Ziel ist, die Frauenbilder in der Literatur und der bildenden Kunst mehrerer Epochen festzuhalten, wobei der Schwerpunkt auf dem Fin de Siècle liegt. Es wird angenommen, dass diese Bilder in der faktualen Welt wurzeln und sich nicht unbedingt davon unterscheiden. Man stellt fest, dass es sich bei den Frauenbildern um Konstrukte handelt, die von den Männern auf die Frauen projiziert werden. Im Grunde erscheinen zwei Projektionen, daraus entsteht ein idealisiertes und ein pejoratives Frauenbild, eine 'Heilige' und eine 'Hure'. Auf C. G. Jungs kollektive Schattentheorie rekurrierend wird argumentiert, dass männliche Schattenanteile, also verdrängte Ich-Anteile des Mannes, die Frauenbilder hervorbringen. Die Frau wird gemacht und sie bildet den kollektiven Schatten einer androzentrischen, patristischen Gesellschaft.
Neben dem Orten der Frauenbilder bestand eines der Hauptziele der Forschungsarbeit darin, die Entstehung dieser Bilder zu ergründen. Die Antwort liegt in der patristischen Gesellschaftsform, deren Frucht die Kunst ist, die solche Frauenkonstrukte hervorbringt. Sie wird von patristisch geprägten Menschen kreiert, die in der repressiven, lustfeindlichen Art des Patrismus erzogen wurden. Diese Art führt zu Angst und letztlich zur Ausbildung des persönlichen und des kollektiven Schattens, da Bedürfnisse verdrängt werden müssen. Die verdrängten Anteile gelten als Minderwertig, werden abgespalten und auf minderwertige Gesellschaftsanteile, z. B. auf Frauen, projiziert und u. a. in der Kunst verarbeitet, was in mehr oder weniger abstrakter Form auftritt. Der Patrismus bringt kranke Liebesbeziehungen hervor, zwischen Mann und Frau als auch zwischen Mutter und Kind. Dadurch entwickelt das Kind ein dichotomes Mutter- resp. Frauenbild.
Das dritte große Problem der Arbeit bestand folglich in der Suche nach einem Ausweg aus der Produktion des dichotomen Mutterbilds. Die Antwort scheint in der Art der Erziehung zu liegen. Sie soll dem Kind ermöglichen, seine Bedürfnisse auszuleben und nicht verdrängen zu müssen, Authentizität und persönliche Integrität zu entwickeln, statt Persönlichkeitsanteile abspalten zu müssen. Die richtige Art der Liebe und Freiheit scheint dabei essenziell zu sein.
Besprochene Werke oder Figuren: Lulu, Frühlings Erwachen, Salome, Elektra, Fräulein Else, Therese, Mignon, Effi Briest, Melück Maria Blainville, Undine, die Wachsflügelfrau, das gefrorene Meer, die Marquise von O., Franziska zu Reventlow, Emilia Galotti, der Zauberberg.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Ausgangspunkt
- Zur Methode und meiner Position
- ERSTER TEIL: EVIDENZ
- Die Frauendarstellungen im Patrismus
- Frauenfiguren in der bildenden Kunst, Musik und Literatur der Jahrhundertwende
- Die Femme fatale
- Wedekinds Lulu
- Strauss' Salome
- Kubins Frauen
- Die Femme fragile enfante
- Schnitzlers Fräulein Else
- Thomas' Oper Mignon
- Franz von Stucks Innocentia
- Die Femme légitime
- Effi Briest
- Die Femme légitime in der bildenden Kunst
- Frauenbilder in der Romantik
- Melück Maria Blainville - die exotische Hexe
- Undine - der Schicksalsengel aus einem anderen Reich
- Die,Heilige und die,Hure' der Romantik
- Frauenbilder der Renaissance
- Frauenbilder des Mittelalters
- Frauenbilder - fantastische Konstrukte
- Veränderte Gesellschaftsstrukturen - Frau macht mobil
- Eine fatale Sexualmoral -\nIllustration an F. Wedekinds Frühlings Erwachen
- ZWEITER TEIL: ERKLÄRUNG
- Die Entstehung der patristischen Gesellschaftsordnung
- Die Verschattung der Frau
- Der Kollektive Schatten im Patrismus
- Die freiwillige Unterwerfung resp. die Schattenakzeptanz oder die Verantwortung der Frau an ihrem Schicksal
- Der Kollektive Schatten bei Jung oder: die Gemeinsamkeit zwischen Juden und Frauen
- Das Nordweib Louhi von Akseli Gallen-Kallela
- Die leere Frau
- Die liebeskranke Mutter und die dichotomen Projektionen
- Die Angst der Männer
- Die Religion des Patrismus
- DRITTER TEIL: AUSWEG
- Ein Weg aus den patristischen Machtstrukturen und Bilderprojektionen
- Eine gesunde Gesellschaft hat keinen Schatten
- Eine sanfte resp. heilsame Pädagogik
- Zusammenfassung
- Darstellung von Frauenbildern in der Kunst und Literatur
- Die Entstehung des "Patrismus" und seine Auswirkungen auf die Rolle der Frau
- Der "Kollektive Schatten" und die Projektion von Verdrängungen auf die Frau
- Die Rolle der Pädagogik in der Überwindung von Machtstrukturen und Projektionen
- Die Suche nach einem Weg aus den "patristischen" Gesellschaftsstrukturen
- Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und das Ziel der Arbeit vor. Sie beleuchtet die Projektionsmechanismen männlicher Fantasien auf die Frau und die Entstehung der "Heiligen" und der "Hure" als zwei Grundtypen des Frauenbildes. Die Arbeit wird in drei Teile gegliedert.
- Der erste Teil analysiert Frauenbilder in der Literatur der Jahrhundertwende, der Romantik, der Renaissance und des Mittelalters. Er untersucht die Femme fatale, die Femme fragile enfante und die Femme légitime, die jeweils als Verkörperung unterschiedlicher Projektionsformen dargestellt werden.
- Der zweite Teil beleuchtet die Entstehungstheorie des "Patrismus" von James DeMeo. Er argumentiert, dass die Entstehung der "patristischen" Gesellschaftsordnung die Frau in den "Schatten" drängte und zu einer Verdrängung ihrer Rolle führte. Der "Kollektive Schatten" im Unbewussten wird als ein Produkt dieser Verdrängung betrachtet, die zu Projektionen auf die Frau führt.
- Der dritte Teil konzentriert sich auf die Suche nach einem Weg aus den "patristischen" Machtstrukturen und Bilderprojektionen. Er plädiert für eine "sanfte" Pädagogik als Mittel zur Überwindung der "Panzerung" und der Schattenbildung.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Darstellung von Frauen in der Kunst vor dem Hintergrund anthropologischer Modelle, insbesondere im Kontext des Fin de Siècle und der Entstehung der patristischen Gesellschaft. Die Analyse konzentriert sich auf die Verdrängung der Frau in den gesellschaftlichen "Schatten" und erforscht die Rolle einer "weichen" Pädagogik als Mittel gegen eine "gepanzerte" Gesellschaft.
Zusammenfassung der Kapitel
Schlüsselwörter
Frauenbilder, Patrismus, Schatten, Projektion, Verdrängung, Pädagogik, Anthropologie, Fin de Siècle, Kunst, Literatur, Jahrhundertwende, Romantik, Renaissance, Mittelalter, Femme fatale, Femme fragile enfante, Femme légitime, Kollektiver Schatten, "gepanzerte" Gesellschaft, "ungepanzerte" Gesellschaft.
- Quote paper
- MA Barbara Rudin (Author), 2010, Die verschattete Frau, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/172277