Einleitung
Obwohl das Doppelportal an der Südseite des Straßburger Münsters durch sein Bildprogramm eigentlich das bedeutendste Tor an der Kirche sein müsste, da sie Maria geweiht wurde, gilt die größte Beachtung der Gläubigen, aber auch der kunstgeschichtlich interessierten Besucher meistens dem imposanten Westwerk. Doch hatten nicht alle Zeitströmungen in der Geschichte einen bewundernden Blick auf das Bauwerk geworfen. Heute stehen wir vor einem Architekturdenkmal an dem man nicht nur Merkmale der Epochen Romanik und Gotik auseinander dividieren muss, sondern auch Mittelalterliches von neuzeitlicher Nachschöpfung scharf zu trennen hat, nachdem viele Skulpturen nicht nur durch Umwelteinflüsse vergangen sind, sondern auch durch die französische Revolution und deren neuen geistesgeschichtlichen Denkanstöße zerstört wurden.
Doch reicht es nicht aus, die Bildhauerarbeiten des Südportals nur untereinander betrachten. Der thematische Vergleich mit den etwas früheren Sakralbauten Frankreichs und den späteren Deutschlands läßt nicht nur erkennen, daß Strassburg eine künstlerisch- darstellerische Vorreiterrolle besitzt sondern auch durch die plastische und somit haptische Verbildlichung der Metaphern Ecclesia und Synagoge eine Art Modewelle lostritt.
Dieser „künstlerische Fortschritt“ wurde in der Neuzeit zum Zeichen deutschen Ideenreichtums und Genialität. Während Goethe in seinem Aufsatz „Von deutscher Baukunst...“(1) noch in einem bewundernden Ton das Münster zur lieben Frau bewundert, so vereinnahmten die Schreiber des Vorworts zu Dehios Buch „Das Strassburger Münster“ den historischen Bau schon zum identitätsstiftenden Werk des Nationalstolzes.
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(1) Johann Wolfgang von Goethe: Von deutscher Baukunst, D.M. Erwini a Steinbach; in den Schriften zur Kunst. Goethes Werke, Bd. XII der Hamburger Ausgabe, erschienen bei C.H.Beck (1978), 8.Auflage.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Beschreibung des Südportals
Interpretation der Figuren und Reliefs
Zeitliche Einordnung anhand des Stiles
Vergleich der „Synagoge und Ecclesia Darstellung“ in Straßburg mit anderen Aufstellungen in Bamberg, Reims und Magdeburg
Bibliographie
Einleitung
Obwohl das Doppelportal an der Südseite des Straßburger Münsters durch sein Bildprogramm eigentlich das bedeutendste Tor an der Kirche sein müsste, da sie Maria geweiht wurde, gilt die größte Beachtung der Gläubigen, aber auch der kunst-geschichtlich interessierten Besucher meistens dem imposanten Westwerk. Doch hatten nicht alle Zeitströmungen in der Geschichte einen bewundernden Blick auf das Bauwerk geworfen. Heute stehen wir vor einem Architekturdenkmal an dem man nicht nur Merkmale der Epochen Romanik und Gotik auseinander dividieren muss, sondern auch Mittelalterliches von neuzeitlicher Nachschöpfung scharf zu trennen hat, nachdem viele Skulpturen nicht nur durch Umwelteinflüsse vergangen sind, sondern auch durch die französische Revolution und deren neuen geistesgeschichtlichen Denkanstöße zerstört wurden.
Doch reicht es nicht aus, die Bildhauerarbeiten des Südportals nur untereinander betrachten. Der thematische Vergleich mit den etwas früheren Sakralbauten Frankreichs und den späteren Deutschlands läßt nicht nur erkennen, daß Strassburg eine künstlerisch- darstellerische Vorreiterrolle besitzt sondern auch durch die plastische und somit haptische Verbildlichung der Metaphern Ecclesia und Synagoge eine Art Modewelle lostritt.
Dieser „künstlerische Fortschritt“ wurde in der Neuzeit zum Zeichen deutschen Ideenreichtums und Genialität. Während Goethe in seinem Aufsatz „Von deutscher Baukunst...“[1] noch in einem bewundernden Ton das Münster zur lieben Frau bewundert, so vereinnahmten die Schreiber des Vorworts zu Dehios Buch „Das Strassburger Münster“[2] den historischen Bau schon zum identitätsstiftenden Werk des Nationalstolzes.
Beschreibung des Südportals
Das Südportal aus heimischen Buntsandstein am Querhaus des Straßburger Münsters befindet sich nicht ebenerdig man muß erst neun Treppenstufen überwinden um auf die Ebene zu den Toren zu gelangen. Auf der kleinen Plattform davor befindet sich östlich die Statue Meister Erwins „von Steinbach“ aus dem Jahr 1842 von Andreas Friedrich[3] und westlich eine Statue Meister Erwins Tochter aus dem Jahr 1864 von Philipp Grass[4].
Die Tore bestehen aus zwei halbkreisförmigen Bögen die aus flachen Sandsteinquadern gebaut wurden an die außen noch eine einfache runde Wulst anschließt. Die Archivolten bestehen nur aus Wülsten und Kehlen und sind unverziert.
Die Tympana in Form von Lunetten sind mit Schmuckbändern umrandet. Das westliche Tympanon wurde mit einem Band aus Weinranken geschmückt; das östliche Tympanon ziert ein Band mit alternierend Blumen und Knospen.
An der Basis der Tympana befinden sich Friese mit abgeschnittenen Dreipassbögen, die jene Bilder von den Bildprogrammen an den Türstürzen abtrennt. Sie werden nach außen durch Gesimse über den Gewändesäulen weitergeleitet; innen schließen sich horizontal Abaci mit Blattmustern an die Dreipassbögen an.
Im westlichen Tympanon ist die Grablegung Marias zu sehen. Maria liegt mit einem faltenreichen Gewand bekleidet, das über ihren Kopf gezogen ist, auf einem Bett, das mit einem stark faltenschlagenden Tuch überzogen wurde. Im Vordergrund des Reliefs kniet eine Magd vor ihrem Totenbett und ist im Begriff, die Hände im Trauergestus auf ihr eigenes Gesicht zu legen. Am Kopfende beugt sich Petrus über Maria und rückt ihr Kissen zurecht, am Fußende zieht Paulus das Bahrtuch ordentlich hin. Sie bilden durch ihre Haltung den abschließenden Rahmen für die Gruppe der übrigen zehn trauernden Apostel, die wiederum einen Rahmen um Jesus in der Mitte entstehen lassen, der am Nimbus mit dem griechischen Kreuz erkennbar ist. Zu Marias Haupt gebeugt segnet er sie mit seiner Rechten im „Zwei- Finger Gestus“. Seine in den Wulst des überfallenden Kolpos gelegte Linke hält eine Statuette in Form eines betenden Knaben. Die Apostel wurden in ihrer Haltung der Rundung der Lunette angepasst, doch tut dies der überaus differenzierten Arbeit keinen Abbruch. Jedem Gesicht und jeder Frisur der Apostel hat der Bildhauer eine individuelle Note gegeben, obwohl sie eigentlich „nur“ den Hintergrund füllen.
Auf dem Türsturz ist die Zugrabtragung Marias zu beobachten, jeweils ein Mann vorne und hinten, angeführt von einem Mann und gefolgt von Zweien weiteren, tragen die Bahre mit Maria, die mit einem langen, weit herabhängenden Tuch überdeckt wurde, das durch starke Hinterschneidungen einen recht plastischen Eindruck weckt.
Leider sind die Gewändefiguren durch die französische Revolution zerstört worden, so daß von den Aposteln, die diese dargestellt haben, nur noch wenige Köpfe im Frauen-hausmuseum erhalten sind. Heute stehen dort stattdessen acht Rundpfeiler mit Blattkapitellen, von denen die drei inneren die vorhin genannten blattmusterverzierten Abaci aufgesetzt haben.
Am östlichen Südportal verhält es sich mit der Gewändeverzierung gerade spiegelverkehrt. Das Bildprogramm des westlichen Südportals wird im östlichen Südportal am Türsturz mit der Auffahrung Marias in den Himmel weitergeführt. Es scheint als würde sie wie eine Feder aus dem Totentuch das von zwei Männer gehalten wird, nach oben geschüttelt werden. Kunstvoll schraubt sie sich aus dem Aufstehen nach oben. Da es sich um eine Kopie aus dem 19. Jahrhundert handelt, hat diese Figur der Maria nicht mehr viel Ähnlichkeit mit der Mutter Gottes auf der Totenbahre im Westtympanon: Sie sieht fast schon wie eine „Nymphe“ aus. Am Boden stehen und knien weitere Figuren ehrfürchtig vor dem, was sie sehen.
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[1] Johann Wolfgang von Goethe: Von deutscher Baukunst, D.M. Erwini a Steinbach; in den Schriften zur Kunst. Goethes Werke, Bd. XII der Hamburger Ausgabe, erschienen bei C.H.Beck (1978), 8.Auflage.
[2] Georg Dehio: Das Strassburger Münster; S.2f.
[3] Roland Recht: Strassburg und sein Münster; Edition DNA , Straßburg (1994); S.89.
[4] ebenda
- Arbeit zitieren
- Sonja Christine Großmann (Autor:in), 2001, Das Südportal des Straßburger Münsters, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17098
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