1 Einleitung
“Ein geschichtsloses Europa wäre ohne Herkunft und ohne Zukunft. Denn das Heute entstammt dem Gestern, und das Morgen entsteht aus dem Vergangenen."
(Jacques le Goff, französischer Historiker)
In der letzten Zeit gewinnt das Thema Europäische Erinnerungskultur zunehmend an Bedeutung. Obwohl sie in erster Linie besonders intensiv von Historikern und Kulturwissenschaftlern an den Universitäten und Forschungszentren erforscht wurde, wird deutlich, dass das Thema auch im internationalen politischen Bereich von großer Bedeutung ist. Es wird erkannt, dass die gemeinsame Geschichte und europäische Erinnerung eine wichtige Rolle für die europäische Integration spielt und ein großes Potenzial für die Überwindung der Spaltungen und Unterschiede innerhalb der EU sowie für die erfolgreiche Zusammenarbeit darstellt.
In der folgender Arbeit wird die Rolle der Erinnerungspolitik für die Europäische Union analysiert. Dies wird hauptsächlich am Beispiel der Arbeit des Europäischen Parlaments und der europäischen Fraktionen geschehen.
Zunächst wird die theoretische Grundlage der Arbeit kurz vorgestellt und die wichtigen Begriffe definiert (Kapitel 2). Danach werden das Fraktionssystem des Europäischen Parlaments, die parteipolitischen Programme der EU-Fraktionen sowie Projekte des Europäischen Parlaments zur Europäischen Erinnerungskultur dargestellt (Kapitel 3). Schließlich ........
2 Theoretische Grundlagen und Definitionen der wichtigen Begriffe
Erst in den 80er Jahren kam es im gesamten westlichen Europa zu einem Memory-Boom – in dieser Zeit wurde in der Gesellschaft großes Interesse für die Vergangenheit geweckt und vor allem das Bedürfnis nach Auseinandersetzung mit der eigenen diktatorischen Vergangenheit erkannt. Sowohl in der Wissenschaft als auch in der Politik wurden viele Fragen zum ersten Mal offen diskutiert und erforscht.
Jan und Aleida Assmann können als maßgebliche Wegbreiter genannt werden. Ausgehend von Forschungsarbeiten Pierre Noras´und Maurice Halbwachs´, ermöglichen ihre Forschungen eine Öffnung der Erinnerungsforschung zu breiter interdisziplinärer Debatte. Viele bis jetzt durchgeführten Forschungen zum Thema Erinnerungskultur können ebenfalls gut in praktischen Analysen verwendet werden. (...) Für die Entstehung dieser Arbeit war von besonderem Interesse die Arbeit von Katrin Hammerstein und Birgit Hofmann über die Analyse der politischen Initiativen und Resolutionen zum Umgang mit diktatorischer Vergangenheit.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretische Grundlagen und Definitionen der wichtigen Begriffe
- Parteipolitische Programme der EU-Fraktionen und Projekte des Europäischen Parlaments zur Europäischen Erinnerungskultur
- Plenardebatten und Entschließungen des Europäischen Parlaments
- Systematische Einordnung der wichtigen Themen der Plenardebatten
- Ein inhaltlicher Vergleich der Plenardebatten im Jahre 2005 und 2008/2009
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Rolle der Erinnerungspolitik für die Europäische Union, insbesondere am Beispiel der Arbeit des Europäischen Parlaments und der europäischen Fraktionen. Der Fokus liegt auf der Untersuchung von Plenardebatten und den daraus resultierenden Dokumenten. Die Arbeit beleuchtet die theoretischen Grundlagen, die parteipolitischen Programme der EU-Fraktionen und Projekte des Europäischen Parlaments zur Europäischen Erinnerungskultur. Zudem werden die Plenardebatten thematisch eingeordnet und miteinander verglichen.
- Die Bedeutung der Europäischen Erinnerungskultur für die europäische Integration
- Die Rolle der Erinnerungspolitik im internationalen politischen Bereich
- Die Analyse von Plenardebatten und Entschließungen des Europäischen Parlaments
- Der Vergleich von Plenardebatten zu verschiedenen Zeitpunkten
- Die Berücksichtigung der Parteizugehörigkeit und des Herkunftslandes der Redner
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel bietet eine Einleitung und erläutert die Relevanz des Themas Europäische Erinnerungskultur. Es wird die Bedeutung für die europäische Integration und die Rolle im internationalen politischen Bereich hervorgehoben. Die Arbeit analysiert die Arbeit des Europäischen Parlaments und der europäischen Fraktionen. Das zweite Kapitel widmet sich den theoretischen Grundlagen und definiert wichtige Begriffe. Es stellt den Boom der Memory-Forschung in den 80er Jahren vor, die maßgeblichen Wegbreiter wie Jan und Aleida Assmann und die Bedeutung von Forschungsarbeiten Pierre Noras und Maurice Halbwachs' für die interdisziplinäre Debatte. Kapitel 3 beleuchtet das Fraktionssystem des Europäischen Parlaments, die parteipolitischen Programme der EU-Fraktionen sowie Projekte des Europäischen Parlaments zur Europäischen Erinnerungskultur. Kapitel 4 widmet sich der Analyse von vier Plenardebatten des Europäischen Parlaments zu den Themen Antisemitismus und Rassismus, die Zukunft Europas, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie Europas Gewissen und der Totalitarismus. Die wichtigsten Themen der Plenardebatten werden systematisch eingeordnet und dargestellt. Kapitel 4 beinhaltet auch einen Vergleich der Plenardebatten aus dem Jahr 2005 und 2008/9. Im Fokus stehen die Inhalte der Debatten, die Anzahl der Redner pro Fraktion und Herkunftsland, sowie die politische Relevanz der Parteizugehörigkeit und des Herkunftslandes. Die Arbeit behandelt auch offizielle Entschließungen des Europäischen Parlaments, die sich mit Themen wie dem Holocaust, dem 60. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs und dem Europäischen Gedenktag an die Opfer von Stalinismus und Nazismus beschäftigen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Europäische Erinnerungskultur, die Erinnerungspolitik, das Europäische Parlament, die EU-Fraktionen, Plenardebatten, Entschließungen, Antisemitismus, Rassismus, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Totalitarismus, Holocaust, Kommunismus, Franko-Diktatur, Memory-Forschung, Geschichtsbewusstsein, Gedächtnisort, Politik, Geschichte, Kultur, Identität, Integration.
- Citar trabajo
- Eva Savinova (Autor), 2011, Die Rolle der Erinnerungspolitik für die Europäische Union am Beispiel der Arbeit des Europäischen Parlaments, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/176545