Diese Arbeit untersucht die Möglichkeiten der Business Intelligence (BI) zur Entscheidungsunterstützung im Bereich des Supply Chain Management (SCM). Als Bindeglied zwischen den betriebswirtschaftlichen Problemstellungen des SCM und den technologischen Ansätzen des BI soll hier die Informationsbedarfsanalyse die Aufgabe übernehmen, die an den betriebswirtschaftlichen Zielen des SCM orientierte Informationsversorgung sicherzustellen. Ziel dieser Bachelorarbeit ist es, einen integrierten Ansatz zur Verwendung von BI herauszuarbeiten, der die Informationsversorgung zur Entscheidungsunterstützung des SCM sicherstellt. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der betriebswirtschaftliche Perspektive.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Motivation und Zielsetzung
1.2 Inhalt und Aufbau
2 Grundlagen
2.1 Business Intelligence
2.1.1 Historische Grundlagen
2.1.2 Begriffsdefinition
2.1.3 Technische Systeme und Ansätze
2.2 Informationsbedarfsanalyse
2.2.1 Grundlagen des Informationsbegriffs
2.2.2 Informationsbedarf und Informationsangebot
2.2.3 Techniken der Informationsbedarfsanalyse
2.3 Supply Chain Management
2.3.1 Historische Entwicklung
2.3.2 Begriffsdefinition
2.3.3 Supply Chain Operation Reference Modell
2.3.4 Zielsetzung und Risiken
2.3.5 Business Intelligence – die richtige Antwort auf die Herausforderungen des Supply Chain Managements?
3 Entwicklung einer Entscheidungsunterstützung für das Supply Chain Management
3.1 Informationsbedarfsanalyse
3.1.1 Vorgehensweise
3.1.2 Strategieanalyse
3.1.3 Darstellung der Informationsbedarfe
3.1.4 Bestimmung der Entscheiderrollen
3.1.5 Erstellung der Informationsprofile
3.1.6 Zusammenfassung
3.2 Datensammlung
3.2.1 Operative Systeme zur Unterstützung des Supply Chain Managements
3.2.2 Datenaustauschstandards
3.2.3 Technologien zur Produktionsprozess- und Transport-überwachung
3.3 Datenbereitstellung
3.3.1 Extract – Transform – Load – der ETL-Prozess
3.3.2 Data Warehouse und Data Marts
3.4 Informationsgenerierung
3.4.1 OLAP
3.4.2 Data Mining
3.5 Informationszugriff
4 Schlussbetrachtung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Eidesstattliche Erklärung & Einverständniserklärung
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 2.1: BI-Ordnungsrahmen
Abbildung 2.2: Informationsprozess
Abbildung 2.3: Abfrage- und Berichtssysteme
Abbildung 2.4: BI-Ordnungsrahmen
Abbildung 2.5: Daten – Informationen - Wissen
Abbildung 2.6: Informationsbedarf und Informationsversorgung
Abbildung 2.7: Inner- und überbetriebliche Lieferkette
Abbildung 2.8: Ebenen des SCOR-Modells
Abbildung 2.9: Visuelle Darstellung der 2. Ebene des SCOR-Modells
Abbildung 2.10: Risikobereiche
Abbildung 2.11: ursachenbezogene Struktur von Supply Chain Risiken basierend auf der zweiten Ebene des SCOR-Modells
Abbildung 3.1: Vorgehensweise der Informationsbedarfsanalyse
Abbildung 3.2: Organisationsstruktur der Entscheider des SCM
Abbildung 3.3: Entscheiderprofil „Plan“
Abbildung 3.4: Entscheiderprofil Stabstelle „IuK-Technologie“
Abbildung 3.5: Entscheiderprofil „Beschaffen“
Abbildung 3.6: Entscheiderprofil „Herstellen“
Abbildung 3.7: Entscheiderprofil „Liefern“
Abbildung 3.8: Entscheiderprofil „Zurückführen“
Abbildung 3.9: Computer Integrated Manufacturing“
Abbildung 3.10: Schichtenmodell des EDI“
Abbildung 3.11: Aufbau der Ebene der Datenbereitstellung
Abbildung 3.12: Dimensionsmodell des OLAP-Würfels
Tabellenverzeichnis
Tabelle 2.2: Teilprozesse der Transformation
Tabelle 2.3: FASMI
Tabelle 2.4: Die drei Ebenen der Semiotik
Tabelle 2.5: Kategorien von Informationsbedarfen
Tabelle 2.6: Beteiligte Personen bei der IBA
Tabelle 2.7: Vorgehensweisen bei der IBA
Tabelle 2.8: Denkschulen laut Bechtel und Jayaram
Tabelle 2.9: Strategische Ziele des Supply Chain Managements
Tabelle 3.1: Zielbereiche des Supply Chain Managements abgeleitet vom SCOR-Modell
Tabelle 3.2: Beispiel Risiko Beschaffung (Source)
Tabelle 3.3: Beispiel Risiko Produktion (Make)
Tabelle 3.4: Beispiel Risiko Vertrieb (Deliver)
Tabelle 3.5: Informationsbedarf abgeleitet von den Zielbereichen des SCM
Tabelle 3.6: Informationsbedarf abgeleitet aus den Hauptkennzahlen des SCOR-Modells
Tabelle 3.7: Informationsbedarf abgeleitet aus den Risiken des SCM
Tabelle 3.8: Operationen auf OLAP-Würfeln
Tabelle 3.9: Analysemethoden des Data Mining
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Dieses Kapitel dient der Einführung in die Thematik der vorliegenden Bachelorarbeit. Zu diesem Zweck werden zuerst die Motivation für die Wahl dieses Themas und die Zielsetzung dargelegt. Anschließend wird die Vorgehensweise innerhalb dieser Arbeit dargestellt.
1.1 Motivation und Zielsetzung
Das Thema SUPPLY CHAIN MANAGEMENT (SCM) ist seit längerer Zeit immer wieder Thema in wissenschaftlichen Arbeiten und stellt auch in der Praxis einen thematischen Schwerpunkt dar (Werner 2010, S. 1). Bedingt durch die zunehmende Globalisierung und die damit einhergehende Verschärfung des Wettbewerbes zwischen den Unternehmungen sind diese gezwungen sich auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen (Glock 2010, S. 3). Als Folge dieser Entwicklung findet eine zunehmende Vernetzung von Unternehmen zu sogenannten Wertschöpfungsnetzwerken statt. Diese Netzwerke sind erheblich komplexer zu führen als Einzelunternehmen und auch die strategische Weiterentwicklung dieser Netzwerke stellt eine Herausforderung dar, da die einzelnen Ziele vieler Unternehmungen berücksichtigt werden müssen und diese teilweise auch in Konkurrenz zueinander stehen können. Um die gemeinsame Wettbewerbsfähigkeit und damit auch die Zusammenarbeit in dem Wertschöpfungsnetzwerk zu optimieren ist eine elektronische Integration der einzelnen Netzwerkteilnehmer elementar (Baumgarten und Thoms 2002, S. 21). Wesentliches Ziel der elektronischen Integration ist die Schaffung einer besseren Informationsversorgung aller Netzwerkteilnehmer um bessere – an den betriebswirtschaftlichen Zielen orientierte - Entscheidungen treffen zu können.
Die technologische Entscheidungsunterstützung ist das Ziel unterschiedlicher Systeme, die unter dem Schlagwort BUSINESS INTELLIGENCE (BI) zusammengefasst werden.
Nur wenige Begriffe werden zurzeit so inflationär verwendet wie BI. Umso erstaunlicher ist es, dass diesem Thema trotz der hohen Verbreitung und des großen Interesses keine einheitliche Definition zugrunde liegt. Als gemeinsame Basis der meisten Definitionen kann eine begriffliche Klammer gelten, die eine große Anzahl an unterschiedlichen Ansätzen zur Sammlung, Aufbereitung und Analyse betrieblicher Daten zusammenfasst. Der Schwerpunkt der Definition gilt hierbei regelmäßig der informationstechnologischen Perspektive. Kern dieser Perspektive sind technologische Konzepte wie z.B. Data Warehouse, Data Mining oder Online Analytical Processing. Mit der Fokussierung auf die technologische Perspektive wird die betriebswirtschaftliche Perspektive des BI-Ansatzes in den Hintergrund gedrängt. Das führt häufig dazu, dass nicht das vollständige Erfolgspotenzial ausgenutzt wird (Bogaschewsky 2003, S. 45). Grundlage für die zielgerichtete Analyse von Daten ist jedoch ein vorgelagerter Prozess - die INFORMATIONSBEDARFSANALYSE (IBA), welche die Basis für eine erfolgreiche technologieunterstützte Entscheidungshilfe bildet. Die IBA beinhaltet die betriebswirtschaftliche Perspektive, welche das Verstehen des Entscheidungsprozesses sowie deren betriebswirtschaftlichen Anforderungen und Strukturierungsmöglichkeiten umfasst. Ein wichtiger Teil stellt hierbei die Ermittlung und die Systematisierung der Informationsbedarfe dar. Diese betriebswirtschaftliche Perspektive orientiert sich in dieser Arbeit an dem konkreten Einsatzbereich der BI-Lösung, dem SCM.
Im Rahmen dieser Arbeit sollen konkret die Möglichkeiten der BI zur Entscheidungsunterstützung im Bereich des SCM untersucht werden. Als Bindeglied zwischen den betriebswirtschaftlichen Problemstellungen des SCM und den technologischen Ansätzen des BI soll hier die IBA die Aufgabe übernehmen, die an den betriebswirtschaftlichen Zielen des SCM orientierte Informationsversorgung sicherzustellen.
Ziel dieser Bachelorarbeit ist es, einen integrierten Ansatz zur Verwendung von BI herauszuarbeiten, der die Informationsversorgung zur Entscheidungsunterstützung des SCM sicherstellt. Der Schwerpunkt der Arbeit wird hierbei auf die betriebswirtschaftliche Perspektive gelegt.
1.2 Inhalt und Aufbau
Im Kapitel 2 werden die Grundlagen für die Ausarbeitung des integrierten Ansatzes dargestellt. Dabei werden die für die weiteren Ausführungen maßgeblichen Themengebiete BI, IBA und SCM erläutert und - soweit im Rahmen dieser Arbeit notwendig - definiert.
Im Kapitel 3 werden, beginnend mit der IBA die Informationsbedarfe der zu definierenden Entscheider ermittelt. Zu diesem Zweck werden aus den in Kapitel 2 dargestellten Zielen und Risiken des SCM mittels einer Strategieanalyse die operativen Zielbereiche und Kennzahlen ermittelt. Aus diesen Ergebnissen wird der Informationsbedarf des SCM abgeleitet.
Anschließend werden Entscheiderrollen abgegrenzt, welche sich aus einem organisatorischen Aufbau des SCOR-Modells und in einem weiteren Schritt aus den entsprechend zugeordneten Aufgaben ergeben. Daraufhin wird der ermittelte Informationsbedarf den definierten Entscheiderrollen zugeordnet um nun ein entscheiderspezifisches Informationsprofil zu erstellen.
Darauf aufbauend wird ein integriertes BI Konzept gestützt auf den aus der IBA gewonnenen Informationsbedarfen entwickelt. Hierbei wird den Schwerpunkt die Umsetzung des Konzeptes am Informationsprozess der Informationslogistik (siehe Abbildung 2.2) darstellen. Bedeutend hierbei ist die konsequente Berücksichtigung der in der IBA gewonnen Informationsbedarfe im Hinblick auf den zu erstellenden BI Konzept um letztendlich die betriebswirtschaftlichen Entscheidungsprozesse optimal zu unterstützen.
Abschließend werden in Kapitel 4 die Ergebnisse dieser Arbeit zusammenfassend dargestellt und die Arbeit mit einem Ausblick abgeschlossen.
2 Grundlagen
Basierend auf den in der Einleitung dargestellten Zusammenhängen und dem Ziel dieser Arbeit enthält dieses Kapitel die theoretischen Grundlagen, die dem Verständnis der weiteren Ausführungen dienen.
2.1 Business Intelligence
Im Mittelpunkt dieses Abschnittes steht die Abgrenzung und Definition des Begriffes BI sowie dessen historische Herleitung bzw. Entwicklung und weitere Ausführungen zu den technischen Systemen und Ansätzen die BI umfasst.
2.1.1 Historische Grundlagen
Die erste Verwendung des Begriffes BI geht auf den deutschen Informatiker Hans Peter Luhn zurück, der im Oktober 1958 im IBM Journal einen Beitrag mit dem Titel „A Business Intelligence System“ veröffentlichte (Luhn 1958, S. 314 ff.). In diesem Artikel beschreibt Luhn die „Architektur eines Systems, das aus heutiger Sicht eine Kombination aus Dokumentenmanagement- und Text-Mining-Komponenten für ein betriebliches Aufgabenmanagementsystem darstellt“ (Gansor, Totok und Stock 2010, S. 29). Die Aufgabe des Systems war hierbei die wichtigsten Aufgaben (Action Points) zusammenzufassen um die Unternehmensziele zu verwirklichen (Gansor, Totok und Stock 2010, S. 29). Für die damalige Zeit war dies ein visionäres System.
Offensichtlich ist die Idee der informationstechnologischen Entscheidungsunterstützung betrieblicher Entscheidungsträger nicht neu. Die ersten Bemühungen diesbezüglich lassen sich bis in die 60er Jahre zurückverfolgen (Chamoni und Gluchowski 2006, S. 6). Damals entstand basierend auf den ersten Erfolgen der Basisdatenverarbeitung der Wunsch automatisch generierte Führungsinformationen zu erhalten. (Strauch 2002, S. 15). Es wurde daraufhin mit zahlreichen Projekten begonnen, die alle das Ziel hatten aus der vorhandenen Datenbasis Informationen abzuleiten, welche direkt in Planungs- und Kontrollprozesse einfließen sollten. Diese Systeme wurden unter dem Begriff Management Information Systems (MIS) zusammengefasst (Chamoni und Gluchowski 2006, S. 6). Die grundlegende Idee dieser Systeme war eine umfassende Informationsversorgung aller Führungsebenen. Dabei sollten diese mit Informationen, die auf Knopfdruck zu jedem Zeitpunkt generiert werden können, versorgt werden. Den hohen Erwartungen konnten diese Systeme damals nicht gerecht werden (Strauch 2002, S. 15). Als Gründe für das Scheitern dieser Systeme ist neben mangelnder technischer Machbarkeit (Chamoni und Gluchowski 2006, S. 6) und einer zu starken Orientierung an den Datenstrukturen der operativen Systeme auch eine zu große Zahl an irrelevanten Informationen, welche zur Überforderung der Benutzer führte, zu nennen (Strauch 2002, S. 16).
In den 70er Jahren versuchte man basierend auf diesen Erfahrungen die MIS weiterzuentwickeln. Diese Decision Support Systems (DSS), beziehungsweise Entscheidungsunterstützungssysteme (EUS), versuchten, „die erkannten Schwachpunkte durch eine Abbildung des Verhaltens von Entscheidungsträgern bei der Lösung von Fachproblemen zu vermeiden“ (Chamoni und Gluchowski 2006, S. 7). Der wesentliche Unterschied zu den MIS war, dass nicht mehr die Informationsversorgung im Mittelpunkt stand, sondern die effektive Unterstützung im Planungs- und Entscheidungsprozess. Dabei war es das Ziel, das Urteilsvermögen des Anwenders und dadurch die Entscheidungsqualität zu verbessern (Chamoni und Gluchowski 2006, S. 7). Der Gedanke dieser Systeme war als eine Art Entscheidungsassistenz unterstützend bei der Entscheidungsfindung mitzuwirken. Die ersten Umsetzungen basierten auf Tabellenkalkulationssoftware (Strauch 2002, S. 17), welche durch ihren erfolgreichen Einsatz bedeutend zur Etablierung dieser Systeme in den Entscheidungsebenen beigetragen hat. Die Stärke dieser Systeme war die Beantwortung konkreter Fragen in Bezug auf Handlungsalternativen. Problematisch erwies sich jedoch die Ausrichtung dieser Systeme auf einzelne Anwender beziehungsweise Anwendergruppen, was die Integration dieser Systeme in unternehmensweite Datenverarbeitungskonzepte schwer umsetzbar machte (Chamoni und Gluchowski 2006, S. 7).
Gegen Mitte der 80er Jahre wurde die Idee der bedarfsgerechten Informationsversorgung für Führungskräfte durch computergestützte Systeme wieder aufgegriffen. Unter den neuen Schlagwörtern Executive Information Systems (EIS), Chefinformationssysteme (CIS) oder Führungsinformationssysteme (FIS) wurden diese neuen Systeme angeboten und zielten direkt auf die Führungsebene als Anwenderkreis ab (Chamoni und Gluchowski 2006, S. 8). Die Gründe für die Wiederaufnahme der Idee lassen sich sowohl im technischen wie auch im betriebswirtschaftlichen Bereich finden. Im technischen Bereich ist vor allem die Weiterentwicklung der Benutzeroberfläche, die zunehmend anwenderfreundlicher gestaltet wurde, sowie das verstärkte Aufkommen der Personal Computer zu nennen (Strauch 2002, S. 17). Auch neuartige technische Verfahren wie Drill-down (disaggregierende Informationsanalyse auf Knopfdruck) sowie Exception Reporting (Ausnahme-Berichtwesen mit Kennzeichnung auffälliger Abweichungen) machten derartige Systeme für die Führungsebene interessanter (Chamoni und Gluchowski 2006, S. 8). Im betriebswirtschaftlichen Bereich ist die Überhäufung der Führungsebene mit Papierbergen, welche durch das papierbasierte Berichtswesen generiert wurden, zu nennen, sodass der Popularität eines DV-unterstützten Informationsmanagements deutlich zunahm (Strauch 2002, S. 17). Trotz der umfassenden Neuerungen konnten auch diese Systeme nur teilweise überzeugen. Als Gründe für diesen Umstand lassen sich mangelnde Flexibilität in Bezug auf die Datenbasis, die meist proprietärer Art war, und die Benutzeroberfläche nennen. Gerade diese Eigenschaft wäre von Bedeutung um den wechselnden Anforderungen der betrieblichen Entscheidungsträger gerecht zu werden. Auch die ungenügende Integration in die bestehenden Führungssysteme und Organisationsstrukturen verstärkt das Risiko des Scheiterns bei der Einführung dieser Informationssysteme. Besonders wenn parallel zu dem Informationssystem noch am althergebrachten Berichtwesen festgehalten wird, besteht eine hohe Chance, dass das Informationssystem politisch unterlaufen und damit inkonsistent und überflüssig wird (Chamoni und Gluchowski 2006, S. 8).
Die Neuentdeckung des Begriffes BI fand 1996 statt und lässt sich auf die Gartner Group zurückführen. „Data analysis, reporting, and query tools can help business users wade through a sea of data to synthesize valuable information from it – today these tools collectively fall in a category called ‘Business Intelligence’” (Anandarajan, Srinivasan und Anandarajan 2004, S. 19). Das Zitat macht deutlich, dass es bei BI nicht nur um die Bereitstellung von Informationen geht, sondern auch um die Generierung von neuen Informationen durch die Analyse einer Datenbasis. Basierend auf diesem Zitat wird nun eine Begriffsdefinition für BI erarbeitet.
2.1.2 Begriffsdefinition
Momentan existiert weder in der Praxis noch in der Wissenschaft ein einheitliches Verständnis beziehungsweise eine Definition für BI. Mertens (2002, S. 4) hat in einer Untersuchung folgende gängige BI-Abgrenzungen identifiziert:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2.1: unterschiedliche Varianten BI-Abgrenzungen
Quelle: entnommen aus (Mertens 2002, S. 4)
Wie man bereits auf den ersten Blick erkennt, dominiert die Auffassung, dass sich BI als mehr oder weniger große Anzahl an technischen Ansätzen und Systemen definiert. Beispielhaft, weil typisch, sei hier eine Definition von Chamoni und Gluchowski (2004, S. 119) genannt, die BI als einen Sammelbegriff „zur Kennzeichnung von Systemen […], die auf Basis interner Leistungs- und Abrechnungsdaten sowie externer Marktdaten in der Lage sind, das Management in seiner planenden, steuernden und koordinierenden Tätigkeit zu unterstützen“, sehen.
Eine Strukturierung dieser verschiedenen Sichtweisen ist Gluchowski (2001, S. 7) durch einen zweidimensionalen Ordnungsrahmen gelungen (siehe Abbildung 2.1). Bei dieser Abbildung werden auf der vertikalen Achse die jeweiligen Phasen des analytischen Datenverarbeitungsprozesses aufgetragen, wobei die Datenbereitstellung die erste Phase und die Datenauswertung die letzte Phase darstellt. Auf der horizontalen Achse wird der Schwerpunkt definiert, der entweder technik- oder anwendungsorientiert ist.
Basierend auf der Positionierung der Anwendungen in dem Ordnungsrahmen lassen sich drei Typen von Definitionsansätzen abgrenzen:
1. Enges BI-Verständnis
Dieses Verständnis basiert auf der Annahme, dass nur die Komponenten und Systeme vom BI erfasst werden, die „modell- und methodenbasiert eine zielgerichtete Analyse von vorhandenen Datenmaterial ermöglichen“ (Gluchowski 2001, S. 6). Damit ist BI auf „die Auswertungsebene beschränkt und setzt einen harmonisierten, aufbereiteten und abgestimmten Datenpool voraus“ (Gluchowski 2001, S. 6).
2. Analyseorientiertes BI-Verständnis
Dieses Verständnis erweitert das enge BI-Verständnis um weitere Systeme, die ebenfalls darauf ausgelegt sind, „geschäftliche Prozesse zu untersuchen und besser zu verstehen“ (Gluchowski 2001, S. 6). Hierzu gehören unter anderem Werkzeuge die zum Oberbegriff Knowledge Management zusammengefasst werden: Systeme zur Planung und Budgetierung, Konsolidierung, sowie Balanced-Scorecards und Kennzahlensysteme (Gluchowski 2001, S. 6).
3. Weiteres BI-Verständnis
Bei diesem Verständnis von BI gehören alle Systemkomponenten zu BI, „die operatives Datenmaterial zur Informations- und letztlich Wissensgenerierung aufbereiten und speichern sowie Auswertungs- und Präsentationsfunktionalität anbieten“ (Gluchowski 2001, S. 6).
Ein Darstellung dieser drei BI-Verständnisse erfolgt in folgender Abbildung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.1: BI-Ordnungsrahmen
Quelle: in Anlehnung an (Gluchowski 2001, S. 7)
Ergänzend zu den bis jetzt dargestellten BI-Verständnissen, die eher werkzeug- beziehungsweise technologieorientiert waren, stellt Gluchowski (2001, S. 6-7) auch noch die prozessfokussierte Sichtweise dar. Dieser Prozess umfasst von der Generierung einer homogenen Datenbasis bis zur Darstellung der Ergebnisse alle Schritte, die zur systematischen Analyse notwendig sind.
Alle bis jetzt vorgestellten BI-Verständnisse und Definitionen haben gemein, dass sie einen ganz entscheidenden Aspekt außer Acht lassen. Betrachtet man den Informationsprozess (siehe Abbildung 2.2), so stellt man fest, dass sich alle vorgestellten Definitionen auf die Prozessschritte 2 (Datensammlung) bis 5 (Informationsanalyse) beziehen. Als vorgelagerter wichtiger Schritt ist der Prozessschritt 1 (IBA) aus den meisten BI Definitionen ausgeklammert. Dies ist insofern nicht nachvollziehbar, da die IBA zwingend dem weiteren Prozess vorgelagert sein muss. Speziell die oben beschriebenen Akzeptanzprobleme mit den MIS (siehe Abschnitt 2.1.1) haben deutlich gezeigt, dass computergestützte Systeme sich nicht durchsetzen können, wenn der Benutzer mit einer unübersichtlichen und auch unnötig großen Menge an Daten überfordert wird. Es empfiehlt sich daher, eine IBA der eigentlichen Datensammlung vorzulagern, um sicherzustellen, dass auch die richtigen Daten zur Entscheidungsunterstützung vorliegen bzw. gesammelt werden und gleichzeitig verhindert wird, dass die Datenbasis unnötig groß wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.2: Informationsprozess
Quelle: entnommen aus (Baumöl 2009, S. 35)
Aus diesem Grund wird im Rahmen dieser Arbeit eine erweiterte Definition für BI gewählt, die neben den Prozessschritten 2 bis 5 auch den Prozessschritt 1 des Informationsprozesses enthält.
„BI ist die an einem Entscheidungsproblem orientierte Analyse und adressatengerechte Bereitstellung von Informationen, mit dem Ziel, den Entscheidungsprozess zu unterstützen“ (Baumöl 2009, S. 84).
Der Begriff BI umfasst somit zwei Perspektiven. Erstens die betriebswirtschaftliche Perspektive, die im Wesentlichen die Ermittlung und Systematisierung der Informationsbedarfe der Entscheider umfasst und somit den Prozessschritt 1, die IBA.
Zweitens umfasst BI die informationstechnologische Perspektive, welche die adressatengerechte Bereitstellung von Informationen einschließt und somit die technologisch unterstützten Prozessschritte 2 bis 5.
Der Prozessschritt 1 - die IBA - wird im Abschnitt 2.2 genauer erläutert. Die technischen Systeme und Ansätze des BI, welche zur Durchführung der Prozessschritte 2 - 5 benötigt werden, sind Thema des folgenden Abschnittes 2.1.3.
2.1.3 Technische Systeme und Ansätze
Die technischen Systeme und Ansätze des BI lassen sich in einen dreigliedrigen Ordnungsrahmen systematisch und am Grad der Systemintegration orientiert darstellen.
1. Datenbereitstellung
Innerhalb einer Unternehmung existieren viele unterschiedliche operative Systeme wie beispielsweise Produktionsplanungssysteme (PPS), Enterprise Resource Planing Systeme (ERP), usw. (Kemper, Baars und Mehanna 2010, S. 11). Alle genannten Systeme benötigen zur Ausübung ihrer operativen Funktionen entsprechende Datenbestände bzw. generieren durch ihre Tätigkeit Datenbestände. Das Problem hierbei ist, dass diese Datenbestände keinem einheitlichen Schema unterliegen und Daten teilweise doppelt vorliegen können. Durch die mehrfache Speicherung derselben Daten können sich inkonsistente Sichten bilden. Daher ist der erste Schritt innerhalb der Datenbereitstellung eine logisch zentrale, einheitliche und konsistente Datenbasis als Grundlage für die weitere analytische Verarbeitung zu schaffen (Chamoni und Gluchowski 2006, S. 12). Zu diesem Zweck werden periodische oder ad-hoc Verbindungen aufgebaut um die relevanten Daten aus den operativen Systemen zu extrahieren (Chamoni und Gluchowski 2006, S. 12). Diese Extrahierung beinhaltet einen Transformationsprozess, welche alle Aufgaben zur Umwandlung der operativen Daten in betriebswirtschaftlich interpretierbare Daten umfasst (Kemper, Baars und Mehanna 2010, S. 27). Die Teilprozesse des Transformationsprozesses werden in folgender Tabelle dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2.2: Teilprozesse der Transformation
Quelle: entnommen aus (Kemper, Baars und Mehanna 2010, S. 28)
Diese auf diesem Wege extrahierten und strukturierten Daten werden anschließend in so genannten Data Warehouses (DWHs) für die weitere Verarbeitung gespeichert. Das DHW stellt somit eine Zwischenschicht dar, welche die operativen Systeme von den dispositiven Systemen trennt (Strauch 2002, S. 24).
DWHs sind von den operativen Datenbeständen getrennte, logisch zentralisierte, dispositive Datenhaltungssysteme, die idealtypisch der unternehmensweit einheitlichen und konsistenten Datenversorgung für alle Arten von MIS dienen (Gabriel, Chamoni und Gluchowski 2000, S. 76).
Der Begriff des DWH wurde von William H. Inmon (2005, S. 29 ff.) wesentlich geprägt. Demnach wird das DWH von den Merkmalen der Themenorientierung, der Integration, des Zeitraumbezuges und der Nicht-Volatilität charakterisiert.
a. Themenorientierung
Diese dispositiven Daten orientieren sich an dem Informationsbedarf des Managements und beziehen sich auf die inhaltlichen Kernbereiche der Organisation (Chamoni und Gluchowski 2006, S. 13). Dabei erfolgt eine inhaltliche Konzentration auf Themenschwerpunkte, die im Rahmen der Entscheidungsunterstützung von Interesse sind.
b. Integration
Bei diesem Aspekt geht es um die schwierige Aufgabe die Daten aus den unterschiedlichen operativen und externen Quellen zu einer inhaltlich widerspruchsfreien Datensammlung zusammenzufügen (Kemper, Baars und Mehanna 2010, S. 20).
c. Zeitraumbezug
Entgegen den transaktionsorientierten und somit zeitpunktbezogenen Daten der operativen Systeme beziehen sich die Daten innerhalb des DWH auf einen Zeitraum (Kemper, Baars und Mehanna 2010, S. 20).
d. Nicht-Volatilität
Im Unterschied zu operativen Daten, die sich kontinuierlich verändern, repräsentieren die Daten im DWH eine statische Sicht, da die Daten zumindest während der Analysevorgänge keiner Veränderung unterliegen (Kemper, Baars und Mehanna 2010, S. 21).
Je nach Art und Anzahl der zu betrachteten Bereiche können auch mehrere DWHs existieren. Auch die weitere Extraktion von Daten aus einem zentralen DWH in ein sogenanntes Data Mart kann im Rahmen der Datenbereitstellung sinnvoll sein (Kemper, Baars und Mehanna 2010, S. 26).
Die extrahierten unstrukturierten Daten werden soweit sinnvoll in sogenannte Content- und Document Management Systems gespeichert (Kemper, Baars und Mehanna 2010, S. 12). Zu diesen Daten gehören Informationsobjekte in beliebiger elektronischer Form (z.B. Texte, Bilder, Audio-/Videosequenzen) (Kemper, Baars und Mehanna 2010, S. 26)
2. Informationsgenerierung/ -distribution
Die Aufgabe der Informationsgenerierung wird durch sogenannte Analysesysteme umgesetzt. Es gibt eine unübersichtlich große Auswahl an Analysesystemen, sodass im Rahmen dieser Arbeit nur ein grober Überblick gegeben werden kann. Für eine genauere Beschreibung der Funktionsweise wird auf die weiterführende Fachliteratur verwiesen.
Das DWH stellt für den Entscheidungsträger in erster Line eine mehr oder weniger große Sammlung von Daten dar. Der entscheidende Schritt ist nun, im Rahmen der Analyse durch das Aufdecken von Mustern und Beziehungen in der Datenbank, Informationen zu generieren (Laudon, Laudon und Schoder 2010, S. 308).
Als erste Gruppe von Analysesystemen sind hier Abfrage- und Berichtssysteme zu nennen. Diese Systeme „erlauben die einfache Auswertung von Dateien und Datenbanken (Datenextraktion und –aggregation) und die ansprechende Präsentation der Ergebnisse in fester oder variabler Form“ (Hansen und Neumann 2009, S. 1024). Anfragen werden dabei immer vom Benutzer gestartet während Berichte systemseitig aufgrund bestimmter Vorgaben generiert werden (Hansen und Neumann 2009, S. 1024). Eine grobe Unterteilung dieser Gruppe kann der folgenden Abbildung 2.3 entnommen werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.3: Abfrage- und Berichtssysteme
Quelle: entnommen aus (Hansen und Neumann 2009, S. 1022)
Als weitere Gruppe innerhalb der Analysesysteme können Systeme benannt werden, die zur interaktiven Auswertung der Datenbank eines DWH genutzt werden können. Zu dieser Gruppe gehören Systeme die aus einer Datenbank bisher unbekannte Muster und Beziehungen von Daten finden. Im Wesentlichen fallen unter diese Gruppe sogenannte Online Analytical Processing (OLAP) und Data Mining Systeme. Als neuere Systeme, speziell für die Auswertung von unstrukturierten Daten, sind Text-Mining und Web-Mining Systeme entwickelt worden (Laudon, Laudon und Schoder 2010, S. 312).
OLAP Systeme umfassen Techniken, um Daten nach mehreren Dimensionen bzw. aus mehreren Perspektiven zu analysieren (Laudon, Laudon und Schoder 2010, S. 309). Als wichtige herstellerunabhängige Kriterien wurde von Pendse (2008) unter dem Akronym FASMI folgende Eigenschaften zusammengefasst:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2.3: FASMI
Quelle: entnommen aus (Kemper, Baars und Mehanna 2010, S. 100)
Data Mining Systeme können große Datenbestände analysieren um Zusammenhänge, Muster und Regeln zu erkennen, welche als Anhaltpunkte bei der Entscheidungsunterstützung oder der Vorhersage künftiger Entwicklungen herangezogen werden können (Laudon, Laudon und Schoder 2010, S. 308). Während sich Data Mining Systeme für die Auswertung strukturierter Datenbestände eignen, sind Web- und Text-Mining Systeme für die Auswertung unstrukturierter Daten geeignet.
3. Informationszugriff
Wie Krcmar (2010, S. 96) ausführt, ist es für die Verwendbarkeit von Informationen entscheidend, dass diese in einer Form präsentiert werden, die der menschlichen Informationsverarbeitung entgegenkommt. Das heißt, die Information muss vom Nutzer aufgenommen, verstanden und interpretiert werden können. Entscheidend hierbei ist, dass die Benutzerschnittstelle an den Informationsbedarf des Nutzers angepasst werden kann (Kemper, Baars und Mehanna 2010, S. 13). Auch ein zentraler Einstiegspunkt (Single-Sign-On-Prinzip) für verschiedene Analysesysteme hilft den Benutzerkomfort zu steigern und die Akzeptanz der Nutzer zu erhöhen (Kemper, Baars und Mehanna 2010, S. 13). Derartige Lösungen werden unter dem Begriff Portal zusammengefasst. Portale stellen „leicht bedienbare, sichere und personalisierbare Zugangssysteme dar, über die Anwender Zugriff auf Information, Anwendungen, Prozesse und Personen erhalten, die auf den durch das Portal erschlossenen Systemen verfügbar sind“ (von Lucke 2008). Für die betriebliche Praxis entscheidet sich auf dieser Ebene ob die Informationen, die das BI-System bereitstellen kann, auch dem Entscheider auf die passende Art und Weise mitgeteilt werden können. Zu diesem Zweck sollte eine Vielzahl an Möglichkeiten existieren die Darstellung der Informationen den persönlichen Bedürfnissen des Benutzers anzupassen. Die Gratwanderung besteht darin, möglichst viele Optionen anzubieten ohne den Benutzer zu überfordern.
Zusammenfassen lässt sich der dreigliedrige BI-Ordnungsrahmen wie folgt darstellen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.4: BI-Ordnungsrahmen
Quelle: in Anlehnung an (Kemper, Baars und Mehanna 2010, S. 11)
2.2 Informationsbedarfsanalyse
Zentraler Inhalt dieses Abschnittes ist die IBA. Zum besseren Verständnis der IBA wird vorab der Begriff Information erläutert sowie der Zusammenhang zwischen Informationsbedarf und Informationsangebot beschrieben. Anschließend werden ausgewählte Methoden der IBA vorgestellt.
2.2.1 Grundlagen des Informationsbegriffs
Die Bedeutung von Informationen lässt sich alleine daran erkennen, dass Informationen mittlerweile als vierter Produktionsfaktor etabliert sind und als einer der wichtigsten Rohstoffe in einem Unternehmen gelten (Augustin 1990, S. 10) (Picot 1997). Neben dieser Bedeutung als Produktionsfaktor lässt sich die Rolle der Information für die betriebliche Leistungserstellung noch aus weiteren Blickwinkeln betrachten.
- Information als Produktionsfaktor,
- Information als wesentliches Element der zwischen- und innerbetrieblichen Arbeitsteilung,
- Information als ökonomisches Gut und
- Information als Mittel zur Positionierung im Wettbewerb (Piller 2006, S. 19)
Um den Begriff Informationen zu beschreiben wird häufig auf die Semiotik zurückgegriffen (Strauch 2002, S. 62). Die Semiotik bezeichnet die Erforschung der Gegenstände und der Funktionsweisen von Kommunikation (Picot, Reichwald und Wigand 2003, S. 89). Dabei unterscheidet die Semiotik drei Ebenen der Kommunikation.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2.4: Die drei Ebenen der Semiotik
Quelle: in Anlehnung an (Picot, Reichwald und Wigand 2003, S. 89)
Diese Systematik der Semiotik kann man benutzen um den Begriff Informationen zu definieren, indem man ihn zu den beiden Begriffen Daten und Wissen abgrenzt (Voß und Gutenschwager 2001, S. 8 ff.).
Demnach sind Daten die unstrukturierte Grundlage zur Generierung von Informationen. Sie sind in den Worten von Martin J. Beckmann das „Rohmaterial […], aus dem Entscheidungen hergestellt werden“ (Albach 1969, S. 720). Daten werden als Folge von Zeichen verstanden, die zur weiteren Verarbeitung bereitstehen. Der Begriff der Daten ist inhaltlich eng mit dem Begriff der Nachricht verbunden (Strauch 2002, S. 62).
Durch die Interpretation von Daten - nach bestimmten Vorschriften und Regeln - entstehen Informationen. Laut Wittmann (1959, S. 14) stellen Informationen zweckorientiertes Wissen dar, also solches Wissen, „das zur Erreichung eines Zweckes, nämlich einer möglichst vollkommenden Disposition eingesetzt wird“. Aus dieser Definition lässt sich erkennen, dass Informationen eine Teilmenge von Wissen darstellen (Strauch 2002, S. 65).
Erst durch die Betrachtung von Informationen im individuellen Kontext des Empfängers wird aus Informationen Wissen. Der Zusammenhang zwischen Daten, Information und Wissen wird in folgender Abbildung beschrieben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.5: Daten – Informationen - Wissen
Quelle: in Anlehnung an (Baumöl 2009, S. 9)
2.2.2 Informationsbedarf und Informationsangebot
„An Daten fehlt es heute kaum in einem Unternehmen. Wir haben eher zu viele davon. Information hingegen ist noch immer Mangelware, und man kann sich nicht darauf verlassen, dass alle Manager wissen, wie man von Daten zu Informationen kommt“ (Malik 2001, S. 337). Basierend auf diesem Zitat und auf der Erkenntnis, dass für jede Art der Aufgabenerfüllung innerhalb eines Unternehmens Informationen unentbehrlich sind (Picot, Reichwald und Wigand 2003, S. 80) stellt sich nun die Frage, welche Informationen nun für den Entscheidungsträger relevant sind.
Konkret ist die Frage nach dem Informationsbedarf, welcher definiert ist als „die Art, Menge und Qualität der Informationen, die eine Person zur Erfüllung ihrer Aufgaben in einer bestimmten Zeit benötigt“ (Picot, Reichwald und Wigand 2003, S. 81), zu stellen. Zu unterscheiden ist hier zwischen dem Informationsbedarf des Entscheiders und dem Informationsbedarf, der sich durch die informellen Anforderungen der Entscheidung ergibt (Picot, Reichwald und Wigand 2003, S. 81). Diese meist unterschiedlichen Informationsbedarfe werden zwei Kategorien zugeordnet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2.5: Kategorien von Informationsbedarfen
Quelle: entnommen aus (Picot, Reichwald und Wigand 2003, S. 81)
Der subjektive und der objektive Informationsbedarf müssen jedoch nicht unterschiedlich sein (Picot, Reichwald und Wigand 2003, S. 81).
Die tatsächlich nachgefragte Menge an Informationen ist wiederum nur eine Teilmenge des ursprünglich nachgefragten Informationsbedarfs. Wesentlich ist auch, dass nur in dem Bereich, in dem sich die Informationsnachfrage und das Informationsangebot überschneiden, eine tatsächliche Informationsversorgung stattfindet. Bleibt noch abschließend zu erläutern, dass der Bereich, der mit Informationen versorgt und gleichzeitig zur Aufgabenerfüllung notwendig ist, den Informationsstand darstellt (Picot, Reichwald und Wigand 2003, S. 81 f.). Das Zusammenwirken dieser verschiedenen Begriffe wird in Abbildung 2.6 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.6: Informationsbedarf und Informationsversorgung
Quelle: entnommen aus (Picot, Reichwald und Wigand 2003, S. 82)
2.2.3 Techniken der Informationsbedarfsanalyse
Es gibt eine sehr große Anzahl an verschiedenen Techniken zur Ermittlung des Informationsbedarfs. Allein Beiersdorf (1995, S. 75) zählt in seiner Arbeit 28 verschiedene Methoden zur IBA auf. Prinzipiell lassen sich die Methoden auf einer abstrakteren Ebene nach zwei Differenzierungskriterien unterscheiden. Zum einen kann die IBA nach den beteiligten Personen unterschieden werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2.6: Beteiligte Personen bei der IBA
Quelle: in Anlehnung an (Beiersdorf 1995, S. 71)
Die Selbstermittlung hat den Vorteil, dass eine Person mit der Informationsbedarfsermittlung betraut wird, die aufgrund von beruflicher Erfahrung in diesem Bereich weiß, welche Informationen wichtig für die zu treffenden Entscheidungen sind. (Beiersdorf 1995, S. 72). Nachteilig hingegen ist, dass die Unkenntnis von Risiken und damit einhergehend eine Nichtnachfrage an Informationen zu einem geringeren Informationsbedarf führen kann als im Rahmen der zu treffenden Entscheidungen objektiv notwendig wäre.
Bei der Fremdermittlung muss ein Nicht-Entscheidungsträger oder gar ein Unternehmungsexterner den Informationsbedarf ermitteln. Dabei besteht das Risiko, dass dieser nur ungenügend die Problemstellungen der zu treffenden Entscheidungen versteht und auch nur schwer beurteilen kann, welche Informationen fehlen und somit den Bedarf bilden (Beiersdorf 1995, S. 72).
Die partizipative Ermittlung kann als Zwischenschritt zur kollektiven Ermittlung gesehen werden. Sie bietet zwar durch die Kombination der beiden zuvor genannten Möglichkeiten bessere Chancen den objektiven Informationsbedarf vollständig zu ermitteln, jedoch stellt sich die Frage warum die Informationsbedarfsermittlung nur als unterstützte Selbstermittlung durchgeführt werden sollte, wenn die Problemlösung ohnehin in einem Team erfolgt (Beiersdorf 1995, S. 72).
Aus der Beantwortung dieser Frage ergibt sich die die Vorgehensweise der kollektiven Ermittlung. Da heutzutage ohnehin die meisten strategischen Entscheidungen in Teams getroffen werden, bietet es sich auch an, ein Team mit der Ermittlung des Informationsbedarfs zu beauftragen (Beiersdorf 1995, S. 72).
Zum anderen kann die IBA nach der Art der Vorgehensweise unterschieden werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2.7: Vorgehensweisen bei der IBA
Quelle: in Anlehnung an (Krcmar 2010, S. 65) (Schneider 1990, S. 237) (Voß und Gutenschwager 2001, S. 141 ff.)
Für weitere Informationen zu der konkreten Vorgehensweise bei den einzelnen Techniken wird an dieser Stelle auf die weiterführende Literatur verwiesen (Beiersdorf 1995) (Strauch 2002) (Stroh 2010).
2.3 Supply Chain Management
Inhalt dieses Abschnittes wird das SCM als Aufgabe der modernen Form der überbetrieblichen integrierten Lieferkette sein. Dabei wird zunächst die historische Entwicklung betrachtet und anschließend eine Begriffsdefinition erarbeitet. Begründet durch die komplexen Aufgaben des SCM wird mittels des SCOR-Models eine Reihe von Planungswerkzeugen für das SCM vorgestellt. Abschließend werden auf strategischer Ebene die Ziele und Risiken des SCM herausgearbeitet.
2.3.1 Historische Entwicklung
Ausgehend von der Materialwirtschaft mit Lager- und Transportaufgaben, hat sich die Logistik in den letzten Jahrzehnten gravierend verändert (Albert 2008, S. 11) (Hieronimus 2006, S. 64). Die zunehmende Verschärfung des internationalen Wettbewerbs zwingt die Unternehmen sich auf ihre Kernkompetenzen zu reduzieren und folglich stärker mit anderen Unternehmen zu kooperieren (Hieronimus 2006, S. 65 f.) (Mertz 2010, S. 1). Durch diese Entwicklung weg von Einzelunternehmen hin zu Unternehmensnetzwerken verändert sich auch der Fokus der Betrachtung von einzelnen Funktionsbereichen wie Beschaffung, Produktion und Vertrieb einer Unternehmung hin zur globalen integrierten Sichtweise der sogenannten Lieferkette (Supply Chain). Laut Christopher (1998, S. 15) umfasst der Begriff Supply Chain „the network of organizations that are involved, through upstream and downstream linkages, in the different processes and activities that produce value in the form of products and services in the hands of the ultimate consumer.” Somit werden die einzelnen Arbeitsschritte der Funktionsbereiche innerhalb einer Unternehmung sowie auch die einzelnen Unternehmungen entlang der Supply Chain nicht mehr isoliert betrachtet, sondern als Teil eines Ganzen im Systemzusammenhang (Vahrenkamp 1998, S. 102). Die unternehmerische Kooperationsform der Supply Chain bildet die Grundlage für das SCM (Seeringer 2007, S. 8).
Der Begriff SCM kommt ursprünglich aus den USA und wurde in den 80er Jahren vornehmlich von angloamerikanischen Beratern geprägt (Houlihan 1985, S. 22 ff.). Dort wurde der Begriff in den späten 80er Jahren auch Gegenstand der Theorie. Erst Mitte der 90er Jahre etablierte sich das SCM in Deutschland (Werner 2010, S. 3). Die Neuerung des SCM ist die Betrachtung der Verbesserungspotenziale an den Schnittstellen der einzelnen Funktionsbereiche, wobei sowohl unternehmensinterne wie auch unternehmensexterne Schnittstellen betrachtet werden (Werner 2010, S. 7). Dabei steht die Betrachtung der gesamten logistischen Kette als Prozess der Wertschöpfung im Mittelpunkt der Betrachtung (Albert 2008, S. 12). Damit baut das SCM direkt auf der neuen übergreifenden und integrierten Betrachtungsweise der Supply Chain auf.
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- Frank Mertz (Author), 2011, Ein integrierter Ansatz zur Anwendung von Business Intelligence für das Supply Chain Management, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/179704
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