2. Mai 1806. In der kleinen Gemeinde Fainles-Moutiers in Burgund wird das Bauernmädchen Zoé Labouré geboren. Ihre Eltern Pierre und Louise Madeleine können nicht ahnen, dass ihr achtes Kind einmal den Katholiken als Heilige gelten wird. Zoé –die später den Ordensnamen Katharina erhält- wird eine treibende Kraft bei der Entstehung eines Neuen Andachtsgegenstandes sein. Nach der Legende wird Zoé von der Mutter Jesu selbst den Auftrag erhalten eine Medaille der Hilfe und des Trostes prägen zu lassen, um durch sie die Gläubigen an Marias Mitwirken an der Heilgeschichte zu erinnern und um ihnen Gottes Gnade zu Teil werden zu lassen.
Aber wie war es möglich, dass man Zoé Labouré glaubte und eine Medaille nach ihren Wünschen anfertigte? Wie war die offizielle Haltung der Kirche und wie reagierten die Menschen auf die Medaille? Welchen Stellenwert haben Devotionalien generell in der römisch-katholischen Kirche?
2. Mai 1806. In der kleinen Gemeinde Fainles-Moutiers in Burgund wird das Bauernmädchen Zoé Labouré geboren. Ihre Eltern Pierre und Louise Madeleine können nicht ahnen, dass ihr achtes Kind einmal den Katholiken als Heilige gelten wird. Zoé –die später den Ordensnamen Katharina erhält- wird eine treibende Kraft bei der Entstehung eines Neuen Andachtsgegenstandes sein. Nach der Legende wird Zoé von der Mutter Jesu selbst den Auftrag erhalten eine Medaille der Hilfe und des Trostes prägen zu lassen, um durch sie die Gläubigen an Marias Mitwirken an der Heilgeschichte zu erinnern und um ihnen Gottes Gnade zu Teil werden zu lassen.
Aber wie war es möglich, dass man Zoé Labouré glaubte und eine Medaille nach ihren Wünschen anfertigte? Wie war die offizielle Haltung der Kirche und wie reagierten die Menschen auf die Medaille? Welchen Stellenwert haben Devotionalien generell in der römisch-katholischen Kirche?
Die Entstehungszeit der Wunderbaren Medaille fällt in eine Epoche in welcher die religiöse Frömmigkeit der Menschen wiedererwachte. Das 19. und 20. Jahrhundert wird auch als „marianisches Jahrhundert“ benannt, denn wo die spirituelle Kälte der Aufklärung und des Rationalismus einerseits versucht ist, die Welt durch Vernunft und Logik zu entmystifizieren, wo Revolutionen, Reformen und Kriege die althergebrachten Staatssysteme veränderten, da entstand andererseits bei den Menschen der Wunsch nach mütterlicher Liebe, Geborgenheit und Schutz vor den Wirren der Zeit. Kirchengeschichtlich ist das „marianische Jahrhundert“ auch von Bedeutung, da zwei Päpste Dogmen über die Natur Mariens erließen. Pius IV. (1792-1878) verkündete 1854 das Dogma von der Unbefleckten Empfängnis Marias und 1950 erließ Papst Pius XII. (1876-1958) das Dogma von der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel. Es entstanden zu dieser Zeit zahlreiche Ordensgemeinschaften welche sich caritativen Tätigkeiten widmeten und den Namen der Mutter Gottes trugen.
Das marianische Jahrhundert steht aber auch für Häufung von Marienerscheinungen. So erschien 1846 in La Salette-Fallavaux, einem französischem Bergdörfchen, die Mutter Gottes zwei 15 und 11 jährigen Hirtenkindern auf einem Berg. 1858 erlebte die 14 jährige Bernadette Soubirous Marienerscheinungen im südwestfranzösischen Lourdes in einer Grotte und 1917 zeigte sich Maria drei portugiesischen Hirtenkindern in Fátima. Maria verkündete den Kindern Geheimnisse und Botschaften. In Lourdes wies sie Bernadette den Weg zu einer heilkräftigen Quelle.
Alle drei Orte sind heute von der römisch-katholischen Kirche offiziell anerkannt und gelten als berühmte und beliebte Wallfahrtsorte. Zu ihnen reisen jedes Jahr Tausende Pilger aus aller Welt.
Das marianische Jahrhundert war geprägt von dogmatischer und theologischer Ausschmückung Marias und ekstatischer Hingabe und Frömmigkeit der Gläubigen.
Die Verinnerlichung des Glaubens und die starke Frömmigkeit führten noch zu einem weiteren Beispiel der Marienerscheinung in dieser Epoche, nämlich zu den spirituellen Erfahrungen von Zoé (Katharina) Labouré.
Als achtes von zehn Kindern wuchs Zoé gut behütet und fromm auf dem Lande auf. Als Zoé im Alter von neun Jahren ihre Mutter verlor, musste sie mit ihren beiden Schwestern die gesamte Verantwortung für den Haushalt übernehmen und somit blieb ihr jegliche Möglichkeit auf Bildung verwehrt. Die emotionale Lücke, welche der Tod der Mutter hinterließ, füllte das Mädchen mit einer besonders starken Hinwendung zur Mutter Gottes. In ihrer Heiligenlegende wird beschreiben wie die Haushaltshilfe Zoé dabei überraschte, als das Mädchen eine Statue der Jungfrau Maria von der Wand nahm, diese drückte und küsste und unter Tränen der Statue berichtete, dass sie – die Mutter Gottes- von nun an ihre Mutter sei. Zoés ältere Schwester Marie Louise trat 1818 der Gemeinschaft der Töchter der christlichen Liebe des heiligen Vinzenz bei und so musste die 12 jährige noch mehr Verantwortung übernehmen. Diesem Tatbestand geschuldet, verfügte Zoé mit 18 Jahren über keinerlei Schulbildung und war Analphabetin. Daher wurde sie in eine Erziehungsanstalt für Mädchen geschickt, um wenigstens die Grundlagen des Lesens und Schreibens zu erlernen. Am 14.Januar 1830 trat Zoé der Gemeinschaft der Töchter der christlichen Liebe des heiligen Vinzenz von Paul (1581-1660) bei. Nach einem kurzen Postulat- einer Vorbereitungs- und Probezeit- wechselte Zoé in das Mutterhaus der Gemeinschaft nach Paris in die Rue de Bac 140 und erhielt ihren Ordensnamen „Katharina“. Ab dieser Zeit begannen ihre Visionen. Im April und Mai des Jahres sah Schwester Katharina das Herz des heiligen Vinzenz von Paul und Jesus Christus in einer Hostie, ab Juli bis Dezember 1830 sah sie ihren Schutzengel und die Jungfrau Maria.
Schwester Katharina beschrieb die erste Erscheinung der Mutter Gottes wie folgt: Sie sei gegen halb 12 Uhr Nachts von ihrem Schutzengel (in Gestalt eines kleinen dicken Kindes) geweckt und in die Kapelle geführt worden. Dort wäre dann nach einiger Zeit Maria auf dem Sessel des Direktors der Gemeinschaft erschienen und sprach zu Schwester Katharina:
„Mein Kind, der Herrgott beruft dich zu etwas…..Du wirst dafür viel Leiden . Erzähl von allem deinem Beichtvater. Er wird dir widersprechen, aber ängstige dich nicht…..Du siehst bestimmte Dinge. Bei der Meditation bekommst Du gewisse Eingebungen. Teile ihm alles mit!“1
Im November 1830 zeigte sich die Mutter Gottes Schwester Katharina zum zweiten Mal. Diesmal in drei aufeinanderfolgenden Szenarien. Zuerst erschien Maria mit einer goldenen Kugel mit einem Kreuz in der Hand. sie sprach:
„Diese Kugel stellt die ganze Welt dar….und jeden einzelnen Menschen.“2
In der zweiten Szene zeigte sich die Jungfrau mit fünfzehn Ringen an der Hand, welche alle unterschiedlichsten Edelsteine trugen. Das Funkeln der Ringe soll die Gnade Mariens symbolisieren, welche sie Jedem schenke der darum bittet.
Danach verschwinden Ringe und Kugel und um die Mutter Gottes erscheint ein goldenes Oval, in den sich im Halbkreis um Maria die goldenen Buchstaben bilden:
O Maria, ohne Sünde empfangen, bitte für uns, die wir zu dir Zuflucht nehmen!“3
Schwester Katharina empfing mit diesem Bild die Aufforderung, eine Medaille nach diesem Vorbild prägen zu lassen. Auf die Rückseite solle ein aufgerichtetes Kreuz geprägt werden, welches von einem M überragt werde und unter dem zwei Herzen zu sehen sein sollen. Das erste Herz – das Herz Jesu- mit einer Dornenkrone, das zweite Herz mit einem Schwert durchbohrt, stelle das Herz Mariens dar, so Schwester Katharina. Die Rückseite solle noch von 12 Sternen geziert werden, welche die 12 Apostel und den Auftrag zur Evangelisierung symbolisieren.
Die dritte Marienvision hatte Schwester Katharina im Dezember 1830 wiederum in der abendlichen Kapelle bei der Meditation. Maria erschien über dem Tabernakel – dem Hostienschrein – und bekräftigte nochmals ihre Botschaft, jedem zu helfen, der sie darum bitte.
Der Beichtvater Johann Maria Aladel, welcher als Missionspriester für die Seelsorge der Schwestern verantwortlich war, glaubte Schwester Katharina zu nächst nicht und riet ihr, sich nicht von ihren Fantasien beeinflussen zu lassen. Nach mehreren Monaten der beharrlichen Schilderungen ihres Auftrags überzeugte Schwester Katharina ihren Beichtvater Pater Johann Maria Aladel, den Generalprokurator Etienne und den Generalvorsteher der Gemeinschaft der Lazaristen, Salhorgn, schließlich und die drei Männer sprachen bei dem damaligen Erzbischof von Paris, Monseigneur de Quélen vor. Dieser ließ die Medaillen prägen, welche dann ab dem 30.Juni 1832 verteilt wurden. Innerhalb kürzester Zeit begann sich die Medaille unter den Gläubigen auszubreiten und es wurden immer mehr Heilungs- und Wundererlebnisse berichtet. Erzbischof de Quélen sowie Papst Gregor XVI. (1765-1846) richteten Untersuchungskomitees ein, um über die Richtigkeit der Visionen von Schwester Katharina, sowie den zahlreichen Wunderberichten zu urteilen. Im Ergebnis der Untersuchungen wurden die Berichte für glaubwürdig erachtet und der Siegeszug der Medaille, welche bald den Beinamen „Wunderbare“ erhielt wurde von den folgenden Päpsten unterstützt und gefördert. So trug Papst Gregor XVI. die Medaille an seinem Brustkreuz, Papst Pius IX. bewilligte die Gründung der Mariengesellschaft zur Verbreitung der Medaille, Papst Leo XIII. (1810-1903) verehrte die Medaille sehr stark und erklärte den 27. November – den Tag der zweiten Epiphanie Katharinas- zu dem Gedenktag der Medaille. Der 1835 geborene Papst Pius X. (†1914) gründete den Verein der „Wunderbaren Medaille“. Die beiden Päpste Pius XI. (1858-1939), Pius XII. und Johannes Paul II. (1920-2005) verteilten die Medaille sehr gern.
Nach dem die Vinzentinerin Schwester Katharina am 3.Mai1835 die Gelübde abgelegt hatte, arbeitete sie in verschiedenen Einrichtungen der Gemeinschaft der Töchter der christlichen Liebe des heiligen Vinzenz von Paul, in der Alten-, Kranken- und Armenpflege. Bald wurden ihr auch leitende Tätigkeiten übertragen. Schwester Katharina wurde dabei immer als sehr fromm und einfältig beschrieben, so dass sie nicht für die Leitung eines der Häuser ausgewählt wurde.
Schwester Katharina starb am 31.Dezember1876. 1933 begann der Seligsprechungsprozess und Papst Pius XII. sprach Schwester Katharina Labouré am 27.Juli1947 heilig. Daraufhin wurden ihre Gebeine in die Kapelle der Jungfrau Maria von der Wunderbaren Medaille in der Rue de Bac 140 in Paris verbracht, wo man ihren unverwesten Körper heute noch besichtigen kann. Ihr Gedenktag ist der 31.Detember.
Devotionalien sind Gegenstände der religiösen Andacht, Hingabe und Ehrfurcht - wie beispielsweise Ikonen, Reliquien, Medaillen und Heiligenfiguren - sie dienen unter anderem in der römisch-katholischen Kirche als private und außerliturgische Sakramentalien. Gegenstände also, welche die sieben Sakramente: die Taufe, die Firmung, das Abendmahl, die Buße, die Ehe, die Priester Weihen und die Krankensalbung widerspiegeln und so in den Alltag der Gläubigen übertragen und an sie erinnern sollen, den Sakramenten aber nicht gleichgestellt sind. Dabei tragen die einzelnen Sakramentalien allein keine Wirkung, sondern erlangen diese durch Weih- und die Bittgebete der Gläubigen. Daher versteht die Kirche die Devotionalien als Vollzugsmittel ihres ureigenen Wesens und als Zeichen des Wirken Gottes in der Welt und dessen Wunsch, dem Menschen Gnade und Segen zu Teil werden zu lassen.
Durch die Verehrung von Heiligen oder Sakramentalien wird stets Gott selbst geehrt, so dass Verständnis. Daher fördert die römisch-katholische Kirche die Verwendung von Devotionalien, um den Menschen ein Instrument der Andacht im täglichen Leben in die Hand zu geben und so die Möglichkeit der gelebten Einheit von religiösen und weltlichen Leben zu schaffen.
Die tiefe Frömmigkeit und der Wunsch nach himmlischem Beistand in einer kalten und stark veränderten Welt führten dazu, dass der Nährboden bereitet wurde für ein Wiedererwachen der Heiligen- und speziell der Marienverehrung. Dieser Epoche war es auch geschuldet, dass man einer kleinen, ungebildeten – stets als einfältig beschriebenen – Novizin Glauben schenkte, als sie beharrlich von ihren Visionen erzählte. Visionen von Erscheinungen der Mutter Gottes, die sie aufforderte, eine Medaille prägen zu lassen um den Menschen Gnade zu gewähren. Wie wunderbar diese Verheißung von den Gläubigen aufgenommen wurde, beweisen die 20 Millionen Münzen welche nur in den ersten zwei Jahren nach der Prägung verteilt wurden. Es folgten Gründungen von Gemeinschaften und Vereinen zur Verteilung der Medaille und unzählige Berichte von Heilungen, Bekehrungen und anderen Wundertaten. Bis heute erfreut sich die „Wunderbare Medaille“ größter Beliebtheit in offiziellen wie inoffiziellen Kreisen der römisch-katholischen Kirche. So wird die „Wunderbare Medaille“ weiterhin eifrig verteilt und es erscheinen immer noch Berichte von Wundern durch sie.
Ob es nun wirklich die Mutter Gottes war, welche Zoé Labouré damals erschienen war, oder ob es nur die Einsamkeit und der Wunsch nach einer liebenden Mutter gewesen ist, welcher sie die Epiphanien erleben ließ, bleibt unklar.
Sicher ist nur, dass durch Zoé (Katharina) Labouré die Welt der Gläubigen ein Instrument des Trostes und der Hoffnung erhalten hat, welches bis zum heutigen Tage seine Wirkung entfaltet.
Quellen:
Schreiner, Klaus: Maria, Leben, Legenden, Symbole, München 2003
Posener, Alan: Maria, Hamburg 2007
Imbach, Josef: Marienverehrung, zwischen Glaube und Aberglaube, Düsseldorf 2008
Harrer, Karl Maria: Wunderbar…Eine Medaille erobert die Welt, Jestetten 2001
Durrer, Walter: Siegeszug der Wunderbaren Medaille, Jestetten 2008
Der Brockhaus Religion, Glauben, Riten, Heilige, Leipzig/Mannheim 2004, Artikel: Devotionalien, Sakramentalien
http://www.heiligenlexikon.de/BiographienK/Katharina_Laboure.htm (Zugriff:16.09.2011)
http://kirchensite.de/index.php?cat_id="8157" (Zugriff: 16.09.2011)
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- Yvonne Büchner (Author), 2011, Die Entstehungsgeschichte der „Wunderbaren Medaille“, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/179362
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