. Unterkunft und Verpflegung, der Waisenkinder aufkommen musste. In wieweit die Steuerausfalle einer uneingeschrankten ErmaGigung diese Kosten uberstiegen hatte, lasst sich nicht mehr feststellen auch nicht die Anzahl der betroffenen Kinder. Es ist nur anzunehmen, dass es weniger waren als in den Jahren zuvor. Viele Kinder hatten ihren Vater im ersten Weltkrieg verloren. Dieser endete 1919, also fast 20 Jahre vor dem Gesetzeserlass. Auf- grund ihrer Volljahrigkeit betraf die neue Regelung somit nicht mehr auf die Kriegswaisen zu.
Wurde eine Steuererleichterung gewahrt, weil der Steuerpflichtige ein Kind hatte, wurde im ganzen Gesetz und so auch in diesem Paragrafen immer wie- der darauf hingewiesen, dass selbiges kein Jude sein durfte. Ziffer 3 stellt klar dar, dass ?fur Kinder, die Juden sind, (...) keine KinderermaGigung gewahrt“ wird.
Mit der Neueinfugung der Ziffer 3 kam es im Rahmen des EStG zur ersten steuerlichen Benachteiligung der Juden. Wie diese aussah und wie sie sich auswirkte wird im Abschnitt 8.1 dieser Arbeit ausfuhrlich dargestellt.
3.2.5 Auftergewohnliche Belastungen (§ 33 EStG)
Wahrend im Gesetz von 1934 das Einkommen eine Hohe von 20.000 RM p. a. nicht ubersteigen durfte bzw. 30.000 RM, wenn mind, zwei Kinder vorhanden waren, fiel diese Grenze nun weg, urn eine steuerliche Gleichheit und soziale Gerechtigkeit herzustellen. Diese Belastungen konnten u. U. auch bei einem hohen Einkommen die steuerliche Leistungsfahigkeit einschranken.
Die Zulassung der Kosten erfolgte auf Antrag, sofern die entstandenen Auf- wendungen nicht bereits in den Betriebsausgaben, als Werbungskosten Oder Sonderausgaben angesetzt wurden. AuGergewohnlich waren Belastungen,
[...]
1 vgl. Die Heilige Schrift - Luther Ubersetzung, 3. Buch Mose (Levitikus) Kapitel 27, Vers 30 und 32.
2 vgl. Reinhardt, Fritz: Die neuen Steuergesetze, 1934, S. 2.
3 vgl. Reinhardt Fritz: in DStZ 1936, S.531.
4 vgl. Reichsfinanzausgleichgesetz § 22.
5 vgl. RGBI. 1934 I, S. 1005.
6 vgl. RGBI. 1934 I, S. 1019- 1030.
7 s. RGBI. 1934 I, S 1008.
8 s. Reinhardt Fritz: Die neuen Steuergesetze, S. 91.
9
s. Reinhardt Fritz: Die neuen Steuergesetze, S. 98.
10 vgl. u. a. RGBI. I, 1938, S. 125 und 129.
11 s. Rogge: Die neuen Veranlagungsrichtlinien furdie Einkommensteuer und Korperschaftsteuer, in DStZ 1938, S 239.
- Quote paper
- Anonymous,, 2010, Die Einkommensteuer in Deutschland während der nationalsozialistischen Herrschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/183667
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