"Ludite, si sapitis, solas impune puellas:
hac magis est una fraude pudenda fides."
So äußert sich Ovid im ersten Buch seiner Ars Amatoria – eine Aussage, die aufgrund ihrer Frauenfeindlichkeit in heutiger Zeit wohl nur wenig positive Resonanz finden dürfte. Aussagen ähnlichen Inhalts finden sich in der gesamten Ars Amatoria. Rät Ovid also seinen Schülern, sich als Sexisten zu geben, um die Liebe einer Frau zu gewinnen? Aus heutiger Sicht wäre das geradezu paradox; Emanzipation und Feminismus haben das Frauenbild seit der Antike grundlegend verändert. Ovid als einer der populärsten Dichter seiner Zeit hat sich sicherlich bemüht, ein aus seiner Sicht richtiges Frauenbild zu zeichnen, um Gehör bei der Leserschaft zu finden... oder doch nicht? Sind Ovids Frauenbild und sein Verhältnis zu Liebesbeziehungen tatsächlich nur auf den einen Aspekt zu reduzieren? Nein; wie sich zeigen wird, bedürfen sie einer differenzierten Betrachtungsweise, bevor sich eine ernstzunehmende Aussage darüber treffen lässt, wie Ovid zum weiblichen Geschlecht stand. Deshalb wird in der folgenden Arbeit Ovids Ars Amatoria auf das Frauenbild des Autors hin untersucht. Seinem Gedicht wird ein zwar deutlich andersartiges Werk gegenübergestellt, aber doch ein Werk, das sich mit derselben Thematik befasst: Adolph Freiherr von Knigges Empfehlungen Über den Umgang mit Frauenzimmern. Diese sind ein Teil von Knigges bekanntestem Buch Über den Umgang mit Menschen. Wie unterschiedlich die Haltung zu Frauen in beiden Texten ist, lässt sich schon an Knigges Einleitung erkennen:
"Ich will [...] erklären [...], daß meine Schriften nicht Gelegenheit geben, mich für einen Lästerer des schönen Geschlechtes zu halten [...], daß, was ich [...] zum Nachteile des weiblichen Charakters sagen mögte, der Verehrung unbeschadet gesagt sein soll, die [...] das Geschlecht [...] verdient."
Auch Knigge beschäftigt sich mit den "Frauenzimmern", auch aus seinem Text lassen sich seine Einstellung zu Frauen und, wenn auch weniger offen, als dies bei Ovid der Fall ist, seine Sicht auf die Liebe als solche erkennen. Diese sollen im Folgenden mit denen Ovids verglichen werden, um festzustellen, wo es Überschneidungen gibt und wo die beiden Autoren von einander abweichen, um zu untersuchen, ob man die beiden aus heutiger Sicht als "Frauenversteher" bezeichnen könnte.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- Einleitung
- Fragestellung der Arbeit
- Konzeption der Arbeit
- Die Autoren
- Ovid und die Ars Amatoria
- Knigge und sein Ratgeber Über den Umgang mit Menschen
- Inhalt und Aufbau der beiden Werke
- Inhalt und Aufbau von Ovids Ars Amatoria
- Inhalt und Aufbau von Knigges Über den Umgang mit Frauenzimmern
- Darstellung von Liebe und (Liebes-)Beziehungen zwischen Mann und Frau
- Beschreibung der Liebe
- Liebe als Emotion
- Liebe beziehungsweise Umgang mit Frauen als Technik und Kunst
- Nützliche Eigenschaften und Verhaltensweisen im Umgang mit Frauen
- Kleine Gefälligkeiten
- Geschenke und Liebesbriefe
- Versprechungen, Schmeicheleien und Komplimente
- Nachgiebigkeit
- Achten auf ein ansprechendes Äußeres
- Frauen und Bildung
- Eifersucht und (Un-)Treue in der Beziehung
- Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Die vorliegende Arbeit setzt sich zum Ziel, das Frauenbild von Ovid und Knigge im Vergleich zu untersuchen und zu analysieren, ob sie als "Frauenversteher" bezeichnet werden können. Dazu werden die Ars Amatoria und Knigges "Über den Umgang mit Frauenzimmern" auf ihre jeweilige Sichtweise auf Liebe, Beziehungen und die Rolle der Frau beleuchtet.
- Vergleich der Frauenbilder von Ovid und Knigge
- Analyse der Liebe und Liebesbeziehungen in den beiden Werken
- Untersuchung der von Ovid und Knigge empfohlenen Verhaltensweisen im Umgang mit Frauen
- Bewertung der Aussagen der Autoren im Hinblick auf heutige Standards
- Definition und Interpretation des Begriffs "Frauenversteher"
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Die Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit vor und skizziert die Konzeption. Anschließend werden kurze biographische Angaben zu Ovid und Knigge sowie einige Hintergrundinformationen zu ihren Werken gegeben. Der dritte Abschnitt beleuchtet die Thematik und Struktur der Ars Amatoria und von "Über den Umgang mit Frauenzimmern".
Im vierten Kapitel wird untersucht, wie Ovid und Knigge jeweils zur Liebe stehen und auf welche Weise sie diese betrachten: als positive oder negative Emotion oder eher als anspruchsvolle Technik beziehungsweise sogar Kunst. Anhand ausgewählter Ratschläge, die Ovid und Knigge ihren männlichen beziehungsweise seltener auch den weiblichen Lesern geben, wird im fünften Kapitel das Frauenbild der beiden Autoren herausgearbeitet.
Im sechsten Kapitel wird die Frage nach Treue und Umgang mit Eifersucht in den beiden Werken behandelt. Es wird untersucht, wie Ovid und Knigge jeweils zur Treue in der Beziehung und in der Ehe stehen: Halten sie Seitensprünge für erlaubt, für normal oder gar erstrebenswert oder befürworten sie Monogamie? Wie sollte ihrer Meinung nach mit Eifersucht umgegangen werden?
Schlüsselwörter (Keywords)
Die Arbeit konzentriert sich auf die Analyse der Frauenbilder von Ovid und Knigge, die Liebe und Liebesbeziehungen, den Umgang mit Frauen sowie die Themen Treue und Eifersucht. Weiterhin werden die Werke "Ars Amatoria" und "Über den Umgang mit Menschen" im Detail betrachtet. Die Arbeit basiert auf einer vergleichenden Analyse beider Texte und zielt darauf ab, den Begriff "Frauenversteher" zu definieren und zu interpretieren.
- Quote paper
- Simon Schnürch (Author), 2010, Adolph Freiherr von Knigges Empfehlungen "Über den Umgang mit Frauenzimmern" und Ovids "Ars Amatoria" - ein Vergleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/175320