Mit der Unterzeichnung der Beitrittsabkommen durch zunächst zehn Länder Mittel- und Osteuropas (MOEL) über die Mitgliedschaft in der Europäischen Union (EU) ist die erste Runde der EU-Osterweiterung am 16. April 2003 politische Realität geworden. Trotz ihrer Symbolwirkung markierten die Vertragsabschlüsse jedoch nur einen vorläufigen Zwischenschritt im Prozess der Integration der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten in die wirtschaftlichen und politischen Strukturen der Union.
Angesichts der enormen finanziellen und rechtlich-institutionellen Herausforderungen, die eine Osterweiterung der EU mit sich bringt, ist die Debatte über ihre künftige Gestaltung vor allem eine Debatte über ihre Finanzierbarkeit – und über die Verteilung der Lasten auf die einzelnen Mitglieder. Gerade mit Blick auf die geplante weitere Ausdehnung des EU-Vertragsgebiets entzündete sich scharfe Kritik an institutionellen Defiziten und wurden Forderungen nach einer umfassenden Reform der redistributiven Gemeinschaftspolitiken laut: Die klassische wirtschaftspolitische Fragestellung "Who gets what and why?" gewinnt an zusätzlicher Bedeutung.
Die Osterweiterung wird sich nicht allein in makroökonomischen Globaldaten niederschlagen. Auch die direkten budgetären Kosten der Beitritte dürften auf einem hohen Niveau verharren oder sogar noch ansteigen. Eine besondere Virulenz erhält die Diskussion über die künftige Finanzierung der EU ferner dadurch, dass die bisherige Förderpraxis nach Ansicht zahlreicher Kritiker auf doktrinären Politikmodellen der Einkommensumverteilung basiert - wodurch Ineffizienzen entstanden sind, denen nur durch eine Reform der redistributiven EU-Politiken beizukommen sein dürfte.
Inwieweit lassen sich die Probleme der Finanzierung der EU-Osterweiterung durch die strukturellen Defizite sowie die ineffiziente Praxis der bisherigen Umverteilungspolitiken zur Heranführung der MOEL begründen? Eine einführende Übersicht über die Finanzierungsgrundlagen der EU stellt die Ausgestaltung ihres Haushalts nach den wichtigsten Ausgaben- und Einnahmekategorien dar. Darauf folgt eine Schilderung der Fiskaltransfers innerhalb der EU und eine kurze Diskussion der Nettozahlerposition. Abschnitt 3 benennt die konkreten finanziellen Herausforderungen, mit denen sich das EU-Finanzsystem durch die Osterweiterung konfrontiert sieht. Abschnitt 4 widmet sich schließlich der Erörterung zentraler Reformvorschläge zur Umgestaltung der EU-Finanzordnung.
Inhalt
Einleitung
2 Zu den Finanzierungsgrundlagen der Europäischen Union
2.1 Der Haushalt der EU
2.2 Ausgabenkategorien
2.2.1 Die Gemeinsame Agrarpolitik
2.2.2 Die Gemeinsame Strukturpolitik
2.2.3 Interne Politikbereiche, externe Politikbereiche und sonstige Ausgaben
2.3 Einnahmekategorien
2.3.1 Traditionelle Eigenmittel
2.3.2 Nicht-traditionelle Eigenmittel
2.4 Fiskaltransfers innerhalb der EU und die Bedeutung der Nettozahlerposition
3 Finanzielle Herausforderungen durch die EU-Osterweiterung
3.1 Die „Agenda 2000“
3.2 Direkte fiskalische Finanzierungsprobleme: Budgetierung, Transfers und Beihilfen
3.2.1 Steigende Beihilfen aus den Agrarfonds
3.2.2 Steigende Beihilfen aus den Strukturfonds
3.3 Indirekte makroökonomische Finanzierungsprobleme: Marktrigiditäten, strukturelle Heterogenität und unsicheres Wachstum
4 Vorschläge zu einer Reform der EU-Finanzordnung
4.1 Kernpunkte der Kritik: Intransparenz und Ineffizienz durch Mehrfach-Budgetierung
4.2 Neujustierung der nationalen Finanzbeiträge
4.3 Der notwendige Abschied vom Dogma „Viel hilft viel“
5 Fazit
Abkürzungen
Literatur
Anhang 1: Das Haushaltsverfahren der EU im Überblick
Anhang 2: Der Finanzrahmen der „Agenda 2000“
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