Zu Beginn der neunziger Jahre kam ein Dokudrama in die Kinos, das trotz seines ernsten Inhalts in der Öffentlichkeit mit besonderer Begeisterung angenommen wurde. Das Wohlwollen der Kritiker resultierte hierbei jedoch nicht allein aus dem zu dieser Zeit zunehmenden „History-Boom“ 1 , sondern vor allem aus dem Eindruck des Authentischen, der mit diesem Film allgemein verknüpft wurde. Gemeint ist Steven Spielbergs Produktion „Schindlers Liste“2, der 1993 erstmals in den USA und mit einjähriger Verzögerung auch in Deutschland ausgestrahlt wurde. Mit insgesamt sieben Oskars und drei Golden Globes wurde Spielbergs Werk in den USA bester Film des Jahres 1993 und in den Medien entsprechend gefeiert3. In Deutschland konnten ähnliche Reaktionen beobachtet werden, allerdings wurde der Film hier zusätzlich unter besonderen Voraussetzungen ausgestrahlt. Zu Beginn der letzten Dekade des 20. Jahrhunderts wurde innerhalb der deutschen Öffentlichkeit intensiv über den Umgang mit dem nationalsozialistischen historischen Erbe diskutiert4, so dass dem gleichermaßen erfolgreichen wie populären Film zwangsläufig eine besondere Rolle zukommen musste. Matthias Steinle wies zudem erst kürzlich auf die Bedeutung des Fernsehens bzw. des Dokudramas für das Geschichtsbewusstsein innerhalb der Gesellschaft hin, welches in beträchtlichem Maße durch visuelle Medien geprägt werde5. Im Falle des vorliegenden Films kann man sich somit mit Berechtigung fragen welche Wirkung die dramatische Inszenierung von Geschichte bzgl. einzelner Aspekte des Films auf die historische Wahrnehmung der behandelten Zeitperiode ausübt.
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1 Korte, B. u. a.: Geschichte in populären Medien und Genres: Vom Historischen Roman zum Computerspiel; in: Korte, B. u. a. (Hrsg.): History goes Pop, Zur Repräsentation von Geschichte in populären Medien und Genres, Bielefeld 2009, S. 9.
2 Schindlers Liste, Regie: Steven Spielberg, Buch: Steven Zaillian, USA 1993.
3 Stahlecker, M.: Steven Spielbergs „Schindlers Liste“, Eine Filmanalyse, Aachen 1999, S. 4 f.
4 s. 4.1.
5 Steinle, M.: Geschichte im Film: Zum Umgang mit den Zeichen der Vergangenheit im Dokudrama der Gegenwart; in: Korte, B. u. a. (Hrsg.): History goes Pop, Zur Repräsentation von Geschichte in populären Medien und Genres, Bielefeld 2009, S. 147.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hintergründe zu Steven Spielbergs Produktion
- Motiv und Anspruch des Regisseurs
- Drehorte und Statisten
- Technik und filmische Inszenierung
- „Schindlers Liste“ – Präsentation der Protagonisten
- Oskar Schindler
- Amon Göth und die SS
- Die „Schindlerjuden“
- Rezeption und Wirkung des Films in Deutschland
- Die Debatte um die deutsch-deutsche Vergangenheit
- Identifikation und Schuldproblematik
- Historische Bildung zwischen Fakt und Fiktion
- Schlussteil
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Darstellung der historischen Figur Oskar Schindler im Film „Schindlers Liste“ von Steven Spielberg. Es wird analysiert, ob Schindler im Film zum „guten Deutschen“ stilisiert wird, um die Geschichte filmisch zu inszenieren. Die Arbeit betrachtet sowohl die Filmkonstruktion als auch den öffentlichen Diskurs, der auf den Film folgte. Ziel ist es zu klären, welche Auswirkungen eine solche Stilisierung auf die historische Wahrnehmung des Nationalsozialismus und des Holocaust haben könnte.
- Darstellung Oskar Schindlers im Film „Schindlers Liste“
- Stilisierung Schindlers zum „guten Deutschen“
- Analyse der Filmkonstruktion
- Öffentlicher Diskurs über den Film
- Auswirkungen auf die historische Wahrnehmung des Nationalsozialismus und des Holocaust
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel bietet eine Einleitung, die den Kontext für die Analyse des Films „Schindlers Liste“ schafft. Es wird auf den Erfolg des Films und die Debatte um den Umgang mit dem nationalsozialistischen Erbe in Deutschland eingegangen. Außerdem wird die Bedeutung von Dokudramen für das Geschichtsbewusstsein in der Gesellschaft hervorgehoben.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit den Hintergründen der Filmproduktion. Es werden die Motive und der Anspruch des Regisseurs Steven Spielberg erläutert, der sich aus seiner jüdischen Herkunft und dem Bedürfnis, den Holocaust einem breiten Publikum zugänglich zu machen, erklärt.
Das dritte Kapitel analysiert die Präsentation der Protagonisten im Film, insbesondere Oskar Schindler, Amon Göth und die „Schindlerjuden“. Dabei wird der Fokus auf die Konstruktion der Charaktere und den Vergleich zur realen Geschichte gelegt.
Das vierte Kapitel befasst sich mit der Rezeption und Wirkung des Films in Deutschland. Es wird auf die Debatte um die deutsch-deutsche Vergangenheit, die Identifikation mit den Figuren und die Schuldproblematik sowie die Rolle des Films in der historischen Bildung eingegangen.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter und Themen der Arbeit sind: „Schindlers Liste“, Steven Spielberg, Oskar Schindler, Holocaust, Nationalsozialismus, Filmrezeption, historische Wahrnehmung, Geschichtsbewusstsein, Dokudrama, „guter Deutscher“, Schuldproblematik, Identifikation, deutsch-deutsche Vergangenheit, historische Bildung.
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- Marcus Kaiser (Author), 2008, Ein Dokument der Wahrheit?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/176818