Unter dem Begriff „Geschichte“ versteht man Geschehnisse und Ereignisse, die in der Vergangenheit spielen. Im Sinne der Wissenschaft ist Geschichte „Menschheits- und Menschengeschichte…die vor zwei bis drei Millionen Jahren beginnt“ (Reeken, 1999, S. 6). Jeder Mensch verfügt zudem über eine eigene, individuelle Lebensgeschichte, die sein gegenwärtiges Leben und seine Zukunft beeinflusst. Dass er selbst ein geschichtliches Wesen ist, erkennt der Mensch jedoch erst, wenn er in eine Beziehung zu seiner eigenen Geschichte tritt und somit Geschichtsbewusstsein entwickelt. Bereits das Kind sammelt Erinnerungen und nimmt Veränderungen wahr, es handelt nach einem historischen Grundmuster, indem es Erfahrungen auf gegenwärtige Situationen überträgt und Entscheidungen von früheren Erfahrungen abhängig macht. Es versteht jedoch noch nicht, wie sich Dauer und Veränderung auf die eigene Wirklichkeit auswirken. Erst die Erkenntnis von historischen Zusammenhängen kann somit als historisches Bewusstsein bezeichnet werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung: Was ist eigentlich Geschichte und wie entsteht Geschichtsbewusstsein?
2. Der Stellenwert des historischen Sachunterrichts in der Grundschule
2.1 Der wissenschaftsorientierte, fachpropädeutische Sachunterricht
2.2 Der gegenwärtige Stellenwert des historischen Sachunterrichts
3. Psychologische Voraussetzungen für historisches Lernen in der Grundschule
4. Begründungszusammenhänge des historischen Lernens
5. Zielsetzungen des historischen Sachunterrichts
5.1 Entwicklung des Geschichtsbewusstseins
5.2 Entwicklung von Planungs- und Problemlösekompetenzen
5.3 Förderung von Urteilsvermögen und Kritikfähigkeit
5.4 Anbahnung von medienkritischem Verhalten
5.5 Förderung von Sozialkompetenz und Empathieverhalten
6. Inhalte des historischen Sachunterrichts
6.1 Aktuelle, lokale Anlässe
6.2 Zeitleisten
6.3 Kindheitsgeschichte, Kinderziehung und Familienstrukturen
6.4 Arbeitswelt und Erwerbsarbeit
6.5 Schulgeschichte
6.6 Vor- , Früh- und Zeitgeschichte
7. Veranschaulichungsmöglichkeiten im historischen Sachunterricht
7.1 Geschichtserzählungen
7.2 Quellenarbeit
7.2.1 Sachquellen
7.2.2 Schriftliche Quellen
7.3 Oral History
7.3.1 Historische Museen
7.4 Archive
7.5 Historische Kinder- und Sachbücher
7.6 Filme
7.7 Spiele
7.8 Bilder
8. Methodische Vorgehensweisen und Lernverfahren im historischen Sachunterricht
9. Schluss
Literaturverzeichnis
Die Hochachtung der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau wird von dem Autor des folgenden Textes nicht nur geteilt, sondern auch vorangetrieben. Und doch muss darauf hingewiesen werden, dass es dem Autor nicht immer möglich war geschlechtergerecht schreiben zu können.
1. Einleitung: Was ist eigentlich Geschichte und wie entsteht Geschichtsbewusstsein?
Unter dem Begriff „Geschichte“ versteht man Geschehnisse und Ereignisse, die in der Vergangenheit spielen. Im Sinne der Wissenschaft ist Geschichte „Menschheits- und Menschengeschichte…die vor zwei bis drei Millionen Jahren beginnt“(Reeken, 1999, S. 6). Jeder Mensch verfügt zudem über eine eigene, individuelle Lebens-geschichte, die sein gegenwärtiges Leben und seine Zukunft beeinflusst. Dass er selbst ein geschichtliches Wesen ist, erkennt der Mensch jedoch erst, wenn er in eine Beziehung zu seiner eigenen Geschichte tritt und somit Geschichtsbewusstsein entwickelt. Bereits das Kind sammelt Erinnerungen und nimmt Veränderungen wahr, es handelt nach einem historischen Grundmuster, indem es Erfahrungen auf gegenwärtige Situationen überträgt und Entscheidungen von früheren Erfahrungen abhängig macht. Es versteht jedoch noch nicht, wie sich Dauer und Veränderung auf die eigene Wirklichkeit auswirken. Erst die Erkenntnis von historischen Zusammenhängen kann somit als historisches Bewusstsein bezeichnet werden. Der Geschichtsdidaktiker Pandel unterscheidet drei Basisdimensionen des Geschichtsbewusstseins: Temporalbewusstsein, Wirklichkeitsbewusstsein und Historizitätsbewusstsein. Beim Temporalbewusstsein handelt es sich um die Fähigkeit, zwischen den drei Zeitdimensionen unterscheiden und einen Zusammenhang zwischen Zeit und Geschehen herstellen zu können. Wirklichkeitsbewusstsein bezeichnet die bewusste Unterscheidung zwischen realen und fiktiven historischen Persönlichkeiten, Handlungen und Ereignissen. Historizitätsbewusstsein meint Veränderungen von Lebens- und Verhaltensweisen in der Menschheitsgeschichte(Reeken, 1999, S. 10f). Neben den drei Basis-dimensionen nach Pandel kann man zwischen dem physikalischen und dem historischen Zeitverständnis differenzieren. Während das historische Zeitbewusstsein zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in geschichtlicher Hinsicht unterscheidet, bezieht sich der physikalische Zeitbegriff auf den Beginn, die Dauer oder das Ende einer Handlung und stellt die Voraussetzung für die Entwicklung des historischen Zeitverständnisses dar(Ziechmann, 1995, S. 120f). Das Leben und Handeln von Menschen in vergangenen Zeiten ist jedoch nicht direkt zugänglich und kann lediglich lückenhaft rekonstruiert werden. Geschichte ist somit „ein Konstruktions- und Rekonstruktionsprozess von Vergangenheit aus der Perspektive der Gegenwart mit der Zielsetzung, in Gegenwart und Zukunft die eigene Fähigkeit zum Verständnis gesellschaftlicher und individueller Prozesses zu vertiefen und Handlungskompetenz zu gewinnen“(Reeken, 1999, S. 7)
2. Der Stellenwert des historischen Sachunterrichts in der Grundschule
2.1 Der wissenschaftsorientierte, fachpropädeutische Sachunterricht
Der wissenschaftsorientierte, fachpropädeutische Sachunterricht der 70er Jahre sollte die Grundschüler auf den Fachunterricht in den weiterführenden Schulen vorbereiten und den Sekundarstufenfächern zuarbeiten. Der Primarunterricht der Grundschule wurde fachlich gegliedert und die Inhalte an den Fächern der weiterführenden Schulen ausgerichtet. Der Anteil des historischen Sachunterrichts war dabei eher gering und die historischen Themen, die bearbeitet wurden, stammten meist nicht aus dem direkten Erfahrungsbereich der Kinder. Noch zu Beginn der 70er Jahre existierten im deutschen Sprachraum außerdem Zweifel hinsichtlich der Möglichkeit Geschichtsunterricht überhaupt in der Grundschule zu unterrichten. Die Entwicklungspsychologie sah das historische Lernen in der Grundschule als der Entwicklung des Kindes nicht angemessen an. Man traute ihnen die Bearbeitung von komplexen historischen Zusammenhängen und Sachverhalten deshalb nicht zu(Schmid, 1981).
2.2 Der gegenwärtige Stellenwert des historischen Sachunterrichts
Die skeptische Einstellung gegenüber geschichtlichem Unterricht in der Primarstufe änderte sich erst, nachdem die Grundschule nicht mehr im Sinne einer „Durchgangsphase mit vorbereitenden Aufgaben“ definiert wurde. Die Behandlung historischer Sachverhalte erhielt eine eigenständige (Ziechmann, 1995, S. 118) Bedeutung für die gegenwärtige Lebenssituation der Kinder und man kam zu der Einsicht, dass der Erfahrungsbereich des Kindes den Ausgangspunkt für historisches Lernen in der Grundschule darstellen sollte. Ziele und Inhalte orientieren sich deshalb mittlerweile an der gegenwärtigen und zukünftigen Lebenssituation der Schüler und es existieren heute viele theoretische Konzepte und eine Fülle von Unterrichtsbeispielen und Unterrichtsmaterialien zum historischen Sachunterricht in der Grundschule(Ziechmann, 1995, S. 118f).
3. Psychologische Voraussetzungen für historisches Lernen in der Grundschule
Empirische Forschungsansätze und Studien belegen, dass bereits Grundschulkinder einen Zugang zur Geschichte haben und sich historisches Denken früh entwickelt. Kinder im Grundschulalter besitzen die Fähigkeit, Veränderungen und Entwicklungen in der Zeit zu begreifen, sich selbst in die Geschichte einzubinden und Zusammenhänge zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu verstehen. Ergebnisse der Entwicklungs- und Lernpsychologie belegen, dass Grundschulkinder in der Lage sind, logische Operationen gebunden an konkrete Anschauungen durchzuführen, einen Perspektivenwechsel vorzunehmen, Handlungen im Denken auszuführen und Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden(Reeken, 1999, S. 115ff). Da die Rekonstruktion historischer Ereignisse nur durch Sprache ermöglicht wird, kann Sprache ein Kriterium dafür sein, inwiefern historisches Lernen in der Grundschule der Entwicklung der Schüler angemessen ist. Die meisten Kinder haben im Alter von vier bis fünf Jahren die elementaren Strukturen ihrer Sprache erlernt. Im historischen Sachunterricht treten jedoch viele abstrakte Darstellungen, Sachverhalte, Begriffe und Ideen auf, die von den Kindern nur aufgenommen werden können, wenn sie durch Handlungen, Beobachtungen und Sprache eine Bedeutung erhalten. Die Beschäftigung mit historischen Bereichen erfordert somit ein gewisses Niveau an Sprachentwicklung, denn Geschichte kann nur zu einem relativ geringen Teil durch Handeln und Beobachten erschlossen werden. Andererseits kann historisches Lernen die Sprachentwicklung eines Kindes fördern und Fähigkeiten in diesem speziellen Lernbereich durch entsprechende Anregungssituationen erweitern. Auch die kognitive Entwicklung des Kindes stellt ein Kriterium bei der Beantwortung der Frage nach Entwicklungsangemessenheit des historischen Lernens dar. Die kognitive Entwicklung des Kindes vollzieht sich in verschiedenen Lernbereichen unterschiedlich schnell, man kann jedoch davon ausgehen, dass die Entwicklung des historischen Bewusstseins und die Entfaltung historischen Wissens in hohem Maße von der Anzahl der Lernanreize abhängig sind und sich durch gezielten Geschichtsunterricht rasch erweitern können(Arndt, 1981)
4. Begründungszusammenhänge des historischen Lernens
Historisches Lernen erfolgt bei jeder Begegnung mit der Vergangenheit im Alltag, so dass sich „alltagsweltliches Geschichtsbewusstsein“(Reeken, 1999, S. 9) entwickeln kann, das kognitive und emotionale Komponenten aufweist. Geschichte begegnet den Kindern in ihrer Lebenswelt, in alten Bauwerken, Denkmälern, Schauplätzen, aber auch in den Medien, so z. B. in historischen Spielfilmen, Kinderbüchern, Comics, Zeichentrickfilmen, Spielen und Spielzeug, ohne dass sie dies bewusst wahrnehmen und reflektieren. Grundschüler beginnen von selbst, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen, sie stellen Fragen, sammeln alte Gebrauchsgegenstände, suchen zu Hause nach alten Fotografien und verstehen Geschichte als etwas, das entdeckt und erforscht werden kann. Dieses Interesse kann als Ausgangspunkt dafür genutzt werden, den Kindern verständlich zu machen, wie sich die eigene Lebenswirklichkeit entwickelt, was sie bewahrt oder verändert hat. Historisches Lernen in der Grundschule unterscheidet sich vom „alltagsweltlichen Geschichtsbewusstsein“ durch seine Zielgerichtetheit und die kontrollierte, reflektierte Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Da Grundschulkinder ihre Lebenswelt meist nicht in Frage stellen, muss der schulische Unterricht die Kinder dazu bewegen, die Ursachen für Veränderungen in der Vergangenheit und Gegenwart zu erforschen. Veränderungs-prozesse in der Kindheit führen dazu, dass Grundschüler einerseits durch die Einflüsse der Medien umfassendere Vorkenntnisse besitzen, sie andererseits durch den Verlust des häufigen Kontaktes mit älteren Menschen der verkörperten Geschichte nicht mehr personal begegnen und Traditionen meist nicht mehr unmittelbar an sie weitergegeben werden. Durch die Förderung der Bewusstseinsentwicklung der Kinder im schulischen Unterricht, kann sich Historizitätsbewusstsein entfalten, das sich mit zunehmendem Lebensalter ausdehnen und differenzieren lässt. Die Integration historischer Inhalte in den Unterricht der Grundschule trägt zur Persönlichkeitsentwicklung und zur Entstehung von Weltverstehen bei. Dabei müssen die Lernvoraussetzungen der Schüler berücksichtigt, ihre Vorkenntnisse in den schulischen Unterricht einbezogen, Kontakte zu Zeitzeugen hergestellt, außerschulische Institutionen wie Museen und Archive berücksichtigt und handlungsorientierte Methoden angewandt werden. Historische Lernprozesse dürfen nicht zu spät einsetzen, denn im Laufe der Grundschulzeit schwinden die Fragehaltung und der Erkundungstrieb und das spontane Interesse des Kindes geht zurück. Im Grundschulalter ist das Kind am aufnahmefähigsten und verspürt noch die Lust am Lernen, Ausprobieren und Entdecken(Reeken, 1999, S. 18ff).
- Quote paper
- Michael Donner (Author), 2011, Historisches Lernen im Sachunterricht , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/174148
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