Es handelt sich um eine Klasse der gymnasialen Oberstufe. Dabei kann und sollte diese Unterrichtsreihe bzw. das Thema der Stunde von einem Leistungs-, Prüfungskurs oder Abdeckerkurs behandelt werden.
1.) Lerngruppenbeschreibung:
Es handelt sich um eine Klasse der gymnasialen Oberstufe. Dabei kann und sollte diese Unterrichtsreihe bzw. das Thema der Stunde von einem Leistungs-, Prüfungskurs oder Abdeckerkurs behandelt werden.
2.) Unterrichtszusammenhang: […]
3.) Sachanalyse:
Hilde Domin, eigentlich Hilde Palm (1909-2006) ist eine deutsche Schriftstellerin, die hauptsächlich als Lyrikerin bekannt geworden ist. Als Tochter einer bürgerlichen, jüdischen Familie emigriert sie im Oktober 1932 mit dem Kunsthistoriker Erwin Walter Palm nach Rom wegen des immer stärker werdenden Nationalsozialismus. Nach 22 Jahren Exil kehrte sie 1954 nach Deutschland zurück. Hilde Palm nannte sich seitdem Hilde Domin. Seit dem Jahr 1957 erschienen ihre ersten Gedichte und vier Jahre später war Hilde Domin als freie Schriftstellerin tätig: Neben Gedichten, Erzählungen und einem Roman in Montageform schrieb sie auch Essays und literaturwissenschaftliche Abhandlungen und war als Übersetzerin und Herausgeberin tätig. In ihrem Gedicht „Linguistik“ (1963) wird das Erfinden einer neuen Sprache thematisiert. Dabei wird betont, dass diese „Gefühlssprache“ eine Sprache ist, die man nur allein für sich selber lernen und verstehen kann. Die Natur ist mit der „Kirschblütensprache (V.3) eng verbunden („mit dem Obstbaum reden“, V. 1; „Apfelblütenworte“, V. 4; „…die der Wind lautlos davonträgt“, V. 6-8). Während des gesamten Gedichts beschreibt das lyrische Ich in dialogischer Kommunikationssituation an ein gerichtetes „Du“ die neue Sprache. Diese wirkt unschuldig, leicht und beruhigend, da die naturverbundenen Beschreibungen und Bilder positive Empfindungen und Gefühle wecken. Die Zartheit des Ausdrucks wird durch die verwendeten Farbadjektive („rosa und weiße Worte“, V.5) und den Bildbereich erzeugt. Dieser deutet auf Frühling oder Neuanfang hin. Dennoch ist die Beschreibung der Sprache assoziativ schwer zu begreifen. Das lyrische Ich macht durch die zahlreichen Aufforderungen einen ungeduldigen, aber dennoch hilfsbereiten Eindruck. Es fällt auf, dass trotz der dialogischen Angehensweise keine Reaktion oder Antworten erfolgen. Die Kommunikation ist somit sehr einseitig. Es ist unklar, ob der Inhalt des Gedichts an den Leser gerichtet ist und dieser damit nicht nur Zuhörer bliebe oder ob das lyrische Ich womöglich Selbstgespräche führt. Schon der erste Ratschlag des Ich wirft Fragen auf: Warum soll es gut sein, mit dem Obstbaum zu reden, noch dazu wenn man eine neue Sprache dafür erfinden muss? Andererseits wird der Ratschlag mit Nachdruck erteilt, die Erfindung einer neuen Sprache scheint der einzige Ausweg zu sein, die alte Sprache wirke nicht mehr angemessen, was sich im Modalverb "müssen" (V. 1) ausdrückt. Dass der Ratschlag ernst gemeint ist, zeigt sich spätestens in den folgenden Versen, die sich mit der Beschreibung dieser neuen Sprache, der Kirschblütensprache sowie den Apfelblütenworten, beschäftigt. Ein noch undefinierbares Unrecht scheint die Ursache für das Leiden an der alten Sprache zu sein und für die Notwendigkeit, eine neue Sprache zu erfinden. Das Lernziel nach dem Erlernen der Sprache ist das Schweigen in dieser, welches paradox wirkt (V.11). Zur "Blütensprache" kontrastiert der Begriff "Linguistik" aus der Überschrift. Letzteres wirkt nüchtern, streng, wissenschaftlich, der andere Begriff ist gefühlsbetont. Übersetzt man Linguistik mit Sprachwissenschaft, dann lässt sich ein Bezug zum lyrischen Ich herstellen. Das lyrische Ich scheint bereits Erfahrungen in der „Kirschblütensprache“ zu besitzen, die es an das Du weiterzugeben beabsichtigt.
Hilde Domin spricht mit dem Gedicht indirekt die Gräuel der NS-Zeit an und die damit verbundene Ablehnung der alten Sprache aufgrund ihrer Belastung durch diese schwere Zeit. Sie öffnet eine bisher unbekannte Dimension und fordert stattdessen eine neue Sprache, mit der sich stärker der Natur zugewendet werden soll.
Zur Form ist zu sagen, dass über das gesamte Gedicht hinweg kein Reimschema herrscht und auch kein regelmäßiger Strophenbau oder Metrum zu erkennen ist. Sprachlich wird das Gedicht von Substantiven dominiert. Mit ihnen wird besonders das Thema "Sprache" entfaltet: „Linguistik“, „Obstbaum", „Wind", „Kirschblütensprache", „Apfelblütenworte". Den Fremdkörper in diesem Wortfeld bildet der Ausdruck "Unrecht". Da das Gedicht außer den Aufforderungen keine Handlung enthält, findet man auch lediglich ein Handlungsverb ("davontragen", V. 8), ansonsten sind nur Vorgangs- und Zustandverben vorhanden.
4.) Didaktische Analyse:
In der 12. bis hin zur 13. Jahrgangsstufe des Gymnasiums werden laut den Rahmenrichtlinien Unterrichtsreihen über Sprachkrise und Sprachwandel als Indizien des historischen Umbruchs und Dichtung nach Auschwitz - Lyrik nach ´ 45 thematisiert.1
Sprachkrise stellt den Verlust selbstverständlicher Leistungen der Sprache dar, der sich auf jegliche Sprachfunktionen beziehen kann. Sprachskepsis hingegen bedeutet, wie die Bezeichnung schon vermuten lässt, dass Zweifel an der Möglichkeit besteht, mit Sprache die Welt zu beschreiben. Diesen exemplarischen Sachzusammenhang gilt es den Schülern näher zu bringen. Ebenfalls ist es laut den Rahmenrichtlinien beabsichtigt den Schülern eine Reihe literarischer Texte von jüdischen Autoren vorzustellen, deren Werk für die Epoche nach 1945 steht.
Da meine Schüler bereits aus dem Geschichtsunterricht mit dem Thema der NS-Zeit und der umfassenden Zeit auch nach 1945 vertraut gemacht wurden, besitzen sie bereits ein Wissensrepertoire, welches für den Deutschunterricht gut einsetzbar ist. Trotz dass sie sich lediglich mit der allgemeinen Situation und nicht mit individuellen, persönlichen Erfahrungen aus dieser Zeit beschäftigt haben, ist es meinen Schülern möglich, sich anhand von psychologischen Fähigkeiten in Menschen verschiedenster Situationen, die sich von der eigenen Lebenssituation stark differenzieren, hineinzuversetzen. Die Schüler haben ebenfalls die Möglichkeit den eigenen Rahmenrichtlinien für das Gymnasium, Deutsch, Gymnasiale Oberstufe, hrsg. v. Hessischen Kultusministerium, Wiesbaden.
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- Luise Ostendoerfer (Author), 2008, Entwurf einer Lehreinheit im Fach Deutsch in der Unterrichtsreihe Sprachkrise/ Sprachskepsis, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/175921
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