Am 11. September wurde der bis dahin verheerendste Terroranschlag der Geschichte verübt.
Mehrere Verkehrsflugzeuge wurden entführt und in selbstmörderischen Aktionen in die beiden Türme des World Trade Centers geflogen, was die Wolkenkratzer zum Einsturz brachte und tausende Menschen tötete. Eine weitere Maschine wurde ins Pentagon gesteuert, die vierte entführte Maschine sollte wahrscheinlich das Weiße Haus treffen, stürzte aber aufgrund eines Kampfes zwischen Entführern und Passagieren, die inzwischen von den anderen Anschlägen erfahren hatten, auf freiem Feld bei Shanksville, Pennsilvania ab.
Nicht nur die Zahl der Opfer, 3066 Menschen verloren durch die Anschläge ihr Leben, sondern auch die Symbolik der ausgewählten Ziele und die mediale Multiplikation der Ereignisse könnten die Anschläge zu einem historischen Schlüsselereignis – vergleichbar dem Fall der Mauer oder dem Ende des II. Weltkrieges – machen.
Von der damaligen US-Regierung unter Präsident George Bush wurden die Anschläge als Kriegserklärung begriffen, was diese ihrerseits veranlasste, einen War on Terror auszurufen. Dieser sollte nicht nur den Terroristen und ihren Netzwerken gelten, sondern auch jenen, „who harbor them and feed them and house them“ . Gemeint war mit letzterem insbesondere das afghanische Taliban-Regime, dass im Verdacht stand, dem al-Qaida Terrornetzwerk einen Rückzugsraum zu bieten. Inwieweit auch tatsächlich mutmaßliche Verbindungen zwischen Saddam Hussein und islamistischen Terrororganisationen Grund für den Irak-Krieg waren, oder ob diese nie bewiesenen Verbindungen nur Vorwände für einen lange gewollten und geplanten Einmarsch waren , soll hier nicht weiter geklärt werden. Vielmehr soll ein genauer Blick auf die Mittel geworfen werden, mit denen der War on Terror im Innern geführt wurde. Insbesondere mit Blick auf die Vorgehensweise der Bush-Administration im Vergleich zu dem Verhalten der neuen Regierung unter Präsident Barack Obama.
Dr. Stephan Büsching*
Der Kampf gegen den Terrorismus unter den Bedingungen des Rechtsstaates in den Vereinigten Staaten
Am 11. September wurde der bis dahin verheerendste Terroranschlag der Geschichte verübt.
Mehrere Verkehrsflugzeuge wurden entführt und in selbstmörderischen Aktionen in die beiden Türme des World Trade Centers geflogen, was die Wolkenkratzer zum Einsturz brachte und tausende Menschen tötete. Eine weitere Maschine wurde ins Pentagon gesteuert, die vierte entführte Maschine sollte wahrscheinlich das Weiße Haus treffen, stürzte aber aufgrund eines Kampfes zwischen Entführern und Passagieren, die inzwischen von den anderen Anschlägen erfahren hatten, auf freiem Feld bei Shanksville, Pennsilvania ab.
Nicht nur die Zahl der Opfer, 3066 Menschen verloren durch die Anschläge ihr Leben, sondern auch die Symbolik der ausgewählten Ziele und die mediale Multiplikation der Ereignisse könnten die Anschläge zu einem historischen Schlüsselereignis – vergleichbar dem Fall der Mauer oder dem Ende des II. Weltkrieges – machen.
Von der damaligen US-Regierung unter Präsident George Bush wurden die Anschläge als Kriegserklärung begriffen, was diese ihrerseits veranlasste, einen War on Terror auszurufen. Dieser sollte nicht nur den Terroristen und ihren Netzwerken gelten, sondern auch jenen, „who harbor them and feed them and house them“[1]. Gemeint war mit letzterem insbesondere das afghanische Taliban-Regime, dass im Verdacht stand, dem al-Qaida Terrornetzwerk einen Rückzugsraum zu bieten. Inwieweit auch tatsächlich mutmaßliche Verbindungen zwischen Saddam Hussein und islamistischen Terrororganisationen Grund für den Irak-Krieg waren, oder ob diese nie bewiesenen Verbindungen nur Vorwände für einen lange gewollten und geplanten Einmarsch waren[2], soll hier nicht weiter geklärt werden. Vielmehr soll ein genauer Blick auf die Mittel geworfen werden, mit denen der War on Terror im Innern geführt wurde. Insbesondere mit Blick auf die Vorgehensweise der Bush-Administration im Vergleich zu dem Verhalten der neuen Regierung unter Präsident Barack Obama.
I. Die Sicherheitspolitik unter Präsident Bush
Am 18. September 2001, eine Woche nach den Anschlägen, verabschiedete der US-Kongress eine Resolution, die Authorization for Use of Military Force (AUMF), die den Präsidenten ermächtigte, „to use all necessary and appropriate force against those nations, organizations, or persons he determines planned, authorized, committed, or aided the terrorist attacks that occurred on September 11, 2001...”[3]. Von der Bush-Administration wurde die AUMF als Generalvollmacht für eine Reihe von Maßnahmen verstanden, die dem Wortlaut und dem Geist von nationalem und internationalem Recht zuwiderlief. Sowohl ein geheimes NSA-Programm, bei dem ohne richterliche Kontrolle die elektronische Kommunikation einer Vielzahl von Personen und Institutionen überwacht wurde[4], wie auch die Etablierung von CIA-Geheimgefängnissen, in denen Terrorverdächtige vollkommen vorbei an jeder juristischen oder öffentlichen Kontrolle gefangengehalten wurden[5], auch die Einrichtung eines Militärtribunals zur Aburteilung terrorverdächtiger Ausländer auf Veranlassung des Präsidenten[6], obwohl die US-Verfassung nur dem Kongress die Einrichtung von Sondergerichten gestattet[7], bis hin zur dauerhaften Inhaftierung von US-Staatsbürgern ohne Anklage und regulärem Prozess wurden mit der AUMF gerechtfertigt.[8] Was die Folterfrage angeht, so gab es im US-Justizministerium zeitweise eine Art Wettlauf darum, wer die Rechtsauslegung schreibt, die den US-Behörden bei der Vernehmung von Verdächtigen den größtmöglichen Spielraum einräumt. Berühmt geworden ist dabei das Bybee-Memorandum, wonach der Präsident jede Verhörmethode genehmigen darf, bei der der Verhaftete nicht stirbt oder bleibende psychische Schäden erleidet.[9] In der Praxis führte das dann dazu, dass tatsächlich folterähnliche Verhörmethoden, wie das waterboarding, bei dem der Verdächtige immer wieder unter Wasser getaucht wird und kurz vor dem Ertrinken wieder hochgeholt und befragt wird, angewandt wurden.[10]
In der Reaktion auf die Anschläge ging die Bush-Administration noch über den rechtlichen Rahmen hinaus, der ihr von dem USA PATRIOT Act[11] gesteckt wurde. Der PATRIOT Act wurde kurz nach den Anschlägen vom 11. September in den Kongress eingebracht und im Schnellverfahren nach 3-tägiger Debatte durch den Kongress gebracht. Hierbei muss man wissen, dass die Abgeordneten so kurz nach den Anschlägen unter enormen Handlungsdruck standen. Der Tenor war, dass jeder, der die Verabschiedung des Gesetzespaketes verzögert, damit den Terroristen helfen würde.[12] Der USA-PATRIOT Act wurde überwiegend im Justizministerium ausgearbeitet, weshalb es nicht weiter verwunderlich sein dürfte, dass er sich wie die Abarbeitung einer Wunschliste von Ermittlungsbehörden liest. Er beinhaltet Gesetzesvorhaben, die seit Jahren im Kongress debattiert wurden, aber vor dem 11. September keine ausreichende Unterstützung fanden.[13]
Der PATRIOT-Act erweitert die Befugnisse staatlicher Ermittlungsbehörden nicht unerheblich. So macht das Gesetz beispielsweise die richterliche Kontrolle der Aufzeichnung von elektronischen Verbindungsdaten zur reinen Formsache. Sofern ein Staatsanwalt eine entsprechende Ermittlungsmaßnahme für nötig erachtet, muss diese auch von einem Richter ohne weitere Anhörung genehmigt werden. Dies bezieht sich aber ausdrücklich nicht auf die Aufzeichnung von Gesprächsinhalten, die nach wie vor einer richterlichen Genehmigung bedarf.[14] Das NSA-Abhörprogramm ist somit nicht durch den PATRIOT Act gedeckt! Ebensowenig erlaubt der PATRIOT-Act die dauerhafte Inhaftierung von terrorverdächtige US-Staatsbürgern ohne Anklageerhebung, wie im Fall von Jose Padilla und Yaeser Hamdan geschehen.[15] Was das Gesetzespaket tatsächlich ermöglicht ist die dauerhafte Inhaftierung terrorverdächtiger Ausländer ohne Anklageerhebung auf Befehl des Attorney Generals [16], hierauf griff die US-Regierung aber bisher noch nicht zurück. Zwar wurden nach den Anschlägen tausende Ausländer, meist Männer arabischer Herkunft, verhaftet, dies geschah aber immer unter irgendwelchen Vorwänden, meist kleinerer Visaverstöße, um die Inhaftierten anschließend auf Verbindungen zu Terrororganisation zu durchleuchten, ohne dass ein konkreter Verdacht vorlag.[17] Vermutlich verzichtete die US-Regierung auf diese Möglichkeit, die ihr der PATRIOT-Act bot, weil gegen eine Verhaftung ohne formelle Anklageerhebung der Inhaftierte auf Habeas Corpus klagen könnte. Dies könnte einen wichtigen Teil des Gesetzespaketes zum Gegenstand einer höchstrichterlichen Prüfung machen, woran die Regierung kein Interesse gehabt haben dürfte.[18] Auch die Betreibung von Geheimgefängnissen durch die CIA hatte ebenso wie die Anwendung folterartiger Verhörmethoden keine Rechtsgrundlage im USA-PATRIOT Act, sondern wurden ohne Rücksicht auf nationales oder internationales Recht durchgeführt.
[...]
* Der Verfasser arbeitet als freier Publizist
[1] Pressekonferenz des Präsidenten Bush, Außenministers Powell und Justizministers Ashcroft vom 15.9.2001, http://www.whitehouse.gov/news/ releases/2001/09/20010915-5.html v.a.5.02.2004
[2] Vgl. Bob Woodward, Bush at War, Stuttgard 2003
[3] Authorization for Use of Military Force, Pub. L. No. 107-40, § 2(a), 115 Stat. 224
[4] Vgl. James Risen und Eric Lichtblau, Bush Lets US Spy on Callers Without Courts, New York Times, 16.12.2005, S. A1/A 16, sowie Erich Lichtblau, James Risen, Bank Data Is Sifted by US in Secret to Block Terror, NewYork Times, 23.06.2006, S. A01
[5] Vgl. Dana Priest, CIA holds Terror Suspects in Secret Prisons, Washington Post, 2.11.2005, S. A01
[6] http://www:defenselink.mil/news/Jul2004/d24040707factsheed.pdf v.a 3.12. 2005
[7] Art. I Abs. 8 US Const.
[8] Vgl. Stephan Büsching, Rechtsstaat und Terrorismus, Untersuchung der sicherheitspolitischen Reaktion der USA, Deutschlands und Großbritanniens auf den internationalen Terrorismus, Frankfurt am Main 2010, S. 72-76
[9] Vgl. Katja Gelinsky, Die Folter-Debatte in der amerikanischen Regierung, FAZ, 9.07.2004, S.6
[10] Der amerikanische Fernsehsender ABC wurde von ehemaligen und noch aktiven CIA Agenten, die der Meinung waren, dass „the public needs to know the direction their agency has chosen“ über derartige Verhörmethoden informiert. http://abcnews.go.com/WNT/Investigation/story?id=1322866, v.a. 17.03.2005
[11] U niting and S trengthing A merika by P roviding A ppropriate T ools R equired to I ntercept and O bstruct T errorism Act of 2001, Pub.L.Nr. 107-157
[12] Vgl. Walter M. Brassch, America’s Unpatriotic Acts, The Federal Government’s Violation of Constitutional and Civil Rights, New York 2005, S. 5, sowie S. Büsching, a.a.O., S. 41
[13] Vgl. William Crotty, On the Home Front: Institutional Mobilization to Fight the Threat of International Terrorism, in: William Crotty (Hg.): The Politics of Terror, The U.S. Response to 9/11, Boston 2004, S. 195-198
[14] Sec. 216 USA PATRIOT Act
[15] Vgl S. Büsching, a.a.O., S. 70-74
[16] Sec. 412 USA PATRIOT Act
[17] Vgl. David Cole, Enemy Aliens, Double Standards And Constitutional Freedoms In The War On Terror, New York 2004, S.25 ff.
[18] Vgl. S. Büsching, a.a.O., S.52
- Quote paper
- Dr. Stephan Büsching (Author), 2011, Der Kampf gegen den Terrorismus unter den Bedingungen des Rechtsstaates in den Vereinigten Staaten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/171687
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