„Die soziale Arbeit mit Flüchtlingen entstand in einem restriktiven Rahmen mit dem Auftrag, die negativen Folgen dieser Restriktionen zu begrenzen“ (FLOTHOW 2002, S.07.023.001), was bei der konzeptionellen Entwicklung in der Flüchtlingssozialarbeit bis heute wirkt (vgl. ebd.). Durch diesen Entstehungskontext unterscheidet sich die Flüchtlingssozialarbeit signifikant von anderen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit und zielt vor allem auf die Veränderung der gesetzlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ab (vgl. HAMBURGER 2008, S.425). Die Geschichte der Flüchtlings- und Ausländerpolitik hat uns jedoch gezeigt, dass sich zumindest die rechtlichen Rahmenbedingungen nicht ohne weiteres durch die Flüchtlingssozialarbeit verändern lassen.
Das Ziel dieser Arbeit ist daher die Entwicklung eines Handlungskonzepts, das an die Problematik, welche die besondere Funktionsweise der Flüchtlingssozialarbeit mit sich bringt, anknüpft, theoretisch fundiert ist und als Handlungsleitfaden für die praktische Arbeit genutzt werden kann.
Dem gewählten Zugang liegt dabei die Idee zugrunde, dass Flüchtlinge durch die Aktivierung ihrer Ressourcen auch in dem gegebenen restriktiven Rahmen ihre psychosoziale Handlungsfähigkeit wieder herstellen bzw. erlangen können. Durch diesen Ansatz wird der Auftrag der Flüchtlingssozialarbeit erweitert und es findet eine Annäherung zu anderen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit statt, sodass die besondere Funktionsweise letztlich relativiert wird. Nur so können die eingangs genannten Spannungsverhältnisse m.E. nachhaltig bearbeitet werden.
Das nötige Erklärungswissen, auf welches das Handlungskonzept aufbaut, liefert die ‘Sozialpädagogik der Lebensalter’ von BÖHNISCH (2008). Ihr Vorteil ist, dass sie sich auf die gesellschaftliche Struktur der (post)modernen Industriegesellschaft bezieht. Betrachtet wird sowohl der Mensch als Subjekt als auch die sich wandelnden gesellschaftlichen Prozessen. Im Interventionsmodus der Sozialen Arbeit spiegelt sich dies wieder, indem die ‘Sozialpädagogik der Lebensalter’ sowohl nach der Bewältigungsfrage der Individuen als auch nach dem gesellschaftlichen Auftrag, sozial desintegrierten Menschen Integrationshilfen zu leisten, fragt. BÖHNISCHs Zugang soll hier auf strukturtypische Bewältigungskonstellationen von Flüchtlingen übertragen werden. Sie sind als Krisenphänomene im Kontext der Flucht und als hervorzuhebende Bruchstellen in der Biografie der Flüchtlinge zu verstehen.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Zugang der 'Sozialpädagogik der Lebensalter'
- 2.1 Das Verständnis von biografischer Lebensbewältigung
- 2.1.1 Selbstwert
- 2.1.2 Rückhalt
- 2.1.3 Orientierung
- 2.1.4 Normalisierung
- 2.2 MigrantInnen und die Frage der Zugehörigkeit
- 2.3 Bewältigungsorientierte Arbeits- und Interventionsprinzipien
- 2.3.1 Empowerment
- 2.3.2 Milieubildung
- 3 Bewältigungskonstellationen der Klienten in der Sozialen Beratung von Flüchtlingen
- 3.1 Die Institution der Sozialen Beratung von Flüchtlingen
- 3.2 Spezifische Bewältigungskonstellationen von Flüchtlingen
- 3.2.1 Flucht: Bedrohung des Selbst und Normalisierungshandeln
- 3.2.1.1 Fluchtursachen
- 3.2.1.2 Fluchtweg
- 3.2.2 Fremdheit, sozialer Rückhalt und soziale Orientierungslosigkeit
- 3.2.2.1 Subjektives Moment
- 3.2.2.2 Gesellschaftliches Moment
- 3.2.3 Soziale Desintegration durch den Rechtsstatus
- 3.2.3.1 Aufenthaltsstatus und Arbeitsmarktzugang
- 3.2.3.2 Arbeitslosigkeit als Bewältigungskonstellation
- 3.3 Schlussfolgerungen für ein Handlungskonzept
- 4 Handlungskonzept für die Sozialen Beratung von Flüchtlingen
- 4.1 Bewältigung der Fluchterlebnisse durch biografische Fallrekonstruktion
- 4.2 Bewältigung der Fremdheitserfahrung
- 4.2.1 Milieuerschließung
- 4.2.2 Interkulturelle Gruppenarbeit
- 4.3 Bewältigung des eingeschränkten Arbeitsmarktzugangs und seinen Folgen durch bürgerschaftliches Engagement
- 4.4 Abschließende Gedanken
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Bachelor-Thesis von Barbara Kremkau befasst sich mit der Sozialen Beratung von Flüchtlingen aus der Perspektive der 'Sozialpädagogik der Lebensalter'. Das Ziel der Arbeit ist die Entwicklung eines Handlungskonzepts, das an die besondere Funktionsweise der Flüchtlingssozialarbeit anknüpft und als Handlungsleitfaden für die praktische Arbeit dienen kann.
- Biografische Lebensbewältigung im Kontext von Flucht
- Spezifische Bewältigungskonstellationen von Flüchtlingen
- Empowerment und Milieubildung als Interventionsprinzipien
- Entwicklung eines Handlungskonzepts für die Soziale Beratung von Flüchtlingen
- Integration von Flüchtlingen in die Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 2 erläutert den Zugang der 'Sozialpädagogik der Lebensalter' zur Sozialen Arbeit und fokussiert das Verständnis von biografischer Lebensbewältigung. Kapitel 3 analysiert die spezifischen Bewältigungskonstellationen von Flüchtlingen im Kontext der Sozialen Beratung. Kapitel 4 entwickelt ein Handlungskonzept, das Interventionen für die Bewältigung der zuvor dargelegten Probleme von Flüchtlingen beinhaltet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen der Sozialen Beratung von Flüchtlingen, der 'Sozialpädagogik der Lebensalter', biografischer Lebensbewältigung, Empowerment, Milieubildung, Integration, Fluchtursachen, Fremdheitserfahrung und sozialer Desintegration.
- Quote paper
- Barbara Kremkau (Author), 2010, Soziale Beratung von Flüchtlingen aus Perspektive der "Sozialpädagogik der Lebensalter", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/176906