Historische und aktuelle Erfahrungen haben gezeigt, dass Krieg eine Zeit der Intensivierung, Ausdehnung, aber auch Steuerung von Kommunikation ist. Die militärischen und zivilen, privaten und öffentlichen Bedürfnisse nach aktueller Information und eingehender Kommunikation steigen. Massenmedien gewinnen an Bedeutung. Aber auch der personale Informations- und Kommunikationsaustausch und die informelle Erzählkultur nehmen erheblich zu. Es gibt aber auch den Gegengriff: Militär und Politik haben im Kriegsfall besonders Interesse an der Kontrolle und Beeinflussung von Information und Kommunikation, vor allem durch Zensur und Propaganda. Der Krieg ist –besonders in modernen Gesellschaften- eben auch und nicht zuletzt ein Kampf um die Stimmungs-, Meinungs- und Urteilsbildung nach innen und außen.1
Im folgenden Text wird zunächst eine kurze Darstellung der neuen Formen gesellschaftlicher Kommunikation gegeben wobei der Schwerpunkt auf die Funktionen sowie auf die Methoden der Presse im ersten Weltkrieg gesetzt wird.
Funktion und Methodik der Presse haben sich in den Jahren von 1914 bis 1918 so sehr verändert bzw. sich so sehr an die Situation des ersten Weltkrieges adaptiert, dass man sagen kann, dass sich die Presse allgemein sowie die Kriegsberichterstattung fast ausschließlich zwischen Prohibition, d.h. Zensur und Exhibition, d.h. Propaganda bewegte und zum Teil auch heute noch bewegt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Stand der Medienpolitik in ersten Weltkrieg
3. Kriegsberichterstattung zwischen Prohibition und Exhibition
4. Die Funktionen der Medien im ersten Weltkrieg
5. Vergleich der Medienpolitik heute und damals
6. Semantisierung von Räumen in Karl Kraus` „Die letzten Tagen der Menschheit“
7. Schlussbemerkung
Literaturverzeichnis:
1. Einleitung
Historische und aktuelle Erfahrungen haben gezeigt, dass Krieg eine Zeit der Intensivierung, Ausdehnung, aber auch Steuerung von Kommunikation ist. Die militärischen und zivilen, privaten und öffentlichen Bedürfnisse nach aktueller Information und eingehender Kommunikation steigen. Massenmedien gewinnen an Bedeutung. Aber auch der personale Informations- und Kommunikationsaustausch und die informelle Erzählkultur nehmen erheblich zu. Es gibt aber auch den Gegengriff: Militär und Politik haben im Kriegsfall besonders Interesse an der Kontrolle und Beeinflussung von Information und Kommunikation, vor allem durch Zensur und Propaganda. Der Krieg ist –besonders in modernen Gesellschaften- eben auch und nicht zuletzt ein Kampf um die Stimmungs-, Meinungs- und Urteilsbildung nach innen und außen.[1]
Im folgenden Text wird zunächst eine kurze Darstellung der neuen Formen gesellschaftlicher Kommunikation gegeben wobei der Schwerpunkt auf die Funktionen sowie auf die Methoden der Presse im ersten Weltkrieg gesetzt wird.
Funktion und Methodik der Presse haben sich in den Jahren von 1914 bis 1918 so sehr verändert bzw. sich so sehr an die Situation des ersten Weltkrieges adaptiert, dass man sagen kann, dass sich die Presse allgemein sowie die Kriegsberichterstattung fast ausschließlich zwischen Prohibition, d.h. Zensur und Exhibition, d.h. Propaganda bewegte und zum Teil auch heute noch bewegt.
Karl Kraus selbst gibt der Presse in seinem Werk „Die letzten Tage der Menschheit“ eine gewisse Mitschuld am Krieg. So sagt z.B. die Figur des Nörglers im Drama:
„Nicht dass die Presse die Maschinen des Todes in Bewegung setzte – aber dass sie unser Herz ausgehöhlt hat, uns nicht mehr vorstellen zu können, wie das wäre: das ist ihre Kriegsschuld!“[2]
Anhand diverser Textbeispiele aus Karl Kraus` Drama „Die letzten Tage der Menschheit“ wird zu untersuchen sein, in wiefern diese neuen Formen der gesellschaftlichen Kommunikation und ganz besonders die Presse bzw. die Presse-Propaganda eine Mitschuld bzw. eine Mitverantwortung am ersten Weltkrieg trägt. Ferner wird noch zu untersuchen sein, in wieweit die Medienpolitik des ersten Weltkrieges mit der nordamerikanischen Medienpolitik während der letzten Irak Krieges zu vergleichen ist.
Im zweiten Teil stellt sich die Fragestellung in wieweit man Jurij M. Lotmans „Raumsemantik“ auf Karl Kraus` Drama „Die letzten Tage der Menschheit“ anwenden kann und in welchen Maas eine Oppositionierung semantischer Räume ein Grundbestandteil bzw. ein anthropologisches Grundmuster ist um Feindbilder zu kreieren.
2. Stand der Medienpolitik in ersten Weltkrieg
Wann immer von einem gerade stattfindenden Krieg berichtet wurde und wird, hat sich die Berichterstattung der neusten Medien bedient. Kaum war das Drucken erfunden, wurde das neuste Medium, die „Neuen Zeitungen“ (unperiodische Einblattdrucke zu aktuellen Ereignissen), für Kriegsnachrichten in Text und – gar nicht selten – in Bild genutzt.
Aufgrund des Aktualitätsphänomens ließen sie sich blendend verkaufen.[3]
Seit Anfang des ersten Weltkrieges wurde fast jede ältere sowie fast jede neuere Form gesellschaftlicher Kommunikation gezielt instrumentalisiert und in das System der Militärmaschinerie integriert.
Besonders Karikaturen, Flugblätter und Plakate wurden zunehmend dafür ausgenutzt eine verzerrte, im Falle der Karikaturen sogar verunmenschlichende, Darstellung des Feindes zu übermitteln. Andere Kommunikationsformen wie Fotografien, Dokumentarfilme, Radio bzw. Rundfunkübertragungen und vor allem Zeitungsberichte dienten hauptsächlich dazu das eigene Machtpotential zur Schau zu stellen und mit Hilfe falscher Tatsachenberichte, Übertreibungen und Verschweigen bestimmter Geschehnisse ein bestimmtes Feindbild zu propagieren.
Die Jahre von 1914 bis 1918 waren aus Kommunikationstechnischer Sicht bereits sehr fortgeschritten. Der Dokumentarfilm (1903 führte Messter in Berlin erstmalig die Verbindung seines „Kosmographen“ mit dem Grammophon öffentlich vor und seit 1916 wurden Versuche von Ruhmers mit Lichttelephonie fruchtbar)[4] sowie die Fotografie erfreuten sich einer ungeheuren Beliebtheit in der Bevölkerung. Nichtsdestotrotz sind die Zeitungen und Flugblätter die wichtigsten und beliebtesten Medien dieser Zeit, obwohl eine große Anzahl von den in deutscher Sprache herausgegebenen Zeitungen und Zeitschriften seit Ausbruch des Krieges ihr Erscheinen einstellen mussten. Bildpostkarten, Plakate und Fotografien waren ebenfalls sehr verbreitet und beschränkten sich in der Auswahl ihrer Motive fast ausschließlich auf Abbildungen stolzer, tapferer und gesunder Frontsoldaten.
Karl Kraus führt in dem Anhang des Dramas „Die letzten Tage der Menschheit“ erschienen in der Ausgabe des Suhrkamp Verlages auf den Seiten 793, 794 und 795 einige Bilder auf, die diese Glorifizierung der Soldaten veranschaulicht und die mit der grausamen Realität des Krieges nichts mehr zu tun haben.
Eine weitere ebenfalls sehr verbreitete neuere Form gesellschaftlicher Kommunikation bildeten die Karikaturen. Diese erschienen häufig in allgemeinen Zeitungen hauptsächlich jedoch in Kriegszeitungen (z.B. Kriegszeitung der 7. Armee, Kriegsblatt der 11. Armee, etc.). Der Vorteil dieses Mediums lag auf der Hand: Im Gegensatz zu den Fotografien hatten die Karikaturen den Vorteil den Feind bildlich zu verunstalten. Man hatte die Möglichkeit den Feind bzw. ganze Nationen auf eine hässliche Fratze zu reduzieren mit derer man eine Lenkung des Zorns gegen den Feind bewirken konnte.
[...]
[1] Quandt, S. u. Schichtel, H.: „Der erste Weltkrieg als Kommunikationsereignis“, S.5.
[2] Karl Kraus: „Die letzten Tage der Menschheit“, S.677.
[3] Österreichische Gesellschaft für Kommunikationsfragen: „Medien im Krieg“, S.38.
[4] Der große Brockhaus, Band 4, S.84.
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- M.A. Oliver Kneip (Author), 2003, Technik und Medien: Presse-Propaganda und Masse; neue Formen gesellschaftlicher Kommunikation im ersten Weltkrieg, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/172241
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