Ist es möglich, den Begriff Armut zu beschreiben oder umfassend in das System der Deprivation, Integration oder Teilhabe am gesellschaftlichen Leben einzuordnen? Inwieweit hängt die Definition der Armut von gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten oder subjektiven Betrachtungsweisen ab? Kann Armut, die auf verschiedenartige Weise besteht und definiert wird überhaupt gemessen werden und inwiefern tragen Armutsmessung, Indikatorenkonstruktionen und sozialstaatlicher Umgang mit Armut zu ihrer Bekämpfung bzw. Verfestigung bei? Diese Arbeit soll verschiedenste Seiten der Armut als gesellschaftliches Phänomen beleuchten und die Möglichkeit ihrer Wahrnehmung aus differenzierten Sichtweisen deutlich machen. Sie soll Zusammenhänge entdecken, die Armut im sozialpolitischen Kontext aufweist und damit auch problematische Felder der Armutsbehandlung kennzeichnen. Es stehen wissenschaftlich sehr differenzierte Möglichkeiten zur Verfügung, um die Armutsproblematik wahrzunehmen und zu messen. In Abhängigkeit der gesellschaftlichen und politischen Armutswahrnehmung und der damit verbundenen gesellschaftspolitischen Evolution Deutschlands nach dem zweiten Weltkrieg stehen auch Probleme gegensätzlicher, sich verändernder Armutsbilder und die Verdrängung sowie Dramatisierung von Armutslagen. Die Frage nach Sozialstaatlichkeit prägt die politische Debatte seit jeher und hat nicht zuletzt die Frage nach einer selbsterzeugten – quasi hausgemachten - Armutsdimension aufgeworfen. Inwieweit sich Armutswahrnehmung in den letzten Jahren in Deutschland verändert hat, machen Motiv und Reaktionen des Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung deutlich. Zentrale Frage dieser Arbeit soll demnach der Zusammenhang von Armutsauffassung und damit verbundener sozialpolitischer Bedeutsamkeit sein. Fragen der konkreten Armutslagen in Deutschland, die Armut exakt in Zahlen messen und Ursachen erkunden beziehungsweise tatsächliche Lösungsvorschläge fordern, bleiben dabei im Hintergrund.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Armutsdefinitionen – Armut und Ungleichheit
- 2.1. Gesellschaftliche Sicht der Armut
- 2.2. Europäische Armutsdefinitionen
- 2.3. Relative und Absolute Armut
- 2.4. Primäre, Sekundäre und Tertiäre Armut
- 2.5. Bekämpfte und Verdeckte Armut
- 2.6. Zeitliche Dimensionen der Armut
- 2.6.1. Langzeit- und Kurzzeitarmut
- 2.6.2. Chronologische, biographische und Differenzdimension
- 2.7. Marxistische Armutsbestimmungen
- 3. Armutsmessungen und ihre Grenzen
- 3.1. Längs- und Querschnittsbetrachtungen, biographische Studien
- 3.2. Armutsgrenze, Armutsquote, Armutsgrad und Armutslücke
- 3.3. Die Bedarfsgemeinschaft und Äquivalenzskalen
- 3.4. Sozialpolitische Wirkung und Grenzen von Armutsmessungen
- 4. Armutsindikatoren
- 4.1. Volkseinkommen, individuelles Personen- Familien- und Haushaltseinkommen
- 4.2. Sozialhilfebezug
- 4.3. Ausgaben anstatt Einnahmen – Konsumtheorie
- 4.4. Der Lebenslagenansatz
- 4.5. Armut als soziale Behinderung - Das Sen´sche Konzept
- 4.6. Unterversorgungserscheinungen und Ressourcentheorie
- 4.7. Indikator ,,Randgruppe“ und Benachteiligung
- 4.8. Subjektive Unzufriedenheit
- 4.9. Armut als Subkultur und Schichtungstheorien
- 4.10. Das Problemlagenmodell – soziokulturelle Armutsindikatoren
- 5. Gesellschaftliche und Sozialpolitische Stellung der Armut
- 5.1. Armutsbilder im gesellschaftlichen Wandel
- 5.2. Verleugnung und Dramatisierung der Armutslagen in Deutschland
- 5.3. Sozialstaatliche Armutserzeugung
- 5.4. Der Armuts- und Reichtumsbericht - Zeichen veränderten Verständnisses und anderer Armutspolitik
- 6. Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die verschiedenen Dimensionen der Armut und beleuchtet die Problematik ihrer Definition und Messung. Sie untersucht die Beziehung zwischen gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten und der subjektiven Wahrnehmung von Armut. Die Arbeit betrachtet, wie Armutsmessungen, Indikatorenkonstruktionen und sozialstaatliche Maßnahmen zur Bekämpfung bzw. Verfestigung von Armut beitragen.
- Untersuchung verschiedener Armutsdefinitionen und ihre Abhängigkeit von gesellschaftlichen und politischen Kontexten
- Analyse von Armutsmessungen und ihren Grenzen, inklusive Indikatoren und Konzepten
- Bedeutung von Armutsbildern im gesellschaftlichen Wandel und der Verdrängung bzw. Dramatisierung von Armutslagen
- Betrachtung der Rolle des Sozialstaates in der Erzeugung und Bekämpfung von Armut
- Verbindung von Armutsauffassung und sozialpolitischer Bedeutung im Kontext Deutschlands
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in das Thema Armut und stellt die zentralen Fragestellungen der Arbeit vor. In Kapitel 2 werden verschiedene Armutsdefinitionen aus gesellschaftlicher, europäischer und marxistischer Perspektive vorgestellt. Kapitel 3 analysiert Armutsmessungen und ihre Grenzen, wobei Längs- und Querschnittsbetrachtungen, Armutsindikatoren und die Rolle des Sozialstaates beleuchtet werden. Kapitel 4 untersucht verschiedene Armutsindikatoren, inklusive Volkseinkommen, Sozialhilfebezug, Lebenslagenansatz und subjektive Unzufriedenheit. Abschließend betrachtet Kapitel 5 die gesellschaftliche und sozialpolitische Stellung der Armut, inklusive der Veränderung von Armutsbildern in Deutschland und der Rolle des Sozialstaates.
Schlüsselwörter
Armut, Ungleichheit, Armutsdefinitionen, Armutsmessungen, Indikatoren, Sozialpolitik, Sozialstaat, gesellschaftlicher Wandel, Armutsbilder, Deutschland.
- Quote paper
- Anja Hartmann (Author), 2003, Dimensionen der Armut und ihre sozialpolitische Bedeutung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18116