Die Notation der Neuen Musik sticht vor allem durch ihre Vielfältigkeit hervor. Eine einheitliche Notenschrift kann für die Neue Musik im Grunde nicht behauptet werden. Stattdessen finden wir individuelle Notationslösungen für individuelle musikalische Probleme und Fragestellungen vor. Von einer „Verwirrung der musikalischen Schrift“ ist die Rede, von „Zersplitterung“ und „Exzess der Notation“. Doch Zersplitterung in was? Und Zersplitterung weswegen? Und schließlich: Mit welchen kulturellen Umständen hängt die Heterogenität der Notenschrift Neuer Musik und ihre Unfähigkeit zur Verallgemeinerung und Vereinheitlichung zusammen?
Die Arbeit will versuchen diesen Fragen nachzugehen. Dabei sollen die unterschiedlichen Notationstypen der Neuen Musik im 20. Jahrhundert aufgezeigt und auf die in ihr neu hervortretenden Tendenzen hin untersucht werden. Das traditionelle Verständnis von Notation als Determination konkreter musikalischer Werke scheint hier nicht mehr zu funktionieren. Stattdessen werden Performativitätsfokussierungen und Herrschaftsdiskurse mithilfe der Notation in die Musik eingeführt. Es entsteht ein breites Experimentierfeld, das in Gänze höchstens noch einer gemeinsamen Ethik verpflichtet bleibt: der Sicherung von Vielfalt und dem Ausschluss von allgemeingültiger Totalität.
Das jedoch führt zu der Frage, inwieweit unter dieser Maxime noch Einheitlichkeit und Erkennbarkeit gewährleistet werden können. Droht der Neuen Musik und ihrer Notation die Beliebigkeit? Und lässt sich unter diesen Voraussetzungen überhaupt noch Musik machen, die diesem Namen gerecht wird? Kann man diese Musik noch hören?
Die Gegenfrage wäre jedoch, ob Beliebigkeit und extreme Heterogenität tatsächlich so katastrophal sind bzw. ob das Eine mit dem Anderen wirklich so viel zu tun hat. Die Beschäftigung mit der Notation Neuer Musik, so scheint es, führt uns geradewegs in die Auseinandersetzung mit der postmodernen Gesellschaft und ihren Herausforderungen.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Neue Musik, neue Absichten und ein altes Notationssystem
- II.1 Defizite des alten Notationssystems
- II.2 Neue kompositorische Absichten
- III. Neue Notationstypen
- III.1 Sprengung des Rahmens der klassischen Notation
- III.2 Notationsweisen Neuer Musik
- III.2.1 Änderungen der traditionellen Notenschrift
- III.2.2 Teilweise neue Grundlagen
- III.2.3 Vollkommen neue Grundlagen
- III.2.4 Notation Elektronischer Musik
- III.3 Tendenzen und praktische Verwendung der Notation Neuer Musik
- IV. Heterogenität der Notation Neuer Musik
- V. Resümee und Ausblick
- V.1 Pragmatik und Ethik – die beiden Dimensionen der Heterogenität der Notation Neuer Musik
- V.2 Permanente Relativierung – Heterogenität als Medium einer Ethik
- V.3 Heterogenität als Gefahr für die Musik?
- V.4 Rückgriff auf die Tradition und Verwendung individueller Formen über das Denken-Können von undenkbaren, jedoch verwendeten Lösungen
- VI. Quellenverzeichnis
- VI.1 Permanente Quellen
- VI.2 Elektronische Quellen
- VI.3 Nicht zitiertes Hintergrundmaterial
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Notation Neuer Musik. Ziel ist es, die Entwicklungen der musikalischen Schrift im 20. Jahrhundert im Kontext der kulturgeschichtlichen Veränderungen zu verorten und somit Chancen, Schwierigkeiten und Fragestellungen aufzuzeigen, die entstehen, wenn Heterogenität zu einem entscheidenden Merkmal der Lebenswelt wird.
- Defizite des alten Notationssystems im Umgang mit neuen kompositorischen Absichten der Neuen Musik
- Neue Notationstypen und ihre Sprengung des Rahmens der klassischen Notenschrift
- Tendenzen und praktische Anwendung der Notation Neuer Musik
- Die extreme Heterogenität der Notation Neuer Musik und ihre ethischen und pragmatischen Dimensionen
- Die Rolle von Herrschaft und deren Vermeidung in der Neuen Musik und ihrer Notation
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Kontext der Arbeit dar und erläutert die kulturgeschichtlichen Veränderungen, die mit dem Aufkommen der Neuen Musik im 20. Jahrhundert einhergingen. Dabei wird die Notwendigkeit des Umgangs mit extremer Heterogenität im Denken und Erleben betont.
Kapitel II analysiert die Defizite des alten Notationssystems im Umgang mit neuen kompositorischen Absichten und der daraus hervorgehenden Musikrichtungen. Es werden neue kompositorische Absichten beschrieben und die Gründe für die Unzulänglichkeit des alten Systems beleuchtet.
Kapitel III widmet sich den neuen Notationstypen der Neuen Musik und analysiert deren Sprengung des Rahmens der klassischen Notenschrift. Dabei werden verschiedene Notationsweisen näher betrachtet und die Tendenzen sowie die praktische Verwendung der Notation Neuer Musik beleuchtet.
Kapitel IV thematisiert die extreme Heterogenität der Notation Neuer Musik und deren Beständigkeit trotz Programmen und Vorhaben zur Vereinheitlichung. Es werden die pragmatischen und ethischen Dimensionen der Heterogenität sowie die Rolle von Herrschaft und deren Vermeidung in der Neuen Musik und ihrer Notation diskutiert.
Schlüsselwörter
Neue Musik, Notation, Heterogenität, Komposition, Notenschrift, traditionelle Notenschrift, Elektronische Musik, Musikgeschichte, Kulturgeschichte, Ethik, Pragmatik, Herrschaft, Moderne, 20. Jahrhundert.
- Quote paper
- Falk Rößler (Author), 2008, Heterogene Schrift, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/177738