Das Thema meiner Hausarbeit "Konfliktlinien in der Koedukationsdebatte- historisch und aktuell" im Rahmen des Seminars "Probleme (mit) der Koedukation" wählte ich aus Gründen des persönlichen Interesses. Mir gefiel der Gedanke einer Recherche einmal quer durch die Geschichte der Koedukation. Viele heutige Gegebenheiten lassen sich mit dem rückwärtsgewandten Blick auf geschichtliche Ereignisse viel besser verstehen und auch be- und verarbeiten.
Gerade in der Diskussion um die Emanzipation der Frau existieren so viele Theorien und Gedankenhypothesen- von Frauen wie Männern aufgestellt- die es oftmals erschweren die wirklich weiterbringenden Aspekte heraus zu filtern, um für sich den eigenen Standpunkt zu festigen. Es hat sich nicht viel verändert, oder doch? Wird "Frau" heute immer noch von "Mann" diskriminiert? Oder anders gefragt: Läßt sie sich heute (immer) noch diskriminieren? Und wenn, aus welchen Motiven heraus agiert der eine so, um den anderen existieren zu sehen wie er selbst es wünscht? !
Fragen, die vielleicht nicht zu beantworten sind, die vielleicht nur jeder für sich selbst beantworten kann, abseits von all der Theorie und den verallgemeinerten Anschauungen einzelner Personen.
Wichtig bei all diesen Fragen ist immer der Blick zurück und so läßt gerade das Thema "Konfliktlinien in der Koedukationsdebatte- historisch und aktuell" diesen Blick zu und eröffnet neue Verständnismöglichkeiten.
Ich beziehe mich in der folgenden Abhandlung auf fundierte Texte und werde erst in dem Schlußwort meine eigene Sichtweise beschreiben, auch wenn sie noch fragmentarisch ist und sich immer wieder neu ordnet- abhängig von neuen gelesenen Theorien aber noch mehr durch meine eigene subjektiven Erfahrungen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
2. Die Anfänge der Koedukation
2.1. Mittelalter
2.2. Die ersten richtungsweisenden Schritte im 18. Jahrhundert
2.3. Koedukation im 19. Jahrhundert
2.4. Weimarer Republik
2.5. Das Dritte Reich- Rückläufige Entwicklung der Koedukation im Nationalsozialismus
2.6. Koedukation Ende der 60 er Jahre
3. Die aktuelle Koedukationsdebatte
4. Schlusswort
5. Literaturverzeichnis
1. Einführung
“Vielleicht wird der Mythos Frau eines Tages verschwinden: je mehr die Frauen sich als Menschen behaupten, desto mehr stirbt in ihnen die wunderbare Eigenschaft des Anderen. Heute aber existiert es noch im Herzen aller Männer.” [i]
Das Thema meiner Hausarbeit “Konfliktlinien in der Koedukationsdebatte- historisch und aktuell” im Rahmen des Seminars “Probleme (mit) der Koedukation” wählte ich aus Gründen des persönlichen Interesses. Mir gefiel der Gedanke einer Recherche einmal quer durch die Geschichte der Koedukation. Viele heutige Gegebenheiten lassen sich mit dem rückwärtsgewandten Blick auf geschichtliche Ereignisse viel besser verstehen und auch be- und verarbeiten.
Gerade in der Diskussion um die Emanzipation der Frau existieren so viele Theorien und Gedankenhypothesen- von Frauen wie Männern aufgestellt- die es oftmals erschweren die wirklich weiterbringenden Aspekte heraus zu filtern, um für sich den eigenen Standpunkt zu festigen. Es hat sich nicht viel verändert, oder doch? Wird “Frau” heute immer noch von “Mann” diskriminiert? Oder anders gefragt: Läßt sie sich heute (immer) noch diskriminieren? Und wenn, aus welchen Motiven heraus agiert der eine so, um den anderen existieren zu sehen wie er selbst es wünscht? !
Fragen, die vielleicht nicht zu beantworten sind, die vielleicht nur jeder für sich selbst beantworten kann, abseits von all der Theorie und den verallgemeinerten Anschauungen einzelner Personen.
Wichtig bei all diesen Fragen ist immer der Blick zurück und so läßt gerade das Thema “Konfliktlinien in der Koedukationsdebatte- historisch und aktuell” diesen Blick zu und eröffnet neue Verständnismöglichkeiten.
Ich beziehe mich in der folgenden Abhandlung auf fundierte Texte und werde erst in dem Schlußwort meine eigene Sichtweise beschreiben, auch wenn sie noch fragmentarisch ist und sich immer wieder neu ordnet- abhängig von neuen gelesenen Theorien aber noch mehr durch meine eigene subjektiven Erfahrungen.
2. Die Anfänge der Koedukation
2.1. Mittelalter
Der Begriff “Koedukation” stand anfänglich für den gemeinsamen Schulbesuch von Mädchen und Jungen. Die bedeutete aber lediglich, dass Jungen und Mädchen zwar im gleichen Klassenraum saßen, der Unterrichtsstoff aber verschieden und getrennt gelehrt wurde oder aber auf getrennten Schulen unterrichtet wurde.
Heute fällt dies unter den Begriff der “Koinstruktion”.
Geht man allerdings von der anfänglichen Bedeutung aus, so läßt sich schon im Mittelalter Bestrebungen für die Koedukation erkennen, wenn auch aus anderen Motiven heraus als heute.
Im Mittelalter entwickelten sich die Klöster zu Zentren der Gelehrsamkeit und Bildung. Sie spielten bis ins 18 Jahrhundert die gewichtigste Rolle im Bildungswesen.
“Die Geschichte des weiblichen Unterrichtswesen in Deutschland beginnt mit den ersten Frauenklöstern, welche durch die Tätigkeit des großen angelsächsischen Missionars Bonifatius und seiner gelehrten und mutigen Gefolginnen in Thüringen, in Bayern und am Rhein im 8. Jahrhundert gegründet wurden. 741 entstanden durch die Stiftung einer verwandten Karl des Großen Adolais, unter dem ersten Bischof von Würzburg ein Nonnenkloster in Kitzingen, in welchem eine Jungfrauenschule bestanden haben soll.”[ii]
Im Laufe des 13. Jahrhunderts wurde diese Aufgabe hauptsächlich von den Rats- und Stadtsschulen übernommen, welche im wesentlichen von Kindern aus den unteren Schichten besucht wurden. Interessanterweise wurden hier Mädchen und Jungen gemeinsam unterrichtet.
Durch die Gothaische Schulordnung von 1624 wurde sogar offiziell aus einer Not eine Tugend gemacht: in den Städten in denen es keine gesonderten Mädchenschulen gab(aufgrund von finanziellen Mitteln)stand den Mädchen die Jungenschule offen.
“Wo keine absonderlichen Mägdlein-Schulen sind,da sollen sie zwar dem Unterschied der Klassen mit den Knaben zugleich informiert, jedoch nicht unter sie vermengt,sondern absonderlich gesetzt werden.”[iii]
Allerdings zeigt dieses Zitat auch,dass zwar Mädchen zugelassen waren,dies aber im wesentlichen nichts mit Koedukation zutun hatte.Die Rolle der Frau war klassisch.Sie beinhaltete nichts was mit wissenschaftlicher Bildung zu tun hatte,sondern diktierte ihr die Rolle der folgsamen Haus-und Ehefrau,die sich nicht mit höheren Dingen als die dem Haushalt und der Kindererziehung zu beschäftigen hatte.
“Die Frau liebt im allgemeinem die Künste nicht, sie versteht sich auf keine einzige,und am Genie fehlt es ihr ganz und gar. Ihre Sache ist es,die Prinzipien anzuwenden,die der Mann gefunden hat.”[iv]
2.2. Die ersten richtungsweisenden Schritte im 18. Jahrhundert
Auch als im Laufe des 18. Jahrhunderts die allgemeine Unterrichtspflicht durchgesetzt wurde, bedeutete dies nicht, dass die Mädchen gleichermaßen Bildung erhielten.Vielmehr war die Akzeptanz in der Gesellschaft sehr gering und so wurden Mädchen nur in den seltensten Fällen zur Schule geschickt.
Als weiteres Problem kam hinzu, dass die meisten Städte gar nicht die finanziellen Mittel besaßen,um gesonderte Mädchenschulen zu errichten oder getrennten Unterricht zu finanzieren.
Die Rolle der Frau erzwang diese Umstände, sie sollte- wie bereits schon aufgeführt- lediglich ihren Aufgaben als treusorgende Mutter und Ehefrau nachkommen, Geschicklichkeit in der Haushaltsführung vorweisen und als Hintergrundkraft ihre Familie stützen.
Es scheint sich sogar aufzudrängen, dass die halbherzige Öffnung des Bildungswesens für die Mädchen nicht ihretwillen vollzogen wurde, sondern das dahinter das Diktat des vorherrschenden Patriarchismus stand:
(damit)“…der deutsche Mann nicht durch die geistige Kurzsicht und Engherzigkeit seiner Frau an dem häuslichen Herde gelangweilt und in seiner Hingabe an höheren Interessen gelähmt werde, dass ihm vielmehr das Weib mit Verständnis dieser Interessen und der Wärme des Gefühls zur Seite stehe.”[v]
2.3. Koedukation im 19. Jahrhundert
Die von Wilhelm von Humboldt(1767-1835)durchgesetzte neuhumanistische Bildungsreform verbunden mit dem Aufruf zur allgemeine(n)“Menschenbildung” [vi] veranlaßte im 19. Jahrhundert gerade die bessersituierten Schichten dazu sogenannte “Höhere Töchterschulen” zu errichten, trotzdem lagen diese Schulen weit hinter dem Niveau der Jungenschulen und so berechtigte das Abschlußzeugnis zu rein gar nichts. Die Mädchen durften keine Reifeprüfung ablegen und wurden demnach auch nicht zum Studium zugelassen.
Der Widerstand und der Kampf um Selbstbestimmung der Frau findet gerade in der zweiten Hälfte des 19 Jahrhunderts immer mehr Zuspruch unter den Frauen, erste Frauenbewegungen- beziehungsweise Gruppen werden gebildet und die Ausweitung der weiblichen Bildung wird gefordert.
Hier findet sich in der Gesellschaft durchaus Zuspruch, allerdings auch hier wieder sehr Rollenfixiert: Tätigkeiten als Erzieherin, Kindergärtnerin oder Lehrerinnen waren mit typisch weiblichen Attributen besetzt, so formulierte Arthur Schopenhauer (1788-1860)“sehr treffend” den Gedanken wohl vieler Männer:
“Zu Pflegerinnen und Erzieherinnen unserer ersten Kindheit eignen die Weiber sich gerade dadurch, dass sie selbst kindisch, läppisch und kurzsichtig, mit einem Wort, zeitlebens große Kinder sind, eine Art Mittelstufe zwischen dem Kinde und dem Mann. Als welcher eigentlich Mensch ist.”[vii]
[...]
[i] Beauvoir,S.d.: Das andere Geschlecht, S.193
[ii] Gaab,J.: Das höhere Mädchenschulwesen in Bayern. S.35
[iii] Stahlmann,F.: Die Reform einer Reform: Wie Koedukation erkämpft wurde und wie man sie nun verbessern muß, in: PÄDEXTRA, September 1991,S.7
[iv] Rousseau,J.J: aus: Die Herren: Ein Pamphlet gegen die Männerherrschaft.
[v] Kreienbaum,M.A.: Der heimliche Lehrplan der Geschlechtererziehung, in: Kreienbaum,A.M; Metz-Göckel,S.: Koedukation und Technikkompetenzen von Mädchen, Weinheim u. München 1992,S.51
[vi] Horstkemper,M.: Kraul,M.: Erbe und Chancen, Weinheim 1999,S.23
[vii] Schopenhauer,A.:aus: Die Herren: Ein Pamphlet gegen die Männerherrschaft