Bindung begegnet uns jeden Tag überall. Denn unter Bindung versteht man im
weiteren Sinne eine enge und dauerhafte Beziehung zwischen zwei Menschen. Im
engeren Sinne jedoch meint sie die sich im Laufe des ersten Lebensjahres
herausbildende Beziehung des Kindes zu seiner Mutter bzw. primären
Bezugsperson.
Der Begriff Bindung (attachment) bezieht sich somit auf eine besondere Art der
sozialen Beziehung. Bindung als Verhaltenssystem ist „ein psychologisches
Konstrukt, das Emotionen, Motivationen und Verhalten des Kindes je nach den
Erfordernissen der Situation strukturiert“ (Oerter/Montada 2002, S. 197)
Dieses Konstrukt besagt, dass die Hauptbezugsperson beim Kind bleibt, wodurch
Schutz und Nähe vermittelt werden. Bei der Hauptbezugsperson muss es sich nicht
immer um die Mutter handeln, es kann genauso gut Vater, Oma, Geschwisterteil u.ä.
sein.
Durch die ständige Anwesenheit der Bezugsperson wird dem Kind eine gewisse
Sicherheit vermittelt (zur Bindungsperson), welche die Voraussetzung für das
Explorationsverhalten des Kindes ist. Das heißt, das Kind ist erkundigungsfreudiger
und offener (im Sinne von: es traut sich eher etwas zu), da ihm die Bindungsperson
die notwendige Sicherheit dazu vermittelt.
Konkretes Bindungsverhalten wird nur in Alarmsituationen aktiviert, z.B. wenn die
Bezugsperson fortgeht oder wenn eine Situation für das Kind unvertraut ist. Es gibt
unterschiedliche Verhaltensweisen, die das Bindungsverhalten ausdrücken,
Beispiele sind Weinen, Hinterherlaufen, Festklammern usw. Somit regelt das
Bindungsverhalten die Entfernung zwischen Bindungsperson und Kind innerhalb
bestimmter Grenzen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung und Grundbegriffe
- 2. Theoretische und historische Grundlagen
- 3. John Bowlbys Bindungstheorie
- 3.1. Entwicklung des Bindungsverhaltens
- 4. Messung der Bindungsqualität
- 5. Diagnose der Bindungsqualität
- 6. Faktoren, die die Bindungsqualität beeinflussen
- 7. Bedeutung von sicherer Bindung für die weitere Entwicklung
- 8. Zusammenfassende Gedanken
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Entwicklung von Bindungsverhalten und Bindungsqualität im ersten Lebensjahr eines Kindes. Ziel ist es, die theoretischen Grundlagen der Bindungstheorie nach Bowlby zu erläutern und die verschiedenen Phasen der Bindungsentwicklung zu beschreiben. Weiterhin werden Methoden zur Messung und Diagnose der Bindungsqualität vorgestellt.
- Entwicklung von Bindungsverhalten
- John Bowlbys Bindungstheorie
- Messung und Diagnose der Bindungsqualität
- Einflussfaktoren auf die Bindungsqualität
- Bedeutung sicherer Bindung für die weitere Entwicklung
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung und Grundbegriffe: Dieses Kapitel führt in das Thema Bindung ein und definiert den Begriff sowohl im weiteren (enge, dauerhafte Beziehung) als auch im engeren Sinne (Beziehung des Kindes zur primären Bezugsperson im ersten Lebensjahr). Es wird betont, dass Bindung ein Verhaltenssystem ist, das Emotionen, Motivationen und Verhalten des Kindes in Abhängigkeit von der Situation strukturiert. Die Bedeutung der sicheren Basisfunktion der Bezugsperson für das Explorationsverhalten des Kindes wird hervorgehoben, ebenso wie die Aktivierung des Bindungsverhaltens in Alarmsituationen. Schließlich wird auf die verschiedenen Bindungsqualitäten hingewiesen.
2. Theoretische und historische Grundlagen: Dieses Kapitel beleuchtet die historischen und theoretischen Vorläufer der Bindungsforschung. Es werden die Beiträge von Freud (Bedeutung früher Erfahrungen), Lorenz und Tinbergen (Ethologie) sowie die wegweisenden Studien von Harlow (Rhesusaffenexperiment, Bedeutung von Körperkontakt über reine Bedürfnisbefriedigung hinaus) und Spitz (Hospitalismusstudien, Auswirkungen von Mangel an mütterlicher Zuwendung) erläutert, die die Grundlage für Bowlbys Bindungstheorie bildeten. Die Kapitel zeigt die Entwicklung des Forschungsfelds auf und verdeutlicht die Bedeutung empirischer Forschung für das Verständnis von Bindung.
3. John Bowlbys Bindungstheorie: Dieses Kapitel widmet sich Bowlbys Bindungstheorie, die die menschliche Neigung zu emotionalen Beziehungen erklärt. Es beschreibt Bowlbys Konzept des Bindungs- und Fürsorgesystems als evolutionär entstandenes Überlebensmerkmal. Die Erklärung seiner Theorie wird hier eingehend erläutert und auf den Evolutionsaspekt eingegangen. Die Kapitel legt den Grundstein für das Verständnis der folgenden Kapitel.
3.1. Entwicklung des Bindungsverhaltens: Dieser Abschnitt detailliert die vier Phasen der Bindungsentwicklung nach Bowlby: die Vorphase (bis 2/3 Monate), die personenunterscheidende Ansprechbarkeit (2/3 – 6/7 Monate), die eigentliche Bindung (ab 6/8 Monaten) und die zielkorrigierte Partnerschaft (ab ca. 3 Jahren). Jede Phase wird charakterisiert, und die Entwicklung des Kindes von unspezifischer sozialer Ansprechbarkeit hin zu einer spezifischen Bindung an eine oder mehrere Bezugspersonen wird nachvollziehbar dargestellt. Die Entwicklung der Objektpermanenz und die zunehmende Berücksichtigung der Motive der Bezugsperson im Verlauf der Entwicklung werden explizit beschrieben.
4. Messung der Bindungsqualität: Das Kapitel konzentriert sich auf die Arbeit von Mary Ainsworth und die Entwicklung standardisierter Verfahren zur Messung der Bindungsqualität. Die Bedeutung der qualitativen Unterschiede in der Bindung wird hervorgehoben, im Gegensatz zu rein quantitativen Ansätzen. Es wird ein Überblick über die Methoden zur Erfassung der Bindungsqualität gegeben. Die Bedeutung der Entwicklung standardisierter Verfahren wird hervorgehoben um eine objektive Bewertung der Bindungsqualität zu ermöglichen.
Schlüsselwörter
Bindung, Bindungsverhalten, Bindungsqualität, Bindungstheorie, Bowlby, Ainsworth, Entwicklungspsychologie, Säugling, Bezugsperson, Exploration, Sicherheit, Alarmsituation, Hospitalismus, Rhesusaffenexperiment.
Häufig gestellte Fragen zu: Entwicklung von Bindungsverhalten und Bindungsqualität im ersten Lebensjahr
Was ist der Inhalt dieses Textes?
Dieser Text bietet einen umfassenden Überblick über die Entwicklung von Bindungsverhalten und Bindungsqualität im ersten Lebensjahr eines Kindes. Er beinhaltet ein Inhaltsverzeichnis, die Zielsetzung und Themenschwerpunkte, Zusammenfassungen der einzelnen Kapitel und ein Stichwortverzeichnis. Der Text behandelt die Bindungstheorie nach Bowlby, Methoden zur Messung und Diagnose der Bindungsqualität sowie Einflussfaktoren auf die Bindungsqualität und die Bedeutung sicherer Bindung für die weitere Entwicklung.
Welche Themen werden im Text behandelt?
Die zentralen Themen sind: Die theoretischen Grundlagen der Bindungstheorie nach Bowlby, die verschiedenen Phasen der Bindungsentwicklung (inkl. Bowlbys vier Phasen), Methoden zur Messung und Diagnose der Bindungsqualität (z.B. Ainsworth's Arbeiten), Einflussfaktoren auf die Bindungsqualität und die Bedeutung von sicherer Bindung für die spätere Entwicklung des Kindes. Der Text beleuchtet auch historische Vorläufer der Bindungsforschung (Freud, Lorenz, Tinbergen, Harlow, Spitz).
Welche Kapitel umfasst der Text?
Der Text gliedert sich in folgende Kapitel: Einleitung und Grundbegriffe, Theoretische und historische Grundlagen, John Bowlbys Bindungstheorie (inkl. Unterkapitel zur Entwicklung des Bindungsverhaltens), Messung der Bindungsqualität, Diagnose der Bindungsqualität, Faktoren, die die Bindungsqualität beeinflussen, Bedeutung von sicherer Bindung für die weitere Entwicklung und zusammenfassende Gedanken.
Was ist die Zielsetzung des Textes?
Ziel des Textes ist es, die theoretischen Grundlagen der Bindungstheorie nach Bowlby zu erläutern, die Phasen der Bindungsentwicklung zu beschreiben und Methoden zur Messung und Diagnose der Bindungsqualität vorzustellen. Der Fokus liegt auf der Entwicklung von Bindungsverhalten und Bindungsqualität im ersten Lebensjahr.
Wer sind die wichtigsten Wissenschaftler, die im Text erwähnt werden?
Die wichtigsten Wissenschaftler sind John Bowlby (Bindungstheorie), Mary Ainsworth (Messung der Bindungsqualität), Sigmund Freud (frühe Erfahrungen), Konrad Lorenz und Niko Tinbergen (Ethologie), Harry Harlow (Rhesusaffenexperiment) und René Spitz (Hospitalismusstudien).
Welche Methoden zur Messung der Bindungsqualität werden erwähnt?
Der Text erwähnt die Arbeiten von Mary Ainsworth und standardisierte Verfahren zur Messung der Bindungsqualität. Es wird hervorgehoben, dass es sich um qualitative Unterschiede in der Bindung handelt und nicht nur um quantitative Ansätze.
Welche Bedeutung hat sichere Bindung für die weitere Entwicklung?
Der Text betont die Bedeutung sicherer Bindung für die weitere Entwicklung des Kindes, jedoch werden konkrete Auswirkungen nicht detailliert ausgeführt. Die Bedeutung wird als zentral für die spätere Entwicklung dargestellt, ohne genaue Folgen einer unsicheren Bindung zu spezifizieren.
Welche Schlüsselbegriffe werden im Text behandelt?
Schlüsselbegriffe sind: Bindung, Bindungsverhalten, Bindungsqualität, Bindungstheorie, Bowlby, Ainsworth, Entwicklungspsychologie, Säugling, Bezugsperson, Exploration, Sicherheit, Alarmsituation, Hospitalismus, Rhesusaffenexperiment.
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- Ines Lück (Author), 2003, Bindungsverhalten und Bindungsqualität, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17654