Diese Hausarbeit geht der Frage nach inwiefern die Kriegshandlungen Israels im jüngsten Konflikt mit der Hamas zwischen dem 29. Dezember 2008 und dem 18. Januar 2009 Brüche des humanitären Völkerrechts darstellen. Die Analyse baut vorwiegend auf der wissenschaftlichen Debatte auf, da Besonderheiten der Entwicklung des humanitären Völkerrechts zu einem nicht zu unterschätzenden Teil von dieser getragen wird. Diese Arbeit konzentriert sich vorwiegend auf die Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts. Eine wichtige Grundlage für die folgenden Untersuchungen ist der sogenannte "Goldstone Report“. Es handelt sich hierbei um einen Untersuchungsbericht, der von einer sogenannten "Fact finding Commission" im Auftrag des UN-Menschenrechtsrates, verfasst wurde. Es sei jedoch an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt, dass dieser Bericht von vielen Experten des Völkerrechts scharf kritisiert worden, nicht zuletzt weil Israel einer Zusammenarbeit mit der Kommission nie seine Zustimmung erteilte und die Ergebnisse nach ihrer Veröffentlichung von beiden Konfliktparteien abgelehnt wurden.2 Zudem werden einschlägige Gesetzestexte des humanitären Völkerrechts, des Völkerrechts, und des Völkergewohnheitsrechts angewandt um einige der sich stellenden Probleme herauszuarbeiten.
Einleitung
1 Historischer Kontext des Konflikts zwischen Israel und der Hamas seit 2005
1.1 Relevante Ereignisse nach den Osloer Verträgen
1.2 Überblick über Kampfhandlungen seitens Israels zwischen 29. Dezember 2008 und
dem 18. Januar 2009 (Operation gegossenes Blei)
2 Anwendbarkeit der Rechtsgrundlagen
2.1 Humanitäres Völkerrecht
2.1.1 Völkerrechtlicher Status des Gazastreifens
2.1.1.1 Besatzungsrecht und Blockade
2.1.1.2 Vertragliche und tatsächliche Herrschaftsgewalt
2.1.2 Völkerrechtlicher Status der Hamas
2.1.3 Internationaler Konflikt
2.1.3.1 Im Sinne des Art. 2 der IV. Genfer Konvention
2.1.3.2 Vertragliche Bindung Israels an die Zusatzprotokolle
2.1.3.3 Mögliche Gewohnheitsrechtliche Geltung der Zusatzprotokolle
2.1.3.4 Israel als "persistent objector"
2.1.4 Bindung Israels an das Haager und Genfer Recht eines bewaffneten Konflikts 17
2.1.4.1 Vertragliche Bindung
2.1.4.2 Gewohnheitsrechtliche Geltung
2.2 Verletzungen des Humanitären Völkerrechts durch Israel
2.2.1 Normen der Kriegsführung: Gezielte Tötungen (targeted killings)
2.2.2 Normen der Kriegsführung: Schutz von Zivilisten gemäß Art. 3 der Genfer
Konventionen
3.Fazit
4.Schluss
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
Hauptteil
1 Historischer Kontext des Konflikts zwischen Israel und der Hamas seit 2005
1.1 Relevante Ereignisse nach den Osloer Verträgen
1.2 Überblick über Kampfhandlungen seitens Israels zwischen 29. Dezember 2008 und dem 18. Januar 2009 (Operation gegossenes Blei)
2 Anwendbarkeit der Rechtsgrundlagen
2.1 Humanitäres Völkerrecht
2.1.1 Völkerrechtlicher Status des Gazastreifens
2.1.1.1 Besatzungsrecht und Blockade
2.1.1.2 Vertragliche und tatsächliche Herrschaftsgewalt
2.1.2 Völkerrechtlicher Status der Hamas
2.1.3 Internationaler Konflikt
2.1.3.1 Im Sinne des Art. 2 der IV. Genfer Konvention
2.1.3.2 Vertragliche Bindung Israels an die Zusatzprotokolle
2.1.3.3 Mögliche Gewohnheitsrechtliche Geltung der Zusatzprotokolle
2.1.3.4 Israel als "persistent objector"
2.1.4 Bindung Israels an das Haager und Genfer Recht eines bewaffneten Konflikts
2.1.4.1 Vertragliche Bindung
2.1.4.2 Gewohnheitsrechtliche Geltung
2.2 Verletzungen des Humanitären Völkerrechts durch Israel
2.2.1 Normen der Kriegsführung: Gezielte Tötungen (targeted killings)
2.2.2 Normen der Kriegsführung: Schutz von Zivilisten gemäß Art. 3 der Genfer Konventionen
Fazit
Quellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einleitung
Diese Hausarbeit geht der Frage nach inwiefern die Kriegshandlungen Israels im jüngsten Konflikt mit der Hamas zwischen dem 29. Dezember 2008 und dem 18. Januar 2009 Brüche des humanitären Völkerrechts darstellen. Die Analyse baut vorwiegend auf der wissenschaftlichen Debatte auf, da Besonderheiten der Entwicklung des humanitären Völkerrechts zu einem nicht zu unterschätzenden Teil von dieser getragen wird. Diese Arbeit konzentriert sich vorwiegend auf die Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts.
Eine wichtige Grundlage für die folgenden Untersuchungen ist der sogenannte "Goldstone Report“1. Es handelt sich hierbei um einen Untersuchungsbericht, der von einer sogenannten "Fact finding Commission" im Auftrag des UN-Menschenrechtsrates, verfasst wurde. Es sei jedoch an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt, dass dieser Bericht von vielen Experten des Völkerrechts scharf kritisiert worden, nicht zuletzt weil Israel einer Zusammenarbeit mit der Kommission nie seine Zustimmung erteilte und die Ergebnisse nach ihrer Veröffentlichung von beiden Konfliktparteien abgelehnt wurden.2 Zudem werden einschlägige Gesetzestexte des humanitären Völkerrechts, des Völkerrechts, und des Völkergewohnheitsrechts angewandt um einige der sich stellenden Probleme herauszuarbeiten.
Eine kurze Schilderung des Konfliktes zwischen Israel und der Hamas ist unumgänglich um eben diesen jüngsten Konflikt in den historischen Kontext einzubetten. Die vielgestaltigen militärischen und ziviladministrativen Maßnahmen Israels im Rahmen des anhaltenden Konflikts mit den arabischen Nachbarn stellen eine große Herausforderung an eine juristische Bewertung dar, nicht wegen eines Mangels an Rechtsgrundlagen, sondern wegen strittiger Auslegungsmöglichkeiten geltenden Völkerrechts und vor allem, wegen zahlreicher gegenläufiger Rechtsnormen, die auf die einschlägigen Vorgänge anzuwenden sind.3 Um festzustellen, inwiefern humanitäres Völkerrecht anwendbar ist muss festgestellt werden um welche Art von Konflikt es sich handelt. Hier soll der Versuch unternommen werden den völkerrechtlichen Status des Gaza Streifens zu bestimmen. In diesem Zusammenhang muss vor allem die Rolle Israels hinsichtlich einer möglichen Besetzung analysiert werden.
Des Weiteren wird der völkerrechtlichen Status der Hamas kurz beleuchtet. Von diesen Ergebnissen ausgehend soll die Natur des Konfliktes herausgearbeitet werden. Handelt es sich um einen internationalen oder nicht-internationalen Konflikt? Darüber hinaus erörtert diese Arbeit inwiefern Israel trotz Ablehnung beider Zusatzprotokolle der Genfer Konvention (GK) trotzdem an diese gebunden sein könnte. Auf diesen Ergebnissen aufbauend prüft diese Arbeit inwiefern Israel bei der "Operation Gegossenes Blei" hinsichtlich der konkreten Normen der Kriegsführung gegen humanitäres Völkerrecht verstoßen hat. Der Fokus soll hier im Besonderen auf den Punkten "Schutz der Zivilbevölkerung" sowie "Gezielte Tötungen" liegen. Hier sei bereitsauf die Schwierigkeit der oszillierenden Rechtsnormen verwiesen.
Hauptteil
1 Historischer Kontext des Konflikts zwischen Israel und der Hamas seit 2005
1.1 Relevante Ereignisse nach den Osloer Verträgen
Ausgangspunkte auf der völkerrechtlichen Ebene sind die Osloer Verträge aus dem Jahr 1993, mit denen - gegen den erklärten politischen Willen der Hamas - ein wesentlicher völkerrechtlicher Orientierungspunkt für den Status der Palästinensergebiete geschaffen worden ist.4
Der Tod Yassir Arafats im Jahr 2004 ermöglichte es den radikalen islamischen Kräften unter den Palästinensern, die jahrzehntelange Unterdrückung durch moderate Kräfte aus dem Umfeld Arafats abzuschütteln.
Seit der Verschärfung des US- amerikanischen Engagements im Nahen Osten und der politischen Re- Radikalisierung im Iran, im Irak und im regionalen Umfeld Israels sieht sich die Hamas in einem gemeinsamen völkerrechtskonformen Abwehrkampf der arabischen Welt gegen Israel und seine Verbündeten.5 Das wichtigste historische Ereignis im Konflikt seit 2005 ist wohl der Wahlsieg der Hamas zuerst bei den Kommunalwahlen Ende 2005 und dann bei den Parlamentswahlen im Januar 2006. Mit der alleinigen Übernahme der demokratisch legitimierten Macht in den Palästinensergebieten 2007 wurde vor dem zuvor angedeuteten historischen Hintergrund auch ein Signal gegenüber Israel gesetzt. Israel reagierte mit einer Verschärfung der Politik gegenüber den Palästinensern, mit Boykott, Massenverhaftungen, gezielten Tötungen von Hamas- Führern und Aussetzung von Friedensgesprächen.6 Im Juni 2007 kommt es zu einem bürgerkriegsähnlichen Kampf um die Stadt Gaza zwischen verfeindeten palästinensischen Gruppen. Er endet mit der „Eroberung“ Gazas durch die Hamas. Israel verschärft den Boykott der Palästinensergebiete gegen Jahresende 2007 noch einmal dramatisch, dehnt ihn völkerrechtswidrig7 auf Medizingüter und Medikamente aus, erklärt den Küstenstreifen des Gaza-Streifens zum Feindesland und ermöglicht dadurch einen seeseitigen Beschuss der Uferzone sowie die Unterbindung seeseitiger Versorgung. Die Terroranschläge nehmen zu, es kommt zu systematischen völkerrechtswidrigen terroristischen Grenzverletzungen im Raketenbeschuss israelischen Territoriums durch die Hamas und arabische Kombattanten.8 Die humanitäre Versorgungslage im Gaza-Streifen wird kritisch, während es in dieser Periode zu einer starken Aufrüstung der Hamas kommt.9 Im Juni 2008 kommt es auf ägyptische Vermittlung hin zu einem Waffenstillstand, der von Anfang an brüchig ist und von beiden Seiten mehrmals verletzt wird.
1.2 Überblick über Kampfhandlungen seitens Israels zwischen 29. Dezember 2008 und dem 18. Januar 2009 (Operation gegossenes Blei)
Mitte Dezember 2008 sah sich Israel einem verstärkten Raketenbeschuss durch die Hamas ausgesetzt. Die Hamas war politisch vor allem in Gaza die unangefochtene politische Hauptmacht und konnte auf einen starken Rückhalt in der Bevölkerung bauen. Die innenpolitische Lage ließ auf Seiten der israelischen Führung einen militärischen Zugzwang entstehen, zumal sich Protest gegen die anhaltende schwierige Sicherheitslage im Süden Israels zu regen begann. Es wurde daher mit der Ausarbeitung eines Angriffsplanes begonnen, der sowohl militärische als auch politische Zielsetzungen unterstützen sollte.10 Am 26. Dezember stellte der israelische Generalstab der Hamas ein 48-stündiges Ultimatum zur Beendigung der Raketenangriffe. Der Ablauf des Ultimatums wurde nicht abgewartet - bereits am Morgen des 27. Dezember, einem Sabbat, wurde mit massiven Luftangriffen auf Hamas- Stellungen, aber auch auf zivile Ziele, insbesondere die Infrastruktur des Gaza- Streifens, begonnen. Am 29. Dezember wird die Universität von Gaza bombardiert, das einzige nennenswerte höhere Bildungszentrum der Palästinensergebiete. Dabei kommen über 50 Zivilisten ums Leben; die bauliche Infrastruktur der Universität wird zerstört, sämtliche Bibliotheken und das chemische Labor brennen aus. Bis zum 3. Januar werden fast 1000 Lufteinsätze gegen Gaza geflogen. Die UNO schätzt, dass ein Viertel der Todesopfer Zivilisten seien.11 Ägypten hält die Schließung der Grenzen zum Gaza- Streifen aufrecht.
Ab dem 3. Januar 2009 marschieren israeli]sche Bodentruppen in den Gazastreifen ein. Es kommt zu einem massiven Artilleriebeschuss der Stadt Gaza. In den darauffolgenden Tagen wird die Hamas, die kaum mit schweren Waffen ausgerüstet ist und ganz ohne Luftschirm kämpft, vor allem mit Kampfhubschraubern vernichtend geschlagen. Schon nach wenigen Tagen ist die militärische Infrastruktur der Hamas praktisch nicht mehr existent. Am 7. Januar verlautbart die israelische Militärführung eine tägliche dreistündige Waffenruhe für die restlichen Kampftage, um der Bevölkerung Zeit zur Beschaffung lebensnotwendiger Dinge zu geben. Das israelische Militär hält sich nicht an diese Ankündigung. Die israelische Regierung erlaubt die Einfuhr von einigen Tankwagen mit Treibstoff sowie die Einlieferung von Nahrungsmitteln in den Gazastreifen. Bei Kämpfen sterben zwischen dem 3. und 7. Januar etwa 500 palästinensische Zivilisten.12
Am 15. Januar beginnt ein blutiger Häuserkampf in Gaza; die israelische Armee rückt mit Panzern bis in das Stadtzentrum vor. In den folgenden Tagen wird ein UNO- Quartier in Gaza mehrmals beschossen und es verbrennen sämtliche Nahrungsmittelreserven der Vereinten Nationen vor Ort. Drei Mitarbeiter der UNO werden getötet und eine unbestimmte Zahl an palästinensischen Zivilisten kommt bei dieser Aktion um. Es kommt bis zum 16. Januar zu schwerwiegenden Verletzungen des humanitären Völkerrechts durch beide Parteien; ganze Häuserzüge werden von der israelischen Armee auf der Grundlage von Geheimdienstinformationen dem Erdboden gleich gemacht.
Am Abend des 17. Januar beschließt der israelische Ministerrat eine einseitige Waffenruhe. Die Hamas ruft ebenfalls einen Waffenstillstand aus, kann sich aber intern nicht vollständig durchsetzen, und es kommt weiter zu Raketenangriffen auf israelische Städte. Am 18. Januar erklärt der israelische Generalstab die Operation gegossenes Blei für abgeschlossen. Die Hamas stellt Israel ein Ultimatum von einer Woche zum vollständigen Abzug aus dem Gazastreifen - der Abzug findet bis zum 20. Januar statt.13 Während des Feldzugs wurden zwischen 1000 und 1500 palästinensische Bürger getötet, davon zwischen 300 und 950 Zivilisten. Die Infrastruktur des Gazastreifens wurde zu etwa 60 Prozent zerstört, die gesteckten politische Ziele wurden von keiner Seite erreicht, zumal Israel die militärische Operation für sich entschied und der Tunnelbau nach Ägypten nicht gestoppt werden konnte. Auf israelisches Territorium sollen während des Kampfes knapp 2000 Geschosse (Raketen und Artillerie) eingeschlagen sein, davon fast 1500 mit Gebäudetreffern. 13 israelische Soldaten sollen ums Leben gekommen sein.14
2 Anwendbarkeit der Rechtsgrundlagen
Das Friedensvölkerrecht bestimmt unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen ein militärischer Angriff zulässig ist (Ius ad bellum). Das Kriegsvölkerrecht (Ius in bello) hingegen setzt dort ein „wenn das Friedensvölkerrecht bei der Domestizierung militärischer Gewalt versagt hat.“15 Das Kriegsvölkerrecht kann insofern auch als eine Weiterentwicklung des Friedensvölkerrechts angesehen werde. Dies zeigt sich auch in seinen einschlägigen Rechtsnormen: Das Kriegsvölkerrecht bindet alle Akteure ungeachtet ihrer Rolle als Angreifer oder Opfer.16 Während das klassische Kriegsvölkerrecht sich nur auf zwischenstaatliche Konflikte beschränkte, sieht das moderne humanitäre Völkerrecht Regelungen für neue Konfliktformen, wie z.B. innerstaatliche Konflikte vor. Es gibt zahlreiche Rechtsquellen des humanitären Völkerrechts -viele von Ihnen haben mittlerweile gewohnheitsrechtlichen Status. Die ersten konkreten Ausformulierungen von Normen und Regeln hinsichtlich der Kriegsführung sind in den Haager Abkommen von 1899 und 1907 enthalten. Das IV Haager Abkommen und analog dazu die Haager Landkriegsordnung sind „mittlerweile […] weitgehend in Gewohnheitsrecht erwachsen“17, was sich an der Rechtsprechung des IGH18 zur Errichtung der Mauer in den besetzten palästinensischen Gebieten ablesen lässt. Als wichtigste Grundlagen des humanitären Völkerrechts gelten die vier Genfer Konventionen und deren Zusatzprotokolle. Auf die Bemühungen des Internationalen Komitee des Roten Kreuzes hin wurden diese „zum Schutz humanitärer Belange hingewirkt.“19 Die wichtigsten Normen enthält das humanitäre Völkerrecht hinsichtlich des Schutzes von Zivilisten, den Beschränkungen der zulässigen Methoden der Kampfführung sowie der Behandlung von Kriegsgefangenen.
2005 wurde vom Roten Kreuz Regelwerk zum humanitären Völkerrecht vorgestellt, dass sich explizit mit den Normen der asymmetrischen Kriegsführung beschäftigt, die im Bezug auf den Gaza-Konflikt besonders interessant erscheinen.
Der Fokus dieser Arbeit liegt eindeutig auf dem humanitären Völkerrecht und seinen Anwendungsformen. Es muss herausgearbeitet werden inwiefern es sich bei einigen Normen um Gewohnheitsrecht oder gar zwingendes Gewohnheitsrecht handelt. Gleichzeitig ist aber auch bei gewissen Punkten das Fremdenrecht heranzuziehen.
2.1 Humanitäres Völkerrecht
Bevor eine Beurteilung der israelischen Aktion auf der Grundlage des humanitären Völkerrechts durchgeführt werden kann, muss der völkerrechtliche Subjektstatus der beteiligten Akteure und Gebiete geklärt werden.
2.1.1 Völkerrechtlicher Status des Gazastreifens
Der Gazastreifen, als Territorium kann nicht als ein geschlossenes Staatsgebiet bezeichnet werden. Er ist Teil eines halbstaatlichen Gebildes, das unter der Selbstverwaltung der palästinensischen Autonomiebehörde steht. Als Teil dieses Gebildes hat der Gazastreifen keine politischen Autonomierechte, faktisch ist aber eine gewisse politische Autonomie gegenüber der palästinensischen Autonomiebehörde festzustellen.
Der völkerrechtliche Status der Palästinensergebiete ist ungeklärt. Es sind unterschiedliche Auslegungen zu diesem Status denkbar. Eine halbstaatliche Selbstverwaltung der palästinensischen Territorien im Gazastreifen und in der West Bank wurde 1994 eingerichtet, als das Abkommenüber die pal ä stinensische Teilautonomie im Gazastreifen und im Gebiet von Jericho zwischen Israel und der PLO abgeschlossen worden war. Die völkerrechtliche „Rechtsgrundlage“ für die Existenz der palästinensischen Selbstverwaltung und der daraus resultierenden halbstaatlichen Organe und Behörden ist also ein Vertrag zwischen einem völkerrechtlich anerkannten Staat und einer nichtstaatlichen Organisation. Da diese Organisation (die PLO unter der Führung Yassir Arafats) niemals Staatsgewalt ausgeübt hat und nicht durch Wahlen an die Macht gekommen ist, kann sie nur beschränkt als völkerrechtlich vertragsfähig angesehen werden. Analoges gilt für die so genannten Osloer Verträge und deren „völkerrechtliche“ Konsequenzen.20
[...]
1 Vgl. Human Rights Council (2009): Human Rights in Palestine and other occupied arab territories, Report of the United Nations Fact Finding Mission on the Gaza conflict, unter:
http://www2.ohchr.org/english/bodies/hrcouncil/specialsession/9/docs/UNFFMGC_Report.PDF Stand 09.03.2011
2 Michael Posner (2009): Response to the Report of the United Nations Fact-Finding Mission on the Gaza Conflict, unter: http://geneva.usmission.gov/2009/09/29/gaza-conflict/ Stand 07.03.2011
3 Vgl. Delbrück, Jost/ Dahm, Georg/ Wolfrum, Rüdiger (2002): Völkerrecht, Band 1. Berlin: De Gruyter, S. 34. 3
4 Vgl. Beck, Martin et al. (2004): Der Nahe Osten im Umbruch: Zwischen Transformation und Autoritarismus, Wiesbaden: VS, S. 236f.
5 Vgl. Croitoru, Joseph (2007): Hamas: Der islamische Kampf um Palästina, München: CH Beck, S. 201.
6 Vgl. ebd., S. 193f.
7 Vgl. Art. 55 IV Genfer Konvention
8 Vgl. Korany, Bahgat (2010): The Changing Middle East: A New Look at Regional Dynamics, Kairo: UKP, S. 180f.
9 Vgl. ebd., S. 180f.
10 Vgl. ebd., S. 37.
11 Vgl. ebd., S. 62.
12 Vgl. ebd., S. 63f.
13 Vgl. zur Chronologie der Ereignisse: Wolf, Chistina (2010 Krisengebiet Gaza-Streifen: Die politischen Akteure im Gaza-Streifen und die Operation Gegossenes Blei im Lichte des Selbstverteidigungsrechtes Art 51 SVN, Saarbrücken: VDM, S. 65f.
14 Vgl. Johannsen, Margret (2009): Der Nahost-Konflikt, 2. Aufl., Wiesbaden: VS, S. 56f.
15 Herdegen, Matthias (2007): Völkerrecht, 7. Aufl., München: C.H. Beck, S. 372
16 Vgl. ebd., S.327
17 Ebd. S.374
18 Vgl. IGH Gutachten (2004): “Legal Consequences of the Construction of a Wall in the Occupied Palestinian Territory“, ICJ Reports 2004, S.194, Nr.139
19 Herdegen (2007): S 374
20 Vgl. Sina, Stephan (2004): Der völkerrechtliche Status des Westjordanlandes und des Gaza-Streifens nach den Osloer Verträgen, Berlin: Springer, S. 17f.
- Quote paper
- Marie-Ann Lenner (Author), 2011, Israel im Gazakonflikt unter Gesichtspunkten des humanitären Völkerrechts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/177852
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