Die vorliegende Arbeit befasst sich im Rahmen der Aufgabenstellung mit dem Jugendradiosender MDR JUMP und dessen Pionierarbeit in Sachen interaktives Radio im Internet. Dabei werde ich zunächst auf die grundlegende Rolle des Radios in Deutschland eingehen. Ich werde anfangs nachweisen, dass Internet als Distributionskanal des Radios in den nächsten Jahren voraussichtlich zu vernachlässigen bleibt. Meine Arbeit befasst sich fortfolgend daher ausdrücklich mit Internet als Begleitmedium zum klassischen Radio. Anschließend gebe ich eine Definition und Einordnung für den Begriff Jugendradio. In diesem Zusammenhang werde ich auch die unterschiedlichen Anforderungen von öffentlich-rechtlichen und privaten Wellen skizzieren.
Im Folgenden werde ich die Entstehung des Begriffs Web 2.0 und die zugehörigen Elemente erläutern. In diesem Rahmen werden dann auch die von MDR JUMP genutzten Web 2.0 Instrumente im Einzelnen vorgestellt.
Hauptziel meiner Arbeit wird es sein, am Beispiel von MDR JUMP konkret auf deren Entwicklung, Umsetzung und Nutzung einzugehen. Dabei soll geklärt werden, welche Erfahrungen es bisher gibt, das heißt, inwieweit diese Elemente bei den Hörern akzeptiert werden und wie sich die Beteiligung beziehungsweise Nutzung derer in der Vergangenheit verändert und entwickelt hat.
Darüber hinaus zeige ich auf, ob sich dadurch eventuell eine neue organisatorische Ausrichtung des Senders ergeben hat. Dies schließt die Orientierung der Öffentlichkeitsarbeit ein.
Mit den gewonnenen Erkenntnissen werde ich dann verdeutlichen, ob und wie die Entwicklungen der benutzten Web 2.0-Instrumente und darüber hinaus die Programm- und Webinhalte von MDR JUMP in Zukunft verändert werden könnten und müssten.
Inhalt
Bibliografische Beschreibung
Referat
Danksagung
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Motivation
1.2 Zielstellung
1.3 Kapitel ü bersicht
2 Hörfunk in Deutschland
2.1 Die Entwicklung des Hörfunks
2.1.1 Radio im Wandel?!
2.1.2 Webradio als Zukunft?
2.1.3 UKW vorerst konkurrenzlos
2.2 Unterscheidung im Hörfunk
2.2.1 Öffentlich-rechtlicher Hörfunk
2.2.2 Privater Hörfunk
2.3 Rundfunkstaatsvertrag - Regelwerk des dualen Rundfunks
2.3.1 Definition Rundfunkstaatsvertrag
2.3.2 Wichtige Neuregelungen für öffentlich-rechtliche Rundfunkveranstalter seit dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag
2.3.3 Der Drei-Stufen-Test
2.3.4 Kritik und Fazit zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages
3 Jugendradio in Deutschland
3.1 Definition Jugendradio
3.2 Hört die Jugend eigentlich noch Radio?
4 Die Entwicklung vom Web 1.0 zum Web 2.0
4.1 Grundlagen und Entstehung des Internets
4.1.1 Allgemeine Nutzung des Internets
4.1.2 Vom Internet zum Web
4.2 Entstehung des Web 2.0
4.2.1 Weiterentwicklung der Technik
4.2.2 Definition Web 2.0
4.2.3 Überblick über die Nutzung des Web 2.0
4.3 Pr ä gnante Instrumente des Web 2.0
4.3.1 Audio und hörfunkähnliche Angebote im Netz
4.3.2 Blogs
4.3.3 Wikis
4.3.4 Social Bookmarks
4.3.5 Communitys
5 MDR JUMP - Radio mit neuem Establishment
5.1 Charakterisierung von JUMP
5.1.1 Zielgruppe und Reichweite
5.1.2 Das Musikformat
5.1.3 Priorität des Internets
5.2 Wege und Formen der Hörerbindung im Netz
5.2.1 Clip-X
5.2.2 JUMP Community
5.2.3 Soziale Netzwerke
5.2.4 JUMP als Lifestyle-Marke über die Grenzen des Radios hinaus
5.2.5 Weitere Instrumente kurz erklärt
5.2.6 Fazit und Ausblick
5.3 Organisation und Redaktionelle Umstrukturierung
5.4 Die Zukunft von JUMP
6 Schlussbetrachtung
6.1 Zusammenfassung
6.2 Bewertung der Arbeit
Literatur- und Quellenverzeichnis
Bibliografische Beschreibung
Schall, Thomas:
Möglichkeiten der Hörerbindung für junge Radiosender im Zeitalter des Web 2.0 am Beispiel von MDR JUMP - 2011 - 65 Seiten.
Mittweida, Hochschule Mittweida (FH), Fakultät Elektro- und Informationstechnik, Diplomarbeit
Referat
Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit den Wegen und Formen der Hörerbindung, die jung ausgerichteten Hörfunksendern im Zeitalter des Web 2.0 im Zuge des Mediennutzungswandels zur Verfügung stehen. Am Beispiel des mitteldeutschen Hörfunksenders JUMP sollen die Ziele und Möglichkeiten, die für die Umsetzung nötig sind, sowie die damit verbundene organisatorische Neuausrichtung der Welle erklärt und ausgewertet werden.
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich die Menschen nennen, ohne die die Erstellung dieser Diplomarbeit nicht möglich gewesen wäre. Ein besonderer Dank geht an meinen Erstprüfer Prof Dr. phil. Otto Altendorfer M.A. für die Hilfe bei der Themenfindung und die Unterstützung während der Arbeit. Des Weiteren möchte ich meiner Zweitprüferin Diplom-Kauffrau Berit Grünert für die Bereitstellung wichtiger Unter- lagen danken.
Im Besonderen sei auch Jan Borghardt, Mitarbeiter der Presse- und Öffentlich- keitsarbeit von JUMP, für die schnelle und zuverlässige Kommunikation gedankt.
Nicht zuletzt gilt mein Dank auch allen anderen, die mir Anregungen, Tipps und sonstige Hilfestellungen zur Erstellung dieser Arbeit geboten haben.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: In den letzten 14 Tagen genutzte Medien, Angaben in Prozent
Abbildung 2: Der Begriff Web 2.0
Abbildung 3: Reichweite von MDR JUMP
Abbildung 4: Position von JUMP in der mitteldeutschen Radiolandschaft
Abbildung 5: Entwicklung der JUMP-Community nach Nutzern
Abbildung 6: JUMP in den sozialen Netzwerken
Abbildung 7: Edelprofile bekannter Medienmarken bei meinVZ/studiVZ
Abbildung 8: Organisation der Redaktion
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Entwicklung Radionutzung 2009 und 2010
Tabelle 2: Hörer von Webradio 2004 bis 2009, in Prozent
Tabelle 3: Stärken und Schwächen des traditionellen und Online-Rundfunks
Tabelle 4: Nutzungsorte Webradio, in Prozent
Tabelle 5: Nutzung des Internets zwischen 2004 und 2009
Tabelle 6: Nutzung von E-Mail 2010, mind. einmal wöchentlich, in Prozent
Tabelle 7: Entwicklung der gelegentlichen Onlinenutzung in Deutschland
Tabelle 8: Vergleich zwischen Web 1.0 und Web 2.0
Tabelle 9: Art der Nutzung der Web 2.0 Angebote 2010, bereits einmal besucht, in Prozent
Tabelle 10: Gelegentliche und regelmäßige Nutzung zwischen 2007 und 2010, in Prozent
Tabelle 11: Interesse, Beiträge zu verfassen und anschließend ins Internet zu stellen 2006 bis 2010, in Prozent
Tabelle 12: Entwicklung der JUMP-Follower in den einzelnen Netzwerken
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Das einleitende Kapitel fasst die Motivation und Aufgabenstellung dieser Diplomarbeit zusammen. Außerdem erfolgt ein kurzer Überblick über die einzelnen Kapitel dieser Arbeit.
1.1 Motivation
Das Radio von früher existiert in seiner Form nicht mehr. Die Zeiten, in denen sich die Familie noch gemeinsam vor dem Rundfunkgerät versammelt hat, sind vorbei. Vielmehr ist Radio zu einem Begleit- beziehungsweise „Nebenher“-Medium ge- worden. Das geht aus der Studie „Faszinosum Radio" der AS&S Media Akademie1 in Frankfurt hervor. Demnach verschwimmen Arbeits- und Freizeitwelt miteinander und gehen in einander über. Radio spielt dabei nur die Rolle des Bindeglieds zwi- schen den verschiedenen Abschnitten des Tagesverlaufs. Es bietet eine Ge- räuschkulisse, um frisch und munter in den Morgen zu starten, dient als musikali- sche Unterhaltung bei der Arbeit und ist im Auto häufiger Wegbegleiter. Zudem füllt Radio unerwünschte Stille mit Witz und gibt das Gefühl der Vertrautheit.
Hinzu kommt, dass verschiedene andere Geräte und Distributionsformen für Audioangebote (MP3-Player, Webradios (siehe 2.1.3) und Podcasts (siehe 4.3.1.1))2 dem klassischen Radio den Platz in der Medienlandschaft streitig machen.
Immer mehr Sendestationen, vor allem die jungen Wellen, versuchen folglich, mit diesen Elementen zu arbeiten, und konzentrieren sich mit ihren Programminhalten damit auch automatisch mehr auf das Internet. Hörerbindung und Mitmachradio durch Web 2.0 (siehe Kapitel 4) sind hier die prägenden Stichworte. Der Hörer soll aktiv am Programm teilhaben können, er soll im Mittelpunkt stehen und zu jeder Tages- und Nachtzeit die Information bekommen, die er haben möchte.
MDR JUMP ist als öffentlich-rechtliche Jugendwelle in Deutschland großer Vorrei- ter auf dem Gebiet des Radios im Web 2.0, nicht zuletzt wegen der sendereigenen JUMP-Community, einer Gemeinschaft im Internet, in der sich die Hörer des mitteldeutschen Jugendsenders austauschen können.
Diese neuen Möglichkeiten werfen Fragen für die Zukunft des klassischen Radios auf. Wird Radio in der heutigen Form auf Dauer weiterbestehen können? Ändern sich eventuell die Verbreitungswege und wenn ja, wie? Wie beeinflussen Commu- nity-Nutzer (dargestellt an MDR JUMP) der einzelnen Radiosender das Pro- gramm?
1.2 Zielstellung
Die vorliegende Arbeit befasst sich im Rahmen der Aufgabenstellung mit dem Ju- gendradiosender MDR JUMP und dessen Pionierarbeit in Sachen interaktives Ra- dio im Internet. Dabei werde ich zunächst auf die grundlegende Rolle des Radios in Deutschland eingehen. Ich werde anfangs nachweisen, dass Internet als Distri- butionskanal des Radios in den nächsten Jahren voraussichtlich zu vernachlässi- gen bleibt. Meine Arbeit befasst sich fortfolgend daher ausdrücklich mit Internet als Begleitmedium zum klassischen Radio. Anschließend gebe ich eine Definition und Einordnung für den Begriff Jugendradio. In diesem Zusammenhang werde ich auch die unterschiedlichen Anforderungen von öffentlich-rechtlichen und privaten Wellen skizzieren.
Im Folgenden werde ich die Entstehung des Begriffs Web 2.0 und die zugehörigen Elemente erläutern. In diesem Rahmen werden dann auch die von MDR JUMP genutzten Web 2.0 Instrumente im Einzelnen vorgestellt.
Hauptziel meiner Arbeit wird es sein, am Beispiel von MDR JUMP konkret auf deren Entwicklung, Umsetzung und Nutzung einzugehen. Dabei soll geklärt werden, welche Erfahrungen es bisher gibt, das heißt, inwieweit diese Elemente bei den Hörern akzeptiert werden und wie sich die Beteiligung beziehungsweise Nutzung derer in der Vergangenheit verändert und entwickelt hat.
Darüber hinaus zeige ich auf, ob sich dadurch eventuell eine neue organisatorische Ausrichtung des Senders ergeben hat. Dies schließt die Orientierung der Öffentlichkeitsarbeit ein.
Mit den gewonnenen Erkenntnissen werde ich dann verdeutlichen, ob und wie die Entwicklungen der benutzten Web 2.0-Instrumente und darüber hinaus die Pro- gramm- und Webinhalte von MDR JUMP in Zukunft verändert werden könnten und müssten.
1.3 Kapitelübersicht
Die Diplomarbeit besteht aus sechs Kapiteln.
Nach der allgemeinen Einleitung des ersten Kapitels werde ich im Kapitel 2 die Rolle des Radios erläutern. Dabei werde ich einen kleinen Einblick in die Geschichte, Entwicklung und Zukunft des Radios geben.
Anschließend werde ich im Kapitel 3 näher auf das Jugendradio in Deutschland eingehen. Dazu definiere ich zunächst den Begriff Jugendradio und beschäftige mich dann mit dem Interesse der Zielgruppe am Medium Radio. Folgend werde ich das duale Rundfunksystem in Deutschland vorstellen und die unterschiedli- chen Rahmenbedingungen unter Zuhilfenahme des Rundfunkstaatsvertrages auf- zeigen.
Hinterher beschreibe ich im Kapitel 4 die Entwicklung und Nutzung des Internets. Dazu werde ich erklären, was das Web 2.0 vom vorherigen Web unterscheidet und welche Instrumente Web 2.0 schließlich ausmachen.
Am Beispiel MDR JUMP wird dann im Kapitel 5 analysiert, wie die im Kapitel 4 beschriebenen Instrumente bei den Hörern des Senders angenommen und genutzt werden. Hier werde ich nach der Charakterisierung des Senders die Entwicklung der Web 2.0 Instrumente seitens MDR JUMP vorstellen. Danach werde ich Schlüsse ziehen, inwieweit es für MDR JUMP sinnvoll ist, diese Instrumente weiter einzusetzen und weiterzuentwickeln.
Schließlich werde ich im Kapitel 6 die Resultate der einzelnen Kapitel der Diplomarbeit noch einmal zusammenfassen.
2 Hörfunk in Deutschland
In diesem Kapitel stelle ich dar, welchen Stellenwert Radio heutzutage hat, wel- cher Konkurrenz dieses Medium ausgesetzt ist und inwieweit sich die Position des Radios verändert hat, beziehungsweise in Zukunft verändern wird. Anschließend werde ich die unterschiedlichen institutionellen und technischen Rahmenbedin- gungen sowohl für den öffentlich-rechtlichen als auch den privaten Rundfunk ab- stecken. Ferner gehe ich näher auf den Rundfunkstaatsvertrag ein, der das Re- gelwerk für den dualen Rundfunk, also den öffentlich-rechtlichen und den privaten Rundfunk, darstellt.
2.1 Die Entwicklung des Hörfunks
2.1.1 Radio im Wandel?!
„ Das Radio wird t ä glich von 58,059 Millionen Menschen im Durchschnitt ü ber vier Stunden eingeschaltet und ist somit fest im Tagesablauf verankert. Es hat damit trotz der enormen Zunahme der medialen Angebote nichts an Attraktivit ä t einge- b üß t. “ 3
Ganz egal also, welche neuen Verbreitungsformen der Musik Einfluss auf das Hörverhalten der Menschen nehmen, das Radio behält seinen festen Standpunkt. Auch in der Zeit von Internet, Handys und MP3-Playern spielt das Radio in Deutschland die wichtigste Rolle als Tagesbegleiter. Das ergibt sich aus der am 13. Juli 2010 veröffentlichten Media-Analyse (ma) 2010 Radio II der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse (ag.ma).
Nach aktuellen Ergebnissen (vgl. Tabelle 1) liegt demnach der weiteste Hörer- kreis4 bei 93,3 Prozent. Das ist zwar ein geringes Minus, genau wie bei der Tages- reichweite5, dennoch muss man sagen, dass die Tagesreichweite im Hörfunkbe- reich mit 76,7 Prozent relativ hoch bleibt und Radio demnach täglich mehr als drei Viertel der Menschen in Deutschland erreicht. Kein Grund also, vom Radio als „Auslaufmodell“ zu sprechen.
Tabelle 1: Entwicklung Radionutzung 2009 und 2010
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: KGWK 2010, Seite 443 / ma 2009 II, 2010 II
Die AS&S Radio GmbH hat eine Prognose für Radio im Jahr 2015 gewagt.6 Dieser zufolge bestehen die Chancen für den Hörfunk in der Zukunft primär darin, auf das Altbewährte und Vertraute zurückzugreifen, faktisch alle Tugenden weiterzuverfolgen, die das qualitativ hochwertige Radio ohnehin schon seit vielen Jahren auszeichnen. So werden die psychologischen Kernfunktionen von Radio auch in Zukunft die emotionale Erdung, Orientierung und Stabilisierung sein. Folgende Faktoren werden in Zukunft noch wichtiger werden:
- Weitere Stärkung der „ideellen Heimat“ (Regionalität) für den Hörer
- Einbindung von Hörern, zum Beispiel über ihre Lieblingssongs
- Öffentliche Veranstaltungen oder Radio-Clubs der Sender zur Schaffung von reellen und virtuellen Gemeinschaften
- Moderationspersönlichkeiten mit Orientierungsfunktionen
- Schaffung digitaler Angebote mit neuen Rückzugsmöglichkeiten
Die seelische Stabilisierung wird als Kernfunktion des Radios immer wichtiger werden. In der Regel verbindet sich der Hörer direkt mit einem Sender. Das erschließt sich aus der heutigen Entwicklung. Im Durchschnitt schalten derzeit alle Hörer 1,6 Programme pro Tag ein. Knapp 90 Prozent der deutschen Bevölkerung hören täglich nur ein bis zwei Sender7.
„ Neue Angebote und alte St ä rken machen Radio auch 2015 zu einem Medium der Zukunft. “ 8
Zu den neuen Angeboten zählen unter anderem auch verschiedene Streams, die als Webradio im Internet zur Verfügung stehen. In den folgenden beiden Abschnitten gehe ich deshalb darauf ein, ob diese Distributionsmöglichkeiten derzeit überhaupt von den Hörern akzeptiert werden.
2.1.2 Webradio als Zukunft?
Nach der Definition der Verwertungsgesellschaft GEMA handelt es sich bei Web- radio um „ eine Musik ü bertragung im Internet, die vom Sender f ü r die Empf ä nger in Form eines Programms zusammengestellt wird. Jeder Hörer empf ä ngt zu einer bestimmten Zeit dasselbe. “ Nicht um Webradio handele es sich hingegen bei “Mu- sik ü bertragungen, die im Ganzen oder in Teilen zum Download angeboten werden
( … ) “ (dazu siehe 4.3.1.1 Podcasts)
Auch wenn die Nutzungszahlen der einzelnen Webradios meist deutlich geringer sind als die der herkömmlichen, insbesondere über UKW und Kabel verbreiteten Programme, gewinnen sie in der Summe immer mehr Hörer und damit an Relevanz für die Medienforschung (vgl. Tabelle 2).
Tabelle 2: Hörer von Webradio 2004 bis 2009, in Prozent
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: DMTW 2010, Seite 121
Vielfältige Angebote präsentieren sich heute den Nutzern des weltweiten Internets. Neben den On-Air-Programmen der etablierten Funkhäuser, die ihr UKW- Programm parallel auch in das Internet senden (streamen), sind die meisten An- gebote ausschließlich über das Internet („web-only“) zu empfangen. Betrieben werden sie von den Anbietern bekannter Radiomarken, von unterschiedlichen ge- sellschaftlichen Institutionen und Gruppen oder privaten Einzelpersonen.
Bertold Brecht hat im Jahr 1932, also weit vor der kommerziellen Verbreitung des Internets (vgl. 4.1.1) bei Privatpersonen, eine Radiotheorie aufgestellt, die gerade für die junge Generation Realität werden könnte.
„ Der Rundfunk ist aus einem Distributionsapparat in einen Kommunikationsappa rat zu verwandeln. Der Rundfunk wäre der denkbar gro ß artigste Kommunikationsapparat desöffentlichen Lebens, ein ungeheures Kanalsystem, das heißt, er wäre es, wenn er es verst ü nde, nicht nur auszusenden, sondern auch zu empfangen, also den Zuhörer nicht nur zu hören, sondern auch sprechend zu machen und ihn nicht zu isolieren, sondern in Beziehung zu setzen … “9
Tabelle 3: Stärken und Schwächen des traditionellen und Online-Rundfunks
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: in Anlehnung an KlGo, Seite 21
Wie die Tabelle zeigt, sind die Voraussetzungen für eine solche von Brecht beschriebene Wende grundlegend vorhanden.
Prinzipiell wird klar, dass im Online-Rundfunk und damit auch für das Webradio ganz andere Rahmenbedingungen gelten als für den traditionellen terrestrischen Rundfunk. Die Möglichkeiten der Mitwirkung sind im Internet wesentlich größer als über den normalen Rundfunk, da eine unbegrenzte Reichweite und damit potenzi- ell eine weltweite Interaktivität vorhanden ist. Inwieweit diese Möglichkeiten künftig ausgenutzt werden, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bestimmt werden.
Tabelle 4: Nutzungsorte Webradio, in Prozent
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: MAWI 2010, Seite 125
Fakt ist allerdings, dass das Webradio derzeit fast ausschließlich zu Hause über das eigene Internetradio oder über den Computer gehört wird. Knapp die Hälfte aller Webradiohörer ohne internetfähiges Radio hört zu Hause am eigenen Com- puter, 88 Prozent der Internetradio-Besitzer hören häufig, 12 Prozent gelegentlich Webradio. Als mobiles Unterhaltungsmedium spielt das Webradio so gut wie keine Rolle (vgl. Tabelle 4).
Außerdem werden Webradios hauptsächlich von den 14- bis 29-Jährigen gehört. Bei allen mehr als 2.000 in Deutschland produzierten Webradio-Streams (Zahlen mit Schwankungen) sind die Reichweiten eher bescheiden. Der Durchbruch für die Webradios bleibt nach wie vor ein wirtschaftliches Wunschdenken. Zudem schei- nen Zukunftsszenarien bei der Entwicklung des Webradios deutlich überhöht.10
2.1.3 UKW vorerst konkurrenzlos
Dass das Radio über den UKW-Betrieb nicht so schnell tot zu kriegen ist, zeigt sich auch daran, dass die Hörer die neue Entwicklung des Digitalradios DAB11 nicht anerkennen und ignorieren. Zusätzliche Endgeräte müssten gekauft werden, sowohl zu Hause als auch im Auto. Die meisten Radiohörer sind derzeit noch nicht für diese Umstellung bereit. Das Vorhaben, dass DAB den UKW-Funk bereits 2010 komplett hätte ersetzen sollen, war nur eine Illusion der Entwickler und ließ sich faktisch nicht umsetzen.
In Sachsen wurde von der sächsischen Staatsregierung der 31. Dezember 2014 als nächstes Datum zur Abschaltung analoger Hörfunkverbreitungen gesetzt.12 Damit wolle Sachsen eine Pionierrolle übernehmen, wie Jens-Ole Schröder, der Referatsleiter Medien der sächsischen Staatskanzlei, auf einer Podiumsdiskussion in Leipzig im Januar 2009 verkündete.
Nicht nur, dass die Geräte der Radiohörer unbrauchbar werden und neue Geräte gekauft werden müssen, sorgt für Kritik. Viele Verbraucher befürchten eine späte- re Einführung von kostenpflichtigen Angeboten (in etwa wie der TV-Sender Sky und die HD-Programme der ProSiebenSat.1 Media AG), da die digitalen Signale recht einfach verschlüsselt werden können. Darüber hinaus ist eine bessere Über- tragungsqualität nicht zwangsläufig gegeben, obwohl sie prinzipiell technisch mög- lich ist. Der Betreiber wird die beste Ökonomie, sprich die kostengünstigste Bereit- stellung, seiner Angebote anstreben, weswegen eine tatsächliche Verbesserung der dargereichten Qualität in Frage gestellt werden muss. Das am häufigsten ge- nannte Beispiel ist die DAB-Ausstrahlung in England, bei der die anfangs hohen Bitraten zunehmend reduziert wurden, um mehr Programme pro DAB- Programmpaket übertragen zu können.13
Fazit ist also: bis zur kompletten Einführung des DAB und der damit verbundenen Abschaltung von UKW werden noch einige Jahre vergehen. Ob die Umsetzung in den nächsten fünf Jahren wie geplant erfolgen wird, oder ob der Termin erneut verschoben werden muss, weil der Markt dafür noch nicht vorhanden ist, bleibt zum aktuellen Zeitpunkt offen.
2.2 Unterscheidung im Hörfunk
In Deutschland unterscheidet man zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk. Das gleichzeitige Bestehen wird als duales Rundfunksystem bezeichnet. In diesem Abschnitt stelle ich die beiden Vertreter hinsichtlich ihrer unterschiedlichen Voraussetzungen, Vorgaben und Ziele dar.
2.2.1 Öffentlich-rechtlicher Hörfunk
Wichtigste Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist die Grundversor- gung14, der sogenannte „klassische Auftrag“. Dazu zählt neben der flächen- deckenden technischen Verbreitung und der Gewährleistung eines inhaltlich viel- seitigen (Bildung, Information, Kultur und Unterhaltung) standardisierten Pro- grammes auch die Sicherung der Meinungsvielfalt. Die Bezeichnung der Grund- versorgung ist darüber hinaus gegenständlich und zeitlich offen sowie dynamisch. Sie ist damit auch eng an die vom Bundesverfassungsgericht geschaffene Be- stands- und Entwicklungsgarantie gekoppelt, wonach dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk alle programmlichen und technischen Weiterentwicklungen offen ste- hen.
Die Grundversorgung ist erfüllt, wenn sie nicht nur gegenwärtig sondern auch zu- künftig gesichert ist. „Die jeweils zuständigen Bundesländer sind ihretwegen ver- pflichtet, die Finanzierung der Rundfunkanstalten zu gewährleisten. Ein Konkurs“15 und der damit verbundene Marktaustritt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist daher ausgeschlossen. Die Einführung eines neuen terrestrischen Hörfunkpro- gramms ist laut Rundfunkstaatsvertrag (RStV)16 (für Definition siehe 3.2.1.1) un- tersagt und damit ebenso unmöglich, da die Zahl der bereits verbreiteten Pro- gramme nicht überschritten werden darf. Es dürfen lediglich Programminhalte des bestehenden Angebots ausgetauscht werden. Dabei ist die Ersetzung eines digitalen Programms durch ein analoges Programm nicht zulässig.
Die Kontrolle über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben gesetzlich vorgegebene interne Einrichtungen, die eine einseitige Ausrichtung verhindern sollen. Der Rundfunkrat vertritt auf dem Gebiet des Rundfunks die Interessen der Allgemeinheit und achtet auf die Einhaltung der gesetzlichen Programmgrundsät- ze im Bereich der Programmgestaltung. Er setzt sich aus Vertretern verschiede- nen gesellschaftlichen Gruppen zusammen. Ihm steht der Verwaltungsrat gegen- über, der die Geschäftsführung des Intendanten überwacht, mit Ausnahme der Programmgestaltung.
Da sich öffentlich-rechtliche Anstalten primär durch Rundfunkgebühren finanzie- ren, stehen sie gegenüber den privaten weder unter Wettbewerbsdruck, noch müssen sie sich Gedanken über den Erfolg auf dem Markt machen. Sekundäre Einnahmen können durch Rundfunkwerbung und sonstige Einnahmen erzielt wer- den. Laut § 16 Absatz 5 des Rundfunkstaatsvertrages dürfen öffentlich-rechtliche Hörfunkveranstalter an Werktagen nur maximal 90 Minuten Werbung ausstrahlen.
Um den Grundversorgungsauftrag zu gewährleisten, wurde die technische Reich- weite17 des öffentlich-rechtlichen Rundfunks seit Beginn durch die Auswahl güns- tiger Abstrahlungsorte (meist zentral und hoch gelegen) optimiert und verbessert. Der Vorteil gegenüber Privatsendern ist, dass öffentlich-rechtliche Sendestationen, beispielsweise MDR-Programme, in größeren Städten auf mehreren Frequenzen zu empfangen sind.
2.2.2 Privater Hörfunk
Im Gegensatz zu den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten finanzieren sich die privaten Sender hauptsächlich durch Werbeeinnahmen und erhalten keine Ein- nahmen durch Rundfunkgebühren. Ihr Unternehmensziel ist die Erwirtschaftung von finanziellen Gewinnen. Die ausgestrahlten Programminhalte müssen daher auf eine breite Masse an Zuhörern zugeschnitten werden. Ein privater Radiosen- der kann nur dann erfolgreich sein, wenn er genügend Hörer und damit eine hohe Reichweite besitzt, weil er dadurch gleichzeitig mehr Werbegelder einnehmen kann. Anders als bei den öffentlich-rechtlichen Hörfunkprogrammen, dürfen die privaten auch an Sonn- und Feiertagen sowie nach 20 Uhr Werbung und gespon- serte Sendungen ausstrahlen. Dabei darf die Dauer der Werbung im Verlauf des Tages nur maximal 20 Prozent, die der Spotwerbung 15 Prozent nicht überschrei- ten18.
Die Verbreitung privater Hörfunkprogramme über UKW wird je nach Größe des Senders entweder landesweit, regional oder lokal lizensiert. Um überhaupt für den Radiomarkt zugelassen zu werden, müssen private Hörfunkunternehmen bedeu- tende Barrieren überwinden. Private Anstalten müssen sich zunächst um eine Li- zenz für die Veranstaltung eines Programms und dann für Nutzung einer Sende- frequenz bewerben. Dabei ist beides auf eine begrenzte Laufzeit vorgesehen. Diese Lizenzen werden von den 15 Landesmedienanstalten19 der einzelnen Bun- desländer vergeben. Neben der Zulassung sind diese Behörden auch für die Kon- trolle und Programmaufsicht der privaten Hörfunkveranstalter zuständig. Landes- medienanstalten sind unabhängige öffentlich-rechtliche Institutionen, deren Auf- sichts- und Beschlussgremien sich aus bis zu 35 ehrenamtlichen Vertretern ge- sellschaftlich unterschiedlicher Gruppen zusammensetzen.
Bei inhaltlichen oder rechtlichen Vergehen eines Privatsenders können verschiedene Sanktionen durch die entsprechende Landesmedienanstalt auferlegt werden. Bei einer einfachen Beanstandung reicht eine mündliche Ermahnung mit der Aufforderung, den Mangel zu beheben, oftmals aus. Begeht der Sender allerdings schwerwiegenden Rechtsbruch, so kann er mit hohen Bußgeldern oder sogar Lizenzentzug bestraft werden. Letztere Strafe hätte zur Folge, dass der Sender seine UKW-Frequenz verlieren würde.
Ein großer Nachteil für den Privatfunk gegenüber öffentlich-rechtlichen Anstalten ist die geringere technische Reichweite, was daran liegt, dass die Senderstandorte teilweise nicht optimal platziert sind und dass deutschlandweit die Zahl der Sende- frequenzen stark limitiert ist. Man kann also festhalten, dass der private Rundfunk bezogen auf Sendeleistung und Frequenzausstattung im Wettbewerb mit den öf- fentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine deutlich benachteiligte Position ein- nimmt.
Im folgenden Abschnitt werden mit dem Rundfunkstaatsvertrag zunächst gesetzlich geltende Vorschriften und anschließend die wichtigsten Unterscheidungen zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Hörfunk nach ordnungspolitischen und technischen Bedingungen aufgezeigt.
2.3 Rundfunkstaatsvertrag - Regelwerk des dualen Rund- funks
2.3.1 Definition Rundfunkstaatsvertrag
Der „Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien20 “ liegt aktuell in der dreizehnten ratifizierten Änderung vor. Er trifft deutschlandweit einheitliche Regelungen zum Rundfunkrecht zwischen den 16 Bundesländern, sowohl für den privaten als auch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und bildet damit die Rechtsgrundlage für das duale Rundfunksystem21 in Deutschland. Im ersten Rundfunkstaatsvertrag, dem „Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens“ der Länder, wurde dieses duale System gesetzlich festgehalten. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands gilt der „Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland“ als Nachfolgeregelung.22 Der RStV regelt unter anderem folge Inhalte:
- das duale Rundfunksystem (Koexistenz von öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk)
- Auftragsdefinition für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk
- die Dauer und Form der Rundfunkwerbung
- das Recht auf Kurzberichterstattung
- die Überwachung der Medienkonzentration
- die Einführung und Nutzung von analogen und digitalen Übertragungsverfahren (zum Beispiel von DAB, DVB-T und weiteren Verfahren, zum Beispiel digitalen Rundfunk)
- Vorschriften zu inhaltlich geprägten Telemedien (in Ablösung des Staatsvertrags über Mediendienste)
- Einteilung der Sender in die mit Vollprogramm und die mit Spartenpro- gramm
Der Rundfunkstaatsvertrag wurde bis heute 14-mal überarbeitet. Seit 2007 ist sei- ne offizielle Bezeichnung „Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien“. Seine letzte in Kraft getretene Änderung erfolgte am 1. April und enthält Richtlinien zu Werbung und Product Placement in Sendungen der öffentlich-rechtlichen Rund- funkanstalten23 und der privaten Rundfunkveranstalter24, welche fortan teilweise zulässig sind.
Die am 10. Juni 2010 von der Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder be- schlossene 14. Änderung des Rundfunkstaatsvertrages stellt hauptsächlich eine Änderung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages dar und beinhaltet vorwie- gend die Regelung des Jugendschutzes im Internet. Diese Änderungen sollten am 1. Januar 2011 in Kraft treten. Der Landtag von Nordrhein-Westfalen verweigerte aber die Zustimmung der Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages einstimmig, sodass der Vertrag nicht planmäßig in Kraft treten konnte25.
2.3.2 Wichtige Neuregelungen für öffentlich-rechtliche Rundfunkver- anstalter seit dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag
Der 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag beschäftigte sich mit Änderungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bezüglich der Dauer der Abrufbarkeit von Angeboten im Internet. Nach § 11d Absatz 2 Satz 1 dürfen öffentlich-rechtliche Sender „ Sendungen ihrer Programme auf Abruf bis zu sieben Tage nach deren Ausstrahlung, Sendungen auf Abruf von Gro ß ereignissen gem äß § 4 Abs. 2 sowie von Spielen der 1. und 2. Fu ß ball-Bundesliga bis zu 24 Stunden danach “26 online verfügbar halten. Zudem muss das Onlineangebot der öffentlich-rechtlichen An- stalten nach § 11d Absatz 1 Inhalten gerecht werden, die „ journalistisch- redaktionell veranlasst und journalistisch-redaktionell gestaltet sind. “27
Außerdem sind laut § 11d Absatz 5 Werbung und Sponsoring im Internet verbo- ten. Dieser Absatz beinhaltet darüber hinaus eine ganze Reihe an Verboten für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die dem § 11d in der sogenannten „Negativliste öffentlich-rechtlicher Telemedien“28 als Anlage angehängt sind:
1. Anzeigenportale, Anzeigen oder Kleinanzeigen,
2. Branchenregister und -verzeichnisse,
3. Preisvergleichsportale sowie Berechnungsprogramme (z.B. Preisrechner, Versicherungsrechner),
4. Bewertungsportale für Dienstleistungen, Einrichtungen und Produkte,
5. Partner-, Kontakt-, Stellen-, Tauschbörsen,
6. Ratgeberportale ohne Sendungsbezug,
7. Business-Networks,
8. Telekommunikationsdienstleistungen im Sinne von § 3 Nr. 24 des Tele- kommunikationsgesetzes,
9. Wetten im Sinne von § 762 des Bürgerlichen Gesetzbuches,
10. Softwareangebote, soweit nicht zur Wahrnehmung des eigenen Angebots erforderlich,
11. Routenplaner,
12. Verlinkung ohne redaktionelle Prüfung; Verlinkungen sollen ausschließlich der unmittelbaren Ergänzung, Vertiefung oder Erläuterung eines Eigenin- halts (auch von Beteiligungsunternehmen) dienen und nicht unmittelbar zu Kaufaufforderungen führen,
13. Musikdownload von kommerziellen Fremdproduktionen,
14. Spieleangebote ohne Sendungsbezug,
15. Fotodownload ohne Sendungsbezug,
16. Veranstaltungskalender (sendungsbezogene Hinweise auf Veranstaltungen sind zulässig),
17. Foren, Chats ohne Sendungsbezug und redaktionelle Begleitung
Die Legitimität öffentlich-rechtlicher Online-Angebote muss zudem durch einen sogenannten Drei-Stufen-Test sichergestellt werden.
2.3.3 Der Drei-Stufen-Test
Der Drei-Stufen-Test ist ein mit dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages ein- geführtes Genehmigungsverfahren, das absolviert werden muss, wenn Onlinein- halte einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt über die in § 11d RStV festge- setzte Dauer hinaus bereitgestellt werden sollen. Die Aufsichtsgremien der jeweiligen Rundfunkanstalt, das heißt Rundfunkrat und Verwaltungsrat, müssen in drei verschieden Stufen prüfen,
Erste Stufe: inwieweit das Angebot den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft entspricht,
Zweite Stufe: in welchem Umfang durch das Angebot in qualitativer Hinsicht zum publizistischen Wettbewerb beigetragen wird und
Dritte Stufe: welcher finanzielle Aufwand für das Angebot erforderlich ist29
„ Der MDR sieht in der Durchf ü hrung des Drei-Stufen-Tests eine Chance, sich selbst ü ber programmliche Inhalte und Standards zu vergewissern, die publizisti sche Relevanz der eigenen Angeboteöffentlich darzulegen und letztlich so die Akzeptanz f ü r diese Angebote zu erhöhen.“30 Gleichzeitig wird aber auch der personelle und finanzielle Mehraufwand kritisiert, der für die Gremien entsteht, die schließlich darüber zu entscheiden haben, ob Anforderungen für Telemedienangebote gemäß des Drei-Stufen-Tests erfüllt sind oder nicht.
2.3.4 Kritik und Fazit zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages
Bereits vor der Einführung des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages am 1. Ja- nuar 2009 wurde vor allem seitens der Öffentlich-Rechtlichen starke Kritik laut. In einer Pressemitteilung aus dem Jahr 2008 äußerte sich der damalige WDR- Rundfunkratsvorsitzende Reinhard Grätz folgendermaßen zu den Änderungen:
„ Mit der bisherigen Vorgabe, die Online-Pr ä sentation programmbegleitend zu ge stalten, habe man gut leben können, aber das Ansinnen, Telemedienangebote k ü nftig nur noch sendungsbezogen ins Netz stellen zu d ü rfen, lasse erhebliche Einengungen bef ü rchten, die vor allem dem ver ä nderten Nutzungsverhalten ins besondere eines jüngeren Publikums widersprächen. “31
In der Tat hat sich für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit der Veröf- fentlichung des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages einiges geändert. Da Öf- fentlich-Rechtliche laut § 11d RStV dazu verpflichtet sind, nur solche Inhalte online zu stellen, die „ journalistisch-redaktionell veranlasst und journalistisch-redaktionell gestaltet sind “, dürfen Inhalte nicht online erscheinen, wenn sie zuvor nicht auch über das Hauptmedium, also das Radio oder den Fernseher, ausgestrahlt wurden. Ein Beispiel: für den MDR und andere dritte Programme der ARD kann es zum Problem werden und rechtlich strafbar sein, wenn diese beispielsweise die Nach- richtenmeldungen der Tagesschau auf ihrer Internetseite veröffentlichen, ohne die Sendung selber auszustrahlen.
Den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind bei der Veröffentlichung von Inhalten im Internet entscheidend die Hände gebunden. Wenig nachvollziehbar sind zudem bis auf Ausnahmen die Punkte der Negativliste. Punkt eins, der sich mit Anzeigen beschäftigt, stellt eine solche Ausnahme dar. Er wird dem öffentlich- rechtlichen Gedanken gerecht, dass sich die Rundfunkanstalten aus den Rund- funkgebühren finanzieren müssen und verhindert damit die Einnahme von zusätz- lichen Werbegeldern.
Abschließend muss man festhalten, dass die privaten Rundfunkveranstalter nach der Einführung des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages deutlich bevorteilt sind, da sie gegenüber den öffentlich-rechtlichen weniger Einschränkungen ha- ben, was den Ausbau ihrer Onlineangebote betrifft. Da die Inhalte der öffentlich- rechtlichen Anstalten immer sendungsbegleitenden Charakter haben müssen, ge- hen ihnen weitere potenzielle Angebote verloren, die dem Nutzer der Homepage des Programmes mitunter einen großen Mehrwert bieten würden. Damit die Besu- cherzahlen auf den Homepages der Öffentlich-Rechtlichen nicht stark zurückge- hen, müssen sich die Rundfunkveranstalter Konzepte einfallen lassen, die den Zuschauer oder Hörer eines Programms auch gleichzeitig an die Homepage bin- den.
[...]
1 Vgl. AS&S 2007
2 Vgl. IhlVo 2010, Seite 1
3 KGWK 2010, Seite 442
4 Weitester Hörerkreis sind alle Befragten, die in den letzten zwei Wochen Radio gehört haben
5 Tagesreichweite bezeichnet die tägliche Nutzung aller Befragten
6 Vgl. Radio 2015, Seite 27
7 Vgl. KGWK 2010, Seite 453
8 Radio 2015, Seite 27
9 Vgl. Bertold Brecht „Der Rundfunk als Kommunikationsapparat“ von 1932
10 AnMe 2010, Seite 371
11 DAB = Digital Audio Broadcasting (Digitalradio)
12 http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2058794, abrufbar am 15. Dezember 2010
13 http://de.wikipedia.org/wiki/Digitaler_Rundfunk#Kritik_zur_Analogabschaltung, abrufbar am 15. Dezember 2010
14 http://www.ard.de/intern/organisation/rechtsgrundlagen/grundversorgung, abrufbar am 15. Dezember 2010
15 http://www.ard.de/intern/abc/-/id=1643802/gp1=B/1aw2vnn/index.html, abrufbar am 15. Dezember 2010
16 §11c Hörfunkprogramme Absatz 2
17 Frequenzen und Sendeleistung definieren die technische Reichweite eines Programms
18 Laut RStV
19 Nur 15, da Berlin und Brandenburg eine gemeinsame Behörde haben
20 Elektronische Informations- und Kommunikationsdienste, häufig Internetdienste
21 Das duale Rundfunksystem beschreibt die Trennung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatem Rundfunk
22 Vgl. folgend http://de.wikipedia.org/wiki/Rundfunkstaatsvertrag, verfügbar am 19.01.2011
23 Vgl. RStV, $ 15
24 vgl. RStV, § 44
25 http://www.heise.de/newsticker/meldung/Jugendmedienschutz-Novellierung-endgueltig-gescheitert- 1154880.html, verfügbar am 22.01.2011
26 RStV, § 11d Absatz 2 Satz 1
27 RStV, § 11d Absatz 1
28 RStV, § 11d Absatz 5, Anlage
29 RStV, § 11f, Absatz 4
30 TMK, Seite 2
31 Rundfunkänderungsstaatsvertrag in der Kritik: Pressemitteilung des WDR vom 24. April 2008 http://www.wdr.de/unternehmen/presselounge/pressemitteilungen/2008/04/20080424_rr_rundfunkaenderungs staatsvertrag.phtml, verfügbar am 22.01.2011
- Quote paper
- Thomas Schall (Author), 2011, Möglichkeiten der Hörerbindung für junge Radiosender im Zeitalter des Web 2.0 am Beispiel von MDR JUMP, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/175061
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