Das Leben ist ein Prozess der Entwicklung und damit der Veränderung. Das, was uns vertraut ist, vermittelt und ein Gefühl der Sicherheit. Veränderung ist mit Unsicherheit, Unsicherheit ist mit Angst verbunden. Das, was mit Angst verbunden ist versuchen wir zu meiden oder abzuwehren. Konflikte bedeuten Veränderung, denn das innere Bild von uns und der Welt stimmt nicht mit der wahrgenommenen Welt überein. Es besteht ein Widerspruch. Um uns zu entwickeln und um in Wohlbefinden zu überleben, müssen wir die Harmonie wieder herstellen. Systeme entwickeln sich eigendynamisch durch Rückkopplung. Der Mensch, das menschliche Gehirn entwickelt sich durch den Austausch mit seiner Umwelt über seine Sinne. Hierzu erstellt er ein inneres Bild darüber, wie er und die Welt sein sollte und dieses wird ständig abgeglichen. Ein Widerspruch stellt zunächst eine Bedrohung des Selbstbildes dar. [...]
Das Leben ist ein Prozess der Entwicklung und damit der Veränderung. Das, was uns vertraut ist, vermittelt und ein Gefühl der Sicherheit. Veränderung ist mit Unsicherheit, Unsicherheit ist mit Angst verbunden. Das, was mit Angst verbunden ist versuchen wir zu meiden oder abzuwehren. Konflikte bedeuten Veränderung, denn das innere Bild von uns und der Welt stimmt nicht mit der wahrgenommenen Welt überein. Es besteht ein Widerspruch. Um uns zu entwickeln und um in Wohlbefinden zu überleben, müssen wir die Harmonie wieder herstellen. Systeme entwickeln sich eigendynamisch durch Rückkopplung. Der Mensch, das menschliche Gehirn entwickelt sich durch den Austausch mit seiner Umwelt über seine Sinne. Hierzu erstellt er ein inneres Bild darüber, wie er und die Welt sein sollte und dieses wird ständig abgeglichen. Ein Widerspruch stellt zunächst eine Bedrohung des Selbstbildes dar.
Um zu überleben ist es besonders wichtig alles als Bedrohung abzuspeichern, was uns in der Vergangenheit gefährdet hat. Damit unsere Sinne derartige Situationen wahrnehmen, bevor wir verletzt werden, wird der Kontext hierzu abgespeichert und mit der Reaktion verknüpft, welche damals hilfreich war, um künftig automatisch sofort reagieren zu können. Dies nennt man Furchtkonditionierung und diese entsteht und funktioniert unbewusst. Nehmen nun unsere Sinnesorgane etwas wahr, was an eine bedrohliche vergangene Situation erinnert, so entsteht die Emotion Furcht. Ein beobachtetes Verhalten, ein Geräusch, ein bestimmter Geruch, ein bestimmtes Bild, eine bestimmte Körperhaltung, die Art und Weise, wie etwas ausgedrückt wird, jede Komponente eines ehemals gefährlichen Kontextes kann „wiedererkannt“ werden. Über die Amygdala, der unbewussten Emotionszentrale im Gehirn, wird sofort automatisch die Notfallreaktionen über den Körper ausgelöst. Erst wenn die Körperreaktion über das Gehirn zurückgemeldet wird, wird das Gefühl der Angst wahrgenommen. Dieses Gefühl der Angst aktiviert nun alle abgespeicherten Erinnerungen aus der Vergangenheit, die einem ähnlichen Kontext entsprechen, um dem Gehirn das ganze angesammelte Wissen zur Verfügung zu stellen. Jedoch treiben sich die Gefühle und die Gedanken gegenseitig an. Desto bedrohlicher die Bewertung der Situation, desto größer die Gefahr, desto mehr verliert das logische Denken die Möglichkeit, als Berater auf das zur Verfügung gestellte Wissen zuzugreifen und in die automatische Reaktionen bewusst einzugreifen. Wenn es um das Überleben geht, dann bleiben nicht die Zeit und die Energie für kreatives Denken.
Wurde gelernt, dass Wut/Aggression ein gutes Verteidigungsmittel ist, so überlagert die Wut die Angst. Früher konnte der Mensch alleine nicht überleben. Für ihn waren funktionierende Beziehungen zu anderen Menschen überlebenswichtig. Aus diesem Grunde fühlen sich soziale Konflikte so bedrohlich an. Das menschliche Gehirn unterscheidet nicht zwischen körperlichen Schmerz und emotionalen Schmerz. Da für den Menschen Zugehörigkeit und Akzeptanz lebensnotwendig ist, wird Demütigung, Ausgrenzung, Verweigerung des persönlichen Respekts, soziale Zurückweisung wie körperlicher Schmerz erlebt. Die „Schmerzgrenze“ eines jeden Menschen ist individuell verschieden, je nach traumatischer biografischer Erfahrung, Sie löst bei Verletzung Wut/Aggession aus. Diese Wut/Aggression soll zum einen signalisieren, dass derjenige nicht bereit ist, den ihm zugefügten Schmerz zu akzeptieren und zum anderen die notwendige Handlungsenergie zur Verfügung stellen, um für sich einzutreten. Kann sich die Aggression nicht konstruktiv verbal ausdrücken, kommt es zur körperlichen Gewalt.
Willkürlich zugeführter Schmerz (Ausgrenzung, Unfairness, Demütigung) ist der Auslöser für Wut/Aggession. Zunächst wird über das Angstzentrum, die Amygdala, die Stressreaktion ausgelöst, die den Menschen in Bereitschaft versetzt. Bei Überschreiten der „Schmerzgrenze“ wird die Insula (die Ekelzentren) sowie der präfrontale Cortex informiert, der die abgespeicherten Information zu den Folgen eines möglichen Verhaltens abwägt (wie fühlt sich unser Verhalten aus der Sicht des anderen an?) Da für unser Überleben die Gemeinschaft, eine gute Beziehung, lebenswichtig ist, ist dieses Abwägen unseres Verhaltens die einzige Möglichkeit, um die Wut zu bändigen. Die Ausprägung unserer abgespeicherten Informationen ist entscheidend von unserer Erziehung abhängig. Haben wir gelernt, die Wut zu unterdrücken, statt zu transformieren, so wird sie sich zeitlich und/oder kontextabhängig verschieben. Dies bedeutet, dass entweder bei einer ähnlichen Situation zu einem anderen Zeitpunkt, diese Wut hinzukommt oder dass zu einem anderen Zeitpunkt und in einer anderen Situation die Wut „rausgelassen“ wird. Denjenigen, der die Wut abbekommt, trifft es dann unvermutet. Da zum einen ca. bis zu 80 % der Einstellungen bis zum 5ten Lebensjahr geprägt werden und bis zu 95 % der Informationen unbewusst aufgenommen werden, ist uns das, was unsere Gefühle, Denken und unser Handeln dem Grund nach bestimmen nicht bewusst direkt zugänglich. So interpretiert und legitimiert unser bewusstes Denken die eigenen unbewussten Reaktionen, auch wenn es die eigentlichen Gründe nicht kennt. Wir finden eine „logische“ Erklärung und Rechtfertigung für unser Handeln, indem wir das Handeln des anderen entsprechend interpretieren und gegenläufiges Wissen ignorieren, um vor uns selbst zu bestehen, unser Selbstbild zu schützen. Aus diesem Grunde ist es so wichtig, einen Schritt zurückzutreten, den automatischen Teufelskreis der Emotionen, Gefühle, Gedanken, Reaktionen zu unterbrechen, um eine bewusste Entscheidung treffen zu können, wie wir aktuell in dieser Situation bewusst handeln wollen.
Die Furchtkonditionierung aktiviert automatisch das Angst- und Stresssystem und lässt uns entsprechend reagieren. Nur eines kann die Fuchtkonditionierung nicht: Erkennen, dass heute der Kontext ein anderer ist, als damals. Damals, als wir hilflos und ohnmächtig und verzweifelt waren. Als unsere Wünsche und Hoffnungen keine Berücksichtigung fanden. Als wir noch so mutig sein konnten, uns jedoch in unserer Abhängigkeit keine Wahl blieb. Damals wurden wir von unserer Umwelt geprägt und wir haben gelernt, vorrangig das wahrzunehmen, was uns erfahrungsgemäß gefährlich werden könnte, noch bevor es uns nochmals so verletzten kann.
Entscheidend ist nicht, was der Sender gesagt hat, entscheidend ist, was bei dem Empfänger ausgelöst wird. Unser unbewusstes, emotionales Gehirn nimmt alle Signale aus der Umwelt wahr, welche an gefährliche Situationen erinnern, um rechtzeitig in Deckung zu gehen, zu fliehen, sich zu verteidigen. Oftmals hat jedoch das, was der Sender kommunizieren wollte, nichts mit dem zu tun, was der Empfänger verstanden hat. Eine Beziehung entsteht nicht darüber, indem wir einander erklären, was ein Tisch und was ein Stuhl ist, sondern darüber indem wir versuchen, den anderen Einblick in unsere Welt, in unser so-geworden-Sein und daher so-zu-empfinden zu geben. Dafür gibt es keine passenden Worte. Deshalb versuchen wir mit Metaphern und mit Bildern unser Selbst sichtbar zu machen. Denn unser emotionales Gehirn, in dem das Sprachzentrum nicht vorhanden ist und das sich entwickelte, lange bevor sich die Sprache entwickelte, kann man mit bedeutungsleeren Worten nicht erreichen. Die Bedeutung des Wortes gibt der Empfänger. Daher muss der Sender seine Bedeutung mitgeben, indem er für den Empfänger verbal und nonverbal Bilder malt, um den eigentlichen Inhalt zu vermitteln. Diese Bilder werden dann von dem Empfänger aufgrund seines eigenen Erlebens nachempfunden. Erleben können wir über unsere Gefühle, die sich in der nonverbalen Kommunikation: Mimik, Gestik, Tonlage, der Stimme, dem Raumverhalten etc. ausdrücken. All das, wird zwischen den Worten, zusammen mit den Worten und ohne Worte transportiert und auch unbewusst von dem Empfänger in seinem emotionalen Gehirn entschlüsselt. Der Inhalt der nonverbalen Kommunikation zählt fünf Mal soviel wie der Inhalt der verbalen Kommunikation. Stimmen die beiden nicht überein, wirken wir nicht glaubwürdig, nicht vertrauenswürdig, sind Konflikte vorprogrammiert.
Wir können uns noch so oft sagen, das es keinen Grund gibt, Angst zu haben, sich aufzuregen. Dies mag logisch noch so gut begründet sein – ändert aber nichts an unseren Gefühlen. Wir unterscheiden uns darin, wie wir was erleben, aufgrund unserer individuellen Lebensgeschichte. Wir können den anderen nicht wirklich verstehen, da keiner identisch das erlebt hat, was der andere erlebt hat. Wir können nur versuchen, das nachzuempfinden, was der andere erlebt hat, nachempfinden, wie er sich fühlt, um mit ihn in Beziehung zu treten, ihn besser zu verstehen. Doch je weiter die beiden Lebensgeschichten auseinanderliegen, desto weniger ist es uns möglich. Wir können nichts nachempfinden, was wir selbst noch nie empfunden haben. Wir könnten jedoch akzeptieren, dass der andere seine guten Gründe haben wird. Eigentlich können wir den anderen nicht für sein Verhalten verurteilen. Und trotzdem tun wir es, auch wenn die Wahrscheinlichkeit ziemlich groß sein dürfte, dass wir uns an seiner Stelle, mit seiner Lebensgeschichte, ebenso verhalten würden. Selbstvorwürfe und Schuldzuweisungen waren noch nie besonders hilfreich, jedoch bewahren sie davor, etwas zu verändern. Wir können das Verhalten des anderen nicht direkt verändern. Wir können aber Einfluss nehmen auf die Beziehung, denn diese wird von uns beiden bestimmt. Die Quantentheorie betont den dynamischen Zusammenhang aller Dinge, dass durch die Beziehung alles miteinander verbunden ist und damit alles einander beeinflusst. Verändern wir uns, hat dies Auswirkungen auf die Beziehung und damit auf unsere Umwelt, ebenso wie umgekehrt. Doch dazu müssten wir die Beziehung zu uns selbst und zu den anderen bewusst wahrnehmen, statt automatisch unbewusst zu reagieren und dem Gefühls- und Gedankenchaos freien Lauf zu lassen, wenn es um Konflikte geht.
Die Bewertung, ob ein Widerspruch für uns ein Konflikt ist, geschieht durch unsere Emotionen. Ebenso, wie unsere Emotionen unsere Aufmerksamkeit auf das fokussieren, was für uns ein Konflikt ist, so dass wir nicht mehr den Menschen sehen, sondern nur sein Verhalten, das wir bereits aufgrund unserer persönlichen Erfahrung bewertet haben. Da aufgrund der Gefühle alle ähnlich abgespeicherten Situationen aktiviert werden, wird nun mit dem ganzen Handlungsrepertoire unserer Vergangenheit reagiert – was nicht unbedingt wirklich etwas mit dem tatsächlichen heutigen Geschehen zu tun haben muss. So kommt es zu unangemessenen Reaktionen, zu „Missverständnissen“. Da unsere Emotionen über den Körper unbewusst entstehen und unbewusst von dem anderen, von seinem emotionalen Gehirn, wahrgenommen und wiederum aufgrund der eigenen Erfahrungen interpretiert werden, reagiert er entsprechend. Das alles läuft unbewusst. Konflikte haben nichts mit einer Sache zu tun – wenn es so wäre, wäre dies schnell geklärt und es käme gar nicht zu einem Konflikt. Konflikte entstehen auf der Beziehungsebene und können daher nur über die Beziehungsebene angegangen werden. Dass wir die Welt aufgrund unserer individuellen Lebensgeschichte wahrnehmen, daran könnten wir nichts ändern. Dass wir unsere Wahrnehmung und Bewertung der Dinge und Situationen in der Gegenwart verändern und von unserer Vergangenheit unterscheiden, daran können wir sehr wohl arbeiten. Da wir über unsere Emotionen wahrnehmen und bewerten, müssen wir unsere Emotionen zu Dingen und Situationen verändern, um unsere Wahrnehmung und Bewertung und damit unsere Beziehung zu verändern.
Konflikte werden also als Bedrohung wahrgenommen und eine Veränderung löst ebenfalls Angst aus, da wir uns von unserer alten vertrauten Einstellung trennen müssen. Wir müssen unsere Wahrnehmung und Bewertung der Dinge erweitern, damit das neue „innere Bild“ beide Realitäten einschließen kann. Die alte Wahrnehmung und Beurteilung weicht einer neuen weiteren Wahrnehmung, die die alte mit einschließt.
Als erstes müssen wir die Angst akzeptieren. Sie ist ein Bestandteil unseres Lebens. Gleichzeitig ist auch die Veränderung, die Entwicklung ein Bestandteil des Lebens, denn Stillstand bedeutet den Tod. Nur was sich verändert, lebt. Leben bedeutet Entwicklung, Entwicklung bedeutet Veränderung. Leben ist Veränderung. Wenn wir die Angst akzeptieren, dann kann auch der Teil gesehen werden, der eine Veränderung möchte. Es kann das Bedürfnis gesehen werden, das hinter der Angst steht, die eigenen Wünsche. Sich selbst anzunehmen ist die Voraussetzung einer Veränderung. Einfach nur zu sehen, zu hören, zu fühlen was ist. Damit fängt man bei sich selbst an, indem man in sich selbst hineinhört. Um eine bewusste Veränderung zu schaffen, um bewusst handeln zu können, statt sich in einem Konflikt seinen Gefühlen und deren unbewussten „Überlebensreaktionen“ zu überlassen, muss man sich erst bewusst selbst wahrnehmen. Wahrnehmen mit allen Sinnen. Unsere Wünsche und Bedürfnisse wahrnehmen. Es geht nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum zu sehen, zu hören, zu fühlen und zu denken, was man wirklich will. Wohlbefinden hat nichts mit Akzeptieren von wahrgenommenen Differenzen zu tun, sondern damit, dass man mit sich selbst und mit seiner Umwelt in Harmonie leben möchte. Dazu muss man sich mit sich selbst verbunden fühlen. Zuvor muss man bei einem Konflikt zunächst Kontakt zu sich selbst aufnehmen, um festzustellen, was man braucht, um eine Veränderung zuzulassen.
Man muss wissen, wo man sich befindet, bevor man herausfinden kann, wohin man gehen will. Viele können sagen, was sie nicht wollen. Das scheint nicht die Schwierigkeit zu sein. Das ist aber nicht entscheidend. In einem Konflikt muss man wissen, was man stattdessen will, man muss wissen, wo man hinwill, um etwas anzustreben. Und man muss wissen, weshalb man etwas möchte, um es nachvollziehen zu können und für den anderen nachvollziehbar zu machen. Sonst ist es schwer zu vermitteln und dafür einzustehen.
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- Quote paper
- Andrea Keisel (Author), 2011, Konflikte entstehen über die Wahrnehmung und Bewertung., Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/180213
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