Die Arbeit setzt sich mit einer aktuellen und viel diskutierten Fragestellung auseinander. Wie der Titel „Energienutzung und Energiesparen – Wege zum eigenständigen Lernen im Sachunterricht“ impliziert, befasst sich diese Arbeit mit Mitteln und Wegen, wie eigenständiges Lernen im Kontext des Sachunterrichts angebahnt und gefördert werden kann. Dabei steht auch die Frage im Raum, ob das Lerntagebuch als ein Unterrichts- und Lernmittel einen geeigneten Weg darstellt, dieses eigenständige Lernen innerhalb und außerhalb der Schule anzuregen. Der Titelteil „Energienutzung und Energiesparen“ dient hier vor allem der Themenfindung im Sinne der Unterrichtsvorbereitung, so geht diese Forschungsarbeit nur am Rande auf diesen Themenbereich ein, befasst sich schwerpunktmäßig mit den Lernmitteln, die angewandt wurden, sowie mit den verwendeten Lehr- und Lernmethoden. In einem ersten Schritt soll der Sachunterricht näher betrachtet werden. Der Begriff Sachunterricht wird untersucht und von seiner geschichtlichen Entwicklung her kurz ergründet. Zudem sollen aktuelle Überlegungen und Diskussionen zu neueren Zielsetzungen und Konzeptionen beleuchtet werden.
In einem nächsten Schritt werden zuerst die Konzeption, der Aufbau und der Rahmen, zusammenfassend als Forschungsdesign bezeichnet, eines Unterrichtsprojekts zum Thema „Energienutzung und Energiesparen“ für das Fach Sachunterricht vorgestellt und die Untersuchungs- und Erhebungsmethoden ausführlich vorgestellt. So werden das Lerntagebuch, die Stationenarbeit und die Lerntheke genauer präsentiert und jeweils mit eigenen Beiträgen ergänzt. Der Schwerpunkt der hier vorliegenden Arbeit liegt dabei auf dem Lerntagebuch, als Mittel zur Förderung des eigenständigen Lernens und offenen Unterrichtsformen wie der Stationenarbeit oder der Lerntheke. Im Rahmen der Begriffsklärungen werden Konzepte und Funktionen benannt und eigene Materialien vorgestellt. Im Anschluss daran werden die in den zwei Projektklassen mittels Tests und Interviews gewonnenen Ergebnisse ausgewertet und mit Tabellen und Diagrammen anschaulich aufgezeigt und interpretiert. Dabei wird wieder auf den Sinn und Nutzen des Lerntagebuchs eingegangen, da nur eine der Projektklassen das Lerntagebuch genutzt hat und anhand dessen aufgezeigt werden soll, inwieweit eine Klasse tatsächlich einen Nutzen durch das Lerntagebuch erhält. Zuletzt werden einige Materialien bereitgestellt, die als Anschauungsmaterial genutzt oder für Unterricht eingesetzt werden können.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Sachunterricht
2.1. Aufgaben und Ziele des Sachunterrichts
2.2. Die Geschichte des Sachunterrichts - ein kurzer Abriss
3. Perspektive Sachunterricht
3.1 Der Begriff Sachunterricht
3.2 Auf der Suche nach neuen Wegen
3.3 Entwicklungstendenzen feststellen anhand von Inhalten des Sachunterrichts
3.4 Aktuelle Diskussion
4. Forschungsdesign
4.1 Der Untersuchungsrahmen
4.2 Der Rahmenplan Sachunterricht
4.3 Stundenplanung
4.4 Der Elternbrief
4.5 Energienutzung und Energiesparen
5. Untersuchungsmethoden
5.1 Die Beobachtung
5.2 Der Vergleich
5.3 Die Analyse
5.4 Die Prognose
5.5 Die Interpretation
6. Erhebungsmethoden
6.1 Das Lerntagebuch
6.1.1 Was ist ein Lerntagebuch?
6.1.2 Konzeptionen
6.1.3 Funktionen
6.1.4 Das Potenzial des Lerntagebuchs
6.1.5 Projekt Lerntagebuch
6.1.6 Das fertige Lerntagebuch
6.2 Wissenstest
6.2.1 Was sind Tests?
6.2.2 Konstruktionsprinzipien
6.2.3 Problematik der Testauswertung
6.2.3 Der Wissenstest
6.3 Interview
6.4 Die Lerntheke
6.5 Der Energiesparbogen
6.6 Experimentieren an Stationen
6.6.1 Stationenarbeit
6.6.2 Stationentypen
6.6.3 Problematik des Stationenlernens
6.6.4 Chancen des Stationenlernens
6.7 Gruppenarbeit - Plakate erstellen
7. Die Ergebnisse
7.1 Die Testergebnisse
7.2 Interviewauswertung
7.3 Ein Blick auf das Lerntagebuch
7.4 Impressionen der Gruppenarbeit
7.5 Beobachtungen
8. Schlussfolgerungen
9. Fazit
10. Literaturverzeichnis
11. Anhang
1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit setzt sich mit einer aktuellen und viel diskutierten Fragestellung auseinander. Wie der Titel „Energienutzung und Energiesparen - Wege zum eigenständigen Lernen im Sachunterricht“ impliziert, befasst sich diese Arbeit mit Mitteln und Wegen, wie eigenständiges Lernen im Kontext des Sachunterrichts angebahnt und gefördert werden kann. Dabei steht auch die Frage im Raum, ob das Lerntagebuch als ein Unterrichts- und Lernmittel einen geeigneten Weg darstellt, dieses eigenständige Lernen innerhalb und außerhalb der Schule anzuregen. Der Titelteil „Energienutzung und Energiesparen“ dient hier vor allem der Themenfindung im Sinne der Unterrichtsvorbereitung. Deshalb geht auch diese Forschungsarbeit nur am Rande und in den vorliegenden Unterrichtsmitteln auf diesen Themenbereich ein, befasst sich aber schwerpunktmäßig mit den Lernmitteln, die angewandt wurden, sowie mit den verwendeten Lehr- und Lernmethoden.
In der aktuellen Diskussion um die Reformierung des Bildungssystems in Deutschland und im Hinblick auf PISA, IGLU und weiteren Studien geht die Frage einher, wie denn überhaupt eine solche umfassende Veränderung vorgenommen werden kann. Dabei steht nicht nur die Sekundarstufe im Mittelpunkt der Betrachtung, auch wenn dies von aktueller Brisanz im Zuge der Umstellung des dreigliedrigen Schulsystems ist. Auch für die Primarstufe werden hochgesteckte Ziele genannt. So soll das Kind schon in der Grundschule zu einem mündigen Wesen herangezogen und nicht nur in Wissensbereichen ausgebildet werden. Es sollen sowohl kommunikative als auch soziale Entwicklungen gefördert werden, die das Kind zu einer umfassenden Erschließung seiner Umwelt befähigen. Diese Aufgabe, die Erschließung der Erfahrungswelt des Kindes, ist in den Bereich des Sachunterrichts einzuordnen. Dieses Unterrichtsfach hat auch die Aufgabe, den Schüler oder die Schülerin zu eigenständigem, eigenverantwortlichem Handeln zu erziehen.
An dieser Stelle setzt die vorliegende Arbeit an. In einem ersten Schritt soll der Sachunterricht näher betrachtet werden. Der Begriff Sachunterricht wird untersucht und von seiner geschichtlichen Entwicklung her kurz ergründet. Zudem sollen aktuelle Überlegungen und Diskussionen zu neueren Zielsetzungen und Konzeptionen näher beleuchtet werden.
In einem nächsten Schritt werden zuerst die Konzeption, der Aufbau und der Rahmen, zusammenfassend als Forschungsdesign bezeichnet, eines Unterrichtsprojekts zum Thema „Energienutzung und Energiesparen“ für das Fach Sachunterricht vorgestellt und die Untersuchungs- und Erhebungsmethoden ausführlich vorgestellt. So werden das Lerntagebuch, die Stationenarbeit und die Lerntheke genauer präsentiert und jeweils mit eigenen Beiträgen ergänzt. Der Schwerpunkt der hier vorliegenden Arbeit liegt dabei auf dem Lerntagebuch, als Mittel zur Förderung des eigenständigen Lernens und offenen Unterrichtsformen wie der Stationenarbeit oder der Lerntheke. Diese Auswahl erscheint deshalb sinnvoll, da Formen in aktuelleren Diskussionen, in vielen Bereichen der Lehramtsausbildung an den Universitäten und an den Schulen in den Vordergrund getreten sind. Im Rahmen der Begriffsklärungen werden Konzepte und Funktionen dieser benannt und eigene Materialien vorgestellt. Im Anschluss daran werden die während des Projekts in den zwei Projektklassen mittels Tests und Interviews gewonnenen Ergebnisse ausgewertet und mit Tabellen und Diagrammen anschaulich aufgezeigt und interpretiert. Dabei wird wieder auf den Sinn und Nutzen des Lerntagebuchs eingegangen, da nur eine der Projektklassen das Lerntagebuch genutzt hat und anhand dessen aufgezeigt werden soll, inwieweit eine Klasse tatsächlich einen Nutzen durch das Lerntagebuch erhält. Zuletzt werden einige Materialien bereitgestellt, die als Anschauungsmaterial genutzt oder für Unterricht eingesetzt werden können.
2. Der Sachunterricht
Einleitung
Bevor die Geschichte des Sachunterrichts, der aktuelle Forschungsstand und verschiedene Positionen zum Sachunterricht näher betrachtet werden, muss zunächst geklärt werden, was Sachunterricht überhaupt ist.
2.1 Aufgaben und Ziele des Sachunterrichts
Sachunterricht oder anders gesagt „Unterricht über Sachen“ existiert schon, seit es Schulunterricht gibt. Dabei ist zu beachten, dass Schulunterricht nicht nur in unserem heutigen Verständnis gemeint ist, sondern auch all jene Konzeptionen und Modelle, die aus moderner Sicht vielleicht antiquiert erscheinen, in einer vergangenen Epoche aber als durchaus angemessen und fortschrittlich gegolten haben mögen. Der Begriff „Sachunterricht“ ist dabei eine von vielen terminologischen Bezeichnungen, zu denen auch Heimat- und Sachunterricht und Heimat- und Sachkunde (vgl. Kahlert et al., 2007, S.17) zählen. Auch die unterschiedliche Akzentuierung durch die Lehr- beziehungsweise Rahmenpläne der einzelnen Bundesländer tangiert nicht die sowohl fachpolitische als auch fachdidaktische Übereinstimmung über den grundlegenden Bildungsauftrag des Faches (vgl. Kahlert, 2006, S.543, in: Arnold, K.; Sandfuchs, U.; Wiechmann, J., Handbuch Unterricht, 1.Auflage, Bad Heilbrunn, 2006). So können drei Aufgabenbereiche des Sachunterrichts unterschieden werden (vgl. Köhnlein, 2007, S.89, in: Kahlert et al., Handbuch Didaktik des Sachunterrichts, 1.Auflage, Bad Heilbrunn, 2007):
- Grundlegung der Bildung:
Der moderne Sachunterricht soll einen Beitrag zu grundlegender Bildung leisten, was wiederum die Aufgaben und Ziele des Faches entscheidend mitbestimmt. Bildung als Begriff intendiert eine Verknüpfung, ja sogar eine Verpflichtung, gegenüber der Schule und des Unterrichts gegenüber dem Individuum und der Gesellschaft. Es soll nicht nur Wissen, Können und Leistungsfähigkeit aufgebaut werden, vielmehr soll darüber hinaus eine Persönlichkeit entwickelt werden, die in verantwortlichem Handeln auch einen Beitrag für die Gesellschaft leistet.
- Einführung in Sachverhalte:
Sachverhalte bedeuten hier nicht nur konkrete Dinge, wie Gegenstände oder beobachtbare Prozesse, es sind vielmehr auch das Denken, Sprechen und Handeln damit angesprochen. Sachverhalte beinhalten also auch geistige Konstrukte wie Theorien, Vorstellungen, Werte und Normen. Daraus folgt, dass über den bloßen Sachverhalt hinaus auch dessen Verbindungen, deren Vernetzung zu anderen Bereichen und Auswirkungen eine Rolle spielen.
Es geht um Wahrnehmung der Umwelt, deren Erschließung und um Welterkundung in einem umfassenden Verständnis.
- Aufbau von Haltungen:
Es werden im Beitrag von Walter Köhnlein vier Aspekte angesprochen. Dort spielen die Begriffe Sachlichkeit, Haltungen, rationale und ethische Orientierungsleistung und Normen eine bedeutende Rolle. Sachlichkeit tangiert nicht nur Dinge der Welt, sondern auch den Umgang des Kindes mit sich selbst und anderen. Zu ihr gehören die Objektivität, Rationalität, Verantwortungsfähigkeit, Einsichtigkeit und Mitmenschlichkeit. Gerade dieser letzte Begriff ist in Hinblick auf soziale Beziehungen von Bedeutung.
Als Zielperspektiven werden verschiedene Leitziele angesprochen, die nur einen Teil der möglichen Ziele ansprechen, was aber anhand der Vernetzung dieses Unterrichtsfaches mit zahlreichen (Bildungs-)Bereichen zusammenhängt. So können über die jeweiligen Ziele, die sich aus den oben genannten Aufgaben des Sachunterrichts ergeben, weitere Zielperspektiven genannt werden (vgl. Köhnlein, 2007, S.96, in: Kahlert et al., Handbuch Didaktik des Sachunterrichts,
1.Auflage, Bad Heilbrunn, 2007):
- Mündigkeit
- Handlungskompetenz
- Kommunikationsfähigkeit
- Kooperationsbereitschaft.
Dazu werden von Köhnlein die zwei Bildungsgrundsätze
- Weltinteresse wecken und
- Verstehen lehren
hinzugezählt, was er allerdings nicht weiter ausführt. Um genauere Zielkriterien zu erhalten, die auch für jedes Bundesland in Form von Lehr- und Rahmenplänen existieren, kann man sich mit diesen näher auseinandersetzen. In dieser Arbeit wird der Rahmenplan Grundschule - Teilrahmenplan Sachunterricht (Stand: Mai 2006) genauer behandelt und die für diese Untersuchung notwendigen Ziele herausgearbeitet. Nachzulesen in Kapitel 4.3.
Versucht man nun den Sachunterricht aus einer anderen Perspektive mit Schlüsselbegriffen zu beschreiben, so kann man, im Hinblick auf die Aufgabe des Sachunterrichts Realität zu erschließen, folgende Begriffe nennen (vgl. MüllerGäbele, 1997, S.12, in: Meier et al., Sachunterricht in der Grundschule, 1.Auflage, Frankfurt am Main, 1997):
- Erleben
- Erfahren
- Handeln
Sachunterricht hat, wie oben schon beschrieben, unterschiedliche Aufgaben zu erfüllen. Sachunterricht sollte dabei, um auch dem Anspruch modernen Unterrichts gerecht zu werden, lebendig und authentisch sein. Um nun überhaupt „lebendig“ zu sein, muss es den Schülerinnen und Schülern ermöglicht werden, Erlebnisse in diesem zu sammeln (vgl. ebd. S.13). Das „Erproben im Spiel“ (Rahmenplan Grundschule - Teilrahmenplan Sachunterricht, Stand: Mai 2006, S.6) wäre beispielsweise eine solche Erlebnismöglichkeit.
Diese Erlebnisse wiederum führen zu Erfahrungen, die unverzichtbar für eine authentische und gewinnbringende Auseinandersetzung mit einem Lernbereich sind. Auch im Rahmenplan wird der Erfahrungsbegriff gebraucht, indem etwa gesagt wird: „Schulanfänger kommen mit einer Fülle von Alltagserfahrungen zur Schule“ (Rahmenplan Grundschule - Teilrahmenplan Sachunterricht, Stand: Mai 2006, S.6). Oder aber, wie im Leistungsprofil Sachunterricht aufgezählt: „Die Kinder wenden sich Fragen und Problemen aus ihren natürlichen, sozialen, kulturellen, technischen und wirtschaftlichen Erfahrungsbereichen mit Neugier und Selbstvertrauen zu“ (Rahmenplan Grundschule - Teilrahmenplan Sachunterricht, Stand: Mai 2006, S.8).
Dem Handeln im Sachunterricht wird ebenfalls große Bedeutung beigemessen. Authentische Erfahrungen zu sammeln ist nur dadurch möglich, dass der Lernende mit einem Untersuchungsgegenstand in Kontakt kommt und mit diesem aktiv interagiert. So werden neuen Erfahrungen gesammelt und mit schon vorhandenen abgeglichen. Handeln selbst ist allerdings nur dann sinnvoll möglich, wenn schon auf Erfahrungen zurückgegriffen werden kann, die eine korrekte und zielgerichtete Auseinandersetzung mit einem Gegenstand ermöglichen. Auch dieser Begriff wird im Rahmenplan Sachunterricht berücksichtigt. So wird im Leistungsprofil ein besonders wichtiges Ziel genannt: „Sie verfügen über Kompetenzen zum Auffinden, Erklären, Darstellen und Begründen von Strategien zur Lösung von Sachfragen (Bilden von Hypothesen, Überprüfen von Annahmen, Experimentieren, Schlüsse ziehen, Übertragen von Ergebnissen auf analoge Sachverhalte)“ (Rahmenplan Grundschule - Teilrahmenplan Sachunterricht, Stand: Mai 2006, S.8). Gerade in diesem Beispiel werden verschiedene Kompetenzen genannt, die Erfahrungen voraussetzen und den Schüler oder die Schülerin aktiv Handeln lassen.
Da das Erleben Voraussetzung für Erfahrungen ist und Erfahrungen die Voraussetzungen für zielgerichtetes Handeln darstellen, beinhaltet das Handeln nicht nur die anderen Aspekte, es wird auch die Bedeutung des selbstständigen und eigenverantwortlichen Handelns durch die Schülerinnen und Schüler deutlich.
An dieser Stelle soll noch kurz auf die Unterscheidung zwischen Unterrichtsmethoden und -Prinzipien eingegangen werden. Wolfgang Einsiedler (2007, S.389, in: Kahlert et al., Handbuch Didaktik des Sachunterrichts, 1.Auflage, Bad Heilbrunn, 2007) geht darauf besonders ein, da einerseits manche Prinzipien teilweise zu eigenen unterrichtlichen Konzeptionen ausgebaut wurden, andererseits die Vermischung von Prinzipien und Methoden in Bezeichnungen wie „Handelndem Lernen“ oder „Handlungsorientiertem Unterricht“ (vgl. ebd., S.389f) recht problematisch ist. Zu den Methoden des Sachunterrichts lassen sich Unterrichtsformen wie der Projektunterricht, das Entdeckende Lernen oder die Erkundung zählen. Sie geben also die äußere Form des Unterrichts an (vgl. ebd.; S.390). Die Prinzipien sind eher „unscharfe Leitideen“, die normativ ausgelegt sind und beispielsweise Handlungsanweisungen sein können (ebd., S.390).
Die unzähligen Beiträge und Publikationen auf diesem Gebiet zeigen, welches Potenzial und wie viel Diskussionsstoff im Sachunterricht liegen. Durch eine kontinuierliche Weiterentwicklung des Fachbereichs, neue Erkenntnisse und zahlreiche Forschungsansätze ist auch kein Ende dieser ständigen Diskussion in Sicht. Um nun nicht den Rahmen dieser wissenschaftlichen Prüfungsarbeit zu sprengen, was durch die unzähligen Beiträge und Publikationen in diesem Bereich zweifelsohne möglich wäre, sofern man sich mit den unterschiedlichen Beiträgen weiter auseinandersetzt, wende ich mich nun einem weiteren Bereich zu, der eine andere bedeutende Eigenschaft des Sachunterrichts anspricht. Nach dieser Darstellung werde ich mich einem kurzen Abriss der Geschichte des Sachunterrichts zuwenden, um die Wurzeln des Bereichs näher zu beleuchten.
„Im schulischen Bildungswesen gibt es wohl kaum einen zweiten Lernbereich, der so unterschiedliche Gebiete zu bearbeiten hat wie das Grundschulfach Sachunterricht“ (vgl. Kahlert, 2006, S.543, in: Arnold, K.; Sandfuchs, U.; Wiechmann, J., Handbuch Unterricht, 1.Auflage, Bad Heilbrunn, 2006). In diesem Beitrag werden zudem einige Beispiele genannt, die aus den Lehrplänen abgeleitet wurden und die unterschiedlicher gar nicht sein könnten:
- Eigenschaften ausgewählter Stoffe
- Zahnpflege
- Gesunde Ernährung
- Fairnessregeln beim Spielen
- Ortsgeschichte
- Lebensgewohnheiten einheimischer Tiere
- Versuche mit Luft
- Umgang mit Zeit
- Magnetismus
- Elektrizitätslehre
- Erkundungen über die Wasserversorgung der Gemeinde
- Untersuchungen von Werbespots
- Veränderungen in der Arbeitswelt
Zu jedem dieser Bereiche würden sich viele weitere Teilbereiche nennen lassen, die untereinander vernetzt sein können oder neue Kategorien eröffnen. Dies will ich an dem Beispiel des regionalen Lernens im Sachunterricht verdeutlichen. Das Lernen in der Region ermöglicht es den Schülerinnen und Schülern „[…] unmittelbare Erfahrungen von Gegebenheiten“ (Blumenstock et al., 1999, S.11, in: Blumenstock (Hrsg.), Regionaler grenzüberschreitender Sachunterricht,
1.Auflage, Weinheim und Basel, 1999) zu machen. Dabei bietet sich beispielsweise der Besuch einer regionalen Sehenswürdigkeit oder aber der Besuch eines Zoos oder eines Museums an. Hier erfahren die Kinder aus erster Hand geschichtliche Aspekte, sie können selbst Beobachten und dabei Sachverhalte erfassen oder aber, sofern dies möglich ist, aktiv handeln. So wird im Falle dieses „außerschulischen Lernens“ nicht nur ein Ort erkundet, es werden auch Erfahrungen mit Abläufen, zum Beispiel der Zug- oder Busfahrt, gemacht, die wiederum den Erfahrungsreichtum der Schüler und Schülerinnen erweitert. Im Zoo lassen sich Lebensgewohnheiten der Tiere beobachten, im Museum kann etwas über die Geschichte der Region oder eines Zeitalters erfahren werden und eine Sehenswürdigkeit bringt den Kindern etwas über Architektur bei. Man sieht also, die Bereiche sind untereinander vernetzt und bieten Raum für zahlreiche Erfahrungen.
Weiter ausbauen ließe sich dies, indem die Schülerinnen und Schüler die Rolle von „Heimatforschern“ übernehmen und in ihrem Lebensraum aktiv erleben und ihn handelnd erschließen (vgl. Laux, 1999, S.49f, in: Blumenstock (Hrsg.), Regionaler grenzüberschreitender Sachunterricht, 1.Auflage, Weinheim und Basel, 1999). So lassen sich verschiedenste Lernziele und Lernmethoden miteinander kombinieren, um einen möglichst intensiven Lernprozess im Sachunterricht anzustoßen. Die Lebenswelt wird zur didaktischen Kategorie und Perspektive (vgl. Nießeler, 2007, S.30, in: Kahlert et al., Handbuch Didaktik des Sachunterrichts, 1.Auflage, Bad Heilbrunn, 2007).
2.2 Die Geschichte des Sachunterrichts - ein kurzer Abriss
Will man sich mit Sachunterricht näher beschäftigen, so ist es unumgänglich, auch einen geschichtlichen Überblick über die Entwicklung des Sachunterrichts zu geben. Im Laufe der Zeitgeschichte gab es verschiedene Entwicklungsrichtungen, die sich nicht nur auf dieses besondere Schulfach, welches sich von Grund auf wandelte, auswirkte, sondern auch auf dessen Konzepte, die auf die Unterrichtspraxis, die hierbei verwendeten Unterrichtsmaterialien und die Unterrichtsforschung einwirkten. Der Sachunterricht nahm dabei nicht nur auf die Institution Schule Einfluss, vielmehr bewirkte die ständige Veränderung und Entwicklung des Faches auch Veränderungen in gesellschaftspolitischen Strömungen und der (Schul-)Politik. Für diese hier vorliegende wissenschaftliche Arbeit soll der Blick jedoch auf einen kurzen Abriss der Geschichte des Sachunterrichts gerichtet werden, um das Thema nicht unnötig auszuweiten. Somit konzentriere ich mich hierbei vor allem auf einige ausgewählte Epochen und Publikationen, sodass man einen Überblick über die umfangreichen Veränderungen des Faches erhält und der Blick auf die aktuelle Entwicklung und Forschung gelenkt werden kann.
Der Sachunterricht, in der uns heute bekannten Form, gilt in der Bundesrepublik Deutschland als ein noch relativ junges Unterrichtsfach, das vereinzelt in verschiedenen aktuelleren und älteren sachunterrichtsdidaktischen Publikationen auf einen Entwicklungsstartpunkt um 1970 datiert wird (vgl. Götz, 2007, S.220, in: Kahlert et al., Handbuch Didaktik des Sachunterrichts, 1.Auflage, Bad Heilbrunn, 2007). Bei den hier angesprochenen Publikationen wird jedoch auch explizit darauf hingewiesen, dass sich der Sachunterricht über viele Jahrhunderte hinweg bis heute entwickelt hat (vgl. Kaiser; Pech, 2004, S. 4) und noch weiter entwickeln wird. Durch die zahlreichen Entwicklungsstufen und Veränderungen entsteht eine lebhafte und umfangreiche Geschichte.
In dieser wissenschaftlichen Prüfungsarbeit soll deshalb, wie auch schon bei Kahlert oder Kaiser, eher ein grober Überblick über die Geschichte gegeben werden, um zumindest ansatzweise die Wurzeln des Sachunterrichts, in dessen Rahmen die nachfolgende Forschung betrieben wurde, zu ergründen. Ich werde mich dabei sehr stark am Beitrag Margarete Götz (2007, S.220-229, in: Kahlert et al., Handbuch Didaktik des Sachunterrichts, 1.Auflage, Bad Heilbrunn, 2007) orientieren, da mir dieser in seiner Kürze, Prägnantheit und Ausführlichkeit am geeignetsten erscheint und in diesem die wichtigsten Stationen der geschichtlichen Entwicklung des Sachunterrichts dargestellt werden. Es sei gesagt, dass es zahlreiche Publikationen zur Geschichte gibt, in denen über verschiedene Wege ein Zugang hergestellt wird. So unterscheiden beispielsweise Astrid Kaiser und Detlef Pech (2008, S.7) drei verschiedene Orientierungen, mithilfe derer die Geschichte des Sachunterrichts dargelegt werden kann:
1. Ideengeschichtlicher-biografischer Zugang
2. Orientierung an Richtlinien oder Schulbüchern
3. Orientierung an der Geschichte des realen Unterrichts
Eine weitere Möglichkeit besteht in der Analyse von Lehrwerken, so wie dies Beate Blaseio (2004) durchgeführt hat, um so Entwicklungstendenzen des Sachunterrichts beziehungsweise dessen Inhalte auszumachen und damit Rückschlüsse auf die Entwicklung vorzunehmen. Dieser Ansatz ähnelt der Orientierung an Richtlinien oder Schulbüchern, der oben bereits aufgezählt wurde.
Die Schwierigkeit der Rekonstruktion von historischen Entwicklungsverläufen im Sachunterricht Margarete Götz weist in ihrem Beitrag „Zur Geschichte des Sachunterrichts“ (2007, in: Kahlert et al., Handbuch Didaktik des Sachunterrichts, 1.Auflage, Bad Heilbrunn, 2007) darauf hin, dass ein erheblicher Mangel an Untersuchungen im sozialen, regionalen und lokalen Bereich herrscht, der die wirklichkeitsnahe Rekonstruktion der historischen Entwicklungsverläufe erschwert (vgl. ebd., S.220). Es ist somit sehr schwer die Entwicklungen angemessen und umfassend zu erfassen, deshalb sind Beschränkungen in der Auswahl und Beschreibung einzelner Entwicklungsphasen nicht zu vermeiden. Die folgende Darstellung ist dem Werk Margarete Götz sinnhaft entnommen.
Anschauungsgebundener Realienunterricht
Den ersten bedeutsamen Vorläufer des Sachunterrichts, so wie er heute existiert, stellt der anschauungsgebundene Realienunterricht dar. Seine Anfänge reichen bis ins 17. Jahrhundert, in eine Zeit, zu der noch deutsche Territorialstaaten existierten und es kein öffentliches Pflichtschulwesen gab. Der
Realienunterricht stützt sich auf das empirisch-induktive
Wissenschaftsverständnis, auf dessen Prämissen jegliche Erkenntnis auf sinnlicher Wahrnehmung beruht, welches durch J.A.Comenius (1592-1670) ins Didaktische gewendet wurde. Comenius verlieh dabei der Sache des Realienunterrichts erste schulförmige Konturen. Sein Werk „Orbis sensualium pictus“ (1658) stellt den ersten Entwurf des Realienunterrichts dar, der die weitere Entwicklung beeinflusste. So sollte Wissen in geordneter Form über die bedeutenden „Weltdinge“ und „Lebensverrichtungen“ vermittelt werden. Die eigentliche Neuerung auf diesem Gebiet war die Aufwertung von realen Dingen zu Unterrichtsgegenständen. Auch die damit verbundene Anwendung des Anschauungsprinzips war eine bedeutende Änderung der bisher praktizierten Verbalunterweisung (vgl. Mitzlaff, 2008, S.41, in: Kaiser; Pech, Basiswissen Sachunterricht. Geschichte und historische Konzeptionen des Sachunterrichts, 2.korrigierte Auflage, Band 1, Hohengehren, 2008). A.Reyher (1601-1673) leitete eine Säkularisierung des Realienunterrichts ein, auch wenn der den Grundsatz der Anschauung beibehielt. Das Bedeutende zu jener Zeit war die Aufnahme der von Reyher erarbeiteten Gothaer Schulordnung in einen offiziellen Lehrplan, der außerhalb der damals vorherrschenden Kirchenordnung verbindlich erlassen wurde. Der Unterschied zu Comenius war vor allem der Aspekt der Auswahl und Anordnung der Inhalte an einer nicht göttlichen Schöpferordnung, sondern an utilitaristischen Ansprüchen. Hier stand die Vermittlung von nützlichem und lebenspraktischem Wissen im Vordergrund. Dabei sollten aber nicht nur individuelle Lebensbedürfnisse befriedigt werden, vielmehr sollte auch den Erfordernissen des Gemeinwohls Rechnung getragen werden. Reyher gliederte den Realienunterricht in verschiedene Lehrgebiete auf, die sich auf breites Spektrum von Kenntnissen erstreckten (vgl. Mitzlaff, 2008, S.49, in: Kaiser; Pech, Basiswissen Sachunterricht. Geschichte und historische Konzeptionen des Sachunterrichts, 2.korrigierte Auflage, Band 1, Hohengehren, 2008).
Unter A.H.Francke (1663-1727) erhielten die Realien eine bedeutende Aufwertung. Es wurden nun handwerklich-manuelle Tätigkeiten neu mit einbezogen, in Unterrichtsgebiete mit Fachcharakter untergliedert und eine großzügig angelegte Lehrmittelsammlung angelegt. Jedoch war diese Ausprägung eine eher lokal begrenzte Variante, die wenig Einfluss auf die weitere Entwicklung des Realienunterrichts hatte.
Im Zeitalter der Aufklärung erhielten die Realien eine bis dahin noch nicht gekannte Hochschätzung. So bekamen schon Fünf- und Sechsjährige einzelfachlichen Realienunterricht, in dem sie sich mit Erdkunde, Naturlehre oder Geschichte auseinandersetzten. Durch den Einfluss Rousseaus (1712-1778) (vgl. Mitzlaff, 2008, S.51ff, in: Kaiser; Pech, Basiswissen Sachunterricht. Geschichte und historische Konzeptionen des Sachunterrichts, 2.korrigierte Auflage, Band 1,
Hohengehren, 2008) radikalisierten die Philanthropen den Anschauungsgrundsatz und ergänzten ihn durch kindliche Selbsttätigkeit. Zudem stellten sie sich die Aufgabe, die Bildung aller Kräfte und Fähigkeiten des Kindes anzuregen.
Den Rang einer maßgeblichen Begründungsreferenz für den Realienunterricht der Philanthropen erhält dieses Konzept bei der Forderung nach Kindgemäßheit, wie für das der Nachfolgekonzeptionen bis in die Gegenwart. Auch hier kann eine lokale Begrenzung der Erscheinung festgestellt werden, auch wenn sie durchaus Nachahmung gefunden hat.
Heimatkundlicher Unterricht
Der heimatkundliche Unterricht beziehungsweise die Heimatkunde präsentierte sich im 19. Jahrhundert als Nahraum konzentrierter Realienunterricht. Pestalozzis Pädagogik dient dabei als Hintergrundtheorie in der zeitgenössischen Fachpublizistik. Zwei bedeutende Vertreter sind Ch.W.Harnisch (1787-1864) und F.A.W.Diesterweg (1790-1866), die sich auf die bildende Wirkung der „nähesten Verhältnisse“ und der Anschauungsgebundenheit der Begriffs- und
Erkenntnisgewinnung bei Pestalozzi (vgl. Wulfmeyer, 2008, S.65ff, in: Kaiser; Pech, Basiswissen Sachunterricht. Geschichte und historische Konzeptionen des Sachunterrichts, 2.korrigierte Auflage, Band 1, Hohengehren, 2008) berufen. In dieser Bewegung findet eine Aufgliederung des Realienunterrichts in Einzelfächer statt. Hier lastet Harnisch der Entwicklung einen negativen Wirkungseffekt an, der durch die Zersplitterung des Wissens hervorgerufen wird und als Dauerklage bis ins 20. Jahrhundert hineinreicht. Der Heimatbezug im didaktischen Arrangement von Harnisch findet aus Rücksichtnahme auf das Kind statt und ist eine Variante der Kindorientierung.
Unter ihm wird auch eine Binnengliederung vorgenommen, die sich nicht durch ein Fachprinzip, sondern durch ein Raumprinzip auszeichnet. „Vom Nahen zum Entfernten“ kann hier als Leitprinzip angeführt werden (vgl. Mitzlaff, 2008, S.78, in: Kaiser; Pech, Basiswissen Sachunterricht. Geschichte und historische Konzeptionen des Sachunterrichts, 2.korrigierte Auflage, Band 1, Hohengehren, 2008), das noch bis in die 1960er Jahre Bedeutung hat. Der fächerintegrierende Unterricht bei Harnisch stellt dabei die Grundlage für den späteren heimatkundlichen Gesamtunterricht dar.
Unter Diesterweg wird der bis dahin noch als Unterrichtsmethode geltende Entwurf bei Harnisch in den Rang eines Unterrichtsfaches erhoben. Diesterweg fordert die Einführung eines Anschauungsunterrichts, der dem Realienunterricht vorausgeht. In diesem soll vor allem die intensive Schulung der Sinne stattfinden, die als Voraussetzung für einen intellektuell-systematisierenden Denkprozess vonnöten ist.
Bei Betrachtung dieser beiden Leitfiguren und ihrer Entwürfe stellt sich der heimatkundliche Sachunterricht als ein Fach dar, das dem Schüler durch Anschauung und Selbsttätigkeit einen von herrschenden Dogmen und Autoritäten unabhängigen Erkenntnisgewinn ermöglicht (vgl. von Reeken, 2008, S.81ff, in: Kaiser; Pech, Basiswissen Sachunterricht. Geschichte und historische Konzeptionen des Sachunterrichts, 2.korrigierte Auflage, Band 1, Hohengehren, 2008). Gerade dieser Effekt ist es, der im preußischen Staat 1854 einen Ausschluss des heimatkundlichen Anschauungsunterrichts hervorbrachte.
Als Vater der Heimatkunde wird F.A.Finger angeführt, der durch seine Publikation „Anweisung zum Unterricht in der Heimathskunde, gegeben am Beispiel der Gegend von Weinheim an der Bergstraße“ (1844) eine tragende Rolle bekommen hat (vgl. Mitzlaff, 2008, S.85ff, in: Kaiser; Pech, Basiswissen Sachunterricht. Geschichte und historische Konzeptionen des Sachunterrichts, 2.korrigierte Auflage, Band 1, Hohengehren, 2008). Heimatkunde wird unter Finger als ein eigenständiges Fach angesehen, das in den ersten vier Schuljahren unterrichtet werden soll. In diesem soll die heimatliche Gegend mit dem Anschauungsprinzip erschlossen werden. Dieser Ansatz galt bis ins 20.
Jahrhundert hinein als Profil des heimatkundlichen Unterrichts, in dem die Unterrichtsinhalte der heimatlichen Umgebung entstammen, die Fortschreitung von Nahen zum Fernen verläuft, eine möglichst direkte Anschauung und Schülerselbsttätigkeit vorherrscht, eine Förderung der Sinneswahrnehmung und der Erwerb von Sachwissen stattfindet.
Der nächste wichtige Schritt ist während der Zeit des Ersten Weltkriegs zu nennen, bei dem sich eine Wandlung der Heimatkunde von einem Sachfach zu einem Gesinnungsfach vollzog. Eine neue Aufgabe des heimatkundlichen Unterrichts kommt in der Gestalt der Erziehung zur Heimattreue und -liebe, da für die Wirksamkeit von Bindungsqualitäten eine intensive Gefühlsbindung an die Heimat vorausgesetzt wird. Dem Unterricht kommt so eine Sozialisationsfunktion zu, da es um die Identifikation mit der Heimat zum Zwecke der Einfügung des Schülers in bestehende Lokalverhältnisse geht.
Sachunterricht
Die Einrichtung einer Grundschule stellt schulstrukturell eine Neuerung dar, konnte jedoch in diesem Zusammenhang keine Reform der Entwicklung des heimatkundlichen Unterrichts bewirken. Dennoch wurde damit ein kindorientierter Zuschnitt des Faches angeregt. Im Laufe der 1920er Jahre nimmt der heimatkundliche Unterricht die Rolle eines obligatorischen Unterrichtsfaches der Grundschule ein, bleibt jedoch auf diese begrenzt. Anhand von Lehrplanvorgaben für das Fach lassen sich Kontinuitäten zur Heimatkunde als Sachfach und Gesinnungsfach nachweisen. Diese noch gesinnungsbildende Intention des Faches dominiert zum Beispiel während des Nationalsozialismus oder Marxismus-Leninismus, wobei die Intention in der regimegetreuen Erziehung der Kinder liegt. Eine historisch nachgewiesene Ideologieanfälligkeit in Zusammenhang mit weiteren Defiziten der Heimatkunde bringt diesem Fach den Vorwurf ein, einem emanzipationsfeindlichen Modernitätsrückstand zu unterliegen. Erst durch die Einrichtung als Grundschulfach, mit der ein Neuerungsanspruch in verschiedene Ausprägungen einherging, konnte der Vorwurf überwunden werden. Hier taucht der Begriff der Wissenschaftsorientierung auf. Das so ab 1970 an immer mehr Grundschulen eingeführte Unterrichtsfach trug den Namen Sachunterricht, der jedoch historisch gesehen keine Neuerfindung war. Anders als im wissenschaftlichen Diskurs hat sich diese Bezeichnung jedoch bisher nicht überall durchgesetzt.
Durch die Grundschullehrpläne der 1970er Jahre wurde die Wissenschaftsorientierung als Fachorientierung konkretisiert. Trotzdem war diese Variante des Sachunterrichts nur von kurzer Dauer, so wurde Mitte der 1970er Jahre die Korrekturbedürftigkeit des Faches erkannt und der Ruf nach Lebensweltorientierung, Erfahrungsnähe und Eigentätigkeit für die unterrichtliche Sacherschließung laut. So wurden einige der typischen Kennzeichen der in der Heimatkunde bevorzugten Kindorientierung eingefordert. Trotz der Reaktivierung dieser heimatkundlichen Traditionen und der teilweisen Umbenennung des Lehrplanfaches in Heimat- und Sachunterricht gab es keine Rückkehr zur alten Heimatkunde, obwohl der Effekt der „Wiederkehr des Heimgefühls“ festgestellt wurde.
Durch diese Rückbesinnung wurde so eine Entwicklung eingeleitet, deren vorläufiger Endpunkt in der gegenwärtigen sachunterrichtsdidaktischen Diskussion durch den dominierenden und teilweise in den Lehrplänen verankerten vielperspektivischen Sachunterricht markiert wird. Er erschließt über den Umweg der lebensweltlichen Perspektive den Heimatbezug und durch fachnahe Dimensionierung sachunterrichtlicher Themen die Wissenschaftsorientierung. Vertreter dieser Ausprägung sind beispielsweise Joachim Kahlert und Walter Köhnlein. Hier kann auch die Variante des mehrperspektivischen Sachunterrichts angeführt werden, der von seiner Konzeption her als „[…] radikalste und theoretisch am besten fundierte […]“ bezeichnet wird (vgl. Meiers, 2008, S.177, in: Kaiser; Pech, Basiswissen Sachunterricht. Geschichte und historische Konzeptionen des Sachunterrichts, 2.korrigierte Auflage, Band 1, Hohengehren, 2008).
Die hier aufgeführte Darstellung ist, wie schon erwähnt, Margarete Götzs Beitrag (siehe oben) sinnhaft entnommen und gibt nur einen sehr knappen Überblick über die Geschichte beziehungsweise Entwicklung des Sachunterrichts. Für einen genaueren, ideengeschichtlich-biografischen Zugang, empfehle ich das Werk von Astrid Kaiser und Detlef Pech „Basiswissen Sachunterricht. Geschichte und historische Konzeptionen des Sachunterrichts“ (2008).
Zusammenfassung
Zu den Aufgaben und Zielen des Sachunterrichts zählen die Grundlegung der Bildung, die Einführung in Sachverhalte und der Aufbau von Haltungen. Auch der Rahmenplan gibt dazu einige Ziele vor, die die Schüler bis ans Ende ihrer Grundschullaufbahn erreicht haben sollen. Dabei werden die verschiedensten Bereiche mit einbezogen, was zu einer Fülle an Themen für den Sachunterricht führt.
In der Geschichte des Sachunterrichts geht es um einen kurzen Abriss, der die Entwicklung des Faches vom 17. Jahrhundert bis heute nachvollzieht und einige markante Strömungen und Personen, die maßgeblich an der Entwicklung beteiligt waren, nennt.
3. Perspektive Sachunterricht
Einleitung
In diesem Kapitel geht es um neuere Konzeptionen, Entwicklungstendenzen und aktuelle Diskussionen zum Sachunterricht. Es soll ein Einblick in die Überlegungen zu Konzepten und der weiteren Gestaltung des Sachunterrichts gewährt werden, um eine mögliche Entwicklungsrichtung aufzeigen zu können. Da sich diese wissenschaftliche Prüfungsarbeit in anderen Kapiteln mit Begriffen wie Self-Monitoring, eigenständigem Lernen und dem Lerntagebuch beschäftig, wird versucht, hier andere Schwerpunkte der Sachunterrichtsforschung darzustellen.
3.1 Der Begriff Sachunterricht
Schon der Begriff des Sachunterrichts ist keine eindeutige Bezeichnung für dieses Unterrichtsfach, seit seiner Entstehung, in seiner jetzigen Form (siehe Kapitel 2.2). Es mag zwar innerhalb der Wissenschaften eine fest integrierte und häufig genutzte Bezeichnung sein, doch zahlreiche Vorschläge zur Umbenennung des Faches aus unterschiedlichen Bereichen und von verschiedenen Didaktikern liegen vor (vgl. Kaiser; Pech, Band 2, 2008, S.5). Dies liegt daran, dass dieser Begriff dem heutigen Sachunterricht nicht mehr gerecht werden kann und so versucht wird, mit neuen Bezeichnungen den Ansprüchen und Zielen des Faches Ausdruck zu verleihen. So gibt es Vorschläge wie beispielsweise:
- „Sach- und Sozialunterricht“ (Klafki 1992)
- „Welterkundung“ (Faust-Siehl; Ramseger er al, 1996)
- „Sachwissenschaft“ (Stoltenberg 2008).
Jeder dieser Bezeichnungen liegen verschiedene Grundüberlegungen zugrunde, die jeweils besondere Schwerpunkte auf verschiedene Zielkriterien, Methoden oder Ausrichtungen legen. So wird entweder eine Unterscheidung auf Sach- oder Sozialebene vorgenommen, oder aber dem Sachunterricht ganzheitlich die Aufgabe einer Wissenschaft auferlegt. Die Problematik der Suche nach einem geeigneten Begriff ist mit der Schwierigkeit verbunden, auch die Ausrichtung des Faches, ja sozusagen seine Bestimmung, genauer zu definieren und festzulegen, was aber schon immer ein fast unlösbares Problem darstellte. Dies kann anhand der geschichtlichen Entwicklung des Faches Sachunterricht nachvollzogen werden. So wird seit geraumer Zeit versucht, diesen „Verlegenheitsbegriff“ (Kaiser; Pech, Band 2, 2008, S.5) mit einem treffenderen zu ersetzen, was aber anhand der aktuellen Diskussionen um die Konzeptionen und Akzentuierungen des Sachunterrichts wohl nicht in absehbarer Zeit geschehen wird. Es kommt auch hinzu, dass der Begriff und die Konzeption des Sachunterrichts auf zahlreichen „Traditionslinien“ beruhen, die nicht nur die Fachgestaltung über Jahrhunderte hinweg geprägt haben, sondern auch das Denken der Menschen, das nun einmal sehr traditionsbehaftet ist.
3.2 Auf der Suche nach neuen Wegen
Wie im oberen Abschnitt schon ausgesagt, wird versucht, eine Neubestimmung, beziehungsweise eine Neuausrichtung des Faches anzustoßen. Ausdruck findet dies in der Suche nach einem allgemeingültigen und akzeptierten Begriff, der die Bezeichnung Sachunterricht abzulösen vermag. Doch wie soll ein moderner und zeitgemäßer Sachunterricht aussehen? Gerade in den immer noch aktuellen Diskussionen um PISA, IGLU und weiteren Studien wird die Notwendigkeit einer Neugestaltung des Unterrichts und des Bildungssystems in der Bundesrepublik Deutschland gesehen.
Dies betrifft in besonderem Maße natürlich auch den Sachunterricht, der die schwierige Aufgabe hat fächerübergreifend, grenzüberschreitend, lokal und global, sachliches und soziales Wissen, Methoden, Kompetenzen und Fähigkeiten zu vermitteln und gleichzeitig Kommunikation, soziale Interaktion, authentische Erfahrungen und lebenslanges, eigenständiges, eigenverantwortliches Lernen zu ermöglichen und die Schülerinnen und Schüler mündig für ihr weiteres Leben zu machen. Man sieht schon, dass die Ansprüche, die an den Sachunterricht herangetragen werden, dieses Unterrichtsfach in eine komplizierte Lage bringen. Durch die traditionsbehaftete Gestaltung ist es schwierig, eine Neuausrichtung „aus dem Nichts“ herbeizuführen, ohne auf alte Traditionen zurückzugreifen.
So richtet sich der Blick der Diskussionsteilnehmer auch immer öfter auf verwandte Konzeptionen des Sachunterrichts im Ausland. „So nimmt Kaiser (2004) Bezug auf den niederländischen Entwurf einer „Weltorientierung“ aber auch das japanische Modell von der „Lebenskunde“ wird häufig kolportiert“ (Kaiser; Pech, Band 2, 2008, S.5). Da diese Pendants noch in einem gewissen Maß vergleichbar mit dem in Deutschland vorherrschenden Modell sind, wird auch über neue Ansätze nachgedacht.
So rückt „scientific literacy“ die Bedeutung einer angemessenen naturwissenschaftlichen Grundbildung in den Vordergrund. Man kann nun den Einwand hervorbringen, dass diese Sach- und Wissenschaftsorientierung im Grunde genommen kein neuer Ansatz ist, da auch in der aktuellen, in Deutschland geführten Diskussion eine solche Ausrichtung verhandelt wird. Doch bei „scientific literacy“ steht „[…] die Idee, naturwissenschaftliche Kenntnisse und Kompetenzen quasi in den Rang einer Kulturtechnik zu heben“ (Marquardt- Mau, 2008, S.67, in: Kaiser; Pech, Basiswissen Sachunterricht. Neuere Konzeptionen und Zielsetzungen im Sachunterricht, Band 2, 2.korriegierte Auflage, Hohengehren, 2008) im Vordergrund. Diese wird, ähnlich wie Schreiben, Lesen und Rechnen, als eine grundlegende Voraussetzung dafür angesehen, dass eine „erfolgreiche Teilhabe am Leben in einer Wissensgesellschaft möglich ist“ (ebd., S.67). Man muss nun einmal den Aspekt der Wissensgesellschaft näher betrachten, da dieser eine besondere Bedeutung hat. Wissensgesellschaft bezeichnet dabei „[…] eine neue soziale Ordnung […]“ (ebd., S.68), in der das „grundlegende[s] Organisationsprinzip nicht mehr die industrielle Güterproduktion, sondern Wissen und Information seien“ (ebd., S.68). Heute wird gerne der Begriff der Informationsgesellschaft gebraucht, auch wenn dieser aus dem politikwissenschaftlichen Bereich stammt.
Was zeichnet scientific literacy aus?
Brunhilde Marquardt-Mau stellt in ihrem Beitrag (2008) exemplarisch eine Definition vor, mit dem Hinweis, dass es bis heute keine allgemein akzeptierte Definition dafür gibt (vgl. ebd.; S.71). Sie fasst abschließend, unter Berücksichtigung verschiedener Ansätze zur „scientific literacy“, zusammen:
„Danach umfasst scientific literacy insbesondere Vorstellungen zu und Kenntnisse von Vorstellungen zu und Kenntnisse von
- naturwissenschaftlichen Basiskonzepten - theorien und -modellen,
- Prozessen des (natur)wissenschaftlichen Wissenserwerbs,
- der Bedeutung der Naturwissenschaften als kultureller Errungenschaft
- dem Zusammenhang der Naturwissenschaften mit sozialen und gesellschaftlichen Fragen“ (ebd., S.71).
Das Konzept von scientific literacy in der IGLU-E Studie
Mit der IGLU-E Studie werden Grundschulkinder in verschiedene Stufen naturwissenschaftlicher Kompetenzen eingeordnet. Dies erfolgt in Orientierung an dem Konzept der „scientific literacy“. So werden fünf verschiedene Kompetenzstufen unterschieden, die Grundschulkinder anhand ihrer Fähigkeiten im naturwissenschaftlichen Arbeiten erreichen können.
Diese reichen von Kompetenzstufe I, bei der die Kinder einfache naturwissenschaftliche Bezeichnungen kennen und reproduzieren können müssen, Faktenwissen aber kaum Verwendung findet und meistens ohne Bezug vorhanden ist, bis zu Kompetenzstufe V, bei der naturwissenschaftliches Denken angewendet werden kann, um Voraussagen zu treffen oder Erklärungen abgeben zu können.
Das Ergebnis dieser Studie kann im Beitrag Brunhilde Marquardt-Mau „Ansätze zur Scientific Literacy“ (2008, S.81, in: Kaiser; Pech, Basiswissen Sachunterricht. Neuere Konzeptionen und Zielsetzungen im Sachunterricht, Band 2, 2.korriegierte Auflage, Hohengehren, 2008) überblicksartig eingesehen werden.
„Scientific literacy“ ist also nicht bloß ein theoretischer Ansatz, er wurde auch schon anhand einer Studie auf seine Nutzbarkeit geprüft.
Es muss festgehalten werden, dass mithilfe dieses Ansatzes durchaus wertvolle Impulse für die naturwissenschaftliche Perspektive des Sachunterrichts gesetzt werden können, jedoch der Nutzen des Ansatzes noch nicht ausreichend geprüft, beziehungsweise noch eingehender untersucht werden muss, um Kenntnisse zum weiteren Potenzial dieses Ansatzes zu erhalten (vgl. ebd., S.82).
3.3 Entwicklungstendenzen feststellen anhand von Inhalten des Sachunterrichts
Ein interessanter Ansatz zur Untersuchung der Entwicklungstendenzen ist die Publikation „Entwicklungstendenzen der Inhalte des Sachunterrichts. Eine Analyse von Lehrwerken von 1970 bis 2000“ von Beate Blaseio (2004). Sie untersucht darin durch wissenschaftliche Schulbuchforschung die Inhalte von Lehrbüchern zum Sachunterricht. Dabei stellt sie fest, dass das Fach Sachunterricht in seiner Geschichte keine geschlossene -statische Inhaltskonzeption aufweist und sich die Inhalte aus unterschiedlichen Bausteinen zusammensetzen (vgl. Blaseio, 2004, S.335).Diese sind Etablierungs- und Eliminierungstendenzen unterworfen und machen es so außerordentlich schwer, ein gängiges Konzept der Inhaltskonzeption des Faches zu erarbeiten. Erst ab 1970 ist eine differenzierte und dynamische Beschreibung der Inhalte möglich, da während dieser Zeitperiode curriculare Vorgaben existierten, die die Inhaltskonzeption in entscheidendem Maße mitbestimmten (vgl. ebd., S.335ff).
Ein interessanter Punkt ist die Erwähnung des „Perspektivrahmen Sachunterricht“ (2002) der GDSU (http://www.gdsu.de), der einen entscheidenden Einfluss auf die Gestaltung des Sachunterrichts ausübte und noch immer ausübt.
Dieser Perspektivrahmen bietet ein Rahmenkonzept, das:
- eine notwendige Balance zwischen allgemein verbindlichen Zielen und
Offenheit in der inhaltlichen und methodischen Gestaltung wahrt,
- zur Qualitätssicherung von Sachunterricht beiträgt, die didaktische
Professionalisierung von Lehrerinnen und Lehrern unterstützt
(vgl. GDSU, URL http://www.gdsu.de/wb/pages/perspektivrahmen- sachunterricht.php, Stand: 10.10.2009).
Dieses Rahmenkonzept hatte umfassende Auswirkungen auf die Gestaltung des Sachunterrichts, was Beate Blaseio anhand eines Vergleichs zwischen ihrer Untersuchung und den Auswirkungen des Konzepts der GDSU feststellte (vgl. Blaseio, 2004, S.340).
3.4 Aktuelle Diskussionen
„Es bleibt eine wichtige Aufgabe der Didaktik des Sachunterrichts, den wissenschaftlichen Diskurs über den Bildungswert der „Sachen des Sachunterrichts“, um die Ziele und Aufgaben des Faches auf seine Inhalte mit Blick auf die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes und die Bewältigung seiner Entwicklungsaufgaben zu führen“ (Giest, 2009, S.16, in: Lauterbach et al., Lernen und kindliche Entwicklung. Elementarbildung und Sachunterricht, 1.Auflage, Bad Heilbrunn, 2009). Dieses Fazit gibt sehr gut den aktuellen Stand der Diskussionen wieder, indem ausgesagt wird, was überhaupt im Bereich des Sachunterrichts in Zukunft erreicht werden soll. Wie deutlich erkennbar ist, geht es hier nicht um eine grundlegende Reformierung des Sachunterrichts beziehungsweise seiner Didaktik, so wie von manchen Richtungen gefordert (s. o.), sondern eher um eine Besinnung auf elementare Aufgaben des Faches. Einige Erträge der Diskussionen, die im Rahmen der Jahrestagung 2008 an der Universität Bremen und der Arbeit der Arbeitsgruppe „Frühe Bildung“ hervorgegangen sind, werden in „Lernen und kindliche Entwicklung“ (Lauterbach et al., 2009) zusammengefasst. Im Vordergrund dieser Publikation steht, wie oben schon ausgesagt, nicht die Reformierung des Sachunterrichts, sondern eher eine Besinnung auf die eigentlichen und elementaren Aufgaben des Sachunterrichts, mit Blick auf die Entwicklung der kindlichen Persönlichkeit. So geht es nicht nur um die Vermittlung von Wissen, das auch träges Wissen sein kann, es geht vielmehr um die Ausschöpfung der Möglichkeiten, die Persönlichkeit des Kindes im bestmöglichen Maße zu fördern und es zu einem mündigen Wesen zu machen. Es werden Begriffe in dem Raum geworfen, die jeder für sich eine eigene Diskussion auslösen könnten (vgl. Fischer; Marquardt-Mau, 2009, S.19ff, in: Lauterbach et al., Lernen und kindliche Entwicklung. Elementarbildung und Sachunterricht, 1.Auflage, Bad Heilbrunn, 2009).
Betrachtet man andere Bereiche, die sich mit der Gestaltung des Sachunterrichts befassen, in denen versucht wird, dessen Aufgaben neu zu definieren oder eine Fokussierung des Faches auf bestimmte Entwicklungsbereiche des Kindes zu erreichen, so wird man feststellen, dass trotz der großen Zahl an Beiträgen, der Schwerpunkt meist auf der Optimierung und Entwicklung der Unterrichtsprozesse des Sachunterrichts liegt.
Zusammenfassung
In diesem Kapitel wurde die Perspektive des Sachunterrichts näher beleuchtet. Dabei wurde der Begriff des Sachunterrichts näher untersucht und festgehalten, dass dieser in sich selbst eine gewisse Problematik birgt, da er einen „Verlegenheitsbegriff“ darstellt und es verschiedene Ansätze gibt, die Aufgaben und Zielsetzungen des Sachunterrichts über eine Umbenennung genauer und treffender zu bezeichnen. Im nächsten Abschnitt ging es um die Sachunterrichtsforschung, die neue Wege und Konzeptionen sucht, um den Sachunterricht neu auszurichten und eine Wende in der Gestaltung des Faches herbeizuführen. In diesem Zusammenhang wurde das Konzept der scientific literacy vorgestellt. Danach ging es um Entwicklungstendenzen des Sachunterrichts, die hier über den Ansatz der Analyse von Lehrwerken des Fachs untersucht wurden. Der Einfluss des Werks „Perspektivrahmen Sachunterricht“ der GDSU auf die Entwicklung des Sachunterrichts wurde angemerkt. Zum Abschluss ging es um aktuelle Diskussionen im Bereich der Sachunterrichtsforschung, die jedoch, anders als erwartet, weniger eine Reformierung des Sachunterrichts anstreben, als vielmehr eine Fokussierung auf die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes und eine Optimierung der vorhandenen Unterrichtsprozesse.
4. Forschungsdesign
Einleitung
Das Forschungsdesign bildet die Grundlage einer jeden wissenschaftlichen Untersuchung.
Die nachfolgenden Abschnitte bieten eine nähere Beschreibung des Forschungsdesigns sowie eine ausführliche Vorstellung desselben. Dazu wird zunächst der Aufbau der Untersuchung in seiner Gesamtheit, nachfolgend in seinen einzelnen Phasen detailliert dargestellt und der geplante Ablauf präsentiert. So soll es ermöglicht werden, einen genaueren Einblick in die jeweiligen Phasen und deren Konstruktion zu erhalten, sowie die verwendeten Mittel und Methoden im Kontext der einzelnen Phasen betrachten zu können. Dabei steht die Beantwortung grundlegender Fragen im Vordergrund:
Welche Ziele jeweils erreicht werden sollen und welche Indikatoren zur Erfolgsmessung herangezogen werden können?
Aus wissenschaftlicher Sicht ist es zudem von Bedeutung, die einzelnen Phasen reproduzierbar darzustellen, um so zu garantieren, dass der Versuchsaufbau erneut durchgeführt werden kann, wodurch sowohl die Reliabilität und als auch die Validität im größtmöglichen Maß gegeben sind.
In den darauffolgenden Kapiteln werden dann die
1. -Untersuchungsmethoden (Kapitel 5),
2. -Erhebungsmethoden (Kapitel 6) und
3. -Auswertung der Ergebnisse (Kapitel 7)
vorgestellt.
In dieser wissenschaftlichen Arbeit beschäftige ich mich mit der Frage, inwieweit das selbstständige Lernen mithilfe eines Lerntagebuchs dazu geeignet ist, die Selbstwahrnehmung und Reflexionsfähigkeit der Kinder im Hinblick auf Lernstand und Lernweg zu fördern. Dies habe ich in der Einleitung zu dieser Arbeit (Kapitel 1) ausführlicher erläutert. Dabei werden die Auswirkungen und Einflüsse auf das Denken sowie Handeln der Schülerinnen und Schüler untersucht, ihr individuelles Lernverhalten und ihre Lernfortschritte während beziehungsweise nach dem Unterrichtsprojekt „Energienutzung und Energiesparen“ näher betrachtet. Das selbstständige Lernen ist hierbei ebenso von Bedeutung, wie die Arbeit mit dem Lerntagebuch. Das gesamte Projekt findet im Rahmen des normalen Schulunterrichts statt, also während der normalen Schulzeit der Hospitationsschulen und in Anwesenheit der jeweiligen Lehrkraft in der Klasse. Als Unterrichtsthema wurde, wie oben schon erwähnt, „Energienutzung und Energiesparen“ ausgewählt. Dies hat vor allem mit der aktuellen Bedeutsamkeit des Lerngegenstandes zu tun, als auch mit den Lernvoraussetzungen der Untersuchungs- beziehungsweise Projektklassen. Da diese bereits mit dem gegebenen Themenbereich im weitesten Sinne zu tun und somit minimale Vorkenntnisse hatten auf die aufgebaut werden kann, ist hier ein Idealfall vertreten, um den Lernfortschritt der Schülerinnen und Schüler nach dem Projekt festzustellen. Da aus zeitlichen Gründen auch keine umfassende Einführung oder Einarbeitung der Klassen in verschiedene Arbeitsmethoden wie Gruppenarbeit, Partnerarbeit, Lerntheke oder gar dem Lerntagebuch stattfinden konnte, ist es außerdem von großer Relevanz, dass die Projektklassen schon innerhalb des normalen Schulunterrichts Erfahrungen mit Gruppenarbeit, Partnerarbeit und Lerntheke gesammelt haben. Somit wurde nur eine Einführung in die Arbeit mit dem Lerntagebuch bei Projektklasse A durchgeführt.
4.1 Der Untersuchungsrahmen
Das Projekt ist vor allem universal gültig konstruiert, das heißt, es kann in seiner Konzeption in jeder 3. oder 4. Klasse einer Primarschule angewendet und durchgeführt werden. Die Klassengröße und die Klassenzusammensetzung nach bestimmten Kriterien wie zum Beispiel Geschlecht, Religionszugehörigkeit, Abstammung oder sozialer Hintergrund spielen insofern keine Rolle, da sie keinen Einfluss auf die Konzeption der wissenschaftlichen Untersuchung hatten. Natürlich müssen diese Kriterien während der konkreten Planung des Unterrichts für eine bestimmte Klasse berücksichtigt werden, um einen angemessenen und effektiven Unterricht durchführen zu können. Auch zeitliche und räumliche Aspekte spielen hierbei eine Rolle. Wichtig sind jedoch die zwingenden Voraussetzungen, sodass das Projekt in dieser Form durchgeführt werden kann. Dazu gehört unter anderem das notwendige fachliche Vorwissen, das Wissen um bestimmte Arbeitsweisen wie beispielsweise Gruppenarbeit, Partnerarbeit, Lerntheke und das Erstellen eines Plakats sowie grundlegende Fertigkeiten. Hierzu zählen zum Beispiel eine gute Lesekompetenz, eine angemessene schriftliche Ausdrucksweise zum Erstellen eigener schriftlicher Beiträge, Kompetenzen bei der Arbeit mit Texten und Recherchefähigkeiten.
Diesen Punkten wird bei den konkreten Unterrichtsplanungen in den nächsten Abschnitten Rechnung getragen. Doch zuerst will ich einen kurzen Überblick der Konzeption des Unterrichtsprojektes geben, um die Rahmenbedingungen der Untersuchung festzulegen, innerhalb deren Grenzen jede weitere Planung der einzelnen Phasen und deren Durchführung stattfinden.
Steckbrief Unterrichtsprojekt „Energienutzung und Energiesparen“
Schulform: Grundschule
Klassenstufe: 3. (Projektklasse A) und 4. Klassenstufe (Projektklasse B) Unterrichtsfach: Sachunterricht
Thema: Energienutzung und Energiesparen
Dauer: 2 Wochen
Umfang insgesamt: 12 (Projektklasse A) / 10 (Projektklasse B) Schulstunden Sequenz:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die hier angegebenen Lernziele stellen eine begrenzte Auswahl dar, die jedoch je nach schon vorhandenem Vor- oder Fachwissen ergänzt werden kann. Dabei müssen die jeweiligen Rahmenpläne der Bundesländer für das Fach Sachunterricht berücksichtigt werden, da teilweise unterschiedliche Kompetenzen und unterschiedliches Faktenwissen gefordert werden (vgl. http://www.bildungsserver.de/zeigen.html?seite=400 / http://db.kmk.org/lehrplan/).
Es kann auch sinnvoll sein, schulinterne Voraussetzungen, wie beispielsweise eine fest installierte Solaranlage in die Planung mit einzubeziehen, um eine größtmögliche Authentizität zu gewährleisten. So haben die Schülerinnen und Schüler die bedeutende Möglichkeit wirklichkeitsnahe Erfahrungen zu sammeln und visuelle Eindrücke aus erster Hand zu gewinnen.
Projektklasse A - Grund-/Ganztagsschule
Diese Klasse bestand aus insgesamt 25 Schülerinnen und Schülern, wobei 11 männlichen und 14 weiblichen Geschlechts waren. Krankheitsbedingt gab es zu Beginn und Ende des Projekts jeweils einen Schülerausfall, sodass die durch den Test erhobenen Ergebnisse sich nur auf 23 Teilnehmer beziehen. Die wissenschaftliche Untersuchung wurde am Ende des dritten Schuljahres durchgeführt, kurz vor den offiziellen Schulferien, weshalb die Motivation und Leistungsbereitschaft einigen Schwankungen unterlag. Dennoch war ein großes Interesse an dem Projekt und dem Unterrichtsthema feststellbar. Schwierig gestaltete sich auch die Durchführung der Stunden nach Plan, da zu gleicher Zeit sogenannte Radfahrprüfungen durchgeführt wurden und somit gelegentlich kleinere Störungen und Unterbrechungen auftraten.
Projektklasse B - Grundschule
Projektklasse B bestand aus 18 Schülerinnen und Schülern, wobei 9 männlichen und 9 weiblichen Geschlechts waren, einige krankheitsbedingte Ausfälle von Schülerinnen und Schülern lagen vor. Bei der Testauswertung werden nur die Leistungen von 16 Teilnehmern gewertet. Hier wurde die wissenschaftliche Untersuchung zu Beginn des vierten Schuljahres durchgeführt, sodass keine allzu große Diskrepanz im Hinblick auf Lernfortschritte und Entwicklung zwischen den beiden Projektklassen entstehen konnte. Auch hier waren ein großes Interesse und eine hohe Begeisterung festzustellen. Die Leistungsbereitschaft war durchweg hoch und die zu erwartende Motivation wirkte sich positiv auf die Mitarbeit aus. Zum Zeitpunkt der Untersuchung wurden Radfahrprüfungen abgehalten, die sich jedoch nicht auf die Projektstunden auswirkten, sodass diese wie geplant durchgeführt werden konnten.
4.2 Der Rahmenplan Sachunterricht
Beschäftigt man sich mit der Erstellung von Stundenentwürfen zu einem bestimmten Thema, so muss man sich über die notwendigen curricularen Voraussetzungen informieren. Dazu gilt als erste wichtige Orientierungshilfe ein Lehr- oder Rahmenplan zum jeweiligen Bereich/Fach, der für jedes Bundesland existiert, jedoch von Bundesland zu Bundesland auch unterschiedliche ausfällt. Diese Diskrepanz hängt mit der Autonomie der Länder im Bereich der Bildungspolitik zusammen. Doch was sind Lehrpläne beziehungsweise Rahmenpläne überhaupt?
Im Rahmenplan Grundschule - Teilrahmenplan Sachunterricht des Ministeriums für Bildung, Frauen und Jugend (Stand Mai 2006) sind verschiedene Kompetenzbereiche, Lehrstoffe und didaktische wie auch methodische Leitvorstellungen vorgegeben.“Allgemein betrachtet ist ein Lehrplan die Zusammenstellung von ausgewählten Lehrstoffen, die zur Erreichung eines vorgegebenen Lehrziels in einer bestimmten Reihenfolge angeordnet wurden; als Plan unterstützt er didaktische Überlegungen des intendierten Lehr-Lern-Erfolgs“ (Wiater, W., 2006, in: Arnold, K.; Sandfuchs, U.; Wiechmann, J., Handbuch Unterricht, 1.Auflage, Bad Heilbrunn, 2006, S.169). Ein Lehrplan ist also eine Zusammenfassung von, für den Unterricht, bedeutsamen Inhalten und Lehrzielen. Man darf sich jedoch nicht von der Vielzahl der Begriffe für dieses Sammelsurium verwirren lassen, welches unter Begriffen wie Bildungspläne, Richtlinien, Rahmenpläne, Curricula, curriculare Lehrpläne und Kerncurricula ebenfalls bekannt ist (vgl. ebd., S.169f). Das Entscheidende an den Rahmenplänen ist ihre Funktion, bestimmte Lehrinhalte und Lehrziele möglichst genau zu beschrieben, welche innerhalb eines bestimmten Zeitraums an bestimmten Schulformen und in bestimmten Fächern vermittelt werden sollen. Dass nicht alle dort genannten Kompetenzen, jedes genannte Lernziel unmittelbar und gleichzeitig vermittelt werden können und sollen ist verständlich. Jedoch ergibt sich daraus, dass die Lehrkräfte nach bestem Wissen und Gewissen einzelne Inhalte auswählen und gestalten müssen, sodass ein möglichst effizienter und gut organisierter Unterricht entsteht, der optimal die Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler unterstützt und fördert.
Für diese wissenschaftliche Prüfungsarbeit muss deshalb der Rahmenplan Sachunterricht für das Bundesland Rheinland-Pfalz ausgewählt werden, um die zu vermittelnden Inhalte für die Projektphase auswählen zu können, denn beide Projektklassen waren von Schulen in Rheinland-Pfalz.
Schaut man sich das Leistungsprofil des Sachunterrichts (Teilrahmenplan Sachunterricht für Rheinland-Pfalz, Stand: Mai 2006, S.8) an, werden unterschiedliche Lernleistungen beschrieben. So sollen die Kinder am Ende der Grundschulzeit verschiedene Kompetenzen erworben haben:
- Die Kinder sollen sich Fragen und Problemen aus ihren natürlichen, sozialen, kulturellen, technischen und wirtschaftlichen Erfahrungsbereichen mit Neugier und Selbstvertrauen zuwenden
- Sie sollen über elementare Formen des Modellierens Verfügen
- Sie sollen Erfordernisse von Naturschutz und Nachhaltigkeit kennen und beachten
- Sie können ausgewählte Naturphänomene fachlich gesichert beschreiben und erklären
- Sie sollen über Kompetenzen zum Auffinden, Erklären, Darstellen und
Begründen von Strategien zur Lösung von Sachfragen verfügen.
Schon an dieser Auswahl sind die zahlreichen Ansprüche zu erkennen, die an den Unterricht, die Lehrkraft und die Schülerinnen und Schüler gestellt werden. Deshalb beschränke ich mich auf einige ausgewählte Punkte des Teilrahmenplans, die mir besonders wichtig erscheinen.
Hier spielen vor allem die Bereiche
„I. Erfahrungsbereich natürliche Phänomene und Gegebenheiten - Perspektive Natur“,
„III. Erfahrungsbereich bebaute und gestaltete Umwelt - Perspektive Technik“,
„IV. Erfahrungsbereich Umgebungen erkunden und gestalten - Perspektive Raum“,
eine Rolle, die unter „4. Orientierungsrahmen“ (Teilrahmenplan Sachunterricht für Rheinland-Pfalz, Stand: Mai 2006, S.20) angegeben sind.
Anhand des Orientierungsrahmens (Teilrahmenplan Sachunterricht für Rheinland-Pfalz, Stand: Mai 2006, S.20) lassen sich Ziele für das Projektthema festlegen:
In Bereich I. soll der Sachunterricht folgende Kompetenzen fördern:
- Naturphänomene sachorientiert wahrnehmen, beobachten, benennen und beschreiben: In Medien Sachinformationen recherchieren und präsentieren
- Ausgewählte Naturphänomene mithilfe von fachlich gesichertem Wissen und Modellvorstellungen erklären können: Einige Gesetzmäßigkeiten erforschen und anwenden; Experimente planen, durchführen und auswerten (z. B. Aggregatzustände des Wassers, Elektrizität/einfacher Stromkreis, Auftrieb)
- Einen respektvollen Umgang mit der Natur anstreben: Energiequelle Natur kennenlernen (z. B. Wasserrad, Windrad, etc.) In Bereich III. sollen:
- Ausgewählte technische Verfahrensweisen gekannt und angewandt werden: Eigene technische Verfahren erproben (Planen, Bauen, Konstruieren und Erfinden von einfachen, praktischen und fantastischen Maschinen und Geräten; Konstruktion und Verfahren darstellen; einige Erfinder und Erfindungen kennen; wissen, wie Menschen physikalische und chemische Phänomene nutzen, weiterentwickeln und ihren Bedürfnissen anpassen, …)
- Ausgewählte technische Anwendungen in verschiedenen Bereichen erkundet und erklärt sowie ihre Auswirkungen auf die Lebensgestaltung reflektiert werden.
[...]
- Quote paper
- Andreas Bartkowski (Author), 2009, Energienutzung und Energiesparen - Wege zum eigenständigen Lernen im Sachunterricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/176946
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