Dem französischen Filmwissenschaftler Michael Chion, insbesondere seinem einflussreichen Werk „L´Audio-vision“, ist es zu verdanken, dass in den Medienwissenschaften eine extensive und differenzierte Beschäftigung mit der zuvor stark vernachlässigten und unterbewerteten Tonspur eingeleitet wurde. Dass die Tonspur in den Medienwissenschaften über Jahrzehnte nicht bzw. nur vereinzelt zum Untersuchungsgegenstand erhoben wurde, erklärt sich anfänglich durch die historische Entwicklung des Films . Zum einen versuchte sich die neue Kunstgattung zunächst von den anderen Künsten primär als eine Kunst der bewegten Bilder abzugrenzen. Zum anderen hatte der Film bis zum Ende der 1920er Jahre de facto noch keine Tonspur. Mit der Einführung des Tonfilms wurde dem Ton zunächst zwar eine größere Beachtung und Bedeutung zugemessen, jedoch bestand im öffentlichen und wissenschaftlichen Diskurs über weitere fünf Jahrzehnte Konsens darüber, dem Bild das Primat des Filmischen zuzusprechen.
Erst mit der Ende der 1970er Jahre vollzogenen Einführung des Dolby-Stereo-Tonsystems, das zum Synonym für ein spektakuläres Kinoerlebnis avancierte, wurde die Vormachtsstellung des Bildes wieder in Frage gestellt und eine neue öffentliche Debatte darüber entfacht, was für den Film bedeutsamer sei: das Bild oder der Ton? Durch Chions Werk „L´Audio-vision“ wurde diese einseitige Diskussion durchbrochen und der Forschungsschwerpunkt vielmehr auf die wechselseitigen Einflüsse von Bild und Ton auf die filmische Bedeutungskonstitution ausgerichtet.
Thema meiner Arbeit soll es sein, die Funktion und Bedeutung des Tons sowie das Verhältnis von Ton und Bild und deren gegenseitige wechselseitige Einflüsse in der verhältnismäßig noch wenig erforschten Gattung der Videokunst zu untersuchen. Im Vorfeld möchte ich zunächst die charakteristischen Merkmale der Kunstgattungen Video und Videoinstallation in Abgrenzung zum Film herausarbeiten, um daraus bereits mögliche Differenzen in Bezug auf die Tonspur im Video ableiten zu können. Analysegegenstand meiner Arbeit ist die Tonspur in den beiden Videoinstallationen „Vorstadthirn“ und „Extremitäten (weich, weich)“ der Schweizer Videokünstlerin Pipilotti Rist. Beide Installationen stammen aus dem Jahr 1999, wobei ich mich in meiner Analyse konkret auf die Konzeption beziehe, die im Jahr 2005 im Berliner Museum „Hamburger Bahnhof“ gezeigt wurde.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Vergleich der Kunstgattungen Film und Video/Videoinstallation
- Analyse der Tonspur in der Videoinstallation „Vorstadthirn“
- Analyse der Tonspur in der Videoinstallation „Extremitäten (weich, weich)“
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der Analyse der Tonspur in den Videoinstallationen „Vorstadthirn“ und „Extremitäten (weich, weich)“ von Pipilotti Rist. Dabei werden die spezifischen klanglichen Elemente der beiden Werke im Kontext der Film- und Videokunst untersucht, wobei insbesondere die Frage nach dem Verhältnis von Bild und Ton im Fokus steht.
- Die Rolle des Tons in der Videokunst
- Die Beziehung zwischen Bild und Ton in den Videoinstallationen
- Der Einfluss des Tons auf die Rezeption der Werke
- Die Bedeutung von Sound Design in der Videoinstallation
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Forschungsfrage der Arbeit vor und führt in die Bedeutung des Tons im Kontext des Films und der Videokunst ein. Sie beleuchtet die Entwicklung der Tonspur in der Filmgeschichte und die verschiedenen Ansätze zur Analyse von Bild und Ton.
- Vergleich der Kunstgattungen Film und Video/Videoinstallation: Dieses Kapitel beleuchtet die spezifischen Merkmale des Films und der Video/Videoinstallation und untersucht, wie sich die Rolle des Tons in den beiden Kunstgattungen unterscheidet.
- Analyse der Tonspur in der Videoinstallation „Vorstadthirn“: In diesem Kapitel wird die Tonspur der Videoinstallation „Vorstadthirn“ von Pipilotti Rist analysiert. Es werden die klanglichen Elemente, die Funktion des Tons im Kontext des Bildes und der Einfluss des Tons auf die Rezeption des Werkes beleuchtet.
- Analyse der Tonspur in der Videoinstallation „Extremitäten (weich, weich)“: Dieses Kapitel befasst sich mit der Tonspur der Videoinstallation „Extremitäten (weich, weich)“ von Pipilotti Rist und untersucht die klanglichen Elemente, die Funktion des Tons im Kontext des Bildes und den Einfluss des Tons auf die Rezeption des Werkes.
Schlüsselwörter
Videoinstallation, Pipilotti Rist, Tonspur, Bild und Ton, Sound Design, Film- und Videokunst, Rezeption, Bedeutungskonstitution.
- Quote paper
- Nicole Mühlhausen (Author), 2005, Analyse des Tons in den Video-Installationen "Vorstadthirn" und "Extremitäten (weich, weich)" von Pipilotti Rist, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/171984