Kaum ein Student der Germanistik wird von sich behaupten können, er oder sie hätte während des Studiums nie mit dem Begriff ´linguistic turn` (linguistische Wende) operieren müssen. Trotz der fast allgegenwärtigen Präsenz des Begriffs sieht sich der Student mit der beständigen Zurückhaltung einschlägiger Lexika konfrontiert, dem Linguistic turn einen eigenen Eintrag zu gewähren.
Innerhalb des theoretischen Diskurses meint ´linguistic turn`, dass
vor allem dem geisteswissenschaftlichen Umgang mit jeglicher Form von Text eine kritische Reflektion über das Medium der Sprache vorangehen sollte. Diese Behauptung kann als grundlegende These dieser Arbeit angesehen werden. Sie gilt auch und insbesondere für den wissenschaftlichen Umgang mit Literatur. Die Erörterung dieser Behauptung werde ich, wie bereits dem Titel zu entnehmen ist,
mit der Unterstützung Jacques Derridas versuchen. Bevor ich es jedoch wage, es mit den Dimensionen des Titels aufzunehmen, beabsichtige ich auf die Zirkulationsbewegung einzugehen, die durch das initiiert wurde, was den Begriff ´linguistic turn` letztlich hervorgebracht hat. Die Schlüsselbegriffe dieser Arbeit
(Theorie, Strukturalismus, différence, Poststrukturalismus, différance, Dekonstruktion) sind von dieser Zirkulation in besonderem Maße beeinflusst. Zunächst werde ich also auf die Früchte der linguistischen Wende Bezug nehmen, einerseits um die Anlagen der Dekonstruktion nachzuzeichnen, andererseits um das Argument für einen radikalen ´linguistic turn` bei Jacques Derrida vorzubereiten. So verstanden ist Derridas Argument ein nachträgliches Argument für eine bereits am Anfang des letzten Jahrhunderts einsetzende Veränderung im Denken. Wenngleich jedoch nicht darüber hinweggetäuscht werden soll, dass die Beschäftigung mit der Sprache in der Philosophie eine weitaus längere Tradition hat, als der vergleichsweise junge Begriff ´linguistic turn`.
Im Zuge der Beschäftigung mit den Anlagen der Dekonstruktion bin ich keineswegs
darum bemüht, den schon so oft unternommenen Versuch zu unternehmen, die
verborgene Ordnung in der Unordnung mit Konturen zu versehen, sondern – im
Gegenteil – zu zeigen, dass Konturen nur sfumato in das breiige Durcheinander der
Theorienlandschaft eingetragen werden können.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Linguistische Wende
- Literatur als Transportmedium
- Literaturtheorie nach Jonathan Culler
- Strukturalismus
- Poststrukturalismus
- Zwischenresümee
- Die Differenz zwischen différence und différance
- Der Vorwurf der Unverständlichkeit
- Die Erniedrigung der Schrift
- Dezentralisierung der Struktur
- Die Verzeitlichung des Verstehens
- Aufgeschoben ist nicht Aufgehoben
- Der doppelte Eingriff in den Text
- Fazit: Dekonstruktion und Alltag
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Bedeutung des "linguistic turn" im Kontext der neueren Literaturwissenschaft, wobei Jacques Derrida als zentrale Figur betrachtet wird. Der Fokus liegt auf der Argumentation für einen radikalen "linguistic turn" und der Analyse seiner Auswirkungen auf die Dekonstruktion von Texten.
- Linguistische Wende und ihre Auswirkungen auf Literaturtheorie
- Dekonstruktion als methodisches Instrument
- Unterscheidung zwischen "différence" und "différance" bei Derrida
- Die Rolle der Sprache in der Analyse von Texten
- Derrida's Beitrag zur kritischen Auseinandersetzung mit traditionellen Denkmustern
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt den "linguistic turn" als zentrales Thema der Arbeit vor und erklärt die Bedeutung des Begriffs für die Literaturwissenschaft. Sie führt Jacques Derrida als zentralen Autor für die Argumentation ein und skizziert den Aufbau der Arbeit.
- Linguistische Wende: Dieses Kapitel beleuchtet die Entstehung und Entwicklung des "linguistic turn" in den Geisteswissenschaften, mit besonderem Fokus auf den Wandel im Verständnis von Literatur als Transportmedium. Es analysiert die Bedeutung von Strukturalismus und Poststrukturalismus sowie die Rolle der Sprache in der Literaturtheorie.
- Die Differenz zwischen différence und différance: Dieses Kapitel analysiert den zentralen Begriff der "différance" bei Jacques Derrida. Es beleuchtet den Vorwurf der Unverständlichkeit seiner Philosophie und die zentrale Rolle der Schrift in seiner Theorie. Derrida's Konzept der Dezentralisierung der Struktur und die Verzeitlichung des Verstehens werden erläutert.
Schlüsselwörter
Schlüsselbegriffe dieser Arbeit sind: Linguistische Wende, Literaturtheorie, Strukturalismus, Poststrukturalismus, Dekonstruktion, Jacques Derrida, différence, différance, Sprache, Text, Interpretation.
- Citation du texte
- Alexander Wloch (Auteur), 2009, Das Argument für einen radikalen linguistic turn bei Jacques Derrida, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/175895