In dieser Arbeit soll die große Dimension von Loyalitätskonflikten im Bereich der Heimerziehung dargelegt werden. Kinder bzw. Jugendliche, die in einem Heim untergebracht werden, leben nach wie vor in zwei verschiedenen Welten, nämlich dem Heim und ihrem Zuhause. Beiden Welten wollen sie sich zugehörig fühlen und stecken in diesem Konflikt häufig fest, da beide Welten irgendwie an ihnen zerren.
Wie kommt es nun dazu, dass Kinder und Jugendliche in einem solchen Zwiespalt gefangen sind? Eine Ursache wird darin liegen, dass Eltern ihre Kinder nicht gerne ins Heim geben, da sie entweder dem Heim gegenüber Vorurteile haben, die es ihnen unmöglich machen, mit dem Heim konstruktiv zusammenzuarbeiten oder sich auf Grund ihres Versagens als Eltern zu sehr schämen und sich deshalb jeglicher Kooperation verweigern. Eine andere Ursache für den Zwiespalt der Kinder und Jugendlichen liegt möglicherweise beim Heim selber, wenn die Heimmitarbeiter nicht mit den Eltern kooperieren. Welche Gründe sind zu finden für das große Unbehagen auf Seite der Eltern, ihr Kind im Heim unterzubringen? Wieso fällt es auf der anderen Seite den Heimmitarbeitern oftmals so schwer, mit den Eltern zusammenzuarbeiten? Welche Bedeutung hat in diesem Kontext der Begriff Loyalität? Wieso wurde und wird der Dimension der Loyalitätskonflikte in der Heimerziehungspraxis so wenig bzw. keine Aufmerksamkeit geschenkt? Liegt evtl. hierin einer der Gründe, warum die Hilfeleistung der Heimerziehung oftmals als unbefriedigend und ineffektiv bezeichnet wird? Gibt es Möglichkeiten, die Heimerziehungsarbeit im Bezug auf Loyalitätskonflikte zu verbessern und wenn ja, wie könnten diese aussehen? Dies sind zum großen Teil die Fragen, die sich in Bezug auf das Thema dieser Arbeit stellen.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- 1. Einleitung
- 2. Heimerziehung - ein lineares Modell
- 2.1 Geschichte der Heimerziehung
- 2.1.1 Fürsorge im ausgehenden Mittelalter (bis etwa 1500)
- 2.1.2 Armenpolitik und Kinderfürsorge zu Beginn der Neuzeit (etwa 1500 - 1650)
- 2.1.3 Kommunale und private Kinderfürsorge unter dem Einfluss von Pietismus und Aufklärung (etwa 1650-1820)
- 2.1.4 Rückzug des Staates und das Aufkommen der Rettungshausbewegung (etwa 1820-1870)
- 2.1.5 Koalitionsbildungen und das Wiedererstarken der öffentlichen Fürsorge (etwa 1870 – 1915)
- 2.1.6 Die Einführung des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes und die Entwicklungen während der Weimarer Republik (1915 - 1930)
- 2.1.7 Die Fürsorgeerziehung zur Zeit des Nationalsozialismus (etwa 1933 - 1945)
- 2.1.8 Die Heimsituation im Nachkriegsdeutschland (etwa 1945-1967)
- 2.1.9 Protestbewegungen – Heimkampagne und 4. Jugendhilfetag – und die Entwicklungen bis zur Einführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (etwa 1968-1991)
- 2.1.10 Der neue gesetzliche Rahmen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (ab 1991)
- 2.1.11 Zwischenfazit über die Geschichte der Heimerziehung
- 2.3. Heimerziehung heute
- 3.1 Rechtliche Grundlagen der Heimerziehung seit 1991
- 3.2 Gründe für eine Unterbringung im Heim
- 4. Loyalitätskonflikte
- 4.1 Bindung - Definition und Funktion
- 4.2 Entstehung von Loyalitäten innerhalb des Systems Familie
- 4.3 Konflikte
- 4.4 Definition von Loyalitätskonflikten
- 4.5 Problemkonstellationen bei einer Heimunterbringung
- 4.5.1 Probleme bei einer Heimunterbringung auf der Ebene des Kindes bzw. Jugendlichen
- 4.5.2 Probleme bei einer Heimunterbringung auf der Elternebene
- 4.5.3 Probleme bei einer Heimunterbringung auf der Ebene der Heimmitarbeiter
- 4.6 Loyalitätskonflikte im Feld der Heimerziehung
- 4.6.1 Loyalitätskonflikte der Kinder bzw. Jugendlichen
- 4.6.2 Loyalitätskonflikte der Eltern
- 4.6.3 Loyalitätskonflikte der Erzieher / Sozialpädagogen im Heim
- 5. Systemische Ansätze als Chance in der Heimerziehung
- 5.1 Hintergrund und Grundzüge systemischer Sichtweisen
- 5.2 Der systemisch – lösungsorientierte Ansatz
- 5.2.1 Probleme sind Lösungen
- 5.2.2 Wertschätzung
- 5.2.3 Reframing
- 5.2.4 Elternarbeit
- 5.3 Bewertung des systemisch – lösungsorientierten Ansatzes
- 6. Fazit
- Historische Entwicklung der Heimerziehung
- Rechtliche Rahmenbedingungen der Heimerziehung
- Definition und Analyse von Loyalitätskonflikten in der Heimerziehung
- Systemische Ansätze als Lösungsstrategie für Loyalitätskonflikte
- Bewertung des systemisch-lösungsorientierten Ansatzes in der Heimerziehung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit „Loyalitätskonflikte in der Heimerziehung – systemische Ansätze als Chance“ untersucht die Entstehung und Bewältigung von Loyalitätskonflikten im Kontext der Heimerziehung. Der Fokus liegt dabei auf der systemischen Sichtweise als Lösungsansatz in diesem Bereich.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Motivation und den Hintergrund des Themas sowie die Relevanz der Thematik beleuchtet. Anschließend wird in Kapitel 2 die Geschichte der Heimerziehung von ihren Anfängen bis zur Gegenwart umfassend dargestellt, wobei die Veränderungen in den rechtlichen Rahmenbedingungen und den gesellschaftlichen Ansätzen zur Kinderfürsorge beleuchtet werden.
Kapitel 3 befasst sich mit der aktuellen Situation der Heimerziehung. Dabei werden die rechtlichen Grundlagen der Heimerziehung seit 1991, die Gründe für eine Unterbringung im Heim sowie die Bedeutung des Kindeswohls und der Rechte des Kindes erörtert.
Kapitel 4 beschäftigt sich mit dem Kern der Arbeit: Loyalitätskonflikten in der Heimerziehung. Es werden zunächst die Begriffe Bindung und Loyalität sowie deren Entstehung und Funktionen im Familiensystem erörtert. Anschließend wird der Begriff „Loyalitätskonflikt“ definiert und die Problemkonstellationen im Kontext der Heimunterbringung untersucht.
Kapitel 5 analysiert systemische Ansätze als Chance in der Heimerziehung. Dabei werden die Grundzüge und die wichtigsten Prinzipien der systemischen Sichtweise vorgestellt, wie beispielsweise die Relevanz des Kontextes, das Verständnis von Problemen als Lösungen und die Bedeutung von Wertschätzung und Reframing.
Schlüsselwörter
Die zentralen Begriffe und Konzepte dieser Arbeit sind Loyalitätskonflikte, Heimerziehung, systemische Ansätze, Bindung, Familie, Kinderschutz, Kindeswohl, Rechtliche Rahmenbedingungen, Geschichte der Heimerziehung, Interventionen, Lösungen, Kontext, Reframing, Wertschätzung und Empowerment.
- Quote paper
- Sebastian Möller (Author), 2003, Loyalitätskonflikte in der Heimerziehung. Systemische Ansätze als Chance, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18064