Es geht in dieser Arbeit um die Konstruktion ‚jüdischer Kultur‘ in Deutschland nach 1989. Der Fokus liegt dabei auf den letzten 20 Jahren, weil seit dem Ende des Kalten Krieges, der Wiedervereinigung Deutschlands und der Öffnung des ‚Eisernen Vorhangs‘ die Zahl der in der BRD lebenden Juden durch die Einwanderung osteuropäischer Juden enorm gestiegen ist. Dieser demographische Wandel ging (und geht) auf der einen Seite einher mit Tendenzen, die öffentliche Rolle der Juden neu zu bestimmen. Auf der anderen Seite spielen aber auch innerjüdische Identitätskonflikte eine Rolle. Parallel dazu ist das Interesse an jüdischen Themen in zahlreichen europäischen Ländern gewachsen; die Rede ist von einem „Wiedererstehen jüdischer Kultur“, gerade auch in Deutschland. Ausgehend davon soll untersucht welchen, welche Vorstellungen von ‚jüdischer Kultur‘ in diesem Kontext (re-)produziert werden, und weitergehend, welche Motive und Implikationen dem zugrunde liegen. Dabei soll einerseits die historische Eingebundenheit bestimmter Stereotype und die Kontinuität tradierter Vorstellungen aufgezeigt werden. Andererseits soll in einem Ausblick der Konstruktionscharakter gegenwärtiger ‚jüdischer Kultur‘ untersucht werden hinsichtlich der Chancen, die er möglicherweise für einen erweiterten Kultur- und Identitätsbegriff bietet. Der Fokus dieser Arbeit liegt dabei vornehmlich auf der ‚Außenperspektive‘, in dem Bewusstsein, dass Juden so einmal mehr aus einem nicht-jüdischen Blickwinkel gesehen werden. Dies erscheint aber nötig, da es um die konstruierte Fremdheit jüdischer Kultur geht, die ihren Ausgangspunkt eben primär in einer nicht-jüdischen Wahrnehmung hat. Anschließend an die Forderung der Fremdheitsforschung, den Aufbau von Stereotypen und Vorurteilen zu untersuchen, soll also jüdische Kultur als Objekt einer exotisierenden und folklorisierenden Fremdwahrnehmung untersucht und der Frage nachgegangen werden, welche kulturellen Stereotype in der medialen Darstellung kursieren. Dies geschieht am Beispiel der medialen Rezeption der Jüdischen Kulturtage in Berlin. Diese sind deshalb besonders relevant, weil hier die Selbstrepräsentation der Jüdischen Gemeinde auf die gesellschaftlichen Erwartungen und Vorstellungen von ‚jüdischer Kultur‘ treffen, so dass von einer wechselseitigen Beeinflussung ausgegangen werden kann.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Begriff der Fremdheit – eine theoretische Annäherung
2.1 Der historisch-gesellschaftliche Kontext der Fremdwahrnehmung der Juden
2.2 Die ‚deutsch-jüdische Symbiose‘
2.3 Die Wahrnehmung der Juden als Fremde in der BRD nach der Shoah
2.3.1 Das ‚Sichtbar-Werden‘ der Juden in Deutschland
3. Bestimmungsversuche jüdischer Identität und Kultur
3.1 Diskurse über ‚jüdische Kultur‘ als Mittel des Fremdmachens
3.1.2 Die Jüdischen Kulturtage in Berlin als Teil des exotisierenden und folklorisierenden Diskurses
3.2 Der Jüdische Raum als Projektionsfläche für Fremdheit und Identität
3.2.1 Exkurs: Das ‚Scheunenviertel‘ als Jüdischer Raum
4. Das Phänomen der virtuellen jüdischen Kultur
4.1 Probleme und Implikationen einer virtuellen jüdischen Kultur
4.2 Virtuelle jüdische Kultur als Spielfeld neuer Kultur- und Identitätsentwürfe
5. Schlussbemerkungen
6. Literaturliste
1. Einleitung
„Auf eine Kurzformel gebracht, ist gegenwärtige jüdische Kultur in Deutschland die Präsentation dessen, was sich ein nichtjüdisches Publikum unter jüdischer Kultur vorstellt oder vorstellen soll.“[1]
Diese kritische Einschätzung Salomon Korns umreißt mehrere der für diese Arbeit zentralen Themen. Zum einen erscheint jüdische Kultur als etwas Konstruiertes, und zwar als etwas, das bewusst und zu einem bestimmten Zweck in Szene gesetzt wird. Zum anderen wird hier das problematische Verhältnis zwischen Fremd- und Selbstwahrnehmung deutlich, in welchem augenscheinlich die Deutungshoheit über das, was unter ‚jüdischer Kultur‘ zu verstehen sei, von nicht-jüdischer Seite ausgeht. An diese Beschreibung aktueller Zustände lassen sich noch weitere Fragen knüpfen. Inwieweit steht die gegenwärtige jüdische Kultur in Deutschland in einer Kontinuität mit einer Prä-Holocaust-Kultur? Was ist hier mit dem Begriff Kultur gemeint und mit welchen Inhalten wird er verbunden? Wie ist das gegenwärtige Verhältnis zwischen Juden und Nicht-Juden in Deutschland, und welche Rolle spielt die Shoah in der aktuellen Wahrnehmung jüdischer Kultur?
Diese Arbeit beschäftigt sich – mittelbar wie unmittelbar – mit Themen, welche mit einer immensen Begriffs- und Theoriegeschichte befrachtetet und gleichzeitig schwer zu fassen sind. ‚Kultur‘, ‚Identität‘ und ‚Fremdheit‘ sind Konzepte mit einem weiten menschheitsgeschichtlichen Horizont und haben im Laufe der Wissenschaftsgeschichte unzählige Begriffsbestimmungen erfahren. Auch für die Religionswissenschaft sind diese von großer Relevanz. So spielen etwa unterschiedliche Konzepte von Kultur seit der Gründung des Faches eine zentrale Rolle, gerade auch im Hinblick auf die Stellung der Religion in diesen theoretischen Konstrukten. Nach Clifford Geertz bedarf Kultur – oder besser: Kultur en, als „ineinandergreifende Systeme auslegbarer Zeichen“[2] – der Deutung. Fremde Kulturen können dementsprechend durch die Beobachtung und Interpretation ihrer kulturellen Praktiken verständlich gemacht werden. Eine Auseinandersetzung mit Fremdheit, sei es in Form von konkreten fremden Religionen und Kulturen, sei es auf einer philosophischen Ebene als Grundbedingung menschlichen Lebens, ist dabei nicht nur in der religionswissenschaftlichen Forschung von zentraler Bedeutung. Im Zeitalter der Globalisierung, charakterisiert durch internationale Migration und die globale Zirkulation von Zeichen, Waren und Informationen[3], werden die Grenzen zwischen Kulturen, Völkern und Staaten immer brüchiger. Damit kommen Fragen auf nach der eigenen Identität, der eigenen Kultur in Abgrenzung von Anderen und nach dem Umgang mit Fremdheit, sei es in Form von fremden Menschen oder fremden Traditionen und Lebensweisen.
Im Rahmen einer „interkulturellen Religionswissenschaft“[4] wird daran anschließend eine Entkolonialisierung geisteswissenschaftlicher Begriffe[5], wie etwa ‚Fremdheit‘ oder ‚Kultur‘, gefordert. Das bedeutet, dass die statischen, ethnozentrischen und homogenen Kultur-Begriffe, welche das Fach lange geprägt haben, verabschiedet werden sollen zugunsten eines offeneren, Differenzen und Brüche anerkennenden Verständnisses von Kultur.
Dies ist auch die Ausgangslage für einige Arbeiten, die sich mit der Frage nach jüdischer Identität im zeitgenössischen Europa auseinandersetzen. Dabei steht ein Phänomen im Mittelpunkt, nämlich die sogenannte „Renaissance jüdischer Kultur in Deutschland“[6]. Wissenschaftler wie Diana Pinto, Ruth Ellen Gruber, Y. Michal Bodemann oder Jeffrey M. Peck haben sich diesem Thema unter verschiedenen Gesichtspunkten genähert. Im Anschluss an diese Forschungspositionen soll es in dieser Arbeit um die Konstruktion ‚jüdischer Kultur‘ in Deutschland nach 1989 gehen. Der Fokus liegt dabei auf den letzten zwanzig Jahren, weil seit dem Ende des Kalten Krieges, der Wiedervereinigung Deutschlands und der Öffnung des ‚Eisernen Vorhangs‘ die Zahl der in der BRD lebenden Juden durch die Einwanderung osteuropäischer Juden enorm gestiegen ist. Dieser demographische Wandel ging (und geht) auf der einen Seite einher mit Tendenzen, die öffentliche Rolle der Juden neu zu bestimmen. Auf der anderen Seite spielen aber auch innerjüdische Identitätskonflikte eine Rolle. Parallel dazu ist das Interesse an jüdischen Themen in zahlreichen europäischen Ländern gewachsen; die Rede ist von einem „Wiedererstehen jüdischer Kultur“, gerade auch in Deutschland.[7] Gleichzeitig bedeutete das Jahr 1989 für viele nicht-jüdische Deutsche aber auch einen Neubeginn, das Bedürfnis, einen Schlussstrich unter die (nationalsozialistische) Vergangenheit zu ziehen und infolgedessen die Suche nach einer neuen (nationalen) Identität.
Ausgehend davon soll untersucht welchen, welche Vorstellungen von ‚jüdischer Kultur‘ in diesem Kontext (re-)produziert werden, und weitergehend, welche Motive und Implikationen dem zugrunde liegen. Dabei soll einerseits die historische Eingebundenheit bestimmter Stereotype und die Kontinuität tradierter Vorstellungen aufgezeigt werden. Andererseits soll in einem Ausblick der Konstruktionscharakter gegenwärtiger ‚jüdischer Kultur‘ untersucht werden hinsichtlich der Chancen, die er möglicherweise für einen erweiterten Kultur- und Identitätsbegriff bietet. Der Fokus dieser Arbeit liegt dabei vornehmlich auf der ‚Außenperspektive‘, in dem Bewusstsein, dass Juden so einmal mehr aus einem nicht-jüdischen Blickwinkel gesehen und innerhalb eines deutschen Kontextes platziert werden.[8] Dies erscheint aber nötig, da es um die konstruierte Fremdheit jüdischer Kultur geht, die ihren Ausgangspunkt eben primär in einer nicht-jüdischen Wahrnehmung hat. Anschließend an die Forderung der Fremdheitsforschung, den Aufbau von Stereotypen und Vorurteilen und darüber hinaus auch „ihrer Funktions- und Wirkungsweisen bei der Konstitution kultureller Fremdheit und – im dialektischen Zusammenhang – der jeweiligen Eigenheit“[9] zu untersuchen, soll also jüdische Kultur als Objekt einer exotisierenden und folklorisierenden Fremdwahrnehmung betrachtet werden.
Es muss jedoch deutlich gemacht werden, dass diese Arbeit nur eine von vielen möglichen Sichtweisen auf das Verhältnis und die Wahrnehmung von Juden und Nicht-Juden in Deutschland beschreibt. Der gesellschaftliche Diskurs über ‚jüdische Kultur‘ stellt also nur eine, und bei Weitem nicht die dominante, unter den zahlreichen Perspektiven auf Juden in Deutschland dar. Neben einem verbreiteten Desinteresse in großen Teilen der Bevölkerung an den aktuellen Lebensumständen der Juden wie auch an den traditionellen Aspekten, den religiösen Hintergründen und der Geschichte des Judentums, gibt es immer noch eine relativ konstante Zahl antisemitisch eingestellter Menschen. Meinungsumfragen enthüllen die Hartnäckigkeit und Langlebigkeit mancher Vorurteile und ihre Verwurzelung in Teilen der Gesellschaft. Allerdings lässt sich fragen, warum jüdische Themen überhaupt eine Rolle im öffentlichen Diskurs, und damit im Bewusstsein der Menschen, spielen. Angesichts der geringen Zahl der Juden in Deutschland könnte die vorherrschende Gleichgültigkeit der Bevölkerungsmehrheit nicht weiter verwundern. Gründe für dieses Desinteresse bzw. die weiterbestehenden Vorurteile, aber auch für die Virulenz jüdischer Themen in der Öffentlichkeit sind vor allem in der nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands zu suchen. Die Shoah spielt nach wie vor eine zentrale Rolle im öffentlichen Leben, und somit auch im Umgang und in der gegenseitigen Wahrnehmung von Juden und Nicht-Juden.
In dieser Arbeit soll von einem konstruktivistischen und diskurstheoretischen Ansatz ausgegangen werden Wenn hier von dem Konstruktionscharakter von Kultur und Identität gesprochen wird, so nicht, um den Gegensatz zu einer ‚echten‘ oder authentischen Kultur oder Identität hervorzuheben, sondern in dem Sinne, dass soziale Realitäten immer konstruiert sind. Dadurch soll der Blick auf den Prozess gelenkt werden, in dem durch das Wechselspiel von Selbstdeutung und Fremdzuschreibung Vorstellungen zu Wirklichkeit werden können. Der Konstruktionscharakter sozialer und kultureller Gegebenheiten – also auch Vorstellungen von Dingen wie ‚Gesellschaft‘, ‚Kollektiv‘ und ‚Kultur‘ – soll dabei deutlich machen, dass es sich bei letzteren nicht um statische und naturwüchsig gegebene Erscheinungen handelt, sondern um „Konstruktionsprozesse [], die in einem Machtfeld in einem historischen Kontext zwischen unterschiedlichen Akteuren ausgehandelt werden.“[10] Die zeitliche Gebundenheit bzw. Veränderbarkeit ist ein weiteres Merkmal sozialer Konstruktionen. Der Begriff ‚sozial‘ verweist dabei auf die Tatsache, dass solche Gegebenheiten von Menschen, von Individuen wie Gruppen, diskursiv erzeugt werden. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass Menschen alle Wirklichkeit nur durch Diskurse vermittelt erfahren und wahrnehmen können[11] und mithin, dass Wirklichkeit gesellschaftlich konstruiert wird.[12]
Bedeutungen erstrecken sich wie ein Netz, und zwar nicht nur in der räumlichen, sondern auch in der zeitlichen Ausdehnung. So sind zeitgenössische Vorstellungen, Stereotype und Bilder, die über Juden und jüdische Kultur kursieren, nicht verständlich ohne ihre historische Verknüpfung und Gebundenheit. Wenn heute von der ‚deutsch-jüdischen Symbiose‘ gesprochen wird, oder das Berliner ‚Scheunenviertel‘ als jüdischer Ort inszeniert wird, schwingen dabei immer Assoziationen mit, die sich an bestimmte Bilder im ‚kollektiven Gedächtnis‘ der Gesellschaft knüpfen. Die aktuellen Bestimmungen ‚jüdischer Kultur‘ sind also bereits vorgeprägt und von tradierten Vorstellungen und Sichtweisen beeinflusst.
Man kann „mit der Lektüre des Formenrepertoires einer Kultur überall beginnen und an beliebiger Stelle aufhören.“[13] Die prinzipielle Unabschließbarkeit und Unvollständigkeit der Untersuchung von Kulturen, die Geertz auch in der „dichten Beschreibung“ kultureller Gegebenheiten immer gegeben sieht, soll ein Leitmotiv für diese Arbeit darstellen. Der gesellschaftliche Diskurs über ‚jüdische Kultur‘ macht nur einen kleinen Aspekt der facettenreichen und vielschichtigen Realität des jüdischen und nicht-jüdischen Umgangs miteinander aus. Im Anschluss an Geertz soll aber davon ausgegangen werden, dass dieser Ausschnitt der gesellschaftlichen Lebenswelt durch seine nähere Untersuchung einen Aufschluss über die ihr zugrunde liegenden kulturellen „Bedeutungsgewebe“ zulässt und somit den Blick freigibt auf die damit verknüpften Identitätsentwürfe und Selbst- und Fremdbilder der in ihnen verhafteten Individuen und Gruppen.
Vorab sollen nun einige der verwendeten Begriffe näher erläutert werden. Um den nationalsozialistischen Genozid an den Juden zu bezeichnen, hat sich das Wort ‚Holocaust‘, abgeleitet vom griechischen holokáutoma, eingebürgert. Doch diese Bezeichnung ist nicht unumstritten. Es bedeutet eigentlich die vollständige Verbrennung eines Opfertieres auf dem Altar. Bezogen auf die millionenfache Ermordung der Juden würde dies implizieren, dass diese für etwas oder jemanden geopfert wurden – wohlmöglich als Brandopfer für Gott oder für begangene Sünden.[14] Statt dessen soll in dieser Arbeit die hebräische Bezeichnung ‚Shoah‘ (Zerstörung, Katastrophe) verwendet werden.
Die Frage nach der Bezeichnung der Juden in Deutschland führt direkt hinein in die verworrene und komplizierte ‚deutsch-jüdische‘ Geschichte. Während vor dem Dritten Reich zumeist von „deutschen Staatsbürgern jüdischen Glaubens“ gesprochen wurde[15], wurde nach der Shoah das Wort ‚Jude‘ von vielen nicht-jüdischen Deutschen gemieden. Die Unsicherheit, wie mit den „jüdischen Mitbürgern“[16] umzugehen sei spiegelt sich in der Unsicherheit, wie sie – und damit gleichzeitig ihr Verhältnis zu Deutschland – zu bezeichnen seien.
„The variety of formulations employed to describe the relation between the two groups correspond to the various Jewish, or rather German, perception of Self and Other. The impossibility of grasping the relation between the two groups linguistically in a way that would be accepted by everybody is, in the deepest sense, an expression of the ongoing difficulty in understanding the relation.”[17]
In dieser Arbeit soll daher mit den weitgehend neutralen Bezeichnungen der ‚nicht-jüdischen‘ bzw. ‚jüdischen Deutschen‘ gearbeitet werden.
Wenn nun von dem für dieses Thema zentralen Begriff gesprochen wird, nämlich von der ‚jüdischen Kultur‘, so soll dieser in einen „Rahmen von Anführungszeichen“[18] gesetzt werden, um seinen Konstruktionscharakter zu kennzeichnen. Entsprechend dem Fokus dieser Arbeit werden unter diesem Begriff vornehmlich die von nicht-jüdischer Seite produzierten Vorstellungen, Stereotype und Bilder gefasst, welche mehr über die Bedürfnisse (von Teilen) der Mehrheitsgesellschaft aussagen als über das Objekt dieser Konstruktionen.
Im Folgenden soll nun ein kurzer Überblick über den Aufbau dieser Arbeit gegeben werden. Im 2. Kapitel werden zunächst einige theoretische Aspekte des Fremdheits- und damit zusammenhängend auch des Identitäts-Begriffs dargestellt, ausgehend von der Voraussetzung, dass Fremdes und Eigenes in einer wechselseitigen Beziehung stehen. Grundlage des in dieser Arbeit verwendeten Fremdheitsbegriffs ist sein Konstruktionscharakter, was bedeutet, dass Fremdheit keine objektive Kategorie ist, sondern dass die Wahrnehmung von etwas oder jemanden als fremd immer abhängig ist von den jeweiligen Kontexten. Anhand der Rolle, welche Fremdheit bei der Entwicklung kollektiver Identitäten spielt, sollen Prozesse des Fremdmachens, des Ein- und Ausgrenzens aufgezeigt werden. Dies beinhaltet die Schaffung von Stereotypen, welche mit Fremdbildern arbeiten und als Ausdruck einer Ordnungsleistung verstanden werden können. Im Anschluss an diese theoretische Annäherung wird nach den Vorstellungen und Perspektiven gefragt, nach denen Juden als Fremde konstruiert werden.
In Kapitel 2.1 wird ein erster allgemeiner Überblick über die über Juden kursierenden Stereotype gegeben, welche die Grundlage darstellen für auch heute noch virulente Fremdheitskonstruktionen. Religiöse und wirtschaftliche Vorurteile und lebensräumliche Marginalisierungen bilden die historische und gesellschaftliche Vorgeschichte aktueller Wahrnehmungen. Schließlich werden einige der modernen Formen des antijüdischen Vorurteils gegenüber Juden in Deutschland nach der Shoah aufgezeigt.
Das Kapitel 2.1.2 wird das Verhältnis von Juden und Nicht-Juden in Deutschland seit der Aufklärung näher beleuchten. Assimilatorische Tendenzen und das Streben nach Emanzipation auf der einen Seite sowie Gleichgültigkeit und wachsender Antisemitismus auf der anderen charakterisiert die jüdisch-nicht-jüdische Beziehung bis zur Shoah. Der zunehmenden gesellschaftlichen Gleichberechtigung steht eine ideologische Ausgrenzung entgegen, die besonders deutlich wird an den mit dem Bild vom ‚Ostjuden‘ verknüpften Vorurteilen. Damit einher geht aber auch eine innerjüdische Identitätskrise. Die sogenannte ‚deutsch-jüdische Symbiose‘ kann dabei als idealisierende Wunschprojektion angesehen werden, die vor der Shoah von jüdischer, und nach der Shoah vornehmlich von nicht-jüdischer, Seite inszeniert und imaginiert wird und in aktuellen gesellschaftlichen Diskursen der Konstruktion einer positiven Vergangenheit dienen kann. ‚Jüdische Kultur‘ stellt in diesem Zusammenhang ein Mittel der Identifikation dar.
Das Kapitel 2.1.3 beleuchtet schließlich die Lebenssituation der Juden in der Bundesrepublik Deutschland nach 1945.[19] Dabei wird davon ausgegangen, dass die Shoah für die immer noch virulente Wahrnehmung der Juden als Fremde eine zentrale Rolle spielt. Neben den fortbestehenden antisemitischen Vorurteilen sind es nun auch zunehmend philosemitische Denkweisen, welche, bewusst oder unbewusst, die Juden von ‚den Deutschen‘ abgrenzen. Während in diesem Kapitel der Fokus auf die nicht-jüdische, ausgrenzende Perspektive gelegt wird, soll in Kapitel 2.1.3.1 das allmähliche ‚Sichtbar-Werden‘ der Juden in Deutschland nachgezeichnet werden, das schließlich in der Rede von einer „Renaissance jüdischer Kultur“ kulminiert. Dabei wird davon ausgegangen, dass dies auch in einem veränderten jüdischen Selbstverständnis begründet ist. Das Jahr 1989 bedeutet in diesem Kontext einen sichtbaren Wendepunkt, denn durch die verstärkte Einwanderung osteuropäischer Juden in die BRD veränderte sich nicht nur der demographische Charakter der jüdischen Gemeinschaft.
Während in den vorangegangenen Kapiteln die geschichtlichen Vorbedingungen, der gesellschaftliche Kontext und einige der zentralen Stereotype, die Juden als Fremde konstruieren, aufgezeigt wurden, wird in Kapitel 3 der Versuch unternommen, einen Überblick über verschiedene Bestimmungen jüdischer Identität und jüdischer Kultur zu geben. Dabei soll gerade nicht von einer festen Definition des Kulturbegriffs ausgegangen, sondern vielmehr die vielfältigen Fremd- und Selbstwahrnehmungen in den Blick genommen werden. Am Beispiel der Einwanderung osteuropäischer Juden werden einige der Probleme aufgezeigt, die sich aus einem widersprüchlichen Verständnis von jüdischer Identität ergeben können. Wie im 2. Kapitel deutlich gemacht wurde, hängen Identität und Fremdheit eng miteinander zusammen, so dass die divergierenden Konstruktionen ‚jüdischer Kultur‘ gleichzeitig auch als versuchte Grenzziehungen zwischen Juden und Nicht-Juden verstanden werden können.
In Kapitel 3.1 werden schließlich die für diese Arbeit zentralen gesellschaftlichen Diskurse über ‚jüdische Kultur‘ analysiert. Nach der theoretischen Bestimmung des in dieser Arbeit verwendeten Diskursbegriffs soll daran anschließend untersucht werden, welche kulturellen Stereotype in der medialen Darstellung kursieren. Ich beschränke mich dabei auf die ‚exotisierenden und folklorisierenden‘ Aspekte bei der Konstruktion ‚jüdischer Kultur‘. Von der Annahme ausgehend, dass solch eine verzerrte und stereotype Wahrnehmung ein bewusst inszeniertes wie unbewusst rezipiertes Fremdmachen der Juden bedeutet, werden einige Aspekte dieses Diskurses, wie etwa die Klezmer-Musik oder die vorgestellte Welt des Schtetls, näher beleuchtet. Weiterhin soll nach den Intentionen und Motivationen gefragt werden, welche ‚jüdische Kultur‘ zu einer Projektionsfläche für die verschiedenen nicht-jüdischen wie auch jüdischen Belange werden lässt.
Das Kapitel 3.1.2 verdeutlicht die im exotisierenden und folklorisierenden Diskurs transportierten Vorstellungen, Stereotypen und Klischees über ‚jüdische Kultur‘ am Beispiel der medialen Rezeption der Jüdischen Kulturtage in Berlin. Diese sind deshalb besonders relevant, weil hier die Selbstrepräsentation der Jüdischen Gemeinde, als Organisatorin der Kulturtage, auf die gesellschaftlichen Erwartungen und Vorstellungen von ‚jüdischer Kultur‘ treffen, so dass von einer wechselseitigen Beeinflussung ausgegangen werden kann. Anhand der Analyse einiger Zeitungsartikel wird aufgezeigt, dass die mediale Berichterstattung bestehende Stereotype einerseits reproduziert, andererseits aber auch kritisch reflektiert.
Im Kapitel 3.2 wird Diana Pintos Konzept des Jüdischen Raums[20] dargestellt, in welchem es ganz explizit um das Phänomen geht, dass das, was heute unter jüdischer Kultur verstanden wird, primär von nicht-jüdischen Wahrnehmungen und Konstruktionen bestimmt wird. Davon ausgehend sollen wiederum die verschiedenen Identitätsentwürfe, Motivationen, Imaginationen sowie Ausgrenzungs- und Identifikationsversuche untersucht werden, die in diesem ‚Ort‘ aufeinandertreffen. In einem kurzen Exkurs (Kapitel 3.2.1) soll das Berliner ‚Scheunenviertel‘ als solch ein Jüdischer Raum interpretiert werden, in dem ‚jüdische Kultur‘ sichtbar inszeniert wird.
In dem abschließenden 4. Kapitel werden anhand von Ruth Ellen Grubers Entwurf einer virtuellen jüdischen Welt[21] einige der für das Thema dieser Arbeit wichtigen Implikationen und Probleme aufgezeigt. Dabei spielen Fragen wie die nach einem essentialistischen Kulturbegriff bzw. der Vorstellung einer authentischen jüdischen Kultur oder nach dem ‚deutschen‘ Selbstbild als Maßstab der Wahrnehmung ‚jüdischer Kultur‘ und Identität eine Rolle. Weitergehend soll es um kulturelle Vermarktungsstrategien und, im Anschluss an Geertz, um das Verhältnis von nicht-jüdischen und jüdischen Bestimmungen ‚jüdischer Kultur‘ gehen (Kapitel 4.1).
Das Kapitel 4.2 wird schließlich einen kurzen Ausblick auf mögliche Konzepte von Kultur geben, die deren pluralistischem und komplexem Charakter Rechnung tragen. Das Modell kultureller und identitätsbezogener Hybridität ermöglicht dabei eine Sichtweise auf jüdische Kultur, welche einerseits den Konstruktionscharakter von Grenzziehungen und Fremdstellungen deutlich macht, andererseits aber Differenzen bestehen lässt und einen Raum für kulturelle Reibungen schafft.
2. Der Begriff der Fremdheit – eine theoretische Annäherung
‚Fremdheit‘ ist ein Begriff, der in den unterschiedlichen Fachdisziplinen die verschiedensten Bedeutungsbestimmungen erfahren hat. Eine ausführliche und alle wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Bereiche abdeckende Darstellung der vielfältigen Theorien über die Bedeutung und Verwendung des Begriffs der Fremdheit (oder wahlweise der, die oder das Fremde) würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Deshalb sollen hier nur einzelne Aspekte, welche für das zu untersuchende Thema von Bedeutung sind, näher beleuchtet werden.[22]
In der Bundesrepublik Deutschland ist eine Konjunktur des Themas seit den 1970er Jahren festzustellen, die noch zu einem weiteren Anwachsen der divergierendsten Definitionen geführt hat. Die Gründe für die Popularität des Themenkomplexes sind vielfältig. Die (Post-)Moderne wird oftmals als der Wegfall fester Ordnungen erfahren. Außerdem gehen mit der Globalisierung Bedeutungsverluste nationaler Grenzen einerseits und das Wiedererstarken von Fundamentalismen verschiedenster Couleur andererseits einher. Diese Entwicklungen zeitigen vielfach das Infrage-Stellen individueller und kollektiver Existenzen und Identitäten. Die Moderne als „Ordnung in Potentialis“[23] kann dabei zwar produktive Kräfte der Neugestaltung und Möglichkeiten zur kritischen Reflektion eben dieser neuen Erkenntnis freisetzen, nämlich dass „die so unverbrüchlich und allumfassend scheinende Ordnung [] nur eine von vielen sei“[24]. Sie schafft jedoch gleichzeitig auch ein Gefühl der Bedrohung und Unsicherheit. Im Anschluss an Wierlacher lässt sich annehmen, dass in Westdeutschland die aufkommende kritische Auseinandersetzung der Deutschen mit ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit in den 1960er Jahren und die diese begleitenden Probleme und Kontroversen eine zentrale Rolle bei der Konjunktur des Fremdheitsthemas spielen. Dazu kommt die zunehmende Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte, Flüchtlinge, Asylbewerber und Immigranten, ein damit einhergehendes Gefühl der „Überfremdung“ und die Angst, zu einer Minderheit im eigenen Land zu werden.[25] Symptomatisch für dieses Gefühl ist der teilweise vehemente politische und gesellschaftliche Widerstand gegen die Erkenntnis, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Es spiegelt sich ebenso in den Debatten über die deutsche Staatsbürgerschaft wieder, wie auch in Umfrageergebnissen, nach denen die Deutschen die Zahl der in Deutschland lebenden Juden viel zu hoch einschätzen.[26]
Haben Fremde, und damit zusammenhängend, Feindbilder immer schon als ein Faktor in der Stabilisierung nach innen und Abgrenzung einer Gruppe nach außen und im Schaffen eines kollektiven Selbstverständnisses eine Rolle gespielt[27], so wird im Zeitalter der Globalisierung das Konstrukt des Fremden immer wichtiger in der Diskussion über die „symbolische Konstruktion kollektiver Identitäten“.[28] Die Beschäftigung mit Fremdheit impliziert also immer auch einen Bezug zu individuellen und kollektiven Bedürfnissen, zu der eigenen Identität, denn „die Erkenntnis des Fremden wird erst möglich durch die Konfrontation mit den eigenen, gesellschaftlich-kulturellen Erfahrungen.“[29]
Bei der Annäherung an den Begriff der Fremdheit, und weitergehend an die ihn begleitenden zahlreichen Implikationen und Assoziationen, ist also eine erste Hürde, die überwunden werden muss, die Einsicht, dass es Fremdheit ‚an sich‘, als festes, klar umrissenes und erkennbares Fixum nicht gibt. Der Themenkomplex Fremdheit ist immer eingebunden in Kontexte und Beziehungen, zum Eigenen, zu Grenzen, die sich verschieben können und zu herrschenden Diskursen, die sich verändern. Er hängt mit subjektiven (wie auch kollektiven) Wahrnehmungen zusammen, mit historischer und zeitlicher Gebundenheit, mit Macht, Ideologien und Vorurteilen. Was als fremd empfunden wird, hat mit sozialen und gesellschaftlichen Faktoren zu tun und wird bestimmt durch den Filter individuell und kulturell geprägter Vorverständnisse. Fremdheit ist also keine objektive, aber auch keine rein subjektive Größe.
„Absolute Eigenheiten und Fremdheiten sind Konstruktionen; allgemeine Wesensaussagen über das Fremde sind folglich nicht möglich. Stets müssen die Perspektive, aus der etwas als fremd wahrgenommen wird, und die diese Perspektive leitenden Ordnungen, Deutungsmuster, Gewohnheiten, Erfahrungsmodi und Motive mitreflektiert werden. “[30]
Die Bezeichnung von etwas oder jemandem als ‚fremd‘ ist also abhängig vom Standpunkt und jeweiligen Kontext des ‚Eigenen‘. Die Begriffe ‚Fremdheit‘ und ‚Identität‘ hängen folglich eng miteinander zusammen. Ebenso wie sein Komplementär umschreibt Letzterer keinen fixierten, statischen Zustand, sondern vielmehr einen kreativen Prozess der Ein- und Ausgrenzungen. Kreativ, weil der Einzelne aktiv ist – auf bewusster wie unbewusster Ebene selektiert er, fügt ein und schließt aus. Gleichzeitig wird das, was als das Eigene wahrgenommen wird, immer schon familiär und gesellschaftlich, sozial und politisch vorgegeben. Geschlecht, Nationalität, Ethnie, sozialer Status und Religionszugehörigkeit liefern einige Determinanten, anhand derer das Eigene des Individuums bestimmt wird. Die darin impliziten Grenzen sind zum Teil unüberschreitbar, aber zum großen Teil veränderbar und dehnbar: Die Religion kann gewechselt werden, ebenso wie die Nationalität und sogar das Geschlecht. Auch die soziale Stellung ist mitnichten eine auf Lebenszeit fixierte Größe. Bernhard Waldenfels spricht deshalb von Grenzen, die den Menschen immer begleiten und nicht überschreitbar sind, im Gegensatz zu Schwellen, „die man überschreitet, indem man sich durch den Eintritt in eine andere Ordnung selbst ändert.“[31] Die damit zusammenhängende Frage, was genau denn dann das Eigene ausmache in den sich im Laufe des Lebens eines jeden Individuums ständig vollziehenden Veränderungen, inwieweit das Ich der Kindheit noch identisch sei mit dem jetzigen Ich und dem Ich des Alters, zieht sich seit Platon wie ein roter Faden durch die Philosophiegeschichte.[32]
Die Konjunktur des Begriffs der Identität in der Moderne hat dabei ebenso vielfältige und zum Teil ähnliche Motive wie die des Begriffs der Fremdheit. Allerdings sind in den neueren Forschungspositionen einige grundlegende Veränderungen im Verständnis des Themas zu verzeichnen. Indem nicht mehr von Identität im Singular, sondern im Plural gesprochen wird, wird dem Umstand Rechnung getragen, dass in der Moderne nicht mehr von einer einheitlichen, unveränderbaren Identität des Individuums ausgegangen werden kann. Dagegen sind die Diskontinuität und Prozesshaftigkeit der Persönlichkeitsentwicklung sowie der Besitz mehrerer Identitäten – entsprechend der Ausdifferenzierung der modernen Lebenswelt, nicht nur im Berufsleben, sondern auch in den zahlreichen, teils widersprüchlichen Rollen des gesellschaftlichen und sozialen Umgangs – zum Normalfall geworden.[33] Identität als „biographisches Projekt“[34] meint dabei den Versuch, trotz aller lebensgeschichtlichen Widersprüche, Diskontinuitäten und Brüche eine einheitliche Narration zu schaffen und die eigene Biographie als (vom jeweils aktuellen Standpunkt) in sich schlüssige Entwicklung zu konstruieren. Dies schließt die Ausgrenzung und Marginalisierung unpassender oder unliebsamer Erinnerungen mit ein, genauso wie die Fähigkeit, das Selbstbild der jeweiligen Gegenwart anpassen, also verändern zu können. In der Praxis bedeutet das, dass bestimmte Verhaltensweisen und der Umgang mit anderen Menschen bestimmt sind von dem Wunschbild und den Vorstellungen, die man von sich selber hat. Meist geschieht dieser Prozess der Identitäts-Konstruktion unbewusst. Er kann allerdings auch ganz bewusst als Spiel mit verschiedenen Identitätsentwürfen ausagiert werden.
Dabei bedarf die Konstituierung von Identität immer auch der Interaktion mit anderen, denn erst durch Mechanismen der Identifikation mit und Abgrenzung von der sozialen Umwelt kann ein ‚Selbst‘ geschaffen werden. Entsprechend der wechselnden Interaktionspartner befindet sich dieses Identitätsbewusstsein in ständiger Bewegung und beschreibt einen praktisch nicht abschließenden dynamischen Prozess, in dem auch – und gerade – Brüche, Paradoxien und Veränderungen ihren Platz haben.[35] Das Schaffen von und die Suche nach Identität ist also ein kreativer Akt, der die Auseinandersetzung mit und Übernahme von Fremdzuschreibungen mit einschließt. Darüber hinaus hat er in seinem „Entwurfscharakter“[36] immer auch eine zeitliche Dimension, d.h. er kann situationsbedingt auf den jeweiligen Kontext und die jeweils an ihn gestellten Ansprüche reagieren. Gerade diese Unabgeschlossenheit und Uneinheitlichkeit von Identität macht die Relativität und den Konstruktionscharakter der jeweiligen Fremdheitswahrnehmung deutlich, denn je nach der sich verändernden Selbstwahrnehmung und –inszenierung kann sich auch der Blick auf den oder das Fremde verändern.
Die ständige Konfrontation mit wechselnden Interaktionspartnern, mit neuen Reibeflächen der Abgrenzung und Übernahme bedeutet also eine ständige Konfrontation mit Fremdheit. Dabei scheint die primäre Reaktion auf etwas Unbekanntes Angst und damit verbunden Abwehr zu sein. Das Fremde als das Nicht-Bekannte kann zunächst in keine bestehenden Ordnungen, Vorstellungen oder Strukturen eingefügt, es kann nicht zugeordnet werden. Um aber das eigene Selbst- und Weltbild nicht in Frage stellen, und so die Stabilität des ‚Selbst‘ nicht gefährden zu müssen, kann mit dem Fremden auf verschiedene Weise umgegangen werden. Neben der Integration in das Eigene über Assoziationen und hergestellte Verbindungen, kann es ebenfalls ganz klar vom Eigenen abgegrenzt und dann entweder ignoriert, als nicht existent verdräng, oder als mit festen Attributen versehenes, aber klar vom Eigenen unterschiedenes Element außerhalb der Grenzen des Eigenen identifiziert werden. Dabei wird jedoch klar, dass die wahrgenommene Differenz immer einen Bezug zum Eigenen hat, sich also eine wechselseitige Beziehung zwischen Fremdem und Eigenem konstituiert. Der oder das Fremde erfüllt „die Funktion eines signifikanten Kontrasts, der als Gegenbild gerade die Identität des Eigenen verstärken kann.“[37] In der Fremdheitsforschung wird dieses stabilisierende Moment der Fremdheitserfahrung betont. Die Fremderfahrung kann als Selbsterfahrung verstanden werden, als dass sie die Existenz von Lücken, von etwas Fehlendem im Eigenen aufzeigen und so auch Impulse für Veränderungen, für Reflexion und Wandel geben kann. Gleichzeitig wohnt der Konfrontation mit Fremdheit aber auch ein irritierendes und bedrohliches Element inne. Der ambivalente Charakter der Fremdheitserfahrungen wird deshalb gemeinhin unter den Schlagwörtern ‚Faszination und Bedrohung‘ zusammengefasst.
„Xenophilie und Xenophobie sind von Beginn an Möglichkeiten der Beziehung zu Fremden mitsamt ihren Manifestationen des Exotismus bis hin zum Kosmopolitismus auf der einen Seite, dem Rassismus mit der Ideologie der Reinheit des Blutes und der Abstammung, des Nationalismus und des patriotischen Kultes auf der anderen.“ [38]
Dass das Fremde immer auch eine Faszination ausübt, weil es mögliche andere Perspektiven, Lebensweisen oder Deutungsmuster aufzeigt und den Einzelnen mit denkbaren Alternativen zur eigenen Lebenspraxis konfrontiert[39], wird im Laufe der Geschichte unter anderem durch das Entstehen und die Tradierung von Klischees des ‚Guten oder Edlen Wilden‘, der ‚exotischen Schönheit‘ oder eben auch des gelehrten, orthodoxen Juden bzw. des intellektuellen Kaffeehaus-Juden deutlich. All diese Stereotypien spiegeln dabei auch die jeweiligen kontextgebundenen Bedürfnisse, Wünsche und Sehnsüchte des imaginierenden Subjekts oder Kollektivs wider. Die Untersuchung der vielfältigen Konstruktionen eines fremdartigen Faszinosums in verschiedenen Gesellschaften zu unterschiedlichen Zeiten vermag deshalb wohl mehr über die komplexen Vorstellungen von der eigenen Identität und über die Ordnungsmechanismen der betreffenden Gesellschaft und ihrer Individuen auszusagen, als über das tatsächliche – oder konstruierte – Fremde.
Es wird deutlich, dass der Umgang mit Fremdheit zunächst einmal ein elementarer Bestandteil des menschlichen Lebens ist, und zwar auf zweierlei Weise. Einerseits ist das Individuum auf einer persönlichen Ebene den alltäglichen Herausforderungen, die die Begegnung mit bislang Unbekanntem darstellt, ausgesetzt, auf die es mit Integration, Ausgrenzung oder Ignoranz reagieren kann. Andererseits wird es auf einer sozialen oder gesellschaftlichen Ebene mit tradierten Vorstellungen über den oder das Fremde konfrontiert, die es entweder hinterfragen und gegebenenfalls revidieren kann, meistens aber – oftmals unbewusst – als feststehende Fakten wahrnimmt. Eben diese tradierten Vorstellungen bilden dabei die Ordnungsmuster, anhand derer das Individuum im alltäglichen Handeln seine Wahrnehmungen strukturiert. Es ist jedoch wichtig festzustellen, dass die Perzeption von Fremdheit immer auch eine Konstruktion ist, etwas Gemachtes und Relatives. Als Teil des subjektiven sowie kollektiven Prozesses der Ein- und Ausgrenzung stellt es keine objektiv bestehende Größe dar.
Die Vorstellungen, die sich Individuen und Gruppen von Fremdem machen, und die daraus resultierenden Bilder[40], welche wiederum als Filtermechanismen für die Fremdwahrnehmung dienen, sind immer vom historischen, gesellschaftlichen und ideologischen Kontext abhängig. Dabei können sich innerhalb einer bestimmten Gesellschaft oder Gruppe zur gleichen Zeit verschiedene, auch konträre Bestimmungen dessen, was fremd ist, entwickeln. Manche dieser Vorstellungen haben nur einen kurzen, situationsbedingten Bestand. Andere werden von Generation zu Generation weiter tradiert und können dabei völlig den Bezug zu ihrem eigentlichen Ursprung verlieren[41], im Laufe der Zeit ihre Bedeutung verändern oder aber verdeckt bestimmte Inhalte in neue Kontexte transportieren. Die Wirkungsmacht dieser Vorstellungen kann durch die Bildung von Stereotypien und Vorurteilen bewusst entfaltet, der Prozess des Fremdmachens also ganz bewusst gesteuert werden. Somit spielen bei der Bestimmung dessen, wer oder was fremd ist, auch Fragen der Definitionsmacht eine Rolle. Denn mit der bewussten Benennung von jemandem oder etwas als ‚fremd‘ werden Hierarchien geschaffen oder gefestigt, Machtansprüche deutlich artikuliert und eventuelle rivalisierende, und somit bedrohliche Ansprüche ins Abseits gedrängt.
Unter dem Begriff des Stereotyps können von der Gruppe akzeptierte Ideen oder Vorstellungen verstanden werden, die in der Regel verbalisiert und emotionsgeladen sind, und dabei zur Verfügung stehende Tatsachen unberücksichtigt lassen und aus dem Weltbild ausgrenzen.[42] Stereotype „verzerren Wirklichkeit, aber sie schaffen auch neue Wirklichkeit, und zwar meist eine höchst problematische, eine problembeladene für diejenigen, die sich ihr nicht entziehen können.“[43] Der Versuch, den ‚Wahrheitsgehalt‘ dieser verzerrten und neu geschaffenen Wirklichkeit zu bestimmen, erscheint jedoch größtenteils unmöglich, denn er offenbart die Relativität und Subjektivität der Bezugsgröße, nämlich der vermeintlich faktischen Realität, sowie die meist unentwirrbaren Verknüpfungen zwischen bestehenden Realitäten und den neue Ordnungen und Realbezüge schaffenden Stereotypen. Außerdem spielt der Wirklichkeitsgehalt von Vorurteilen und Stereotypen für deren Weiterbestehen und Wirksamkeit keine Rolle, „denn sie erfüllen sozialpsychologisch wichtige Funktionen, wie Entlastung und Selbstbehauptung.“[44] Außerdem reduzieren sie Komplexität, stellen Ordnungsmuster her und bieten Identifikationsmöglichkeiten.
Wenn im Folgenden von den kollektiven Fremdwahrnehmungen einer Gesellschaft gesprochen wird, so muss daran erinnert werden, dass es in erster Linie immer Individuen sind, die wahrnehmen und zuschreiben, und dass diese Begriffe nur metaphorisch für Gruppen verwendet werden können. Allerdings sind die Wahrnehmungsmuster und -ordnungen vom Einzelnen immer auch sozial – und somit überindividuell – determiniert.[45] Die Gesellschaft, oder die Gruppe, stellt dabei den Rahmen, innerhalb dessen sich ein ‚kollektives Gedächtnis‘[46] ausbilden kann, welches gleichzeitig das Selbstbild – und damit einhergehend die Ab- und Ausgrenzungen ‚fremder‘ Elemente – des Einzelnen bestimmt. Grundlage dieses Selbstbildes ist eine rekonstruierte gemeinsame Vergangenheit, durch die kollektive Erwartungs-, Erfahrungs- und Handlungsräume geschaffen und Ordnungsmuster gestiftet werden. Von einem Kollektiv kann so lange gesprochen werden, wie dessen Mitglieder sich mit ihm bzw. den von ihm repräsentierten Werten und Normen und der von ihm konstruierten gemeinsame Vergangenheit und Zukunft identifizieren. Weitergehend dienen die vom Kollektiv vorgenommenen Ein- und Abgrenzungen als Orientierung für den Einzelnen und bestimmen so sein Denken und Handeln.
Kollektive, wie etwa Nationen, können nach Benedict Anderson als „vorgestellte Gemeinschaften“ verstanden werden, die auf einem Zusammengehörigkeits gefühl basieren, denn tatsächlich kennen sich die wenigsten Mitglieder einer Nation persönlich, und die sie verbindenden Elemente sind meist eher abstrakter Natur.[47] Die Schaffung eines ‚kollektiven Gedächtnisses‘ stützt also die Identität von Gruppen, so wie das individuelle, autobiographische Gedächtnis die Identität des Einzelnen erst bedingt.[48] Gedächtnis und Identität stehen in einem wechselseitigen Verhältnis zueinander. Dass dabei Erinnerungen alles andere als zuverlässig und kein exakter Spiegel vormaliger Geschehnisse sind, sondern immer anhängig von der jeweiligen Perspektive und den über die Zeit variierenden Bedürfnissen und Wahrnehmungen, stellt die Grundlage dar für den Konstruktionscharakter, die Veränderbarkeit und die Dynamik von kollektiven Gedächtnissen.
Wenn von dem Kollektivgedächtnis von Nationen oder Gesellschaften gesprochen wird, muss dabei das produktive Element des Phänomens betont werden. Staaten schaffen sich ein kollektives Gedächtnis,
„mithilfe unterschiedlicher symbolischer Medien wie Texten, Bildern, Denkmälern, Jahrestagen und Kommemorationsriten. Mit Hilfe von gemeinsamen, für ihre jeweilige Bevölkerung verbindlichen Bezugspunkte in die Vergangenheit und in der kulturellen Überlieferung machen sich solche Kollektive damit zugleich eine Wir-Identität“ [49].
Bestimmte bindende Ereignisse der Vergangenheit werden also in Gesellschaften in verschiedener Form erinnert, und somit präsent gemacht, während anderes ausgeschlossen und nicht in das ‚kollektive Bindungsgedächtnis‘ aufgenommen wird. Es wird deutlich, dass diesem Kollektivgedächtnis ein starker politischer Aspekt innewohnt, da es bei der Beschwörung und Zentralisierung bzw. der Marginalisierung bestimmter, selektiver Erinnerungen immer auch um die Legitimation bzw. Delegitimation bestehender Machtverhältnisse geht. Bestimmte Erinnerungen können ganz bewusst aus dem nationalen Kollektivgedächtnis ausgegrenzt werden und so als etwas Fremdes markiert werden. Auch auf individueller Ebene erscheint Identität als ein Prozess, der eine Selbst-Inszenierung ebenso wie ein Bewusstsein für Grenzziehungen mit einschließt.
Die grundsätzliche Beziehung zwischen Eigenem und Fremdem bedeutet also, dass die Wahrnehmung von Letzterem von der Perspektive des jeweiligen Individuums bzw. Kollektivs abhängt. Gerade diese „Prädominanz des Eigenen“[50] hat jedoch über Jahrhunderte die Umgangsweise mit dem Fremden geprägt, und nicht zuletzt auch in Formen der Unterdrückung, wie der Sklaverei oder dem Kolonialismus, ihren Ausdruck gefunden. Das Fremde wurde nicht in seiner Fremdheit belassen und akzeptiert, sondern immer nur in Relation zum Eigenen wahrgenommen und so verfügbar gemacht. Die Ethnologie, als die Wissenschaft, deren zentraler Gegenstand die Beschäftigung mit kultureller Fremdheit darstellt, wird dabei mit eben dieser Problematik konfrontiert. Einerseits muss sie versuchen, Fremdes in Begriffen des Eigenen verständlich zu machen und in bestehende Ordnungen zu integrieren. Andererseits besteht dabei die Gefahr der Vereinnahmung, so dass sie auch dem Gedanken Rechnung tragen muss, dass eine radikale Andersheit, die irreduzibel ist, das eigene Verstehen, die eigene Kultur und Werte in Frage stellen kann. Der Ethnologe muss also versuchen, „das fremde Denken in seiner Eigenlogik zu verstehen.“[51] Gleichzeitig ermöglicht der „durch das Studium fremder Kulturen geschulte ethnologische Blick“[52] auch eine verfremdende und distanzierte Perspektive auf die eigene Gesellschaft, auf vertraute Institutionen und Bräuche. In den Diskussionen über den Umgang mit und die Wahrnehmung von Fremdheit, die besonders in der Ethnologie virulent wurden und sogar die Legitimation des Faches in Frage stellten, spiegeln sich nicht zuletzt in verschärfter Form die Auflösungserscheinungen und Verunsicherungen der sogenannten Postmoderne. Stichworte wie Ethnozentrismus, Reflexivität und Relativität von Lebensentwürfen und kultureller Pluralismus verweisen auf die mannigfachen „turns“[53] in den verschiedenen Disziplinen, in denen sich Zweifel an bestehenden fachlichen Ordnungs- und Deutungsmustern und Terminologien sowie ein wissenschaftlicher Paradigmenwechsel ausdrückte.
In dieser Arbeit soll somit davon ausgegangen werden, dass die Wahrnehmung von etwas oder jemandem als fremd zu einem großen Teil etwas konstruiertes ist, zusammengesetzt aus tradierten und gesellschaftlich codierten Vorstellungen, subjektiven Erfahrungen und kulturell geprägten Ordnungsmustern. Weiterhin stellt sie einen aktiven und kreativen Prozess dar, in dem Definitionsmacht und Deutungshoheiten eine Rolle spielen. Fremdheitswahrnehmungen können dabei ganz neutral und wertfrei sein, sozusagen eine erste Station auf dem Weg der weiteren Einordnung des Fremden, oder aber zu Stereotypien und Vorurteilen gerinnen und so den oder das Andere in starre Kategorien zwängen, aus denen es nur schwer entkommen kann.
Im Hinblick auf den Konstruktionscharakter von Fremdheit soll demnach geklärt werden, in welcher Beziehung überhaupt von Juden als Fremden in Deutschland gesprochen werden kann, und weitergehend inwiefern ‚jüdische Kultur‘ hierbei ein Abgrenzungsmerkmal darstellt. Damit hängt jedoch untrennbar die Frage zusammen, von was dieses ‚Fremde‘ abgegrenzt wird. Den Referenzpunkt für die Konstruktion jüdischer Andersartigkeit bildet schließlich das deutsche Selbstbild, als Nation, als Gesellschaft, als Kulturgemeinschaft. Es wäre also danach zu fragen, ob die Imaginationen ‚jüdischer Kultur‘ eine Projektionsfläche für nicht-jüdische Befindlichkeiten, Sehnsüchte und Identitätsprobleme darstellt. Gleichzeitig sollen jedoch auch die jüdischen Reaktionen auf diese vielfältigen Vorstellungen nicht aus dem Auge verloren werden. Der Jüdische Raum kann daher als Spielfeld divergierender, komplexer und wechselseitig bedingter Vorstellungen, Entstellungen und Unterstellungen verstanden werden, in welchem sich die verworrene, tragische und zum Teil zerstörerische Geschichte der Deutschen und der Juden manifestiert und die verschiedenen Erfahrungsmuster und Wahrnehmungsmodi wie unter einem Brennglas ausgemacht werden können.
2.1 Der historisch-gesellschaftliche Kontext der Fremdwahrnehmung der Juden
Wenn nun in dieser Arbeit von der (konstruierten) Fremdheit der Juden in Deutschland nach 1989 gesprochen werden soll, müssen zunächst die konkreten historischen und gesellschaftlichen Vorbedingungen und zeitlichen Kontexte geklärt werden. Gleichzeitig ist zu fragen, was mit ‚Fremdheit‘ in Bezug auf ‚jüdische Kultur‘ und Juden in Deutschland überhaupt gemeint ist. Inwieweit spielen antisemitische Verleumdungen und philosemitische Überhöhungen, religiöse Andersartigkeit und tradierte Vorurteile eine Rolle bei der Wahrnehmung ‚jüdischer Kultur‘? In welchen konkreten Bildern, Vorstellungen und Stereotypen schlagen sie sich nieder?
Auf der anderen Seite ist jedoch ebenfalls zu überlegen, inwieweit auch auf jüdischer Seite ein Selbstbild besteht, welches geprägt ist von den traditionellen Vorstellungen der Juden als auserwähltes Volk, welches sich immer schon von den anderen Völkern auf verschiedene Weise unterschieden hat, und eines Volkes in der Diaspora, das in der Fremde lebt.
Die vielfältigen Wechselbeziehungen und komplexen Verknüpfungen zwischen Fremd- und Selbstbildern prägen dabei nicht erst seit 1989 die gesellschaftlichen Vorstellungen von der ‚deutsch-jüdischen‘ Geschichte und Gegenwart[54], sondern sind spätestens seit der Aufklärung bzw. der Haskala, der jüdischen Aufklärungsbewegung des 19. Jahrhunderts, ein Thema kontroverser Diskussion wie auch gesellschaftlicher Realität.
Natürlich ist das Stereotyp vom Juden als Fremden noch älter, und konnte je nach dem zeitlichen Kontext religiöse, kulturelle oder ethnische Fremdheit umfassen. Die Geschichte des Antisemitismus bzw. des Antijudaismus, die sich über die letzten 2000 Jahre und vielleicht sogar darüber hinaus[55] erstreckt, erzählt von den verschiedenen, teils widersprüchlichen Diskursen und tradierten Vorurteilen über ‚den Juden‘. Die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des Christentums spielt eine entscheidende Rolle in der Verbreitung antijüdischer Haltungen: Von Beginn an stand die christliche Religion in einem Abgrenzungs- und Konkurrenzverhältnis zum Judentum. Die Verbreitung des Christentums über die ganze Welt begründet die länderübergreifende Verankerung antijüdischer Vorurteile in großen Teilen der jeweiligen Bevölkerung. Angefangen von der Verurteilung ‚der‘ Juden als Christusmörder, bis hin zu Vorwürfen der Hostienschändung oder der rituellen Tötungen liegt diesen religiösen Stereotypen die Vorstellung von den Juden als der christlichen Gemeinschaft fremd, bzw. aufgrund ihrer Weigerung, ‚trotz besseren Wissens‘ den christlichen Glauben anzunehmen, als moralisch verdammungswürdig zugrunde. Gleichzeitig spielen Juden in christlich-apokalyptischen Gedanken jedoch eine wichtige Rolle als zentrales Element in der apokalyptischen Weltsicht und Endzeiterwartung.[56] Dies zeigt sich auch heute noch in der Israelbegeisterung zahlreicher christlich-fundamentalistischer Gruppierungen.
Mit den religiösen Diffamierungen der Juden gingen gleichzeitig auch soziale und ökonomische Marginalisierungen einher. Berufliche Beschränkungen und lebensräumliche Eingrenzungen – die Ansiedlung der jüdischen Bevölkerung in Ghettos oder sogenannten ‚Judengassen‘ – hatten zur Folge, dass sich eine relativ abgeschlossene jüdische Lebenswelt, mit einem eigenen Sozial- und Wirtschaftssystem und einer eigenen kulturellen Praxis entwickeln konnte und sogar musste. Die Vorstellungen vom Juden als ‚Fremden‘ innerhalb der eigenen Gesellschaft entsprachen also zum Teil der alltäglichen Wahrnehmung. Andererseits gab es auch innerjüdische Tendenzen, die einer bewussten Abgrenzung von der nicht-jüdischen Bevölkerung entgegenkamen. Der Gedanke des Lebens im Exil, des Daseins in der Diaspora als auserwähltes, d.h. auch unterscheidbares Volk entsprach einer Selbstwahrnehmung, die eine bewusste Trennung von der nicht-jüdischen Bevölkerung implizierte. Da Juden jedoch fortwährend als Minderheiten in Ländern mit einer meist christlichen – oder muslimischen – Bevölkerungsmehrheit lebten, wurde ihre Geschichte immer wieder maßgeblich bestimmt von den in der jeweiligen Gesellschaft über sie kursierenden Imaginationen und den daraus resultierenden Verhaltensweisen. Pogrome, Vertreibungen und natürlich die Shoah als traumatischer ‚Höhepunkt‘ können also als sichtbare Manifestationen des Vorurteils vom Juden als Fremden gesehen werden.
Juden, bzw. das, was jeweils zu unterschiedlichen Zeiten in den verschiedenen gesellschaftlichen Kontexten unter diesem Begriff verstanden wurde, haben in der abendländischen Geschichte oftmals die Funktion des Anderen der Gesellschaft übernommen.[57] Laut Simmel sind sie zwar Bestandteil der Gruppe selbst, nehmen dort aber eine gesonderte Position ein. In seinem Exkurs übernimmt der Fremde primär eine produktive und positive Funktion, denn seine Stellung an der Grenze zwischen ‚Drinnen‘ und ‚Draußen‘ ermögliche ihm eine objektive und ungebundene Sicht auf die gesellschaftlichen Verhältnisse.[58] Er dient so gleichermaßen als Katalysator und Impulsgeber für Veränderungen und neue Sichtweisen. Diese Beschreibung korreliert mit der Wahrnehmung der Juden als Vorreiter der Moderne, als Verkörperung neuer Entwicklungen wie der Urbanisierung und der Verknüpfung mit dem neuen Typus des Städters.[59] Um die vorvergangene Jahrhundertwende waren solche Zuschreibungen jedoch meist antisemitisch geprägt. Die negative Wahrnehmung der Stadt deckte sich mit antijüdischen Vorurteilen wie der angeblichen Wurzel- und Heimatlosigkeit der Juden, die sie als Stadtbewohner prädisponierten. Die neue urbane Wirtschaftsordnung, die rasante gesellschaftliche Beschleunigung, die nicht nur das soziale Miteinander, sondern den gesamten Lebensrhythmus der Menschen veränderte und die Anonymität des Großstadtlebens waren Gegenstand heftiger Kontroversen in den intellektuellen Kreisen der Zeit (und darüber hinaus).
In der antisemitischen Wahrnehmung waren es vor allem die Juden, die – auf Kosten der nicht-jüdischen Umwelt – von diesen veränderten Lebensbedingungen profitierten. Besonders der wirtschaftliche Antisemitismus, der das ‚internationale Finanzjudentum‘ als Verkörperung des Kapitalismus, als weltweit agierende Verschwörung imaginiert, hat sich bis heute in unterschiedlichen Ausprägungen im kollektiven Bewusstsein erhalten. So kursieren immer noch Gerüchte über die vermeintliche Medienherrschaft der Juden. Damit verbunden ist die Vorstellung, dass sie ‚hinter den Kulissen‘ an den Schalthebeln der (diskursiven wie ökonomischen) Macht sitzen. In jeweils an das aktuelle Zeitgeschehen angepasster Regelmäßigkeit manifestiert sich das Bild des ‚internationalen Judentums‘ in Machwerken wie den „Protokollen der Weisen von Zion“[60] oder in Verschwörungstheorien rund um den 11. September 2001, in denen der Mossad als Drahtzieher der Anschläge imaginiert wird.[61] Einen gegenwärtigen Lieferanten neuer (beziehungsweise aktualisierter) antisemitischer Stereotype stellt schließlich die Shoah dar. Restitutionsforderungen, die unter anderem von internationalen jüdischen Organisationen gestellt und durchgesetzt werden, liefern Munition für neue Formen des wirtschaftlichen Antisemitismus. Vorwürfe, Juden würden ihren ‚Opferstatus‘ moralisch ausnutzen, bedienen sich der alten Figur des nachtragenden und moralisch verkommenen Juden, und die extremste Variante des post-Shoah Antisemitismus bezeichnet die millionenfache systematische und ideologisch legitimierte Ermordung der Juden durch die Nationalsozialisten als Lüge und somit als jüdische Verschwörung. Gleichzeitig konstituiert die Shoah die Juden im Bewusstsein vieler nicht-jüdischer Deutscher als eine „imaginäre Gruppe“[62], so dass verallgemeinernd von ‚den‘ Juden gesprochen werden kann, denen bestimmte Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen zugeschrieben werden können, und die so als eine ‚out-group‘, ein sich von der Mehrheitsgesellschaft unterscheidendes und unterscheidbares Kollektiv, konstruiert werden kann.
[...]
[1] Korn, Salomon: Die fragile Grundlage. Auf der Suche nach deutsch-jüdischer >Normalität<, S. 114.
[2] Geertz, Clifford: „Dichte Beschreibung. Bemerkungen zu einer deutenden Theorie von Kultur“, in: Ders.: Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme, S. 21.
[3] Vgl. Bronfen, Elisabeth/Marius, Benjamin: „Hybride Kulturen. Einleitung zur anglo-amerikanischen Multikulturalismusdebatte“, in: Bronfen, Elisabeth/Marius, Benjamin//Steffen, Therese (Hrsg.): Hybride Kulturen. Beiträge zur anglo-amerikanischen Multikulturalismusdebatte, S. 8.
[4] Vgl. Yousefi, Hamid Reza: „Interkulturelle Religionswissenschaft. Struktur – Gegenstand – Aufgabe“, in: Yousefi, Hamid Reza/Fischer, Klaus/Braun, Ina/Gantke, Wolfgang (Hrsg.): Wege zur Religionswissenschaft. Eine interkulturelle Orientierung. Aspekte, Grundprobleme, ergänzende Perspektiven, S. 25ff.
[5] Vgl. ebd., S. 26.
[6] Siehe zum Beispiel Y. Michal Bodemann: „A Jewish Cultural Renascene in Germany?“, in: Sandra Lustig/Ian Leveson: Turning the Kaleidoscope. Perspectives on European Jewry.
[7] So etwa der Titel eines Buches von Sander L. Gilman (Hrsg.): Reemerging Jewish Culture in Germany: Life and literature since 1989.
[8] Vgl. Zipes, Jack: „The contemporary German fascination for things Jewish: Toward a minor Jewish culture”, in: Gilman (Hrsg.): Reemerging Jewish culture in Germany, S. 16.
[9] Wierlacher, Alois: „Kulturwissenschaftliche Xenologie. Ausgangslage, Leitbegriffe, Problemfelder“, in: Ders. (Hrsg.): Kulturthema Fremdheit. Leitbegriffe und Problemfelder kulturwissenschaftlicher Fremdheitsforschung, S. 67.
[10] Guthmann, Thomas: Globalität, Rassismus, Hybridität. Interkulturelle Pädagogik im Zeichen von rassischem Diskurs und hybrider Identität, S. 50.
[11] Vgl. ebd., S. 54.
[12] Vgl. Berger, Peter L./Luckmann, Thomas: Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie, S. 1.
[13] Geertz, Clifford: „»Deep play«: Bemerkungen zum balinesischen Hahnenkampf“, in: Ders.: Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme, S. 259.
[14] Positionen, wie sie durchaus in der sogenannten ‚Post-Holocaust-Theology‘ zu finden sind; siehe Stephen T. Katz: Post-Holocaust Dialogues. Critical Studies in Modern Jewish thought, New York, London 1983.
[15] Vgl. Kugelmann, Cilly: „Die Russen kommen. Der demographische Umbruch in den jüdischen Gemeinden Deutschlands“, in: Ungar-Klein, Brigitte (Hrsg.): Jüdische Gemeinden in Europa. Zwischen Aufbruch und Kontinuität, S. 52.
[16] Eine Bezeichnung, die eine gewisse Distanz impliziert, in dem Sinne, als dass jüdische und nicht-jüdische Bürger nicht dasselbe seien, vgl. Stern, Frank : Im Anfang war Auschwitz. Antisemitismus und Philosemitismus im deutschen Nachkrieg, S. 354.
[17] Ochse, Katharina: „‚What would be more fruitful, more healing, more purifying?‘ Representations of Jews in the German media after 1989“, in: Gilman (Hrsg.): Reemerging Jewish Culture in Germany, S. 115.
[18] Berger/Luckmann: Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit, S. 1.
[19] Um den Rahmen der Arbeit nicht zu sprengen, wird auf eine Darstellung der Geschichte der Juden in der DDR verzichtet. Zu diesem Thema siehe Ulrike Offenberg: "Seid vorsichtig gegen die Machthaber": die jüdischen Gemeinden in der SBZ und der DDR 1945-1990, Berlin 1998.
[20] Vgl. Pinto, Diana: „The Jewish Space in Europe”, in: Lustig/Leveson (Hrsg.): Turning the Kaleidoscope, S. 179-186.
[21] Gruber, Ruth Ellen: Virtually Jewish. Reinventing Jewish Culture in Europe.
[22] Für weitergehende und ausführlichere Darstellungen des Begriffs siehe zum Beispiel Ortfried Schäfter (Hrsg.): Das Fremde. Erfahrungsmöglichkeiten zwischen Faszination und Bedrohung.
[23] Waldenfels, Bernhard: Der Stachel des Fremden, S. 17.
[24] Ebd., S. 18.
[25] Wierlacher: „Kulturwissenschaftliche Xenologie“, in: Ders. (Hrsg.): Kulturthema Fremdheit, S. 34.
[26] Vgl. Schoeps, Julius H./Jasper, Willi/Vogt, Bernhard: Ein neues Judentum in Deutschland? Fremd- und Eigenbilder der russisch-jüdischen Einwanderer, S. 26.
[27] Siehe zum Beispiel Stephan Schmals Darstellung der Rolle und Funktion der Feindbilder bei den frühen Griechen. Untersuchungen zur Entwicklung von Fremdenbildern und Identitäten in der griechischen Literatur von Homer bis Aristophanes, Frankfurt a. M. 1995.
[28] Elias, Nelly/Bernstein, Julia: „Wandering Jews, wandering stereotypes: media representation of the Russian-speaking Jews in the FSU, Israel and Germany“, in: Liepach, Martin/Melischek, Gabriele/Seethaler, Josef (Hrsg.): Jewish images in the media, S. 16.
[29] Von Barloewen, Constantin: „Fremdheit und interkulturelle Identität. Überlegungen aus Sicht der vergleichenden Kulturforschung“, in: Wierlacher (Hrsg.): Kulturthema Fremdheit, S. 299.
[30] Wimmer, Michael: „Fremde”, in: Wulf, Christoph (Hrsg.): Vom Menschen. Handbuch historische Anthropologie, S. 1069.
[31] Waldenfels: Der Stachel des Fremden, S. 32.
[32] Vgl. Böhme, Gernot: „Identität“, in: Wulf (Hrsg.): Vom Menschen, S. 686f.
[33] Vgl. Treiber, Diana: »Lech Lecha«. Jüdische Identität der zweiten und dritten Generation im heutigen Deutschland, S. 5.
[34] Assmann, Aleida: Einführung in die Kulturwissenschaft, S. 217.
[35] Vgl. Hödl, Klaus: „Der ‚virtuelle‘ Jude – ein essentialistisches Konzept?“, in: Ders. (Hrsg.): Der ‚virtuelle‘ Jude. Konstruktionen des Jüdischen, S. 54f.
[36] Schönborn, Susanne: „»Juden reden über Gefühle, und die anderen über Kunst« - Konstruktionen jüdischer Identität in der Fassbinder-Debatte 1984/85“, in: Hödl (Hrsg.): Der ‚virtuelle‘ Jude, S. 102.
[37] Schäfter, Ortfried: „Modi des Fremderlebens. Deutungsmuster im Umgang mit Fremdheit“, in: Ders. (Hrsg.): Das Fremde, S. 19.
[38] Wimmer: „Fremde“, in: Wulf (Hrsg.): Vom Menschen, S. 1066.
[39] Vgl. Wierlacher: „Kulturwissenschaftliche Xenologie“, in: Ders. (Hrsg.): Kulturthema Fremdheit, S. 64.
[40] Im Sinne von etwas Gebildeten, Geschaffenen als Verweis auf deren konstruierten, imaginären Charakter, vgl. Haibl, Michaela: „Sichtbarkeit und Wirkung: ‚Jüdische‘ Visiotype in humoristischen Zeitschriften des späten 19. Jahrhunderts“, in: Liepach/Melischek/Seethaler (Hrsg.): Jewish images in the media, S. 61.
[41] Zum Beispiel der Begriff des Barbaren und die mit ihm assoziierten Vorstellungen. Für eine detailierte Darstellung der Begriffsgeschichte siehe Dieter Timpe: „Der Barbar als Nachbar“, in: Ulf, Christoph (Hrsg.): Ideologie – Sport – Außenseiter. Aktuelle Aspekte einer Beschäftigung mit der antiken Gesellschaft.
[42] Vgl. Silbermann, Alphons: Der ungeliebte Jude. Soziologie des Antisemitismus, S. 52ff.
[43] Gerndt, Helge: „Zur kulturwissenschaftlichen Stereotypenforschung“ in: Ders. (Hrsg.): Stereotypenvorstellungen im Alltagsleben. Beiträge zum Themenkreis Fremdbilder – Selbstbilder – Identität, S. 11.
[44] Feldtkeller, Andreas: „Fremde – sozialgeschichtlich, soziologisch, sozialethisch“, in: Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft (RGG), hg. von Hans Dieter Betz, Don S. Browning, Bernd Janowski, Eberhard Jüngel, Band 3, S. 342.
[45] Vgl. Browning, Robert: „Greeks and Others: From Antiquity to the Renaissance” in: Harrison, Thomas (Hrsg.): Greeks and Barbarians, Edinburgh 2002, S. 257.
[46] Vgl. Assmann, Jan: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen, S. 35ff.
[47] Vgl. Anderson, Benedict: Imagined Communities. Reflections on the Origin and Spread of Nationalism, S. 6f.
[48] Vgl. Assmann, Aleida: Einführung in die Kulturwissenschaft. Grundbegriffe, Themen, Fragestellungen, S. 183.
[49] Ebd., S. 188.
[50] Wimmer, Michael: „Fremde“, in: Wulff (Hrsg.): Vom Menschen, S. 1070.
[51] Ebd., S. 1073.
[52] Kohl, Karl-Heinz: Ethnologie – die Wissenschaft vom kulturell Fremden. Eine Einführung, S. 96.
[53] Der „linguistic turn“, des frühen 20. Jahrhunderts hatte ausgehend von der Linguistik und Semiotik weitreichende Auswirkungen auf andere Fachgebiete wie die Philosophie, die Geschichtswissenschaft und die Sozial- und Kulturwissenschaft und schlug sich im „cultural turn“, im „interpretive turn“ oder in der „anthropologischen Wende“ nieder.
[54] Diese kann im Rahmen der Arbeit nur stichwortartig und als grobe Übersicht dargeboten werden; für eine umfangreiche und detaillierte Darstellung des Themas siehe Michael Meyer (Hrsg.): Deutsch-jüdische Geschichte in der Neuzeit, München 1996f; Ludger Heid (Hrsg.): Deutsch-jüdische Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert, Sachsenheim 1992.
[55] Die Hinweise auf einen dezidierten Antijudaismus in der Antike werden in der Forschung kontrovers diskutiert, für einen Überblick der Geschichte des Antijudaismus und –semitismus siehe Werner Bergmann: Geschichte des Antisemitismus, München 2002; Detlev Claussen: Vom Judenhass zum Antisemitismus: Materialien einer verleugneten Geschichte, Darmstadt 1987. Der Begriff des Antisemitismus wurde um 1879 von Wilhelm Marr geprägt und bezeichnet gemeinhin die rassisch begründete Judenfeindschaft, während der Begriff des Antijudaismus die Phänomene der primär religiös, aber auch sozial und ökonomisch fundierten Vorurteile gegenüber Juden umfasst, die aber nicht von einer rassischen Grundlage ausgehen. Allerdings werden in Forschung wie auch im Alltag beide Begriffe teilweise synonym gebraucht bzw. der Begriff des Antisemitismus auch auf Phänomene vor 1879 verwendet.
[56] Zu diesem Thema siehe Wolf-Daniel Hartwich: „Messianische Mythen und Romantischer Antisemitismus. Von Achim von Arnim zu Richard Wagner“, in: von Bormann, Alexander (Hrsg.): Romantische Religiosität; Würzburg 2005, S. 243-263.
[57] Spörk, Ingrid: „Das Phantasma vom ‚Anderen‘. Überlegungen zu Genese und Aktualität des Fremdbildes am Beispiel der ‚Juden‘“, in: Hödl, Klaus (Hrsg.): Der Umgang mit dem Anderen. Juden, Frauen, Fremde, , S. 23.
[58] Vgl. Simmel, Georg: „Exkurs über den Fremden“, in: Ders.: Soziologie. Untersuchung über die Formen der Vergesellschaftung, S. 766f. Simmels grundlegende Überlegungen gelten als Klassiker der Fremdheitsforschung und spielen bis heute eine Rolle in zahlreichen Theorien zum Thema Fremdheit.
[59] Siehe die kritische Betrachtung von Joachim Schlör: „Bilder Berlins als »jüdische« Stadt. Ein Essay zur Wahrnehmungsgeschichte der deutschen Metropole“, in: Archiv für Sozialgeschichte 37 (1997), S. 207-229.
[60] Siehe dazu Wolfgang Benz Die Protokolle der Weisen von Zion. Die Legende von der jüdischen Weltverschwörung, München 2007.
[61] Siehe etwa die Artikel des ehemaligen taz -Redakteurs Mathias Bröckers im online-Magazin „telepolis“ des Verlags Heinz Heise (www.telepolis.de).
[62] Erb, Rainer: „Klischees über »gute« und »böse« Juden. Immer wieder entgegentreten“, in: Romberg, Otto R./Urban-Fahr, Susanne (Hrsg.): Juden in Deutschland nach 1945. Bürger oder ‚Mit‘-Bürger?, S. 82.
- Quote paper
- Anja Kreienbrink (Author), 2008, Die Konstruktion von Fremdheit am Beispiel gesellschaftlicher Diskurse über jüdische Kultur in Deutschland nach 1989, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/179764
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