„Das Leben ist für die meisten Menschen wie eine kontinuierliche Achterbahnfahrt aus
Freuden und Sorgen, guten und schlechten Zeiten. Wenn jedoch die „Täler“ oder auch
die „Höhen“ um mehr als einige Wochen überwiegen und Schwierigkeiten auftreten,
mit den Alltagsaktivitäten fertig zu werden, könnte es sein, dass sich eine häufige und
dennoch sehr ernsthafte Erkrankung eingestellt hat: eine klinische Depression.“1
Die Depression als psychische Störung, begleitet durch Gefühle von Minderwertigkeit,
Trauer und Hoffnungslosigkeit, bedeutet auch für Menschen an der Schwelle zum 21.
Jahrhundert noch immer eine schmerzvolle Form der Stigmatisierung. An einer länger
andauernden schwerwiegenden Krankheit zu leiden, gleich welcher Art, ist im Zeitalter
von permanent präsenten Medienrealitäten mit überzeichneten Manifestationen von
perfekter Lebensbewältigung generell nur schwer zu ertragen und gilt als Zeichen
persönlicher Schwäche.
Gleichwohl gibt es nur wenige vergleichbare Leiden, deren gesellschaftliche Akzeptanz
derart niedrig ist, wie die der Depression. Einer handfesten organischen Erkrankung
wird im sozialen Umfeld in aller Regel mit Verständnis und Anteilnahme begegnet.
Depressive Menschen hingegen sehen sich häufig mit dem sie zusätzlich belastenden
Problem konfrontiert, zwischen zwei Art und Weisen im Umgang mit der Krankheit
entscheiden zu müssen, welche beide in der Konsequenz oftmals eine Verstärkung ihrer
depressiven Symptome mit sich bringen. Entweder, sie entscheiden sich für den
verhängnisvollen Weg der Krankheitsoffenbarung gegenüber ihrem gesellschaftlichen
Kontext oder sie reagieren auf die Symptome der Erkrankung mit sukzessivem sozialem
Rückzug. Welcher Weg auch beschritten werden mag, seine Folge ist nicht selten eine
weitreichende Isolation, die in aller Regel zu einer nachhaltigen Verstärkung der
Symptome führt.
Depression als ernstzunehmende Krankheit betrifft Männer und Frauen aller
Altersgruppen und Gesellschaftsschichten. Statistiken, denen zufolge mehr Frauen als
Männer unter Depressionen leiden, lassen sich nach Erkenntnissen neuerer Forschung
dadurch erklären, dass diese Störung bei Männern häufig nicht diagnostiziert wird,
obwohl sie vorhanden ist, da Männer offenkundig bei Problemen nicht so schnell Hilfe
suchen. Ähnlich lassen sich die Ergebnisse im Bereich der Kinder- und
Jugendpsychiatrie bewerten: [...]
1 Vgl. Flach, F.F. 2000.
Inhaltsübersicht
1. Einführung
1.1 Zur Phänomenologie klinischer Depression
2. Diagnose und Behandlung depressiver Zustände
2.1 Historischer Exkurs in die Therapieansätze und die Schockbehandlung
2.2 Die Psychotherapie
2.3 Psychopharmakologische Behandlung: Die Revolution der Antidepressiva
2.3.1 Zur Wirkungsweise antidepressiver Medikamente
3. Abschlussbetrachtung und Ausblick
4. Bibliographie
5. Abbildungsnachweis
1. Einführung
„Das Leben ist für die meisten Menschen wie eine kontinuierliche Achterbahnfahrt aus Freuden und Sorgen, guten und schlechten Zeiten. Wenn jedoch die „Täler“ oder auch die „Höhen“ um mehr als einige Wochen überwiegen und Schwierigkeiten auftreten, mit den Alltagsaktivitäten fertig zu werden, könnte es sein, dass sich eine häufige und dennoch sehr ernsthafte Erkrankung eingestellt hat: eine klinische Depression.“1 Die Depression als psychische Störung, begleitet durch Gefühle von Minderwertigkeit, Trauer und Hoffnungslosigkeit, bedeutet auch für Menschen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert noch immer eine schmerzvolle Form der Stigmatisierung. An einer länger andauernden schwerwiegenden Krankheit zu leiden, gleich welcher Art, ist im Zeitalter von permanent präsenten Medienrealitäten mit überzeichneten Manifestationen von perfekter Lebensbewältigung generell nur schwer zu ertragen und gilt als Zeichen persönlicher Schwäche.
Gleichwohl gibt es nur wenige vergleichbare Leiden, deren gesellschaftliche Akzeptanz derart niedrig ist, wie die der Depression. Einer handfesten organischen Erkrankung wird im sozialen Umfeld in aller Regel mit Verständnis und Anteilnahme begegnet. Depressive Menschen hingegen sehen sich häufig mit dem sie zusätzlich belastenden Problem konfrontiert, zwischen zwei Art und Weisen im Umgang mit der Krankheit entscheiden zu müssen, welche beide in der Konsequenz oftmals eine Verstärkung ihrer depressiven Symptome mit sich bringen. Entweder, sie entscheiden sich für den verhängnisvollen Weg der Krankheitsoffenbarung gegenüber ihrem gesellschaftlichen Kontext oder sie reagieren auf die Symptome der Erkrankung mit sukzessivem sozialem Rückzug. Welcher Weg auch beschritten werden mag, seine Folge ist nicht selten eine weitreichende Isolation, die in aller Regel zu einer nachhaltigen Verstärkung der Symptome führt.
Depression als ernstzunehmende Krankheit betrifft Männer und Frauen aller Altersgruppen und Gesellschaftsschichten. Statistiken, denen zufolge mehr Frauen als Männer unter Depressionen leiden, lassen sich nach Erkenntnissen neuerer Forschung dadurch erklären, dass diese Störung bei Männern häufig nicht diagnostiziert wird, obwohl sie vorhanden ist, da Männer offenkundig bei Problemen nicht so schnell Hilfe suchen. Ähnlich lassen sich die Ergebnisse im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie bewerten: zwischen Leistungsdruck in Schule und Elternhaus, mangelnder emotionaler Bezugsmöglichkeiten und dem Bestehen im rauen Alltag von Cliquenwirtschaft und Kampfordnung im Klassenverband geraten zahlreiche Kinder und Jugendliche in psychische Konfliktsituationen, die das Entstehen von Depressionen begünstigen können. Nicht nur diese Vorbedingungen sondern auch die sich anschließende Manifestation in Form einer psychischen Störung bleiben nicht selten unentdeckt. Mangelnde diagnostische Kompetenz von Lehrkräften und Betreuungspersonen sowie Unkenntnis auf Seiten der Erziehungsberechtigten ebnen der weiteren unerkannten Entwicklung einer klinischen Depression den Weg. Ohne Behandlung jedoch, kann eine Depression nicht nur bei Kindern und Jugendlichen zu einer lebensbedrohlichen Erkrankung werden.
Die Ursachen und Auslöser klinischer Depressionen werden seit Jahren erforscht. Inzwischen gelten fünf Hauptkriterien als gesichert.
Vieles deutet darauf hin, dass die Anlage zu einer depressiven Störung vererbt wird. In Familien, in welchen bereits depressive Erkrankungen aufgetreten sind, vervielfacht sich die Wahrscheinlichkeit eine depressive Störung zu entwickeln, im Vergleich zum Durchschnitt der Bevölkerung. Kinder mit einem an einer Depression erkrankten Elternteil tragen aktuellen Auswertungen zufolge ein 10 - 13 % höheres Risiko2. Hirnorganische und biochemische Ursachen gelten in Fachkreisen als häufigstes Ausgangskriterium. Die Konzentration bestimmter Botenstoffe im Gehirn, die als Neurotransmitter bezeichnet werden, befindet sich bei depressiven Personen im Ungleichgewicht. Die beiden Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin sind häufig an der Entstehung einer Angststörung und Depressionen3 beteiligt. Auch durch pathologische Fremdeinflüsse am Zentralnervensystem4 kann die Reizweiterleitung gestört oder teilweise unterbrochen werden und somit depressiven Störungen Vorschub leisten.
Eine Reihe von chronischen Grunderkrankungen5 gelten insbesondere bei Menschen fortgeschritteneren Alters ebenfalls als Auslöser. Die Symptome können entweder mit emotionalen oder subjektiven Reaktionen dieser Menschen auf ihre medizinische Grunderkrankung zusammenhängen, oder aber der bzw. die Betroffene leidet in der Folge an einer behandlungsbedürftigen Major Depression6.
Auch Erwachsene und Kinder mit negativ belasteten Persönlichkeiten, wie übertriebenem Pessimismus, negativen Denkmuster oder geringer Selbstachtung tragen ein erhöhtes Risiko für das Auftreten einer klinischen Depression.
Schließlich stehen ungünstige soziale Faktoren und Umwelteinflüsse im Verdacht, depressive Störungen zu begünstigen oder zu verursachen. Untersuchungen weisen darauf hin, dass negative Lebensereignisse oder Schicksalsschläge sowie auch Alltagsstress unsichtbare Auswirkungen auf die Psyche besitzen7.
Obwohl einige Personengruppen ein erhöhtes Risiko tragen, kann jedoch grundsätzlich jeder Mensch auch ohne spezifische erkennbare Gründe an einer Depression erkranken. Der erste Schritt zu einer angemessenen Behandlung stellt in jedem Fall eine vollständige körperliche Untersuchung durch einen Allgemeinmediziner bzw. Facharzt dar.
Die vorliegende Darstellung widmet sich nach einem kurzen Abriss zur Phänomenologie der Depression einem historischen Exkurs in die ersten Behandlungsansätze depressiver Störungen. Anschließend werden die gegenwärtigen Behandlungsmethoden, die Schockbehandlung, der Psychotherapie und der Medikation mit Psychopharmaka, im Spektrum illustriert und erläutert. Die Arbeit schließt mit einer skizzenartigen Gegenüberstellung und Bewertung der verschiedenen Therapieansätze.
1.1 Zur Phänomenologie klinischer Depression
Depressionen dürfen nicht mit vorübergehenden Gemütszuständen gleichgesetzt werden, denen man entfliehen kann. Sie sind als Ganzkörper - Erkrankungen durch eine Kombination aus Gefühlen, Gedanken und Verhaltensweisen gekennzeichnet. Ähnlich einer längeren Phase der Traurigkeit ruft eine Depression Gefühle von Gleichgültigkeit, Leere, Wertlosigkeit und Apathie hervor, sowie einen Verlust der Freude an täglichen Aktivitäten. Weiterhin gehen mit ihr extreme Reizbarkeiten, Ess- und Schlafstörungen einher. Interessanterweise treten bei ein und derselben Erkrankung häufig unterschiedliche Symptome auf, auch weisen nicht sämtliche Erkrankten die typischen Anzeichen auf. Die Diagnose Depression wird nur dann gestellt, wenn die Erscheinungen nicht durch andere Störungen hervorgerufen werden.
Es werden zwei Hauptformen der Depression unterschieden: Die monopolare depressive Erkrankung ist durch ausnahmslos depressive Episoden gekennzeichnet. In der bipolaren Störung8 wechseln sich depressive und manische Episoden ab. Bei beiden Formen herrscht fast immer Niedergeschlagenheit vor, die den Patienten oftmals gar nicht bewusst ist. Kennzeichnend für die Major Depression und die depressive Phase der bipolaren Störung ist der Interessenverlust an gewohnten Aktivitäten. Appetitverlust oder Heißhunger, Konzentrationsunfähigkeit und verlangsamtes Denken sind ebenso verbreitet, wie verringertes sexuelles Interesse9 oder Suizidgedanken.
In der manischen Phase der bipolaren Störung befindet sich der Erkrankte10 in gehobener und überschwänglicher Stimmung. Bizarres und sozial nicht akzeptables Benehmen, sowie ein Mangel an Urteilsvermögen sowie Größenwahn determinieren sein Verhalten.
2. Diagnose und Behandlung depressiver Zustände
2.1 Historischer Exkurs in die Therapieansätze und die Schockbehandlung
Die ersten aktiven Maßnahmen zur Behandlung klinischer Depressionen waren Schocktherapien. Diese wurden nicht aus der Erkenntnis des Wesens und der Ursachen der Depression entwickelt, sondern durch vage Analogiebildungen gefunden.11 Aufgrund fehlendem theoretischem Verständnis und mangelnden therapeutischen Ansätzen erfolgte lange Zeit ein Experimentieren mit dem medikamentös erzeugten Cardiazolschock12, der Insulinbehandlung13 und der Elektroschocktherapie14. Als Hintergrund diente die Erfahrung, dass die meisten Patienten, welche an Epilepsie oder einer psychischen Erkrankung litten, nach dem Durchleben eines Anfalls oftmals eine Verbesserung ihrer depressiven Begleiterscheinungen oder anderen psychischen Störungen verspürten.
Die Schocktherapie zielt darauf ab, durch Insulingabe, Medikamente oder Einwirken elektrischen Stromes einen solchen Anfall künstlich herbeizuführen. Im Spektrum der heutigen Therapiemöglichkeiten nimmt die Schocktherapie aufgrund der unangenehmen Begleiterscheinungen, wie z.B. Knochenbrüchen durch heftiges unkontrolliertes Umherschleudern von Gliedmaßen, nur noch einen kleinen Bereich ein. Insbesondere bei Indikation der Melancholie erfolgen noch kontrollierte Elektroschocks mit Millisekunden elektrischen Stromes. Nach drei bis sechs Behandlungen sprechen schwermütige Patienten in der Regel von Besserung. Dies stellt gleichzeitig den Beweis für die Richtigkeit der Diagnose Melancholie dar, da nur bei dieser Indikation die Schocktherapie als Erfolg versprechend erscheint.
Weiterer Nachteil künstlich ausgelöster Anfälle ist eine intensive und zum Teil nachhaltige Minderung intellektueller Fähigkeiten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Überblick über das gegenwärtige Behandlungsspektrum depressiver Störungen
[...]
1 Vgl. Flach, F.F. 2000.
2 vgl. Gotlib / Hammen. Psychological Aspects of Depression.
3 solche Depressionen werden als endogen bezeichnet.
4 beispielsweise Unfallereignisse oder Tumore im Hirnbereich.
5 hier zu denke wäre beispielsweise an Diabetes, Schlaganfälle, Krebserkrankungen, hormonelle Störungen usw.
6 Depression als eigenständige Erkrankung im Vergleich zum vorübergehenden Auftreten depressiver Symptome, z.B. nach emotionalen Rückschlägen.
7 Der entsprechende Terminus hierfür lautet exogene Depression.
8 Neuere Terminologie für manisch - depressiv.
9 Nach Flach, F. F. ist das sexuelle Verlangen einer der wichtigsten Gradmesser für die psychische Verfassung eines depressiven Patienten.
10 Männliche und weibliche Bezeichnung werden geschlechtsunabhängig nebeneinander, nacheinander oder gleichzeitig verwendet. Die gewählte Form ist somit nicht als geschlechtsdifferenzierte Aussage zu verstehen. Andernfalls wird an entsprechender Stelle gesondert darauf hingewiesen.
11 Vgl. Bahle, J. 1976.
12 nach E.v.Meduna.
13 von Sackel erstmals eingeführt.
14 Nach Cerletti.
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