"Von Jahr zu Jahr wird klarer: das Ziel des Gesundheitswesens ist nicht die Gesundheit, sondern der Ausbau des Gesundheitswesens."
– Gerhard Kocher (Schweizer Politologe)
Dieses Zitat ist sicherlich für das deutsche Gesundheitssystem zutreffend. Es war schon immer eines der umkämpftesten Felder zwischen den jeweils amtierenden Regierungen und der Opposition, auch weil damit ein hohes Gut für jeden Menschen, nämlich seine Gesundheit, viele Arbeitsplätze (im gesamten Gesundheitssektor waren 2008 4.616.000 Menschen beschäftigt) und ein Milliardengeschäft (u.a.für die Pharmaindustrie) verbunden sind. Festzustellen ist eine ständige Forderung nach Reformen, die meist aufgrund der vielen Vetospieler in der Gesundheitspolitik aber nur teilweise ausgearbeitet und tatsächlich umgesetzt werden können.
Eine Vielzahl von Verbänden und Interessengruppen versucht ihren Einfluss auf diesem Gebiet geltend zu machen, für das außerdem ein „komplexer Mix von Regulierungsformen“ kennzeichnend ist, mit einem jeweils unterschiedlichen Mischungsverhältnis aus staatlichen, korporatistischen und marktlichen Elementen.
Diese Arbeit geht der Frage nach, inwieweit sich aufgrund struktureller Veränderungen im Gesundheitswesen bestimmte Akteure und ihre Interessen angepasst und verändert haben.
Die Gesundheitsreform 2007 soll dabei die vorerst abschließende Rolle spielen.
Hierfür werden zunächst kurz die theoretischen Grundbegriffe Pluralismus und Korporatismus erläutert, mit Hilfe derer man versuchen kann, den Wandel zu beschreiben. Grundlage sind hierfür die
Theorien Ernst Fraenkels für den Pluralismus, sowie Phillipe C. Schmitters und Gerhard Lehmbruchs für den Korporatismus.
Dann werden die wichtigsten Akteure vorgestellt und ihre jeweilige Rolle im System analysiert, wobei die Parteien außen vor gelassen werden. Sie treten hier höchstens als „Staat“ im Sinne der jeweiligen Regierungsparteien auf. Anschließend soll zu einem Fazit gelangt werden, ob und in welche Richtung sich das Gesundheitssystem im Gesamten entwickelt hat. Ein Ausblick auf die mögliche
Weiterentwicklung, ausgelöst durch neue Reformen, soll im abschließenden Teil gegeben werden.
Inhaltsverzeichnis
- A Eine gesundheitspolitische Konstante: Die Reform nach der Reform
- B Vom Korporatismus zum Pluralismus? - Wandel der Akteure und Interessen im deutschen Gesundheitswesen
- I. Grundlagen zur empirischen Analyse
- I.1 Die Pluralismustheorie nach Ernst Fraenkel
- 1.2 Die Korporatismustheorie anhand Phillipe C. Schmitter und Gerhard Lehmbruch
- II. Die Akteure und ihre Interessen im deutschen Gesundheitswesen
- II.1 Verbände der Leistungsanbieter
- II.1 a) Die Kassenärztlichen Vereinigungen
- Il.1 b) Die Ärztekammern
- II.1 c) Der Hartmannbund
- II.1 d) Die pharmazeutische Industrie und Lobbying
- II.2 Die Verbände der Krankenkassen
- II.3 Verbände für Patienten-, Behinderten- und Verbraucherinteressen
- II.1 Verbände der Leistungsanbieter
- III. Fazit: Mehr Wettbewerb oder mehr Staat? – In welche Richtung entwickelt sich das Gesundheitswesen?
- I. Grundlagen zur empirischen Analyse
- C Die Gesundheitsreform 2010/2011 – Röslers Konzept – Mögliche Gewinner und Verlierer
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht den Wandel der Akteure und Interessen im deutschen Gesundheitswesen, insbesondere im Kontext der Gesundheitsreform 2007. Sie analysiert, inwieweit die strukturellen Veränderungen im Gesundheitswesen zu einer Anpassung und Veränderung der Akteure und ihrer Interessen geführt haben.
- Die theoretischen Grundlagen des Pluralismus und Korporatismus werden vorgestellt und als analytische Werkzeuge genutzt.
- Die wichtigsten Akteure im Gesundheitswesen werden vorgestellt und ihre jeweilige Rolle im System analysiert.
- Die Arbeit untersucht die Entwicklung des Gesundheitswesens im Gesamten und stellt die Frage nach der zukünftigen Richtung der Entwicklung.
- Die Gesundheitsreform 2010/2011 wird als Beispiel für mögliche zukünftige Entwicklungen im Gesundheitswesen betrachtet.
- Die Arbeit zielt darauf ab, ein tieferes Verständnis für die komplexen Kräfteverhältnisse im deutschen Gesundheitswesen zu entwickeln.
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel A befasst sich mit dem deutschen Gesundheitswesen und seiner ständigen Reformbedürftigkeit. Es wird der ständigen Forderung nach Reformen, die aber nur teilweise umgesetzt werden können, nachgegangen.
Kapitel B beleuchtet die theoretischen Grundlagen des Pluralismus und Korporatismus und analysiert, wie sich diese Theorien auf das deutsche Gesundheitswesen anwenden lassen. Es wird die Frage gestellt, ob sich das Gesundheitswesen von einem korporatistischen System zu einem pluralistischen System entwickelt.
Kapitel C untersucht die Gesundheitsreform 2010/2011 und analysiert die möglichen Gewinner und Verlierer dieser Reform. Es wird die Frage gestellt, welche Auswirkungen die Reform auf das deutsche Gesundheitswesen haben wird.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Gesundheitspolitik, Pluralismus, Korporatismus, Akteure, Interessen, Gesundheitsreform, Gesundheitswesen, Verbände, Lobbying, Wettbewerb, Staat.
- Quote paper
- Sebastian Kuschel (Author), 2010, Vom Korporatismus zum Pluralismus?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/170684