Das Ziel dieser Arbeit ist es, dem Leser einen Überblick über Hintergründe, Grundla-gen, Strategien und Instrumente zur Einführung eines Talent Management Systems zu geben. Das in dieser Arbeit vorgestellte TMS, hat das Ziel den bereits beschriebenen Fachkräftemangel entgegenzuwirken. In der Literatur und der Praxis ist im Bezug auf die Einführung eines TMS keine einheitliche Lösung vorhanden. Ein funktionierendes TMS muss individuell auf Unternehmensfaktoren wie Größe, Strategie, Branche und Markt zugeschnitten sein. Somit werden in dieser Arbeit typische Vorgehensweisen so beschrieben, dass sie aufeinander aufbauen, jedoch dem Leser die Möglichkeit geben je nach Situation sich für passende Tipps und Techniken zu entscheiden. Die nachfolgen-den Aufführungen sollen ergründen was unter einem Talent Management System zu verstehen ist und folgenden Fragen behandeln:
• Welche Auswirkungen hat der wirtschaftliche und gesellschaftliche Wandel auf Unternehmen?
• Was versteht man unter dem TMS-Ansatz?
• Wie beeinflusst die TMS-Strategie die Unternehmensstrategie?
• Welche Rolle spielt die Unternehmenskultur in einem TMS?
• Welche Instrumente kommen bei der Umsetzung der TMS-Strategie zum Ein-satz?
Um diese Fragen zu beantworten werden im ersten Kapitel die Hintergründe eines TMS erläutert. Hierbei werden die demographische Entwicklung in Deutschland und der Wandel von einer Industrie- in eine Wissensgesellschaft näher betrachtet. Anschließend werden anhand der theoretischen Grundlagen das TMS näher erläutert.
Das in dieser Arbeit vorgestellte TMS hat die Aufgabe das Potenzial der Mitarbeiter strategiekonform für heutige und zukünftige Aufgaben optimal zu nutzen. Um dies zu erreichen bilden drei Säulen die Grundlage dieses Systems: Strategie, Kultur und Hu-man Resources-Praktiken. Diese drei Säulen werden im späteren Teil der Arbeit näher betrachtet. Das im Kapitel HR-Praktiken, unter dem Punkt Talent-Identifikation vorge-stellte Instrument, Business Career Interest Inventory, wird anhand eines praktischen Versuchs erläutert und überprüft.
Im letzten Abschnitt dieser Arbeit findet sich ein Resümee, indem die Schwerpunkte der Arbeit hervorgehoben werden und eine kritische Stellungnahme zu den behandelten Themen erfolgt. Zudem wird ein Ausblick gegeben, welche Anforderungen durch den Fachkräftemangel zukünftig für Unternehmen entstehen und welche Rolle hierbei ein TMS spielt.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Talent Management System - Überblick und konzeptionelle Grundlagen
1.1 Ausgangslage
1.2 Ziel der Arbeit
1.3 Demographischer Wandel und Entwicklung für Deutschland
1.4 Wandel zur Wissensgesellschaft
1.5 Theoretische Grundlagen
1.6 Kompetenzmanagement
2 Talent Management System - Strategie
2.1 Grundlagen
2.2 Strategische Phasen
2.2.1 Phase der Zielbildung
2.2.2 Phase der strategischen Analyse
2.2.3 Phase der Personalbedarfsermittlung
2.2.3.1 Ermittlung des quantitativen Bedarfs
2.2.3.2 Ermittlung des qualitativen Bedarfs
2.3 Planung der Personalbereitstellung
2.4 Planung der Personalentwicklung
3 Talent Management System- Kultur
3.1 Grundlagen
3.2 Kulturbegriff
3.3 Unternehmenskultur
3.4 Etablierung einer Kultur
3.4.1 Hindernisse der Etablierung
3.4.2 Techniken zur Etablierung einer Kultur
3.4.2.1Mitarbeiter- und ergebnisorientierte Führung der Führungskräfte
3.4.2.1.1 Maßnahme der Kopfebene: 360°- Feedback
3.4.2.1.2 Maßnahme der Handebene: Mentoring
3.4.2.1.3 Maßnahme auf der Herzebene: Persönliche Anwendung der Instrumente
3.4.2.2 Engagement und Integration des Senior-Managements in den TMS-Prozesse...
3.4.2.2.1 Maßnahme auf der Kopfebene: Überzeugung durch Nutzenargumente des TMS
3.4.2.2.2 Maßnahme auf der Handebene: Abstimmen der Geschäftsziele mit den TM-Zielen
3.4.2.2.3 Maßnahmen auf der Herzebene: Unterstützung durch wertschätzende Haltung
3.4.2.3Mitarbeiter demonstrieren Offenheit für Veränderungen und Lernfähigkeit
3.4.2.3.1 Maßnahme auf der Kopfebene: Wissensmanagement
3.4.2.3.2 Maßnahmen auf der Handebene: Ausreichend Weiterbildungsmöglichkeiten
3.4.2.3.3 Maßnahme auf der Herzebene: Förderung der Offenheit durch kulturelle Vielfalt
3.4.2.4 Die HR-Manager agieren proaktiv als Business-Partner
3.4.2.4.1 Maßnahme auf der Kopfebene: Akzeptanz schaffen
3.4.2.4.2 Maßnahme auf der Handebene: Qualifikation der Personaler
3.4.2.4.3 Maßnahme auf der Herzebene: Akzeptanz der Geschäftsleitung
4 HR-Praktiken
4.1 Beurteilung
4.1.1 Personalentwicklungsgespräch
4.1.2 SMART-Prinzip
4.1.3 Objektive Beurteilung
4.1.4 Multiple Feedback Methode
4.1.5 Fazit
4.2 Identifikation von Talenten
4.2.1 Performance-Potential Matrix
4.2.2 Talent-Pool
4.2.3 Business Career Interest Inventory (BCII)
4.2.3.1 Personal highs
4.2.3.2 Business Career Profile Type
4.2.3.3 Business Career Interest Inventory in der Praxis
4.2.3.3.1 Auswertung der Testergebnisse
4.2.3.3.2 Fazit
4.3 Nachfolgeplanung
4.3.1 Koordination von Laufbahn- und Nachfolgeplanung
4.3.2 Sechs Schritte der Nachfolgeplanung
4.3.3 Ampel-Matrix
4.3.4 Fazit
4.4 Personalentwicklung
4.4.1 Inhalte
4.4.2 Methoden
4.4.3 Entwicklungsmethoden on the job und off the job
4.4.4 Entwicklungsmethoden für Teilnehmer des Talent-Pools
4.4.5 Coaching durch Führungskräfte
4.4.6 Fazit
4.5 Beschaffung
4.5.1 Beschaffungswege
4.5.1.1 Interne Beschaffung
4.5.1.1.1 Versetzung
4.5.1.1.2 Mehrarbeit
4.5.1.2 Externe Personalbeschaffung
4.5.1.2.1 Personalleasing
4.5.1.2.2 Stellenanzeige
4.5.2 Fazit
4.6 Bindung
4.6.1 Maßnahmen zur Steigerung
4.6.1.1Work-Life-Balance
4.6.1.2Wertschätzung gegenüber der Mitarbeiter
4.6.1.3 Laufbahnmodelle
4.6.2 Fazit
5 Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Verzeichnis weiterer Quellen
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland
Quelle: Statistisches Bundesamt
Abbildung 2: Altersaufbau in Deutschland 2005 und 2030
Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder
Abbildung 3: Bevölkerung Deutschlands von 2005 bis 2030
Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder
Abbildung 4: Das Inklusionsmodell nach Erpenbeck
Quelle: In Anlehnung an Faix/Auer (Hrsg.) (2009), S
Abbildung 5: SWOT-Analyse-Matrix
Quelle: In Anlehnung nach Simon/Von der Gathen, S.214 ff
Abbildung 6: Vergleich Ist-/Soll-Profile
Quelle: In Anlehnung an Steinweg (2009), S.29
Abbildung 7: Das kulturelle Schachtelmodell
Quelle: In Anlehnung an Landsberger (2006), S.29
Abbildung 8: Levels of Culture and Their Interaction
Quelle: In Anlehnung an Schein (1989), S.31
Abbildung 9: Was Talent Management erschwert
Quelle: Komm/Putzer (2007), S.3
Abbildung 10: Perfomanz-Potenzial Matrix
Quelle: http://www.klug-md.de/img/kb/Performance_Potential_Matrix.gif; 14.01
Abbildung 11: Aussagebogen BCII
Quelle: Eigene Darstellung
Abbildung 12: Ampel-Matrix
Quelle: In Anlehnung an Steinweg (2009), S.166 f
Abbildung 13: Methoden der Aus- und Weiterbildung
Quelle: In Anlehnung an Holtbrügge (2007), S.118 ff
Abbildung 14:Personalleasing
Quelle: http://www.lohn-info.de/zeitarbeit.gif; 17.12.2010
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Interessenbereichkategorien
Quelle: In Anlehnung an Butler/Waldroop (1998), S.105 ff.
Tabelle 2: Zusammenhänge und Unterschiede zwischen Höchstwert und Geschlecht Quelle: Eigene Darstellung
Tabelle 3: Zusammenhänge und Unterschiede zwischen Business Career Profile Type
Quelle: Eigene Darstellung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Talent Management System - Überblick und konzeptionelle Grundlagen
1.1 Ausgangslage
Wir befinden uns heute in wirtschaftlich turbulenten Zeiten. Es vollzieht sich ein wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Wandel, der durch die Globalisierung, Deregulierung und Liberalisierung der Märkte und weiteren sozialen, ökonomischen und technologischen Kräfte angetrieben wird. Zudem sind die Folgen der Weltwirtschafts- und Finanzkrise weltweit noch deutlich spürbar.1
Dennoch beschäftigt kaum ein anderes Thema die Medienwelt und unsere Gesellschaft so, wie der demographische Wandel. Zweifellos stellt uns dieser Wandel vor eine unse- rer größten Herausforderungen der Zukunft. In diesen Zeiten stellen Innovationen im umfassenden Sinne von neuen Produkten und Prozessen die Vorrausetzung für Unter- nehmen dar, um heute und in Zukunft erfolgreich am Markt agieren zu können. Grund- lage für Innovationen sind hochqualifizierte Mitarbeiter.2 In der heutigen Zeit ist zu be- obachten, dass viele der Hochqualifizierten aus den geburtsstarken Jahrgängen den Ar- beitsmarkt verlassen und gleichzeitig folgen nicht genügend potenzielle Arbeitskräfte aus den jüngeren Jahrgängen. Für Unternehmen entsteht somit ein Wettbewerb um die besten Mitarbeiter. Dieser Wettbewerb wird häufig auch als „War for Talents“ bezeich- net. Dieser Begriff tauchte erstmals durch die Veröffentlichung des gleichnamigen Bu- ches von Ed Michaels, Hellen Handfield-Jones und Beth Axelrod im Jahre 1997 auf. Anhand einer Mc-Kinsey-Studie machten die Autoren erstmals auf den bevorstehenden Fachkräftemangel aufmerksam. Die Begriffswahl soll verdeutlichen, dass es bei diesem Wettbewerb um das Überleben von Unternehmen geht.3 Zudem wird deutlich, dass der Fachkräftemangel keineswegs ein neues Problem für die Wirtschaft und Gesellschaft ist und diese unvorbereitet trifft. Bereits heute ist ein qualitativer Fachkräftemangel in Deutschland vorhanden. Beobachten lässt sich der Mangel an den Unternehmen, die anhand von Kurzarbeitszeit versuchen, mit fast allen Mitteln Entlassungen zu vermei- den.4 Auch der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Rainer Brüderle, nahm am 30.07.2010 im Handelsblatt Stellung zum Mangel an qualifizierten Arbeitskräfte: „Der Fachkräftemangel wird in den nächsten Jahren zum Schlüsselproblem für den deutschen Arbeitsmarkt und nicht die Arbeitslosigkeit.“5
Vor diesen Hintergründen wird deutlich, dass die Suche, die Entwicklung und die lang- fristige Bindung talentierter Mitarbeiter zu den größten Herausforderungen für das Per- sonalmanagement und für das gesamte Unternehmen zählt. Verstärkt wird diese An- nahme durch eine Studie die durch die Boston Consulting Group (BCG) und der World Federation of People Management Associations (WFPMA) durchgeführt wurde. An- hand der Studie „Creating People Advantage 2010 - How Companies Can Adapt Their HR Practices for Volatile Times“ wurden mehr als 5.500 Führungskräfte in 109 Län- dern befragt. Im Ergebnis wurden die Themen Talentmanagement und Führungskräfte- entwicklung als weltweit größte Herausforderung deutlich. Die Themen wurden als hoch erfolgskritisch, jedoch unzureichend gemanagt beurteilt. Häufig misslingt der in- terne Aufbau von angehenden Führungskräften und es wurde ein Mangel an Instrumen- ten der strategischen Personalplanung genannt, durch die sich der zukünftige Personal- bedarf zuverlässig ermitteln lässt und dabei gleichzeitig die Unternehmensentwicklun- gen, wie beispielsweise eine geänderte Geschäftsstrategie berücksichtigen.6
1.2 Ziel der Arbeit
Das Ziel dieser Arbeit ist es, dem Leser einen Überblick über Hintergründe, Grundla- gen, Strategien und Instrumente zur Einführung eines Talent Management Systems zu geben. Das in dieser Arbeit vorgestellte TMS, hat das Ziel den bereits beschriebenen Fachkräftemangel entgegenzuwirken. In der Literatur und der Praxis ist im Bezug auf die Einführung eines TMS keine einheitliche Lösung vorhanden. Ein funktionierendes TMS muss individuell auf Unternehmensfaktoren wie Größe, Strategie, Branche und Markt zugeschnitten sein. Somit werden in dieser Arbeit typische Vorgehensweisen so beschrieben, dass sie aufeinander aufbauen, jedoch dem Leser die Möglichkeit geben je nach Situation sich für passende Tipps und Techniken zu entscheiden. Die nachfolgen- den Aufführungen sollen ergründen was unter einem Talent Management System zu verstehen ist und folgenden Fragen behandeln:
- Welche Auswirkungen hat der wirtschaftliche und gesellschaftliche Wandel auf Unternehmen?
- Was versteht man unter dem TMS-Ansatz?
- Wie beeinflusst die TMS-Strategie die Unternehmensstrategie?
- Welche Rolle spielt die Unternehmenskultur in einem TMS?
- Welche Instrumente kommen bei der Umsetzung der TMS-Strategie zum Ein- satz?
Um diese Fragen zu beantworten werden im ersten Kapitel die Hintergründe eines TMS erläutert. Hierbei werden die demographische Entwicklung in Deutschland und der Wandel von einer Industrie- in eine Wissensgesellschaft näher betrachtet. Anschließend werden anhand der theoretischen Grundlagen das TMS näher erläutert.
Das in dieser Arbeit vorgestellte TMS hat die Aufgabe das Potenzial der Mitarbeiter strategiekonform für heutige und zukünftige Aufgaben optimal zu nutzen. Um dies zu erreichen bilden drei Säulen die Grundlage dieses Systems: Strategie, Kultur und Hu- man Resources-Praktiken. Diese drei Säulen werden im späteren Teil der Arbeit näher betrachtet. Das im Kapitel HR-Praktiken, unter dem Punkt Talent-Identifikation vorge- stellte Instrument, Business Career Interest Inventory, wird anhand eines praktischen Versuchs erläutert und überprüft.
Im letzten Abschnitt dieser Arbeit findet sich ein Resümee, indem die Schwerpunkte der Arbeit hervorgehoben werden und eine kritische Stellungnahme zu den behandelten Themen erfolgt. Zudem wird ein Ausblick gegeben, welche Anforderungen durch den Fachkräftemangel zukünftig für Unternehmen entstehen und welche Rolle hierbei ein TMS spielt.
1.3 Demographischer Wandel und Entwicklung für Deutschland
Unter dem Begriff des demographischen Wandels, versteht man die Veränderung und Zusammensetzung von Größe und Struktur einer Bevölkerung. Beeinflusst wird dieser durch die Veränderung von den Faktoren Fertilität, Mortalität und Migration. Die Ferti- lität beschreibt die Entwicklung der Geburtenhäufigkeit. Dabei spielen kulturelle, sozia- le, wirtschaftliche und gesundheitliche Faktoren eine wichtige Rolle. Die Mortalität zeigt die Sterblichkeit der Bevölkerung. Anhand der Mortalität erhält man ein Bild des Lebensstandards und der Gesundheitsversorgung der jeweiligen betrachteten Region. Migration kann man als Entwicklung der Wanderung beschreiben. Dabei unterscheidet man zwischen Binnenwanderung und Außenwanderung. Die Binnenwanderung be- schreibt die auf Dauer angelegte Veränderung des Lebensmittelpunktes innerhalb eines Landes. Dagegen beschreibt die Außenwanderung das Umsiedeln über die Grenzen eines Landes.7
Der demographische Wandel ist grundlegend eine normale Erscheinung und ist weder positiv noch negativ zu bewerten. Er kann zu verschiedenen Erscheinungen führen. Durch eine steigenden Lebenserwartung und eine gleichzeitig sinkende oder gleich bleibende Geburtenrate werden ein Bevölkerungsrückgang und eine Alterung der Bevölkerung erreicht. Dagegen wird eine kompakte Alterspyramide durch hohe Geburtenzahl und abnehmende Sterblichkeit erreicht. Durch diesen Prozess entsteht eine Verjüngung und Wachstum der Bevölkerung.8
Derzeit leben ca. 82 Millionen Menschen in Deutschland. Bis zu den 70er Jahren herrschte in der Bundesrepublik ein Überschuss an Geburten. Der in den darauf folgen- den Jahren gebremst wurde. Seit dieser Zeit übersteigt die Zahl der Sterbenden, die der Neugeborenen. In Deutschland kam es bis zum Jahre 2002 jedoch nicht zum erwarteten Bevölkerungsrückgang. Dies ist auf die hohe Zahl der Einwanderer zurückzuführen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland
Durch sinkende Zuwanderungszahlen seit dem Jahr 2003 vollzieht sich ein Bevölkerungsrückgang in Deutschland.9 Aufgrund des hohen Anteiles an älteren Menschen wird die deutsche Bevölkerung heute als „alt“ bezeichnet.
Anhand Daten über Fertilität, Mortalität und Migration kann man die demographische Entwicklung Deutschlands in den kommenden Jahrzehnten vorausahnen. Im Jahre 2030 wird Deutschland vorrausichtlich einen Bevölkerungsrückgang von 5 Millionen Men- schen haben. Am deutlichsten wird man diesen Rückgang beim Betrachten der unter 20- jährigen erkennen. Im Vergleich zu heute, werden im Jahre 2030 ca. ein Viertel weniger Kinder in der Bundesrepublik leben. Drastisch wird die Zahl der erwerbsfähigen Bürger zurückgehen. Darunter versteht man die Menschen zwischen 20 und 65 Jahren. Im Jahre 2030 wird sich die Zahl dieser Bürger voraussichtlich um 15 % verringern.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Altersaufbau in Deutschland 2005 und 2030
Ein Bevölkerungswachstum wird sich dagegen in der Bevölkerung der über 65-jährigen vollziehen. Ihr Anteil wird um ca. 40 % erhöhen und 2030 ca. 22 Millionen Menschen betragen.10
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Bevölkerung Deutschlands von 2005 bis 2030
Das Altern und der Rückgang der Bevölkerung kann in der Bundesrepublik nicht auf- gehalten werden. Es kann maximal zu einer Verlangsamung dieser Entwicklung kom- men. Weder die Zuwanderung jüngerer Menschen noch der Anstieg an Geburten kön- nen diesen Prozess stoppen. Die aus den 1960er - 1970er Jahren stammende „Baby- Boom-Generation“ wird immer älter und verschiebt sich im Altersaufbau nach oben und beschleunigt somit den Alterungsprozess.11 Die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, die anhand des demographischen Wandels in Deutschland verursacht werden, werden aller Voraussicht nach erst zwischen den Jahren 2015 und 2025 deutlich zu spüren sein. In diesen Jahren werden die so genannten „Baby-Boomers“ in den Ruhestand gehen. Dadurch und durch steigende Qualitätsanforderungen, könnte der bereits vorhandene Mangel an Fachkräftemangel weiter zunehmen und die Arbeitslosenquote der Gering- qualifizierten steigen. Somit sollen im Jahre 2020 ca. 6 Millionen qualifizierte Arbeits- kräfte in Deutschland fehlen. Dieser Mangel ist nicht durch Einwanderer aus dem Aus- land zu decken.12 Ein großes Problem ergibt sich für Deutschland dadurch, dass viele Migranten, die in ihren Heimatländern angesehen Berufen nachgehen, beispielsweise Lehrer, Ärzte oder Handwerker ihren gelernten Qualifikationen in der Bundesrepublik nicht nachgehen dürfen. Nach Angaben der Bundesregierung, leben in Deutschland ca.
1 Million Akademiker, deren Qualifikationen am Arbeitsmarkt nichts wert sind. Diese Verschwendung von Wissen wird oft als „Brain Waste“ bezeichnet.13 Durch Migration entstehen neue Aufgabenfelder für Unternehmen. Diese bestehen aus der Einbettung von kulturellen Differenzen und einer wachsenden Diversität der Arbeitnehmerschaft.
Aufgrund der Globalisierung richten sich immer mehr Unternehmen international aus. Somit gewinnt der Faktor Umgang mit unterschiedlichen Kulturen mehr an Bedeutung.14 Nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, wird Deutschland im Vergleich zu anderen Industriestaaten, sehr stark vom demographischen Wandel beeinflusst sein. Dem internationalen Demografie-Indikator des Instituts zufolge, wird nur Italien noch stärker betroffen sein. Die Studie weist jedoch daraufhin, dass die Bundesrepublik Potenziale in den Handlungsfeldern Arbeitsmarkt, Innovation und Finanzen besser ausschöpfen kann und muss.15
1.4 Wandel zur Wissensgesellschaft
Neben dem demografischen Wandel befindet sich unsere Gesellschaft auch im Wandel zu einer Wissensgesellschaft. Die Entwicklung im Bereich der Kommunikations- und Informationstechnologie steigern die Möglichkeiten im Bereich von Informations- und Wissensaustausch. Dies wird zudem durch den Trend zur Globalisierung und Industria- lisierung gefördert. Die Globalisierung ermöglicht auf der einen Seite einen einfacheren Zugriff auf qualifizierte Arbeitnehmer aus dem Ausland, jedoch besteht dadurch auch die Gefahr der Abwanderung von Talenten. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist, dass Wis- sen fast ausschließlich an Personen gebunden ist. Dieses personengebundene Wissen geht verloren, wenn die qualifizierten Personen das Unternehmen oder den Staat verlas- sen. Dies stellt ein zentrales Problem für Deutschland und die Unternehmen dar, da überproportional viele hochqualifizierte Menschen den Standort Deutschland und die Unternehmen heutzutage verlassen. Die Auswanderungsquote von Promovierten ist momentan zehnmal höher als die des Durchschnittes der Bevölkerung.16 Für Unterneh- men gewinnt die Ressource Wissen immer mehr an Bedeutung und ist entscheidend für Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit. Da sich unsere Wirtschaft von arbeitsintensi- ven, hin zu wissensintensiven Arbeits- und Geschäftsfelder entwickelt, gewinnen die wissensintensiven Produkte und Dienstleistungen der Unternehmen immer mehr an Be- deutung. Durch den zuvor beschriebenen demographischen Wandel wird deutlich, dass in Zukunft zahlenmäßig überwiegend ältere Arbeitnehmer aus dem Arbeitsleben aus- scheiden werden. Dies bedeutet für ein Unternehmen einen erheblichen Verlust von Fach- und Erfahrungswissen und eine Verknappung an Mitarbeitern.17
1.5 Theoretische Grundlagen
Bei den heutigen Debatten und wissenschaftlichen Berichten um das Thema des „War for Talents“, werden sehr häufig entscheidende Fragen nicht beantwortet. Ziel dieses Kapitels ist, folgende Fragen zu klären:
- Wer sind überhaupt Talents?
- Was zeichnet Talents aus?
- Wie müssen Talents eingesetzt werden?18
Der Begriff Talent lässt sich vom griechischen „talaton“ herleiten und bedeutet über- setzt Waage oder das Gewogene. Eine weitere Bedeutung des Begriffes lässt sich der Bibel entnehmen. Hier wird Talent als „anvertrautes Vermögen, anvertrautes Gut“ be- schrieben. Daraus ergibt sich die übertragende Bedeutung „die (einem von Gott anver- traute) geistige Anlage.“ Heute werden Talents als Hochleistungsträger, Hochbegabte, Top Performer, A-Player oder High Potentials beschrieben.19 Talent wird also als eine Begabung definiert, die nicht jeder Mensch besitzt. Nach Faix können Talents als „…all jene qualifizierten Menschen bezeichnet werden, welche, nachdem, sie durch ihre breite Bildung umsichtig die möglichen komplexen Folgen ihrer Entscheidungen durchdacht und vor dem Hintergrund ihrer Werte beurteilt haben, die Kompetenzen und auch die Kraft und Mut haben, mit ihren reichhaltigen, selbstorganisiert erarbeiteten, ständig wachsenden Wissen, Ziele zu formulieren und in der Lage sind, Wissen Wirklichkeit werden zu lassen in Situationen, für die es keine Matrize, keinen Standard, kein Richtig oder Falsch gibt.“20
Zudem unterteilt er Talents in folgende zwei Gruppen:
- High Potentials
- High Performer
Beide dieser Gruppen beschreiben Menschen, die besonders risiko- und leistungsorien- tiert sind. Die Gruppe der „High Potentials“ beschreibt Mitarbeiter, die Kompetenzen, Mut und Tatkraft haben Ziele zu erreichen, wenn man ihnen dazu die Chance gibt. Die High Performer dagegen sind Menschen, die Kompetenzen, Mut und Tatkraft schon mehrfach bewiesen haben.
Talents zeichnt die Fähigkeit aus Ideen zu realisieren, die für Innovationen verantwortlich sind. Zudem besitzen sie ein überragendes und fundiertes Fachwissen sowie eine breite Allgemeinbildung aus.21
Die Ausführungen auf die Frage „Wer sind Talents?“, betrachtet das Thema Talent Management nach dem konventionellen Ansatz. Im folgenden Punkt soll geklärt werden, warum diese Ansatz in der heutigen Zeit zu kurz greift.
Wie im einleitenden Teil beschrieben, befindet sich die Bundesrepublik Deutschland, sowohl in einem demographischen- als auch in einem Wandel zur Wissensgesellschaft. Dadurch kommt es auf dem Arbeitsmarkt zu einem Rückgang des Arbeitsangebots und gleichzeitig zu steigenden Anforderungen an die Mitarbeiter. Der im vorherigen Punkt beschriebene konventionelle Ansatz konzentriert sich lediglich auf die wenigen besten Mitarbeiter. Dies kann sich jedoch ein Unternehmen in Zeiten des Fachkräftemangels und steigendem Innovationsdruck nicht leisten. Aufgabe des konventionellen Manage- ments ist es, die Mitarbeiter, die sowohl eine sehr hohe Leistung über einen längeren Zeitraum demonstrieren, als auch ein hohes Potential für die nächst höhere Position zugesprochen bekommen herauszufiltern. Somit gilt der Mitarbeiter nur temporär als Talent. Sobald er die nächst höhere Stufe erreicht, verliert er den Status als Talent und muss diesen erst wieder für die nächst höhere Position unter Beweis stellen. Das kon- ventionelle Talent Management versucht unter einer großen Anzahl von Menschen, die wenigen Talente nach den Faktoren Potenzial und Leistung zu entdecken, binden und zu entwickeln. Dabei konzentriert sich die HR-Arbeit auf die interne Auswahl, sowohl auf die externe Rekrutierung dieser Talente. Welche Nachteile in Unternehmen durch den konventionellen Ansatz entstehen, möchte ich in folgenden Punkten darstellen. Die we- nigen Mitarbeiter die als Talent identifiziert werden, fühlen sich häufig unter Druck gesetzt. Von ihnen wird erwartet, dass sie für sämtliche Probleme eine Lösung bereit haben und volle Leistung bringen. Diese Situation erzeugt oftmals negative Auswirkun- gen auf die Leistungsfähigkeit der so genannten Talente. Wiederum die Mitarbeiter die durch die Kategorisierung nicht als Talente eingestuft werden fühlen sich dadurch als unbegabt und zweitklassig. Dies führt häufig zu Frustration und es entsteht ein negativer Einfluss auf die Motivation. Problematisch hierbei ist, dass der Großteil der Belegschaft unter diese Kategorie fällt. Ein weiterer negativer Punkt des konventionellen Ansatzes ist, dass Mitarbeiter, die als Talente identifiziert sind, häufig das Unternehmen wechseln um ihre Karriere zu fördern. Zudem kann es durch die Kategorisierung zur Vernachlässigung des sozialen Systems innerhalb des Unternehmens kommen.22
Aufgrund der aufgeführten Punkte, konzentriere ich mich in dieser Arbeit auf ein Talent Management System, in dem jeder einzelne Mitarbeiter eine Begabung besitzt, die als Talent aufgefasst wird. Diese Begabung ist von Mitarbeiter zu Mitarbeiter im unter- schiedlichen Ausmaß vorhanden. Ziel eines Talent Management System ist es, das Po- tenzial an Begabung für gegenwärtige und zukunftsorientierte Aufgaben optimal einzu- setzen. Grundlagen eines solchen Systems, bilden drei Säulen: Strategie, Unterneh- menskultur und der HR-Praktiken. Eine detaillierte Beschreibung dieser Säulen, findet sich im späteren Teil dieser Arbeit.23
1.6 Kompetenzmanagement
Eine weitere Grundlage eines TMS bildet das Kompetenzmanagement. In der heutigen globalisierten, immer komplexeren, dynamischeren, vernetzten Arbeitswelt, stellen Kompetenzen die Grundlage für erfolgreiches Handeln der Unternehmen dar. Dabei kommt es heutzutage nicht mehr allein auf die Kompetenzen der Mitarbeiter an, son- dern auch auf die Kompetenzen von Unternehmen, diese festzustellen, entwickeln und einsetzen zu können. Zuerst muss jedoch geklärt werden, was man unter dem Begriff Kompetenz versteht. Der Begriff Kompetenz lässt sich aus dem lateinischen herleiten. „Compertere“ bedeutet übersetzt „befähigt sein“.24 Bei der Definition des Kompetenz- begriffes gibt es viele Ansätze, abhängig aus welcher fachlichen Perspektive er betrach- tet wird. Somit versteht die Organisationsforschung die Erlaubnis („Dürfen“), dagegen das Personalmanagement die Fähigkeit („Können“).25 „Kompetenzen umschreiben also nicht primär spezifische Fähigkeiten oder Fertigkeiten, die in bestimmten Situationen eingesetzt werden können, sondern die grundlegende Fähigkeit, Wissen situationsge- recht in Handlungen umzusetzen, die zur Entwicklung, Innovation oder Problemlösung beitragen.“26 Wissen allein stellt demnach noch keine Kompetenz dar, erst durch die Verknüpfung mit Handlungsmotivation und Handlungsfähigkeit wird es zur Kompe- tenz.27 Demnach kann es ohne Wissen, ohne Qualifikation, ohne physische oder psychi- sche Fertigkeiten, keine Kompetenzen geben. Jedoch ist das Vorhandensein von Quali- fikationen, Wissen und Fertigkeiten noch keine Garantie für Kompetenzen. Kompeten- zen enthalten als Kerne konstitutiv interoisierte Regeln, Werte und Normen. Das Inklu- sionsmodell verdeutlicht, dass Kompetenzen Wissen, Qualifikationen und Fertigkeiten miteinschließen, jedoch diese keine Kompetenzen sind. Qualifikationen besitzen im Bezug auf Kompetenzen eine sehr wichtige Bedeutung, da die Entwicklung von Kom- petenzen ein hohes Niveau an Qualifikationen voraussetzt.28
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Das Inklusionsmodell nach Erpenbeck
Ziel eines Kompetenzmanagement ist der gezielte Aufbau, die Nutzung und Entwick- lung individueller, organisationaler und interorganisitionaler Kompetenzen. Durch ein Kompetenzmanagement soll gewährleistet werden, dass Kompetenzen identifiziert und entwickelt werden und zusätzlich gesichert und genutzt werden. Ein weiterer wichtiger Punkt des Kompetenzmanagements stellt die Abstimmung und die anschließende Bewertung der Kompetenzen mit der Unternehmensstrategie dar.29
2 Talent Management System - Strategie
2.1 Grundlagen
Um den Strategiebegriff auf wirtschaftliche Zusammenhänge anwenden zu können, ist es hilfreich, die historischen Wurzeln des Begriffes näher zu betrachten. Strategie stammt aus dem Griechischen und ist aus den Wörtern „stratos“ und „agos“ herzuleiten. „Stratos“ lässt sich als „Heer“ und „agos“ als Führer übersetzen. Somit beschreibt der Begriff die Kunst der Heerführung und Strategen wurden im antiken Griechenland Heer- und Flottenführer bezeichnet. Auch nach dieser Zeit wurde der Begriff in der Kriegskunst und Militärwissenschaft verwendet. Damals wurde er gebraucht um ein langfristiges und zielorientiertes Vorgehen zu beschreiben, das das Ziel hat, gegenüber den Konkurrenten eine überlegene Position zu erreichen. Im 19. Jahrhundert wurde der Begriff erstmals auf wirtschaftliche Zusammenhänge angewandt.30
Wie bereits im einleitenden Teil beschrieben, gelten die Mitarbeiter eines Unterneh- mens gerade zu Zeiten des demographischen Wandels als entscheidender Wettbewerbs- faktor. Um in Zukunft erfolgreich agieren zu können, muss es Unternehmen gelingen, die Kompetenzen der Mitarbeiter über den gesamten Erwerbszeitraum sicherzustellen. Dabei kann man das Strategische Personalmanagement als Entscheidungs- und Maß- nahmenbündel verstehen, das dem langfristigen Unternehmenserfolg dient. Beim Be- trachten der unternehmerischen Gesamtstrategie, lässt sich das strategische Personalma- nagement als funktionale Teilstrategie einordnen. In der Praxis können zwischen strate- gischer Unternehmensführung und dem strategischen Personalmanagement verschieden Beziehungen auftreten. Somit wird häufig die Personalstrategie aus der Unternehmens- strategie abgeleitet. Im folgenden Abschnitt sollen die verschiedenen Phasen, Anforde- rungen und Inhalte einer Personalstrategie zu Zeiten des demografischen Wandels erläu- tert werden, um die Kompetenzen der Mitarbeiter optimal sicherzustellen.31
2.2 Strategische Phasen
2.2.1 Phase der Zielbildung
Durch ein strategisches Personalmanagement verfolgen Unternehmen generell zwei Richtungen. Zum einen wollen sie durch ein TMS auf Veränderungen reagieren können, zum anderen verfolgen sie das Ziel, ihre Geschäftsstrategie mit den richtigen Mitarbei- tern umzusetzen. Zu Beginn einer strategischen Planung müssen Ziele definiert werden. Anhand folgender Punkte werden die verschiedenen Funktionen und die Wichtigkeit von Zielen im Strategieprozess verdeutlicht. Die Zielbildung ermöglicht, dass später getroffen Entscheidungen und Handlungen, anhand der vereinbarten „Soll-Zustände“ überprüft und beurteilt werden. Des Weiteren besitzt die Zielbildung eine Selektions- funktion, da es nur möglich ist eine bewusste Auswahlentscheidung zwischen mehreren Strategien zu treffen, wenn zuvor ein Ziel gesetzt wurde. Eine weitere Funktion der Zielbildung ist die Motivations- und Anreizfunktion. Wenn es gelingt, die individuellen Ziele der Unternehmensmitglieder, mit den Unternehmenszielen konfliktfrei zu verbin- den, wird ein Anreizsystem geschaffen.32
Im Strategischen Personalmanagement ist die Zielbildung Grundlage für das Unterneh- men, um auf Veränderungen reagieren zu können und die Lernfähigkeit des Unterneh- mens zu verbessern. Ziel ist es eine Lernende Organisation zu schaffen, die kreativ den Wandel mitgestaltet und kontinuierlich ihre Fähigkeiten ausweitet. Grundlage für die Lernfähigkeit des Unternehmens ist die Unternehmenskultur. Die Inhalte und Aufgaben einer Unternehmenskultur, werden im folgenden Kapitel Kultur näher betrachtet.
Um die Geschäftsstrategie mit den passenden Mitarbeitern umzusetzen, werden Ziele des TMS aus der Geschäftsstrategie abgeleitet. Hierbei werden die Ist-Situation und der Soll-Zustand dargestellt. Durch diesen Vergleich werden unternehmerische Herausfor- derungen deutlich, die in die Herausforderungen für die Personalfunktion und ihre HR- Praktiken übersetzt werden. Dies geschieht beispielsweise, wenn innovative und ökolo- gische Produkte entwickelt werden sollen, oder ein Standortwechsel geplant ist. Nach der Darstellung der Geschäftsstrategie, muss diese Strategie in TMS-Ziele übersetzt werden. D.h. die Belegschaft und Kultur des Unternehmens müssen durch das TMS in die Richtung gesteuert werden, die beim Erreichen der Unternehmensziele hilfreich ist.33
2.2.2 Phase der strategischen Analyse
Nachdem in der Phase der Zielbildung, Ziele definiert wurden, müssen in der nächsten Phase externe und interne Chancen und Risiken, sowie interner Stärken und Schwächen analysiert werden. Für eine erfolgreiche Strategieformulierung muss das betriebliche Umfeld untersucht werden und dadurch vollständige, sichere und genaue Informationen darüber geliefert werden. Um auf Veränderungen reagieren zu können, müssen Trends und ökonomischer wie gesellschaftlicher Veränderungen, die das Unternehmen in naher Zukunft beeinflussen berücksichtigt werden. Hierzu dienen als Hilfsmittel Ergebnisse von Trendforschungen und von kontinuierlicher Marktbeobachtung. Um zukünftige Szenarien abbilden zu können müssen regelmäßige Kundenbefragungen und interne Workshop durchgeführt werden. Im Allgemeinen lässt sich die Umwelt des Unterneh- mens in zwei Bereiche unterteilen. Die globale Umwelt und die Wettbewerbsumwelt.34 Die Wettbewerbsumwelt lässt sich in weitere Analyseebenen unterteilen. Untersucht werden hierbei die Hauptkonkurrenten, die Strategische Gruppe und die Branche.35 Als eher erfolgskritisch gilt dagegen die Prognose und Analyse der globalen Umwelt des Unternehmens, da diese kaum vom Unternehmen beeinflusst werden kann. Unterteilen lässt sich das globale Umfeld in folgende Bereiche.
- Politisch- rechtlich
- Ökonomisch
- Soziokulturell
- Technologisch
Das Hauptproblem der externen Analyse ergibt sich durch die Dynamik und Komplexi- tät der Umwelt. Dadurch werden zukünftige Umweltszenarien nur schwer prognosti- zierbar und eine Unterteilung in Chancen und Risiken stellt das Unternehmen vor weite- re Schwierigkeiten.36
Ein klassisches Instrument der Situationsanalyse ist die SWOT-Analyse. Die Bedeutung dieses Analyseinstruments lässt sich aus dem Englischen herleiten und steht für die Be- griffe Strenghts (=Stärken), Weakness (=Schwächen), Opportunities (=Möglichkeiten) und Threads (=Risiken). Die SWOT-Analyse vergleicht somit die Stärken und Schwä- chen eines Unternehmens mit den Chancen und Risiken, die sich aus der Unternehmens- und Umweltentwicklung ergeben. Zuerst wird eine Analyse der spe- zifischen Stärken und Schwächen des Unternehmens im Vergleich zu denen der Wett- bewerber durchgeführt. Hierbei werden unternehmensinterne Faktoren betrachtet, die aus einer Potenzialanalyse gewonnen werden und anschließend mit den externen Daten verglichen, die anhand einer Konkurrenzanalyse ermittelt werden. Anhand dieser Ana- lyse wird nun der Handlungsspielraum des Unternehmens innerhalb seines Wettbe- werbumfeldes deutlich. Die Chancen-Risiken-Analyse betrachtet dagegen die Unter- nehmensumwelt. Hierbei werden mögliche Umweltentwicklungen untersucht, die für das Unternehmen Chancen und Risiken darstellen. Nachdem die Stärken und Schwä- chen, sowie die Chancen und Risiken des Unternehmens ermittelt wurden, führt die SWOT-Analyse beide Perspektiven zusammen. Anhand der dieser Analyse ist es nun möglich, strategische Entscheidungen zu treffen. Darstellen lässt sich die SWOT- Analyse mithilfe einer Matrix, die die unterschiedlichen Strategiearten deutlich macht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: SWOT-Analyse-Matrix
Durch die Swot-Analyse-Matrix werden nun vier verschieden Strategiearten deutlich.
- SO-Strategien: Hierbei sollen durch eigene Stärken, bestehende Chancen genutzt werden. Hauptsächlich findet man unter den SO-Kategorie, Strategien, die auf Expansion oder Neuentwicklung von Produkten gerichtet sind
- ST-Strategien: Ziel dieser Kategorie ist es, mit den eigenen Stärken, bestehende Gefahren abzuwehren.
- WO-Strategien: Es wird versucht eigene Schwächen zu beseitigen, um beste- hende Chancen zu nutzen.
- WT-Strategien: Die eigenen Schwächen sollen hierbei beseitigt werden, damit Risiken reduziert werden.
Somit wird deutlich, dass durch eine SWOT-Analyse, eine Strategie abgeleitet werden kann, die der Unternehmenssituation entspricht.37
2.2.3 Phase der Personalbedarfsermittlung
Nachdem die Ziele festgelegt und externe und interne Chancen und Risiken, sowie in- terner Stärken und Schwächen analysiert wurden, ist es notwendig, den gegenwärtigen und zukünftigen Personal-Sollbestand zu ermitteln, der zur Erreichung der betrieblichen Ziele erforderlich ist. Hierbei wird zum einen der quantitative, sowie auch der qualitati- ve Bedarf untersucht. Als weitere Komponente wird die Zeit betrachtet, die die Länge des Planungshorizontes beschreibt. Bei der Personalbedarfsermittlung unterscheidet man zwischen dem Brutto-Personalbedarf, sowie dem Netto-Personalbedarf. Der Brut- to-Personalbedarf beschreibt die Gesamtheit der benötigten Quantität und Qualität an Arbeitskräften, der Netto-Personalbedarf gibt Auskunft über die zu beschaffenden bzw. freizusetzenden Arbeitskräfte. Um den Netto Personalbedarf zu ermitteln, benötigt man den Personal-Ist-Bestand:
Brutto-Personalbedarf - Personal-Ist-Bestand = Netto-Personalbedarf
Ist nun der Personal-Ist-Bestand größer als der Brutto-Personalbedarf ergibt sich ein negativer Netto-Bedarf, d.h. ein Personalfreisetzungsvolumen.
Beim genaueren betrachten der Personalbedarfsermittlung, ist es notwendig die Kom- ponenten Quantität, Qualität und Zeit näher zu erläutern. Die Quantität des Personalbe- darfs kann man als eine eher statistische Größe beschreiben. Ohne zusätzliche Angaben bezüglich des zu beschaffenden/freizusetzenden Personals, beinhaltet diese Komponen- te für Bedarfdeckungs-Abbau-Maßnahmen wenig Aussagekraft. Beim Betrachten des Brutto-Personalbedarfs ist die Quantität identisch mit der Summe der erforderlichen Arbeitskräfte, beim Netto-Bedarf ist sie identisch mit der festgestellten Unterdeckungs- lücke bzw. dem Freisetzungsvolumen, das durch den Ist-Bestand ermittelt wurde.38
Die Qualität beschreibt „… die Fähigkeiten und Kenntnisse, über die ein Mitarbeiter bei seinem Einsatz verfügen soll und spiegelt so die Anforderungen der vom Mitarbeiter auszufüllenden Stellenaufgaben wieder.“39 Beim Betrachten des Brutto-Personalbedarfs, kann man die Qualität mit der Summe der für die Arbeitsplätze vorhanden Anforde- rungsprofile vergleichen. Grundlage hierfür ist eine gründliche Planung der Personalbe- darfsqualität.Die Komponente Zeit, beschreibt die Länge des Planungshorizontes und die Terminierung des Bedarfs in der Personalbedarfsplanung. Die Planung wird unter- teilt in kurz, mittel oder langfristig. Je nach Branche können diese Angaben jedoch ab- weichen, da in einem sehr dynamischen Umfeld ein Planungshorizont von 2 - 3 Jahren schon als langfristig gelten kann.40
2.2.3.1 Ermittlung des quantitativen Bedarfs
Nach Olfert lässt sich die quantitative Bedarfsermittlung in drei Methodenbereiche un- terteilen:
- Organisatorische Methoden
- Prognosemethoden
- Sonstige Methoden
Bei den organisatorischen Methoden wird der Personalbedarf unter Zugrundelegung der aktuellen und zukünftigen Organisation des Unternehmens ermittelt. Grundlage hierbei ist ein Organisationsplan. Bei diesen Methoden wird der angestrebte Bestand an Stellen mit den gegenwärtigen besetzten Stellen verglichen. Wenn die Anzahl an angestrebten Stellen größer ist als die tatsächlich besetzen Stellen, ergibt sich ein Personalbedarf.
Die Prognosemethoden ermitteln den Personalbedarf mithilfe von Bedarfprognosen. Eine einfache Methode hierbei ist die Schätzmethode. Bei der einfachen Schätzung werden Erfahrungswerte aus der Vergangenheit verwendet. Trotz der verwendeten Er- fahrungen gilt die Schätzmethode als unsystematisch und wenig objektiv. Sie ist jedoch einfach und kostengünstig durchzuführen und eine weit verbreitete Methode vor allem in kleineren und mittleren Unternehmen.
Die sonstigen Methoden zur Ermittlung des quantitativen Personalbedarfs, bestehen aus der Direktionsmethode und monetären Methoden. Die Direktionsmethode lässt sich in drei Schritte unterteilen. Zunächst kommt es zur Planzahlenanforderung. Hierbei wer- den von allen Instanzen des Unternehmens Personalbedarfszahlen für die Planungsperi- ode angefordert. Danach kommt es nach Diskussionen mit der Unternehmensleitung zur Planzahlenkorrektur, da die geforderten Zahlen der Instanzen aus wirtschaftlichen Gründen nicht realisierbar sind. Im letzten Schritt kommt es dann zur Planzahlenfestle- gung. Die monetären Methoden orientieren sich an den in Zukunft zur Verfügung ste- henden finanziellen Mitteln. Der Vorteil hierbei ist die wirtschaftliche Ausrichtung die- ser Methoden.41
2.2.3.2 Ermittlung des qualitativen Bedarfs
Um den qualitativen Personalbedarf zu ermitteln, müssen so genannte Soll-Profile er- stellt werden. Verglichen werden die Soll-Profile mit den Ist-Profilen. Die Ist-Profile beschreiben die schon vorhanden Kompetenzen der Mitarbeiter. Durch einen Vergleich der beiden Profile, wird der qualitative Bedarf deutlich. Eine wichtige Rolle spielen die Soll-Profile bei der Rekrutierung von Mitarbeitern. Die zu besetzenden Stellen können exakt beschrieben werden und die nötigen Anforderungen an die neuen Mitarbeiter, können beispielsweise in einem Assessment Center oder Jobinterview überprüft werden. Durch den Abgleich der Soll- und Ist-Profile, werden zudem Kompetenzlücken im Un- ternehmen deutlich. Diese können dann durch eingeleitete Entwicklungsmaßnahmen behoben werden. Auch die Beurteilung von Mitarbeitern wird durch Soll-Profile er- leichtert. Hierbei werden die Soll- und Ist-Profile jeweils für den Mitarbeiter verglichen und bewertet. Wie Soll- und Ist-Profile gebildet werden, wird im Folgenden erläutert. Durch die Soll-Profile wird beschrieben, welche fachlichen und überfachlichen Anfor- derungen an einen Positionsinhaber gestellt werden. Es werden hierbei nicht nur neue Positionen betrachtet, sondern auch bereits bestehende. Bei der Erstellung von Soll- Profilen wird systematisch vorgegangen. Zuerst verwendet man aus dem bereits erläu- terten Schritt der Zielbildung, die Ziele des Unternehmens übersetzt und diese auf die verschiedenen Geschäftseinheiten übertragen. Diese Geschäftseinheiten klären, welchen Wertschöpfungsbeitrag die jeweiligen Positionen zum Gesamtunternehmen leisten. Daraus werden dann individuelle Anforderungen an die einzelnen Mitarbeiter abgeleitet und in einem Soll-Profil abgebildet. Soll-Profile werden für alle Mitarbeiter auf allen Hierarchieebenen erstellt. Sofern die Soll-Profile nicht vorliegen, gibt es verschieden Methoden die bei der Erstellung nützlich sind.
- Aufgabenkaskade
- Anforderungsanalyse
- Leadership Pipeline
- Kompetenzmodell
Diese Methoden, sollen an dieser Stellen nur kurz erwähnt werden, da sie späteren im, Teil HR-Praktiken, näher erläutert werden. Nachdem die Profile herausgearbeitet und entwickelt wurden, kommt es nun zur Gegenüberstellung der beiden Profile. Durch eine graphische Darstellung wird deutlich, wo so genannte Kompetenzlücken entstehen. Die- se Kompetenzlücken gilt es durch entsprechende Entwicklungsmaßnahmen zu beheben. Welche Entwicklungsmaßnahmen hierbei zur Verfügung stehen, wird ebenfalls im spä- teren Kapitel erläutert werden.42
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Vergleich Ist-/Soll-Profile
2.3 Planung der Personalbereitstellung
Nachdem der Bedarf an benötigtem Personal ermittelt wurde, ist zu klären, wie das er- forderliche Personal bereitgestellt wird. Ziel ist es potentielle und qualifizierte Bewer- ber, für die zu besetzenden Stellen zu gewinnen. Bei der Personalbereitstellung unter- scheidet man zwischen interner- und externer Personalbereitstellung. Bei der internen Personalbeschaffung werden vakante Stellen aus den eigenen Reihen besetzt. Hierbei kann es zu Änderungen der bestehenden Arbeitsverhältnisse kommen. Bei der Per- sonalbeschaffung durch Versetzungen, Umschulungen, Übernahme von Auszubilden- den oder bei der Umwandlung von Teilzeit- in Vollzeitarbeitsverträge, kommt es zu einer Änderung des Beschäftigungsverhältnisses. Durch Überstunden, Sonderschichten, Urlaubsverschiebungen oder durch Erhöhung des Qualifikationsniveaus anhand Perso- nalentwicklung ändert sich das Beschäftigungsverhältnis nicht.
Die externe Personalbereitstellung verfolgt zwei Ziele. Auf der einen Seite soll der kurz- bis mittelfristige Bedarf an Mitarbeitern gedeckt werden, auf der anderen Seite soll ein langfristiges Mitarbeiterpotenzial erschlossen werden.43
Welche Instrumente und Praktiken der HR-Abteilung bei der Personalbereitstellung zur Verfügung stehen, wird im späteren Kapitel HR-Praktiken erläuter.
2.4 Planung der Personalentwicklung
Beim Analysieren und Vergleichen der bereits erarbeiteten Ist- und Soll-Profile, werden Kompetenzlücken im Unternehmen deutlich. Ziel der Personalentwicklung ist es Entwicklungsmaßnahmen festzulegen, um diese Kompetenzlücken zu beheben. Becker unterteilt die Inhalte der Personalentwicklung in drei Bereiche:
- Bildung
- Förderung
- Organisationsentwicklung44
In dieser Phase der Planung soll analysiert werden, welche Kompetenzen die Mitarbei- ter in Zukunft benötigen und wie diese entwickelt werden können, damit die Unternehmensstrategie bestmöglich umgesetzt werden kann.45
3 Talent Management System- Kultur
3.1 Grundlagen
Eine Unternehmenskultur bildet neben der Strategischen Personalentwicklung die zwei- te Säule eine Talent Management Systems und dient als Unterstützung zur Umsetzung der Personalstrategie. Die Strategie innerhalb eines Talent Management Systems kann nur anhand einer entsprechenden Kultur umgesetzt werden. Sobald die Mitarbeiter ge- gen die Prozesse eines Talent Management Systems arbeiten oder Personen auf der Führungsebene kein Interesse zeigen diese umzusetzen, weil die Wichtigkeit der HR- Praktiken nicht anerkannt wird, bleiben die sinnvollsten Instrumente ungenutzt. Ein wichtiger Punkt einer solchen Kultur ist, dass für Führungskräfte die Personalentwick- lung zu ihren Aufgaben zählen. Den Mitarbeitern muss zudem bewusst werden, dass das Senior-Management in die personalrelevanten Prozesse eingebunden ist. Dadurch errei- chen neu eingeführte Prozesse eine höhere Akzeptanz bei den Beschäftigten. Wenn den Mitarbeitern das Gefühl vermittelt wird, dass sie die wertvollste Ressource sind, können HR-Praktiken umgesetzt und die Mitarbeiter an das Unternehmen gebunden werden. Eine Unternehmenskultur, die in dieser Arbeit beschrieben wird, soll ermöglichen, dass die Mitglieder bereit sind neues zu lernen, Wissen untereinander zu verteilen und sich weiterzuentwickeln. Dies bildet die Grundlage dafür, dass die Arbeitskräfte motiviert sind ihre individuellen Talente einzubringen und andere Mitarbeiter zu unterstützen. Wie im Folgenden erläutert wird, wird die Kultur eines Unternehmens von Menschen gestaltet. Wie es gelingt eine solche Kultur zu etablieren ist Thema dieses Kapitels.46 Um den Begriff der Unternehmenskultur besser verstehen zu können, folgt nun eine genauere Betrachtung des Begriffs. Es wird deutlich, dass die Literatur keine einheitli- che Definition für ihn kennt. Deshalb wird zuerst der Kulturbegriff näher beschrieben und anschließend die Abgrenzung zum relativ neuen Begriff Unternehmenskultur dar- gestellt.
3.2 Kulturbegriff
Der Kulturbegriff hat eine sehr lange Geschichte und wurde durch verschiedene Wirt- schaftsdisziplinen wie Kultursoziologie, Kulturanthropologie oder kulturvergleichende Psychologie und durch den alltäglichen Sprachgebrauch mit vielfältigen Bedeutungen ausgestattet. Anthropologen verstehen unter dem Kulturbegriff Riten und Bräuche, die sich im Laufe der Zeit entwickelt haben. Dagegen versteht man darunter in der heutigen Wirtschaft das Klima in Unternehmen und den gegenseitigen Umgang der Mitarbeiter. Somit wird deutlich, dass es fast unmöglich ist eine einheitliche Definition für den Kul- turbegriff zu verfassen. Beim Betrachten der Definitionen wird jedoch klar, dass der Mensch im Mittelpunkt steht.47
3.3 Unternehmenskultur
Erstmals wurde der Kulturbegriff im Bezug auf Unternehmen zu Zeiten der dreißiger Jahre gebraucht. Während der damaligen Human-Relations-Bewegung, die durch die Hawthrone-Experimente begründet wurde, rückten zwischenmenschliche Beziehungen und Bedürfnisse als Faktor des Verhaltens von Mitarbeitern in den Vordergrund. Es dauerte jedoch weitere fünfzig Jahre bis diese Thematik unter dem Begriff Unterneh- menskultur in der Wissenschaft auftauchte.48 Der Begriff Unternehmenskultur be- schreibt nicht Quantifizierbares oder Messbares und wird heute primär von der Be- triebswirtschaftslehre definiert. Der Unterschied zwischen Unternehmenskultur und Unternehmensphilosophie liegt hauptsächlich darin, dass die Unternehmenskultur durch Werte und Normen der Organisationsmitglieder beeinflusst wird, die Unternehmensphi- losophie hauptsächlich durch Werte der Führungskräfte geprägt wird.49
Die Kultur eines Unternehmens wird nicht durch ein Individuum geschaffen, sondern anhand eines sozialen Kollektivs. Sie gilt als soziales Phänomen. Durch eine Unterneh- menskultur wird das Verhalten der Mitglieder gesteuert, ohne dass diese sich dessen bewusst sind. Kreiert wird die Kultur durch Menschen. Sie wird geschaffen durch re- flektiert-konstruiertes oder unreflektiert-faktisches Kollektivhandeln. Grundlage einer Unternehmenskultur ist es, dass sich die Mitglieder mit den kollektiven Werten der Kul- tur identifizieren können. Es muss eine soziale Akzeptanz bei den Beteiligten vorhanden sein.50
„Unternehmenskultur spiegelt die Art und Weise wieder, wie die Mitglieder eines Un- ternehmens denken, reden und handeln.“51 Somit ist jedes Unternehmen durch seine Kultur einzigartig, da in jedem Unternehmen unterschiedliche Mitarbeiter arbeiten, die unterschiedliche Erfahrungen und unterschiedliche Persönlichkeiten besitzen.52
Wie bereits erwähnt existieren verschiedene Definitionen des Begriffs der Unterneh- menskultur. Abgesehen davon gibt es Kernelemente, die mit dem Begriff verbunden sind:
- Die Unternehmenskultur umfasst das Zusammenwirken aller Mitglieder. Die Mitglieder handeln nach gemeinsamen Grundüberzeugungen. Deshalb lässt sich die Unternehmenskultur als kollektives Phänomen beschreiben.
- Beeinflusst wird die Kultur eines Unternehmens durch Emotionen ihrer Mitglie- der.
- Unternehmenskulturen entstehen durch einen Lernprozess, der durch die Um- welt beeinflusst wird. Orientierungsmuster werden durch den Umgang mit Problemen und durch Erfahrungen gebildet. Somit kann man die Kultur eines Unternehmens als historisch bezeichnen.
- Unternehmenskulturen lassen sich als implizit beschreiben. Somit können nicht einzeln betrachtet werden, sondern sind Bestandteile aller gemeinsamen Überzeugungen der Mitglieder eines Unternehmens.
- Symbole spielen bei der Kommunikation und Ausdrucksweise einer Unterneh- menskultur eine wichtige Rolle, da sie bewusst gelernt oder wahrgenommen wird.53
Anhand des kulturellen Schachtelmodells lässt sich darstellen, in welcher Position sich die Unternehmenskultur im Vergleich zur Umwelt befindet. Im Inneren dieses Modells befindet sich die Unternehmenskultur. Externen Einfluss auf die Unternehmenskultur übt die Branchenkultur aus. Umgeben werden die Unternehmens- und Branchenkultur durch die Kultur auf nationaler und die Kultur auf internationaler Ebene. Diese entwi- ckeln sich aufgrund von gesetzlichen, politischen und ökologischen Rahmenbedingungen und beeinflussen die Branchen und Unternehmenskultur von außen.54
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Das kulturelle Schachtelmodell
Nachdem die externen Einflüsse auf die Unternehmenskultur untersucht wurden, richtet sich die Betrachtungsweise im Folgenden wieder allein auf die Unternehmenskultur. Um einen genaueren Einblick zu bekommen, wie die Unternehmenskultur aufgebaut ist, hilft die Betrachtung und Erläuterung des Kulturebenenmodells nach Schein. Dieser unterteilt sein Modell in drei Ebenen. Wie die Abbildung 8 zeigt, stehen auf der obers- ten Ebene die Artefakte (Artifacts and Creations), die Ebene darunter besteht aus Wer- ten und Normen Values) und die unterste Ebene besteht aus Grundannahmen (Basic Assumptions).
[...]
1 Vgl. Bröckermann/Müller-Vorbrüggen (Hrsg.) (2010); S. V
2 Im weiteren Text werden an Stelle der Doppelbezeichnungen für männliche/weibliche Form aus Grün- den der Vereinfachung meist männliche Formen verwendet.
3 Vgl. Michaels/Handfield-Jones/Axelrod (1997), S.1 ff. 8
4 Vgl. Rüttinger (2010), S.3
5 http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/deutschland-darf-nicht-traeumen/3503518.html?p350 3518=all
6 Vgl. Strack/Caye/Lassen/Bhalla/Puckett/Espinosa,/Francoeur,/Haen (2010); S.4 ff 10
7 Vgl. Preißing (2010), S. 4 ff.
8 http://www.demographie-transfer.iao.fraunhofer.de/literatur/Zukunft-dt.pdf 11
9 http://www.bib-demografie.de/cln_090/nn_750722/DE/DatenundBefunde/02/bevoelkerungsbilanz __und__altersstruktur__node.html?__nnn=true
10 Vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Demografischer Wandel in Deutschland, Heft 1, 2007, S.8
11 http://www.bib- demografie.de/cln_090/nn_750722/DE/DatenundBefunde/Ueberblick/demogr__trends.html
12 Vgl. Steinweg 2009 , S. 13
13 Vgl. FAZ 9./10. Oktober 2010, Nr.235, C1
14 Vgl. Ritz/Thom(Hrsg.) (2010), S.7ff.
15 Vgl. Hülskamp (2008), S.13 ff.
16 Ritz/Thom (Hrsg.) (2010), S.6
17 Vgl. Preißing (2010), S. 230 ff.
18 Vgl. Faix/Auer (Hrsg.) (2009), S.15
19 Vgl. Ritz/Thom(Hrsg.) (2010), S.7 f.
20 Faix/Auer (2009), S.15
21 Vgl. Faix/Auer (Hrsg.) (2009), S.15 ff.
22 Vgl. Steinweg (2009), S.4 f.
23 Vgl. Steinweg (2009), S. 1
24 Vgl. Becker (2007), S.98
25 Vgl. Zaugg (Hrsg.) (2006), S.3
26 Zaugg (Hrsg.) (2006), S.3
27 Vgl. Zaugg (Hrsg.) (2006), S.3
28 Vgl. Faix/Auer (Hrsg.) (2009), S.94 ff.
29 Vgl. Zaugg (Hrsg.) (2006), S.4
30 Vgl. Faix/Auer (Hrsg.) (2009), S.307
31 Vgl. Preißing (2010), S.50
32 Vgl. Raic (2005), S.33
33 Vgl. Steinweg (2009) , S.21
34 Vgl. Welge/Al_Laham (2003), S.188
35 Vgl. Welge /Al-Laham (2003), s.112 f.
36 Vgl. Raic(2005), S.35 f.
37 Vgl. Simon/Von der Gathen, S.214 ff.
38 Vgl. Berthel/Becker, (2010), S.283 f.
39 Drumm (2008), S.203
40 Vgl. Berthel/Becker, (2010), S.284
41 Vgl. Olfert (2008), S.74 ff.
42 Vgl. Steinweg (2009), S.28 f.
43 Vgl. Berthel/Becker, (2010), S.166 ff.
44 Vgl. Becker (2010), S. 150 f.
45 Vgl. Steinweg (2009), S. 33
46 Vgl. Steinweg (2009), S.97
47 Vgl. Landenberger (2006), S.21 f.
48 Vgl. Rau (2007), S.5
49 Vgl. Landenberger (2006), S.24 f.
50 Vgl. Rau (2007), S.7
51 Landenberger (2006), S.25
52 Vgl. Herbst (2009), S.47
53 Vgl. Landenberger (2006), S.26. f.
54 Vgl. Landenberger (2006), S.29
- Quote paper
- Sven Schmitt (Author), 2011, Hintergründe und Einführung eines Talent Management Systems, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/175957
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