Kanalablagerungen sind abgelagerte Feststoffe, die vom Abwasserstrom nicht transportiert werden können. Sie sedimentieren auf die Kanalsohle und stören das Abflussverhalten. In diesen Sedimenten finden Umsetzungsprozesse statt, die für viele Geruchs- und Korrosionsprobleme mitverantwortlich sind und die zu hohen Verschmutzungskonzentrationen führen können.
Größere Regenereignisse führen zum Spülstoß. Ablagerungen werden ausgeschwemmt und erhöhen den Schmutzstoffaustrag der Kanalisationen. Sie tragen zur Verschmutzung von Regenbecken und bei Mischwasserentlastung zur Verunreinigung der Gewässer bei.
Dieses Buch schildert sowohl die Mechanismen und Ursachen, welche für die Bildung von Kanalablagerungen verantwortlich sind, als auch die Veränderungen ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften. Ausgehend von diesen Erkenntnissen ist der Einfluss der Ablagerungen auf die Hydraulik und die Verschmutzung des Abwasserabflusses beschrieben. Dabei ist insbesondere ihre Bedeutung für die Infrastruktur der Abwasserableitung und die Folgen des erhöhten Schmutzstoffaustrags im Mischwasserfall näher betrachtet.
Ergänzend sind existierende Reinigungsverfahren zur Entfernung und planerische Maßnahmen zur Vermeidung von Kanalablagerungen erläutert.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Einleitung
1 Herkunft der Ablagerungen
1.1 Eintragungspfade von Feststoffen in die Kanalisation
1.1.1 Abwassereinleitungen
1.1.2 Oberflächeneintrag
1.1.3 Fremdwasser
1.2 Schmutzstoffkonzentrationen
2 Der Feststofftransport
2.1 Definition "Kanalablagerung"
2.2 Das Schubspannungskonzept – theoretische Grundlage des Feststofftransports
2.2.1 Physikalische Modelle
2.2.2 Feststofftransportkapazität
2.2.3 Quantitative Angaben des kritischen Strömungszustandes
2.3 Arten des Feststofftransports
2.3.1 Suspensionstransport
2.3.2 Geschiebetransport
2.3.3 Einteilung der Transportzustände
2.3.4 Wechselspiel von Ablagerung, Transport und Erosion
3 Ursachen von Kanalablagerungen
3.1 Abflussbedingte Ablagerungen
3.2 Ablagerungen infolge von punktförmigen Schmutzstoffquellen
3.3 Ablagerungen an Hindernissen
3.4 Ablagerungen infolge der Abwasserzusammensetzung
3.5 Baulich bedingte Ablagerungen
3.6 Zusammenfassung der Einflussfaktoren auf die Bildung von Ablagerungen
4 Menge und Zusammensetzung von Ablagerungen
4.1 Mess- und Probenahmetechniken
4.2 Menge der Ablagerungen
4.3 Zusammensetzung der Ablagerungen
5 Beitrag der Kanalablagerungen am Abflussgeschehen
5.1 Trockenwetterverhältnisse
5.2 Regenwetterverhältnisse
5.2.1 Schmutzstoß gelöster Stoffe
5.2.2 Schmutzstoß partikulärer ungelöster Stoffe
6 Auswirkungen
6.1 Auswirkungen auf die Kanalinfrastruktur
6.1.1 Kanalisationen
6.1.1.1 Minderung der hydraulischen Leistungsfähigkeit
6.1.1.2 Geruchs- und Korrosionsprobleme durch Schwefelverbindungen
6.1.1.3 Umweltbeeinflussungen
6.1.2 Betrieb kommunaler Kläranlagen
6.1.2.1 mechanische Reinigung und Vorklärung
6.1.2.2 Abbau organischer Abwasserinhaltsstoffe
6.1.2.3 Nitrifikation
6.1.2.4 Denitrifikation
6.1.2.5 biologische Phosphorelimination
6.1.2.6 Entfernung von Schwermetallen
6.1.2.7 Nachklärung
6.1.3 Auswirkungen auf Regenbecken
6.2 Auswirkungen auf Fließgewässer
6.3 Zusammenfassung der Folgen von Ablagerungen
7 Vermeidung von Kanalablagerungen
7.1 vorbeugende Maßnahmen
7.2 Kanalreinigung
7.2.1 Aufgaben der Kanalreinigung
7.2.2 Arten und Verfahren der Kanalreinigung
7.2.2.1 Schwallspülung
7.2.2.2 manuelle Reinigung
7.2.2.3 Durchzugsverfahren
7.2.2.4 Hochdruckspülverfahren
7.2.2.5 Profilreinigungsverfahren
7.2.2.6 Wulstkugeln
7.2.2.7 Reinigungswalzen
7.2.2.8 Schildgeräte
7.2.2.9 Sonderreinigungsverfahren
7.2.2.10 Reinigung von Entlastungsbauwerken
7.2.3 Bewertung der Reinigungsverfahren
7.2.4 Entsorgung des Räumguts
Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 2.1: Querschnitt durch einen Abwasserkanal (GUTEKUNST 1988)
Abb. 2.2: Größter Korndurchmesser d, der sich nicht ablagert, abhängig von der kritischen Sohlschubspannung Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten(MACKE 1982)
Abb. 2.3: Zur Ausspülung von Sand verschiedener Korngrößen erforderliche Schleppspannung nach SONNEN (1997), zitiert bei KRAUTH/VETTER (2001)
Abb. 2.4: Transportkörperarten nach NESTMANN (1998)
Abb. 3.1: Ablagerungsbildung infolge Kanalvereinigung (DAUBER/NOVAK 1982)
Abb. 4.1: Kanalmessboot vor Kanalschacht (SCHMITT 1992)
Abb. 4.2: Kanalmessboot während Messfahrt (WILLMS 1989)
Abb. 4.3: Sieblinien von Kanalablagerungen in Mischsystemen (MITTELSTÄDT 1981, zitiert bei ISOSSIFIDIS 1985)
Abb. 4.4: Sieblinien von Ablagerungen aus der Braunschweiger Kanalisation (DETTE et al. 1996)
Abb. 5.1: Frachtsummenlinie
Abb. 5.2: Fraktionierung der suspendierten Stoffe in organischen (oTS) und mineralischen (minTS) Anteil (KREBS 2000)
Abb. 5.3: Verhältnis von BSB5/CSB als Indikator für die Bioverfügbarkeit des CSB (KREBS 2000)
Abb. 6.1: Auswirkungen von Mischwassereinleitungen auf Gewässer (LIJLEMA 1992, modifiziert durch GIGERL 2001)
Abb. 7.1: Erforderliches Spülwasservolumen abhängig von der Spülstrecke für Kreisprofile mit DN 300 (BÖHM 2001)
Abb. 7.2: Wulstkugel (WILLMS 1989)
Abb. 7.3: Reinigungsprinzip der Wulstkugeln (BÖHM 2001)
Abb. 7.4: Selbstlaufende Reinigungswalzen (BÖHM 2001)
Abb. 7.5: Selbstlaufendes Spülschild im Einsatz (BÖHM 2001)
Abb. 7.6: Spülschlitten im Landgraben (STADT KARLSRUHE 1999)
Tabellenverzeichnis
Tab. 1.1: Verschmutzungskonzentrationen des Abwassers für Zentraleuropa
Tab. 2.1: Quantitative Angaben des kritischen Strömungszustandes
Tab. 2.2: Qualitative Einleitung der Transportzustände
Tab. 3.1: Einflussfaktoren auf die Ablagerungsbildung
Tab. 4.1: Beurteilung von Probenehmern nach SCHMITT (1992)
Tab. 4.2: Spezifische Ablagerungsrate in Mischkanalisationen
Tab. 4.3: Klassifikation von Ablagerungstypen
Tab. 4.4: Physikalische und chemische Eigenschaften von Ablagerungen
Tab. 5.1: Anteil der Ablagerungen an der Gesamtschmutzfracht in MW-Kanalisationen
Tab. 6.1: Belastungsphasen einer kommunalen Kläranlage während eines Mischwasserereignisses
Tab. 6.2: Folgen von Kanalablagerungen
Tab. 7.1: Reinigungszyklen zur vorbeugenden Reinigung nach BÖHM (2001)
Tab. 7.2: Durchzugsgeräte und ihre Einsatzbereiche
Tab. 7.3: Düsenarten der Hochdruckspülung und ihre Einsatzgebiete
Tab. 7.4: Übersicht der Sonderreinigungsverfahren
Tab. 7.5: Bewertung der Reinigungsverfahren
Tab. 7.6: Einsatzbereiche von Kanalreinigungsverfahren
Einleitung
Gewässerbelastungen werden häufig durch Entlastungen von Mischkanalisationen verursacht. Während eines Regenereignisses treten im Mischwasserkanal Schmutzstoffkonzentrationen auf, die sich nicht allein durch die Vermischung von Trocken- und Regenwetterabfluss erklären lassen, sondern erst unter Berücksichtigung von Anteilen erodierter Kanalablagerungen.
Ablagerungen entstehen häufig in abflussschwachen Zeiten und hohen Stoffkonzentrationen. Bei zu geringen Fließgeschwindigkeiten reicht die Transportkapazität des Abwasserstromes nicht mehr aus. Die Abwasserinhaltsstoffe lagern sich im Kanal ab. In diesen Sedimenten finden teilweise Umsetzungsprozesse statt, die zu hohen Verschmutzungskonzentrationen im Mischwasserabfluss führen können.
Die Vorgänge der Sedimentation von Abwasserinhaltsstoffen über die Veränderungen ihrer Eigenschaften bis hin zur Ausspülung bei Regenereignissen sind aufgrund der vielen Einflussfaktoren, der Wechselwirkungen und Schwankungen äußerer Randbedingungen, wie beispielsweise Abwasserandrang, Gefälle oder Reinigungsintervallen, vielseitig und daher in zahlreichen Einzeldokumentationen beschrieben.
In der vorliegenden Arbeit werden die verfügbaren Kenntnisse hierzu systematisch dargestellt:
In Kapitel 1 wird die Herkunft der Abwasserinhaltsstoffe und ihr Beitrag zur Verschmutzung des Gesamtabflusses aufgezeigt. Anschließend wird im 2. und 3.Kapitel beschrieben, wie sich die Abwasserinhaltsstoffe in der Kanalisation bewegen, unter welchen Bedingungen sie sich abzulagern beginnen und welche Einflussgrößen Ablagerungen verursachen. Die Menge der Ablagerungen und deren Zusammensetzung werden in Kapitel 4 behandelt.
Ausgehend von diesen Erkenntnissen wird anschließend ab dem 5.Kapitel auf die Bedeutung der Ablagerungen für die Abwasserbeschaffenheit, insbesondere des Mischwassers, und ihren Schmutzstoffaustrag aus Kanalisationen näher eingegangen. Ein Schwerpunkt in diesem Zusammenhang sind in Kapitel 6 die Auswirkungen auf die Infrastruktur (Kanalisation, Kläranlage und Regenbecken) und die Problemfelder, welche bei anschließendem Eintrag in die Gewässer entstehen.
Letztlich wird im 7.Kapitel auf planerische Maßnahmen und existierende Reinigungsverfahren eingegangen, mit denen Ablagerungen entfernt, vermindert oder sogar vermieden werden können.
1 Herkunft der Ablagerungen
Entwässerungsverfahren dienen dem Abtransport von verschmutztem Wasser aus Siedlungen. Neben den klassischen Misch- und Trennsystemen werden Modifikationen zur Regulierung der Abflusshöhe oder Abflussfracht entwickelt.
Im Mischsystem werden häusliches, gewerbliches und industrielles Schmutzwasser gemeinsam mit dem Oberflächenabfluss in einem Kanal abgeführt. Beim Trennverfahren wird der Oberflächenabfluss getrennt vom Schmutzwasser abgeleitet.
Schmutz-, Regen- und Mischwasserabflüsse sind zwar grundsätzlich unterschiedlich zusammengesetzt, doch beeinflusst die Art des Entwässerungssystems die Zusammensetzung des Gesamtabflusses, der die Bildung und die Bemessung von Kanalablagerungen dominiert.
1.1 Eintragungspfade von Feststoffen in die Kanalisation
1.1.1 Abwassereinleitungen
Schmutzwasseranschlüsse stellen den Haupteintragungspfad für gelöste und partikuläre organische Stoffe dar. Neben den bekannten Stoffen wie Urin, Kot, Küchenabfällen und Papier, ist jedoch auch mit fasrigen (Hygieneartikel, Wattepads oder Textilien) und mineralischen Stoffen zu rechnen.
1.1.2 Oberflächeneintrag
Mit dem Niederschlagswasser werden hauptsächlich mineralische Schmutzstoffe von Dach- und Verkehrsflächen abgespült und in die Kanalisation eingeleitet. Dabei handelt es sich vor allem um Straßenkehricht, Abfälle und Streugut.
In Baustellenbereichen werden oft große Mengen an Bauschutt und Erde eingetragen. Saisonal können beträchtliche organische Belastungen an Gras, Laub und kleinen Ästen auftreten. Atmosphärische Verunreinigungen haben auf die Bildung von Ablagerungen vernachlässigbaren Einfluss.
Die Menge des Oberflächeneintrags hängt stark vom abflusswirksamen Niederschlag, dem Abtragpotential und der Trennwirkung der Straßeneinlaufschächte zum Rückhalt von Schmutzstoffen ab; sie beträgt 30-70% der Fracht in Mischkanalisationen während eines Regenereignisses (IOSSIFIDIS 1986).
1.1.3 Fremdwasser
Fremdwasser führt vor allem mineralische Stoffe und anstehenden Boden mit sich. Diese gelangen durch Ausspülen des Bodens um das Kanalrohr über schadhafte, undichte Stellen, das Einleiten kleinerer Bäche, sowie Sicker- und Grundwasser aus Haus- und Baustellendrainagen in die Kanalisation (PECHER 1998).
Der Fremdwasseranfall unterliegt stark jahreszeitlichen Schwankungen; im Winter fließt mehr, im Sommer weniger Fremdwasser zu. Das ATV-Handbuch (1994) gibt die Streubreite des Fremdwasseranteils zwischen 33% und 66% am Trockenwetterabfluss an, was einem Fremdwasserzuschlag von 50% bis 200% entspricht. Auch deutlich höhere Fremdwasserzuschläge von über 700% sind nach neueren Untersuchungen von FUCHS et al. (2003) nicht selten.
Fremdwasser ist meist nur gering verschmutzt, weswegen hohe Fremdwasserabflüsse, vor allem bei Trockenwetterabfluss, wie Spülungen wirken und so hydraulisch der Ablagerungsbildung entgegenwirken.
1.2 Schmutzstoffkonzentrationen
Die mit dem Abwasser geführte Schmutzfracht mS in [kg] lässt sich hinsichtlich ihres Verlaufes, ihrer Summe und ihrer mittleren Konzentration relativ exakt aus Messungen der Abflussganglinie und der Schmutzstoffkonzentration an einzelnen Stützstellen ermitteln. Dazu müssen die abflussgewichteten Schmutzstoffkonzentrationen Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenüber die Zeit integriert werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In der Literatur sind viele Anhaltswerte für CT genannt, die sich zum Teil stark unterscheiden. In jüngster Zeit haben sich die Anhaltswerte
- CT = 0,03% für Schmutzwasser und
- CT = 0,05% für Misch- und Regenwasser
der ATV (2001), basierend auf MACKE (1982), durchgesetzt. HAGER (1998) schätzt die absoluten Schwankungen nur zwischen 0,002% und 0,008% ab. Viele neuere Untersuchungen wie beispielsweise von DETTE et al. (1996) oder MACKE et al. (2002) nennen jedoch wesentlich höhere Konzentrationen.
Nach IMHOFF (1999) sind die in die kommunale Kanalisation eingeleiteten Feststoffe zu 2/3 organisch und zu 1/3 mineralischer Natur. Bei NEITZEL und ISKE (1998) sind beide Fraktionen etwa gleich stark vertreten.
BROMBACH und FUCHS (2003) haben gemessene Verschmutzungskonzentrationen des Abwassers in Misch- und Trennkanalisationen zusammengetragen und statistisch ausgewertet. Für Zentraleuropa sind in der folgenden Tabelle die wichtigsten Leitparameter zur Charakterisierung des Abwassers hinsichtlich Schlamm, Sauerstoffzehrung, Nährstoffgehalt und Gift angegeben. Ähnliche Werte nennen auch LÜTZNER (1998) und LAUTRICH (1980).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Mischwasserkonzentrationen der abfiltrierbaren Stoffe AFS von 264,0 mg/l können nicht alleine durch die Vermischung von Regen- und Schmutzwasser zustande kommen, da ihre Konzentrationswerte (153,0 bzw. 154,5 mg/l) beide geringer sind. Folglich muss eine andere Schmutzstoffquelle, nämlich die der erodierten Ablagerungen, für diesen hohen Wert verantwortlich sein. Gleiches gilt auch für die Bleikonzentrationen.
Bei den CSB- und Pges-Konzentrationen ist der Verschmutzungsanteil der Kanalablagerungen nicht so offensichtlich. Doch wird einem Mischwasserereignis ein Verdünnungsverhältnis der Abflüsse von Schmutzwasser zu Regenwasser gleich 1:7 zugrundegelegt, dann lassen sich die Konzentrationswerte des Mischwassers auch nur durch Anteile von erodierten Kanalablagerungen erklären.
Durch die Betrachtung der Stickstoffkonzentrationen NH4-N und NO3-N unter obigem Verdünnungsverhältnis, lässt sich eine andere Eigenschaft der Ablagerungen vermuten. Im Porenwasser der Ablagerungen sind wohl gelöste Schmutzstoffe wie Ammonium (NH4+) eingelagert, die zu Nitrat (NO3-) oxidiert werden, was die verhältnismäßig größeren Konzentrationsdifferenzen in der Mischwasserverschmutzung von NO3-N gegenüber NH4-N erklärt.
2 Der Feststofftransport
Bevor die Bewegungen der Feststoffe im Kanal und Kriterien ihrer Sedimentation und Ablagerungsbildung dargelegt werden, ist zunächst der Begriff „Kanalablagerung“ zu definieren.
2.1 Definition "Kanalablagerung"
Kanalablagerungen sind Abwasserinhaltsstoffe, die im Abwasserstrom nicht in Schwebe gehalten werden können, auf die Kanalsohle sedimentieren und dort eine Bettschicht bilden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2.1: Querschnitt durch einen Abwasserkanal
SCHMITT (1992) versteht unter Ablagerungen alles, was sich an der Kanalwand ablagert. Demnach müsste auch die Sielhaut hinzugezählt werden. Da diese sich allerdings, außer für die Bedeutung des Schmutzstoffaustrags, hinsichtlich ihres Vorkommens und ihrer Zusammensetzung stark von den abgelagerten Feststoffen unterscheidet, wird in dieser Arbeit zwischen den Begriffen Ablagerung (Summe der abgelagerten Feststoffe) und Sielhaut (Biofilm auf der Kanalwand) differenziert.
2.2 Das Schubspannungskonzept – theoretische Grundlage des Feststofftransports
Im Abwasser sind die Partikel der Ablagerungen enthalten. Damit diese sedimentieren, müssen bestimmte hydraulische Bedingungen eintreten, auf welche im Folgenden nun eingegangen wird.
2.2.1 Physikalische Modelle
Strömendes Abwasser übt eine treibende Kraft in Form einer Schubspannung auf die Kanalsohle aus. Diese Schubspannung heißt Sohlschubspannung oder auch Schleppspannung. Ihre Verteilung entlang des Kanalquerschnitts ist nicht konstant. Bei stationärer Strömung errechnet sich die mittlere Sohlschubspannung aus der Wichte Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltendes Abwasser, dem hydraulischen Radius Rh und dem Energieliniengefälle IE.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Jede Sohle übt entgegen Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenrückhaltende Kräfte –ebenfalls in Form einer Schubspannung- auf das vorbeiströmende Abwasser und seine Inhaltsstoffe aus. Diese Schubspannung heißt kritische Sohlschubspannung Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten; sie ist die entscheidende Größe für Transportbeginn und Ablagerungsbildung, hängt von hydraulischen Größen (Dichte und Zähigkeit des Wassers) und von kornspezifischen Parametern (Dichte des Korns, Korngröße, Kornform, Sieblinie und Lagerung) ab. Für uniforme gleichförmige und nichtbindige Sedimente wird Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltennoch heute nach SHIELDS (1936) ermittelt. Mit der Sedimentwichte Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, dem Sedimentdurchmesser dS und einem, von der Kornreynoldszahl abhängigen, dimensionslosen Scherparameter Psh, gilt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Heute existieren zahlreiche Berechnungsansätze zur Bestimmung von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenfür nahezu alle Sedimentarten, wie beispielsweise (HAGER/OLIVETO 2001), (NOVAK/NALLURI 1975) oder (BAGNOLD 1966). Nach FRÖHLICH (1985) unterscheiden sich sämtliche Ansätze jedoch bis um das fünffache. Gründe für diese große Streubreite sieht er vor allem in den Eigenschaften der unterschiedlichen Versuchsmaterialien wie Kornform, Oberflächenbeschaffenheit, Kornverteilung, etc. und weniger in den verschiedenen Versuchsanlagen oder Definitionen von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.
Sind die treibenden Kräfte des Abwassers geringer als die rückhaltenden der Sohle, Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenalso kleiner als Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, kommt es zu Ablagerungen im Abwasserstrom. Ist Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenstets größer als Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, werden Ablagerungen sogar von der Kanalsohle gelöst.
In Abwasserströmen ist es notwendig zwischen einer kritischen Sohlschubspannung Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, bei der sich Ablagerungen bilden, und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, bei der sie wieder erodieren, zu unterscheiden. Abhängig von der Verweilzeit und je nach Anteil an feinem anorganischen und kohäsivem organischen Material verpflastern sedimentierte Ablagerungen unterschiedlich stark. Es bildet sich eine Kruste. Großer Konsolidierungsdruck, bedingt durch die Dicke der Ablagerungsschichten, und biochemische Prozesse im Innern wirken zusätzlich unterstützend auf diesen Prozess. Die Krustenbildung erschwert die Abspülung der Sedimente, so dass für den Erosionsprozess erhöhte Sohlschubspannungen Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenerforderlich werden. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenist demnach stets größer als Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Aufgrund fehlender Grundlagenuntersuchungen sind diese Einflüsse noch nicht genügend genau quantifizierbar (WESTRICH 1984).
Zum besseren Verständnis und zur Anwendung in der Praxis, lässt sich die kritische Sohlschubspannung in eine kritische mittlere Strömungsgeschwindigkeit umformulieren. Diese ist jedoch nur als Näherung für den Bewegungsbeginn aufzufassen, da sie den Einfluss der Turbulenz nicht berücksichtigt.
Unter Normalabfluss gilt für die mittlere Strömungsgeschwindigkeit v mit dem Reibungsbeiwert kstr nach Gauckler-Manning-Strickler
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Durch Gleichsetzen der Sohlschubspannungen Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenund Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenunter Berücksichtigung der Strickler-Formel, erhält man die kritische Geschwindigkeit vc, bei der Korndurchmesser kleiner als dS erodieren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Außer vom hydraulischen Radius Rh, ist vc nur noch vom Wichteverhältnis Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenabhängig, da bei der Zunahme der Rauhigkeit das Produkt Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenin etwa konstant bleibt.
2.2.2 Feststofftransportkapazität
Bei der Berechnung des kritischen Transportzustandes berücksichtigen physikalische Modelle zwar die Viskosität des Fluids Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenindirekt über die Kornreynoldszahl, doch ist die effektive Viskosität des Abwassers nicht allein von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, sondern auch von der Feststoffkonzentration CT abhängig. Mit zunehmender Feststoffbeladung und gleichbleibenden Abflussvolumen, nimmt die Transportfähigkeit des Abwasserstromes ab.
MACKE (1982) fand einen einfachen angenäherten Zusammenhang für den gerade noch ablagerungsfreien Feststofftransport in teilgefüllten Rohren. Dieser hängt nur von den Sedimenteigenschaften (Wichte Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenund Sinkgeschwindigkeit wS) und dem Volumenstrom der Feststoffe Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenab.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wird diese Sohlschubspannung eingehalten, ist eine rechnerische Ablagerungsfreiheit für den Bemessungsabfluss in teilgefüllten Rohren gewährleistet.
Was die Transportverhältnisse bei anderen Abflussständen anbelangt, so gibt WESTRICH (1984) an, dass auch Abflüsse für Füllungsgrade zwischen 10% und 100% mit Abweichungen bis 15% ablagerungsfrei abgeführt werden können, vorausgesetzt die Größen CT, wS und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenbleiben konstant.
2.2.3 Quantitative Angaben des kritischen Strömungszustandes
In der Literatur finden sich zahlreiche Angaben, welche die kritische Sohlschubspannung Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenund die kritische Geschwindigkeit vc quantifizieren. Einige davon sind nachfolgend zusammengestellt.
Dem noch folgenden Kapitel "2.3.3 Einteilung der Transportzustände" sei hier vorweggenommen, dass sich der kritische Transportzustand nicht eindeutig festlegen lässt. Zahlenangaben jedoch erlauben dem Ingenieur etwaige Abschätzungen und verdeutlichen die Schwankungsbreite.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.3 Arten des Feststofftransports
Abwasser setzt sich aus verschiedensten Inhaltstoffen zusammen, die auf unterschiedliche Art transportiert werden können. Gelöste Stoffe werden problemlos weitergetragen. Ungelöste Stoffe dagegen werden abhängig von ihren Eigenschaften und den jeweiligen Abflussverhältnissen entweder in Suspension oder als Geschiebe transportiert. Meist liegt jedoch eine Mischung beider Transportarten vor.
Als Suspensa (suspended-load) werden alle Abwasserinhaltstoffe bezeichnet, die bei den vorherrschenden Abflussverhältnissen in Schwebe gehalten werden. Dazu gehören auch die Schwebstoffe (wash-load), welche nur nach unendlich langer Zeit sedimentieren. Die restlichen Feststoffe werden als Geschiebe (bed-load) bezeichnet.
2.3.1 Suspensionstransport
Ein Transport in Suspension kann bei horizontaler Strömung nur erreicht werden, wenn der Gewichtskraftanteil der Sedimentteilchen durch entgegenwirkende Kraftkomponenten des Abwasserstromes aufgehoben wird. Bei diesen Kraftkomponenten handelt es sich im einzelnen um
- die statische Auftriebskraft,
- die dynamische Auftriebskraft infolge des steilen Geschwindigkeitsgradienten in Wandnähe,
- die Magnuskraft, welche durch das Rotieren der Teilchen hervorgerufen wird und
- die Turbulenzkraft infolge von Querschwankungen bei turbulenten Strömungen.
Das Zusammenspiel der Kraftkomponenten und die Wechselwirkungen zwischen den Feststoffteilchen ist zwar noch nicht abschließend geklärt, doch beeinflusst vorrangig die Turbulenzkraft das Ausmaß des Suspensionstransports (FRÖHLICH 1985).
2.3.2 Geschiebetransport
Partikel, die nicht in Suspension transportiert werden, werden als Geschiebe unmittelbar auf der Kanalsohle bewegt. Ihr Transport erfolgt springend, rollend oder rutschend. Die Bewegungsgeschwindigkeit des Geschiebematerials ist deutlich niedriger als beim Suspensionstransport, weswegen auch der Feststofftransportdurchsatz geringer ist.
HAGER (1998) stellte für das Verhältnis von Sohlschubspannungsgeschwindigkeit Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenzu Partikelsinkgeschwindigkeit wS fest,
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
dass nur noch Geschiebetransport stattfindet. In der Vergangenheit stellten zahlreiche Autoren Transportgleichungen für Geschiebe auf. NESTMANN (1998) zitiert hier Du Boys (1879), Shields (1947), Kalinske (1947), Mayer-Peter/Müller (1948) und Einstein/Brown (1959).
2.3.3 Einteilung der Transportzustände
Die Sohlschubspannung Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenbzw. die mittlere Strömungsgeschwindigkeit v und der mittlere Sedimentdurchmesser dS sind zwar die entscheidenden Kenngrößen zur Beschreibung von Transport, Ablagerungen und Erosionen von Feststoffen im Kanal, doch lassen sich die Transportzustände damit nicht quantitativ in Klassen festlegen, sondern nur qualitativ systematisieren, da die Zustandsänderungen kontinuierlich ablaufen. Eine solche qualitative Einteilung wurde vom ASCE TASK COMMITTEE (1975), zitiert bei MACKE (1982), vorgenommen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Übergang von Transportzustand 3 nach Transportzustand 4 wird als kritischer Transportzustand bezeichnet, welcher mit der kritischen Sohlschubspannung Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenbzw. der kritischen Strömungsgeschwindigkeit vc beschrieben wird.
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