Der Dichter und Visionär Walther von der Vogelweide
Auf der Autorenminiatur aus der Manesseschen Liederhandschrift wird „Her walther vô der Vogelweide“ als Mann mit Krone, Wappen und Schwert dargestellt, der auf einem Felsblock sitzt, ein Bein auf das andere legt, seine Wange in die Hand schmiegt und sehr nachdenklich wirkt. Vor ihm flattert ein unbeschriftetes Textstück, das er mit der rechten Hand festhält. Diese Miniatur bezieht sich unmittelbar auf die Strophe „Ich saz ûf eime steine und dahte bein mit beine […]“ der ersten Strophe des von Karl Simrock 1870 so genannten „Reichston“. Die im Text beschriebene Rolle wurde offensichtlich zur Darstellung des Dichters selbst verwandt. Welches Bild Walthers wird hier vermittelt bzw. welches Bild vermittelt Walther in seinem Ton, so dass es in einer solchen Miniatur stilisiert werden konnte? Das eines nachdenklichen Dichters, eines Richters, eines Denkers oder Visionärs?
Walthers von der Vogelweide „Reichston“ werden Bezüge zur recht explosiven zeitgenössischen „Epoche politischer Machtkämpfe“ zwischen Staufern, Welfen und Papsttum Ende des 12. / Anfang des 13. Jahrhunderts zugesprochen. Sicherlich ist der „Reichston“ in der älteren und neueren Forschung ausgiebig betrachtet worden und kann hier auch nicht in vollem Umfang Berücksichtigung finden. Dennoch bietet sich eine Möglichkeit, Walthers möglicherweise erste politische Sangspruchdichtung alternativ zu beleuchten. Fragen der jüngeren Forschung sind aufgeworfen, wie z.B.: Welche Wirkung hat die unterschiedliche Edierung des „Reichston“ in den Sammel-Handschriften (HS) A, B und C, oder die Datierung der einzelnen Strophen auf die Reihenfolge im Ton und deren Interpretation? Wie sollte der „Reichston“ „gelesen“, also verstanden und eingeordnet werden? Kann aus dieser Interpretation auf den Autor als politischem Dichter und Denker geschlossen werden?
Die ausführliche Beantwortung aller dieser Fragen würde hier zu weit führen, weshalb ich mich mit einigen Fragen nur ansatzweise beschäftigen werde. Der Fokus liegt auf einer Interpretation des „Reichston“, ohne den genannten Hintergrund zu vernachlässigen.
Inhaltsverzeichnis
- Der Dichter und Visionär Walther von der Vogelweide
- Inhaltsverzeichnis
- Abbildungsverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- Einleitung - Überblick
- Historischer Überblick, Edierung und mögliche Datierung
- Kurzer historischer Überblick und Zuordnung Walthers
- Edierung des „Reichston"
- Mögliche Datierung des „Reichston"
- Analyse der Form und Gestaltung
- Die äußere Form
- Stilelemente
- Interpretation
- „Ich saz uZf eime steine" L 8,4
- „ich hoZrte ein wazzer diezenU L 8,28
- „ich sach mit minen ougen" L 9, 16
- Publikumsbezug, Vortragssituation, Rezeption
- Zusammenfassung und Ausblick
- Literaturverzeichnis
- Anhang
- Anhang 1, Tabelle
- Anhang 2
- Anhang 3
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit befasst sich mit Walthers von der Vogelweides „Reichston" und analysiert dessen Form, Gestaltung und Interpretation. Sie untersucht die Strophenfolge in den Handschriften A, B und C und beleuchtet die mögliche Datierung der einzelnen Strophen. Die Arbeit betrachtet die äußere Form, Stilmittel und Thematik der drei Strophen und analysiert deren Interpretation im Hinblick auf das vermittelte Bild Walthers. Die Rezeption des „Reichston" wird ebenfalls beleuchtet.
- Die Edierung und Datierung des „Reichston" in den Handschriften A, B und C.
- Die Analyse der äußeren Form und Stilmittel des „Reichston" mit Bezug auf die Strophenform, Metrik und Stilmittel.
- Die Interpretation des „Reichston" und die Darstellung des lyrischen Ichs als Richter, Denker oder Visionär.
- Der historische Kontext des „Reichston" und seine politische Bedeutung im Thronstreit zwischen Staufern und Welfen.
- Die Rezeption des „Reichston" und die Entwicklung des Bildes Walthers von der Vogelweide in der Forschung.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung bietet einen Überblick über die Themen und die Zielsetzung der Hausarbeit. Das zweite Kapitel beleuchtet den historischen Hintergrund des „Reichston" im Kontext des Thronstreits zwischen Staufern und Welfen und untersucht die Edierung und mögliche Datierung der drei Strophen des „Reichston" in den Handschriften A, B und C. Das dritte Kapitel analysiert die äußere Form und Stilmittel des „Reichston", einschließlich der Strophenform, Metrik, Reimschema und Stilmittel. Das vierte Kapitel interpretiert die drei Strophen des „Reichston" und untersucht das lyrische Ich als Richter, Denker oder Visionär. Es analysiert die politische Bedeutung des „Reichston" im Kontext des Thronstreits und die Rezeption des „Reichston" in der Forschung.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den „Reichston" Walthers von der Vogelweide, die Edierung und Datierung des „Reichston", die Form und Gestaltung des „Reichston", die Interpretation des „Reichston", das lyrische Ich, die politische Bedeutung des „Reichston", den Thronstreit zwischen Staufern und Welfen, die Rezeption des „Reichston" und das Bild Walthers von der Vogelweide in der Forschung.
- Quote paper
- Angela Lorenz-Ridderbecks (Author), 2011, Der "Reichston" Walthers von der Vogelweide, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/178574