In der spanischen Literaturgeschichte umfasst der Begriff Barock im Wesentlichen die Literatur seit Ende des 16. Jahrhunderts bis etwa Mitte des 18. Jahrhunderts. In diesem Zeitraum wurden Stimmung und Lebensgefühl der Menschen in der literarischen Produktion in Europa widergespiegelt. In Spanien begann die Herrschaft von Philipp II. bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Eine seitdem enorme staatliche Kontrolle, die das öffentliche, aber auch private Leben betraf, prägte das religiöse und politische Verhalten der Bevölkerung. Die Religion dominierte nicht nur den Alltag der Menschen, sondern auch die Schriften der Autoren dieser Epoche. Staatskrisen und ein sowohl ökonomisch als auch politischer Niedergang belastete Spanien und seine Bevölkerung. Auch im Hinblick auf den Dreißigjährigen Krieg, der 1648 sein Ende nahm und an dem einige Länder Europas, unter anderem auch Spanien, beteiligt waren, bestimmten Angst und Zerstörung das Leben der Menschen. Dieses herrschende Lebensgefühl fand auch in der spanischen Literatur ihren Ausdruck. Die von Angst, Gewalt und Hoffnung ergriffenen Dichter prägten die Lyrik mit typischen Leitmotiven, die gerade dieses Lebensgefühl veranschaulichen sollten. Neben einer Vielzahl an religiösen Dichtungen und Schäferdichtungen, sowie die Lyrik zu Themen der Todesangst und des Lebenshungers, war auch die Liebe in der barocken Lyrik ein großes Thema.
Schon im 15. Jahrhundert machte sich der Einfluss der italienischen Literatur bemerkbar. Sowohl Frankreichs, Deutschlands als auch Spaniens Lyriker rezipierten und imitierten Werke Dantes und Petrarcas, welches bedeutende Namen der italienischen Literatur waren. Der Petrarkismus, mit dem sich im Laufe dieser Arbeit beschäftigt werden soll, ist eine besondere Art der Liebeslyrik und unterscheidet sich von der romantischen Liebesdichtung. Im Folgenden sollen der Ursprung, die Bedeutung und die wichtigsten Merkmale des Petrarkismus geschildert werden. Dabei wird versucht, den Petrarkismus-Begriff anhand einflussreicher, spanischer Dichter der barocken Epoche zu erfassen. Welchen Einfluss hat die mittelalterliche oder gar antike Literatur auf die Lyriker des Barock? Was faszinierte die spanischen Dichter des 16. und 17. Jahrhunderts an der italienischen Lyrik? Bevor die spanische Barocklyrik und die Petrarkismus-Darstellungen anhand repräsentativer Barock-Vertreter der spanischen Literatur analysiert und verglichen werden, wird zunächst der Begriff Petrarkismus erläutert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zum Begriff des Petrarkismus
- Was bedeutet Petrarkismus?
- Der Ursprung des Petrarkismus: Francesco Petrarca
- Motive des Petrarkismus
- Der Vanitas-Gedanke
- Die Warnung des Memento Mori und der damit verbundenen Aufforderung des Carpe Diem
- Die spanische Barocklyrik
- Der Beginn einer neuen Literaturepoche
- Die Themen in der Barockliteratur
- Die italienische Literatur als Vorbild in der spanischen Barocklyrik
- Repräsentierende Dichter des spanischen Petrarkismus
- Juan Boscán und Garcilaso de la Vega – der Beginn des spanischen Petrarkismus
- Francisco de Quevedo - Repräsentant des Konzeptismus
- Luis de Góngora - Verfechter des kulteranistischen Stilideals
- Felix Lope de Vega (1562-1635)
- Analyse und Interpretation petrarkistischer Gedichte – Gercilaso de la Vega und Góngora im Vergleich
- Garcilaso de la Vega: Soneto XXIII/ En tanto que de rosa
- Luis de Góngora (1561-1627): Kurzanalyse des Gedichtes Mientras por competir con tu cabello
- Quevedo und seine Dichterkollegen – Eine Gegenüberstellung konkurrierender Dichter
- Quevedo und Garcilaso de la Vega – Ihre Liebeslyrik im Vergleich
- Die Kontroverse zwischen Francisco de Quevedo und Luis de Góngora
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit widmet sich der Analyse des spanischen Petrarkismus im Kontext der Barockliteratur. Ziel ist es, die Rezeption des Petrarkismus in Spanien zu untersuchen und anhand repräsentativer Dichter dieser Epoche, wie Juan Boscán, Garcilaso de la Vega, Francisco de Quevedo und Luis de Góngora, die Besonderheiten und Entwicklungen des Petrarkismus in der spanischen Literatur aufzuzeigen. Dabei wird besonderes Augenmerk auf die spezifischen Motive, Themen und Stilmerkmale des Petrarkismus gelegt.
- Der Einfluss des Petrarkismus auf die spanische Barocklyrik
- Die Bedeutung des Petrarkismus für die Liebeslyrik in Spanien
- Die Entwicklung des Petrarkismus im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts
- Die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der petrarkistischen Lyrik von Garcilaso de la Vega, Góngora und Quevedo
- Die Rezeption des Petrarkismus im Kontext der italienischen und europäischen Literatur
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel bietet einen Überblick über den historischen Kontext der spanischen Barockliteratur und beleuchtet die Einflüsse, die die Entwicklung der Literatur in dieser Zeit prägten. Das zweite Kapitel widmet sich der Definition und Bedeutung des Petrarkismus. Die wichtigsten Merkmale und stilistischen Besonderheiten werden anhand von Petrarcas Werk und der Rezeption seiner Lyrik in Europa erläutert. Im dritten Kapitel werden die zentralen Motive des Petrarkismus, wie der Vanitas-Gedanke und die Warnung des Memento Mori, vorgestellt. Das vierte Kapitel fokussiert auf die Entwicklung der spanischen Barocklyrik und die Bedeutung der italienischen Literatur als Vorbild. Das fünfte Kapitel analysiert die Werke repräsentativer Dichter des spanischen Petrarkismus, darunter Juan Boscán, Garcilaso de la Vega, Francisco de Quevedo und Luis de Góngora. Es werden die spezifischen Merkmale und Beiträge dieser Dichter zum Petrarkismus in Spanien herausgestellt. Die Kapitel sechs und sieben widmen sich der Analyse und Interpretation von petrarkistischen Gedichten von Garcilaso de la Vega und Góngora. Dabei werden die unterschiedlichen Stilrichtungen und die Rezeption des Petrarkismus in der spanischen Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts beleuchtet. Im achten Kapitel werden die Werke von Quevedo und Garcilaso de la Vega in Bezug auf ihre Liebeslyrik verglichen und die Kontroverse zwischen Francisco de Quevedo und Luis de Góngora analysiert.
Schlüsselwörter
Spanischer Petrarkismus, Barockliteratur, Francesco Petrarca, Liebeslyrik, Dolendi Voluptas, Sonett, Garcilaso de la Vega, Luis de Góngora, Francisco de Quevedo, Juan Boscán, Vanitas, Memento Mori, Carpe Diem, Italienische Literatur, Spanische Literaturgeschichte, Stilmerkmale, Themen, Motive, Antithese, Kulteranismus, Konzeptismus.
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- Luise Ostendoerfer (Author), 2011, Der spanische Petrarkismus im Zeitalter des Barock, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/178775