Im Laufe der postmodernen Frauenbewegung wurden (auch) im Wissenschaftsbetrieb feministische Werke publiziert. In den Geisteswissenschaften wurden historische und gesellschaftliche Ereignisse aus feministischer Perspektive interpretiert und dementsprechend verzerrt. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt in der kritischen Betrachtung ausgewählter feministischer Positionen in der Kunstgeschichte.
Es wird besonders auf die feministische Auseinandersetzung über „weibliche“ Ästhetik, auf Äußerungen über berühmte Künstlerinnen der Vergangenheit und Interpretationen von Frauen-Darstellungen eingegangen. Die feministischen Wissenschafterinnen stellten fest, dass die gesellschaftlichen Erwartungen das Leben der Frauen eng schnürte und schlussfolgerten daraus, dass Frauen von Männern durch ein „patriarchales System“ unterdrückt wurden.
Dabei wurde vergessen, dass man heutige soziale Strukturen nicht mit damaligen vergleichen kann. Weiters werden die sozialen Umstände der Männer übersehen, die genauso an gesellschaftliche Konventionen gebunden waren, denen sie sich nicht ohne weiteres entziehen konnten. Bei der Überprüfung der Frauen-Bilder und der Künstlerinnen-Biografien wird die tatsächliche Stellung der Frau in der Vergangenheit offenkundig. Oftmals ist die Macht der Frau auf vielen Gemälden unübersehbar.
Die feministischen Interpretationen bezogen sich auf die weibliche Sexualität, die in vielen Bildern von Frauen vorhanden ist. Über „Weiblichkeit“ vertreten feministische Wissenschafterinnen verschiedene Meinungen. Einerseits wird auf das Weibliche wert gelegt, dessen „Nicht-Vorhanden-Sein“ in der Geschichte als fehlender Teil gesehen wird. Durch „Frauenforschung“ wird versucht die Geschichte um ihren weiblichen Anteil zu erweitern und zu vervollständigen. Gleichheitsfeministinnen jedoch sehen „Weiblichkeit“ als ein soziales Konstrukt, welches aufgelöst werden kann um Unterschiede zwischen Männern und Frauen aufzuheben.
Die feministische Bewegung hat es nicht geschafft, einen aliquoten Anteil von Frauen in Kunst und Kunstgeschichte zu etablieren, obwohl gravierende gesellschaftliche Veränderungen in den letzten Jahrzehnten stattfanden, die die Frauen in die Öffentlichkeit und in die Arbeitswelt drängten. Die grundsätzliche Relation zwischen den Geschlechtern in den kulturproduzierenden Bereichen dürfte auch in Zukunft als eine zu beachtende Konstante auftreten.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- Vorwort
- Feminismus
- Feminismus und Wissenschaft
- Feminismus und Kunstgeschichte
- Das „Weibliche“ in der Kunst
- „Weibliche“ Ästhetik
- „Weiblichkeit“ in der Kunstrezeption
- Das Leben der Künstlerin im „patriarchalen System“
- „Künstlerinnen wurden aus dem kunsthistorischen Kanon ausgeschlossen“
- „Frauen durften nicht an die Akademie“
- „Die Kaufkraft ist männlich“
- Mäzeninnen
- Feministische Äußerungen über ausgewählte Künstlerinnen
- Sofonisba Anguissola
- Artemisia Gentileschi
- Berthe Morisot
- Rosa Bonheur
- Feministische Interpretationen über die Frau im Bild
- Frauen-Bilder in Ehe und Sexualität
- Der weibliche Akt
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Die Diplomarbeit analysiert den Einfluss des Feminismus auf die kunsthistorische Forschung. Sie untersucht, wie die Frauenbewegung die Debatten um Frau, Weiblichkeit, Geschlechterkonstruktionen und weibliche Sexualität in der Kunstgeschichte beeinflusst hat.
- Die Rolle der Frau in der Kunst und die vermeintliche Unterdrückung durch das „patriarchale System“
- Die Frage nach einer „weiblichen“ Ästhetik und deren Einfluss auf die Interpretation von Kunstwerken
- Die Analyse von Frauen-Bildern und die Darstellung der Frau in Ehe, Familie und Sexualität
- Die Bedeutung von Künstlerinnen in der Geschichte der Kunst und die feministische Rezeption ihrer Werke
- Die Kritik an den traditionellen Methoden der Kunstgeschichte und die Suche nach neuen Perspektiven
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
- Kapitel 1: Vorwort: Einleitung in das Thema der Diplomarbeit, die sich mit dem Einfluss des Feminismus auf die kunsthistorische Forschung beschäftigt. Der Fokus liegt auf der Analyse der feministischen Literatur und der Diskussion um „Frau“, „Weiblichkeit“ und „Geschlechterkonstruktionen“ in der Kunstgeschichte.
- Kapitel 2: Feminismus: Erörterung der Entstehung des Feminismus in den USA der 60er Jahre und seiner verschiedenen Richtungen. Die Diplomarbeit konzentriert sich auf den Gleichheitsfeminismus und die „Patriarchats“-Theorien, die die gesellschaftliche Ordnung als androzentrisch und die Frau als unterdrückt ansehen.
- Kapitel 3: Das „Weibliche“ in der Kunst: Beschäftigung mit der Frage, ob es eine „weibliche“ Ästhetik gibt, die sich von der Kunst von Männern unterscheidet. Verschiedene Positionen werden beleuchtet, wobei die Schwierigkeiten der Definition von „Weiblichkeit“ und die möglichen Auswirkungen einer Schubladisierung von „Frauenkunst“ herausgestellt werden.
- Kapitel 4: Das Leben der Künstlerin im „patriarchalen System“: Untersuchung der Behauptungen, dass Künstlerinnen aufgrund des „Patriarchats“ aus dem kunsthistorischen Kanon ausgeschlossen wurden, keinen Zugang zu Bildung erhielten und von männlicher Kaufkraft benachteiligt waren. Die Diplomarbeit analysiert die tatsächlichen Lebensbedingungen von Künstlerinnen in verschiedenen Epochen und widerlegt teilweise die feministischen Unterdrückungstheorien.
- Kapitel 5: Feministische Äußerungen über ausgewählte Künstlerinnen: Analyse der feministischen Rezeption ausgewählter Künstlerinnen wie Sofonisba Anguissola, Artemisia Gentileschi, Berthe Morisot und Rosa Bonheur. Die Diplomarbeit zeigt, dass diese Künstlerinnen in der Vergangenheit durchaus Anerkennung genossen und von ihrer männlichen Umwelt unterstützt wurden.
- Kapitel 6: Feministische Interpretationen über die Frau im Bild: Erörterung der feministischen Bildinterpretationen, die sich vor allem mit der Darstellung der Frau in Familienbildern und dem weiblichen Akt beschäftigen. Die Diplomarbeit beleuchtet die gängigen feministischen Thesen von der Unterdrückung der Frau durch den männlichen Blick und die Sexualisierung des weiblichen Körpers in der Kunst.
Schlüsselwörter (Keywords)
Feministische Kunstgeschichte, Frauenbewegung, „Patriarchat“, „Weibliche“ Ästhetik, Geschlechterkonstruktionen, Frauen-Bilder, Künstlerinnen, Bild-Interpretation, weibliche Sexualität, Kunst und Ideologie
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- Nina Pichler (Author), 2008, Feministische Kunstgeschichte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/174046