Die Kompositionsphase der »Vier letzten Lieder«, die als Richard Strauss’ letztes komplettes Werk anzusehen sind, erstreckt sich vom Ende des Jahres 1946 bis in den September 1948. Geschrieben für Sopran wurde dieser in der Schweiz entstandene Liederzyklus von Strauss von Anfang an mit Orchesterbegleitung konzipiert. Eine Transkription der Lieder für Klavier entstand später durch Max Wolff.
Die Uraufführung der »Vier letzten Lieder« fand am 22. Mai 1950 in der Royal Albert Hall in London unter Wilhelm Furtwängler mit der Solistin Kirsten Flagstad statt. Richard Strauss selbst hat eine öffentliche Aufführung seines Op. 150 also nicht mehr erlebt, er starb bereits am 8. September 1949.
Der Text des Liedes „Im Abendrot“ stammt von Joseph von Eichendorff. Strauss hat bereits Ende 1946 angefangen sich mit diesem Gedicht zu beschäftigen. Bis zur Fertigstellung des Lieds im Mai 1948 bekam Strauss durch einen Verehrer des Dichters Hermann Hesse Gedichte zugesandt, die ihm als Grundlage für die restlichen drei Lieder, „Frühling“, „September“ und „Beim Schlafengehen“, dienen sollten. Die Gedichte Hermann Hesses stammen aus unterschiedlichen Schaffensperioden, stellen im Original also keine Zyklus dar.
Es sollte in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass in Strauss’
Hinterlassenschaft Aufzeichnungen zu einem vierten Hesse-Gedicht gefunden wurden, das
den Titel „Besinnung“ trägt. Es ist durchaus vorstellbar, dass Strauss dieses Lied dem Zyklus hinzufügen wollte.
Inhaltsverzeichnis:
0. Gedichte im Original - Textabweichungen und Kompositionsdaten
1. Allgemeines
2. Zur Abfolge der Lieder und zur Zyklushaftigkeit
3. Analysen
3.1. Frühling
3.1.1.Text
3.1.2. Melodik und Motivik
3.1.3. Harmonik
3.2. September
3.2.1. Text
3.2.2. Melodik und Motivik
3.2.3. Harmonik
3.3. Beim Schlafengehen
3.3.1. Text
3.3.2. Melodik und Motivik
3.3.3. Harmonik
3.4. Im Abendrot
3.4.1. Text
3.4.2. Melodik und Motivik
3.4.3. Harmonik
4. Bibliographischer Nachweis
5. Notenbeispiele
0. Op. 150: »Vier letzte Lieder«
Abfolge:
1. „Frühling“ (H. Hesse) op. 150, 1
2. „September“ (H. Hesse) op. 150, 2
3. „Beim Schlafengehen“ (H. Hesse) op. 150, 3
4. „Im Abendrot“ (Joseph v. Eichendorff) op. 150, 4
1. „Frühling“
In dämmrigen Grüften
Träumte ich lang
Von deinen Bäumen und blauen Lüften,
Von deinem Duft und Vogelgesang.
Nun liegst du erschlossen
In Gleiß und Zier
Von Licht übergossen
Wie ein Wunder vor mir.
Du kennest mich wieder,
Du lockest mich zart,
Es zittert durch all meine Glieder
Deine selige Gegenwart.
Komposition: 18. Juli 1948
Abweichung: 1, 4 Vogelsang
3, 1 kennst
3, 2 lockst
2. „September“
Der Garten trauert,
Kühl sinkt in die Blumen der Regen.
Der Sommer schauert
Still seinem Ende entgegen.
Golden tropft Blatt um Blatt
Nieder vom hohen Akazienbaum.
Sommer lächelt erstaunt und matt
In den sterbenden Gartentraum.
Lange noch bei den Rosen
Bleibt er stehen, sehnt sich nach Ruh.
Langsam tut er die großen,
Müdgewordenen Augen zu.
Komposition: 20. September 1948
Abweichung: 3, 2 stehn
3, 3/4 Langsam tut er die / müdgewordnen Augen zu
3. „Beim Schlafengehen“
Nun der Tag mich müd gemacht,
Soll mein sehnliches Verlangen
Freundlich die gestirnte Nacht
Wie ein müdes Kind empfangen.
Hände laßt von allem Tun,
Stirn vergiß du alles Denken,
Alle meine Sinne nun
Wollen sich in Schlummer senken.
Und die Seele unbewacht
Will in freien Flügen schweben,
Um im Zauberkreis der Nacht
Tief und tausendfach zu leben.
Komposition: 4. August 1948
4. „Im Abendrot“
Wir sind durch Not und Freude
Gegangen Hand in Hand,
Vom Wandern ruhn wir beide
Nun überm stillen Land.
Rings sich die Täler neigen,
Es dunkelt schon die Luft,
Zwei Lerchen nur noch steigen
Nachträumend in den Duft.
Tritt her, und laß sie schwirren,
Bald ist es Schlafenszeit,
Daß wir uns nicht verirren
In dieser Einsamkeit.
O weiter stiller Friede!
So tief im Abendrot
Wie sind wir wandermüde –
Ist das etwa der Tod?
Komposition: 6. Mai 1948
Abweichung: 1, 3 vom Wandern ruhen wir
4, 4 ist dies etwa der Tod
1. Allgemeines:
Die Kompositionsphase der »Vier letzten Lieder«, die als Richard Strauss’ letztes komplettes Werk anzusehen sind, erstreckt sich vom Ende des Jahres 1946 bis in den September 1948. Geschrieben für Sopran wurde dieser in der Schweiz entstandene Liederzyklus von Strauss von Anfang an mit Orchesterbegleitung konzipiert. Eine Transkription der Lieder für Klavier entstand später durch Max Wolff.
Die Uraufführung der »Vier letzten Lieder« fand am 22. Mai 1950 in der Royal Albert Hall in London unter Wilhelm Furtwängler mit der Solistin Kirsten Flagstad statt. Richard Strauss selbst hat eine öffentliche Aufführung seines Op. 150 also nicht mehr erlebt, er starb bereits am 8. September 1949.
Der Text des Liedes „Im Abendrot“ stammt von Joseph von Eichendorff. Strauss hat bereits Ende 1946 angefangen sich mit diesem Gedicht zu beschäftigen. Bis zur Fertigstellung des Lieds im Mai 1948 bekam Strauss durch einen Verehrer des Dichters Hermann Hesse Gedichte zugesandt, die ihm als Grundlage für die restlichen drei Lieder, „Frühling“, „September“ und „Beim Schlafengehen“, dienen sollten. Die Gedichte Hermann Hesses stammen aus unterschiedlichen Schaffensperioden, stellen im Original also keine Zyklus dar. Es sollte in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass in Strauss’ Hinterlassenschaft Aufzeichnungen zu einem vierten Hesse-Gedicht gefunden wurden, das den Titel „Besinnung“ trägt. Es ist durchaus vorstellbar, dass Strauss dieses Lied dem Zyklus hinzufügen wollte.
2. Zur Abfolge der Lieder und zur Zyklushaftigkeit:
Die Reihenfolge der Lieder bei der Uraufführung war folgende:
1. „Beim Schlafengehen“
2. „September“
3. „Frühling“
4. „Im Abendrot“
Die chronologische Abfolge der Lieder, nach Datum ihrer Fertigstellung, sähe so aus:
1. „Im Abendrot“ 06. Mai 1948
2. „Frühling“ 18. Juli 1948
3. „Beim Schlafengehen“ 04. August 1948
4. „September“ 20. September 1948
Durchgesetzt hat sich hingegen die Anordnung von Dr. Roth, dem Herausgeber der »Vier letzten Lieder« im Jahre 1950:
5. „Frühling“ op. 150, 1
6. „September“ op. 150, 2
7. „Beim Schlafengehen“ op. 150, 3
8. „Im Abendrot“ op. 150, 4
Diese Anordnung scheint schon allein aufgrund der Titel der einzelnen Lieder sinnvoll zu sein. Im ersten Lied wird die Schönheit des beginnenden Frühlings gepriesen, das zweite Lied besingt das Ende des Sommers, im dritten Lied erscheint uns das Thema der Nacht, auf einen Tag bezogen ein schon sehr später Zeitpunkt, welches dann im letzten Lied fortgeführt wird bis hin zu der Frage „[...] ist dies etwa der Tod?“. Durch diese Art der Anordnung wird also eine zeitliche Linearität hergestellt die in den Bereich des Menschen übertragbar ist, und zwar dergestalt, dass in dem zeitlichen ‚immer-später-werden’ eine Darstellung des Laufs, bzw. der Vergänglichkeit des menschlichen Lebens gesehen werden kann.
[...]
- Quote paper
- David Siener (Author), 2003, Richard Strauss op. 150: "Vier letzte Lieder", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17921
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