Der Film La nuit américaine (Die amerikanische Nacht, 1972/73)1 macht bereits mit
seinem Titel den Verweis auf die Scheinwelt des Films deutlich und beginnt damit die
Reflexion über das eigene Medium, die sich im Film auf mehren Ebenen fortsetzt.2
La nuit américaine erzählt vordergründig die Geschichte der Dreharbeiten zu dem Film
Je vous présente Paméla. Filmtricks zur Illusionsbildung werden gezeigt, Streitigkeiten
und Beziehungsprobleme innerhalb des Filmteams und die Schwierigkeiten des
Regisseurs werden vorgeführt. Darüber hinaus verweist der Film aber auch auf die
Filmgeschichte und auf die filmische Biographie seines Regisseurs François Truffaut.
Er macht gleichzeitig auf die Faszination der Traumwelt und auf die Scheinwelt des
Kinos aufmerksam. Der Regisseur François Truffaut, der bis zu La nuit américaine
bereits dreizehn abendfüllende Spielfilme gedreht hatte, äußert sich über seinen Film La
nuit américaine, dass dieser „den Anspruch erhebt, nicht die ganze Wahrheit, aber
zumindest etliche wahre Dinge über das Filmemachen zu sagen.“3 Die Frage ist jedoch,
wo die Realität und wo die Illusion in dem Film dargestellt werden und wo die Grenzen
zwischen beiden liegen. Oder allgemeiner gefragt, gibt es Realität in einem Film, der
die Kulissen des Filmemachens offenbart?
Die Entschlüsselung der reflexiven Ebenen und deren Wirkung auf den Film soll daher
im Folgenden geleistet werden. Dazu ist es notwendig sowohl auf die Frage nach der
Begrifflichkeit für selbstreflexive Filme einzugehen, wie deren Unterschiede
aufzuzeigen. Erst dann soll Truffauts Auseinandersetzung mit dem Medium Film und
dem eigenen Schaffen aufgegriffen werden. Zudem soll anhand dieser verschieden
Reflexionsmodi eine Einordnung des Films innerhalb der Gattung ‚Film im Film‘
gemacht werden.
1 Quelle ist die deutsche Fernsehfassung. Im Folgenden werden Zitate aus dem Film durch den Zeitpunkt
der deutschen Synchronisation gekennzeichnet, wobei 00:00:00 der Beginn des Vorspanns ist.
2 Hans T. Siepe hat darauf hingewiesen, dass vor allem der italienische Titel Effetto notte diesen Hinweis
stärker im Namen beinhaltet als der französische (La nuit américaine) oder der deutsche (Die
amerikanische Nacht) Titel. Vgl. Hans T. Siepe: Spiegelspiele oder Im Reich der Filme. La Nuit
américaine (1973) von François Truffaut. In: Jochen Mecke; Volker Roloff (Hrsg.): Kino- / (Ro)Mania.
Intermedialität zwischen Film und Literatur. Tübingen 1999, S. 277-291, hier S. 277. Im Folgenden:
Siepe (1999).
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Metafilm oder Film im Film? - Begriffsklärung
- Genrebildung und das selbstreflexive Kino
- La nuit américaine
- Handlungsstruktur
- François Truffaut
- Filmische Selbstreflexion
- Das Spiel mit der Realität
- Interfilmizität und Intermedialität
- Ist der Film wichtiger als das Leben?
- Fazit
- Quellen
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Analyse des Films La nuit américaine von François Truffaut, insbesondere im Hinblick auf seine filmische Selbstreflexion. Der Fokus liegt dabei auf der Frage, wie der Film das Medium Film selbst reflektiert und die Grenzen zwischen Realität und Illusion im filmischen Schaffensprozess aufzeigt.
- Begriffliche Klärung von "Metafilm" und "Film im Film" und deren Relevanz für die Analyse selbstreflexiven Kinos.
- Die Einordnung von La nuit américaine innerhalb des Genres "Film im Film" sowie die Analyse seiner verschiedenen Reflexionsmodi.
- Die Darstellung des Spiels mit der Realität und der Intermedialität im Film, die die Grenzen zwischen Film und Leben verschwimmen lassen.
- Die Analyse des Films im Kontext der filmischen Biographie Truffauts und seiner Auseinandersetzung mit dem Medium Film.
- Die Frage nach der Bedeutung und der Wirkung von filmischer Selbstreflexion auf den Zuschauer.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in das Thema der filmischen Selbstreflexion und stellt La nuit américaine als Beispiel für einen Film vor, der diese Reflexion auf verschiedenen Ebenen vorführt. Kapitel 2 beschäftigt sich mit der Begriffsklärung von "Metafilm" und "Film im Film" und zeigt die Unterschiede zwischen diesen Begriffen auf. Anschließend wird untersucht, ob sich das selbstreflexive Kino als eigenständiges Genre etablieren lässt. In Kapitel 3 werden die Handlungsstruktur des Films, die Biographie Truffauts sowie die filmische Selbstreflexion in La nuit américaine analysiert. Kapitel 4 betrachtet das Spiel mit der Realität und die Intermedialität im Film, während Kapitel 5 ein Fazit zieht.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den zentralen Themen der filmischen Selbstreflexion, Metafilm, Film im Film, Genrebildung, Interfilmizität, Intermedialität, Realität, Illusion, François Truffaut, La nuit américaine, und die Frage nach den Grenzen zwischen Film und Leben.
- Quote paper
- Jochen Fischer (Author), 2001, Die artifizielle Welt des Films und die filmische Selbstreflexion in Francois Truffaut "La nuit américaines", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17759