Die Branche der Finanzdienstleister ist durch die globale Finanz- und Wirtschaftskrise einer Fülle noch nicht da gewesener Herausforderungen ausgesetzt. Das Vertrauen der Anleger ist am Tiefpunkt und bringt eine veränderte Anspruchshaltung der Verbraucher mit sich. Bankkunden fordern eine adäquate und kompetente Beratung, die sich in einem höheren Kundennutzen widerspiegelt. Neue Informations- und Kommunikationstechnologien erleichtern Kunden heutzutage einen Bankenwechsel, wodurch Direktbanken viele Kunden durch attraktive Konditionen gewinnen konnten. Die damit verbundene sinkende Kundenloyalität führt dazu, dass Maßnahmen zur Kundenbindung für Banken immer wichtiger werden. Vor dem Hintergrund, dass sich immer mehr Verbraucher über ihre Bank beschweren, wird der Handlungsdruck für Banken spürbar. Der Ombudsmann des Bundesverbandes deutscher Banken meldete im Jahr 2009 eine Zunahme der Beschwerden um 35 % gegenüber dem Vorjahr. Diese dramatische Entwicklung zeigt, dass die Erfüllung von Kundenbedürfnissen und -erwartungen durch den Aufbau von intensiven und nachhaltigen Kundenbeziehungen für Banken essentiell wird. Dazu kann ein professionelles Beschwerdemanagement beitragen, da nicht nur eine gefährdete Kundenbeziehung stabilisiert, sondern auch die Kundenbindung stärker werden kann. Deshalb sollte das Beschwerdemanagement in Banken einen hohen Stellenwert einnehmen. Es besteht jedoch noch viel Nachholbedarf, wie Ergebnisse einer Gallup-Studie bestätigen. Von rund 3500 befragten Bankkunden hatten 12 % in den letzten sechs Monaten ein Problem oder Ärgernis mit Produkten und Dienstleistungen. Bei 42 % der Kunden ist das Problem in diesem Zeitraum sogar mehrmals aufgetreten.
Ziel dieser Arbeit ist, die zentrale Bedeutung des Beschwerdemanagements für Banken herauszustellen und darzustellen, welche Aspekte bei einer Implementierung zu beachten sind. „Glücklich sind die, die erfahren, was man an ihnen aussetzt und sich danach bessern können.“ (William Shakespeare, 1602)
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Warum brauchen Banken ein Beschwerdemanagement?
2.1. Besonderheiten von Finanzdienstleistungen
2.2. Unternehmenserfolg durch Kundenbindung
2.3. Einordnung in das Customer-Relationship-Management
2.4. Bedeutung des Beschwerdemanagements
3. Kundenbindung durch Kundenzufriedenheit
3.1. Kundenzufriedenheit
3.1.1. Entstehung
3.1.2. Messung
3.2. Kundenunzufriedenheit
3.2.1. Verhalten unzufriedener Kunden
3.2.2. Beschwerde und Reklamation
3.2.3. Beschwerde(un)zufriedenheit
3.2.4. Kundenbindung durch Beschwerdezufriedenheit
4. Aktives Beschwerdemanagement
4.1. Ziele und Aufgaben
4.2. Prozessstufen des Beschwerdemanagements
4.2.1. Beschwerdestimulierung
4.2.2. Beschwerdeannahme
4.2.3. Beschwerdebearbeitung und -reaktion
4.2.4. Beschwerdeauswertung
4.2.5. Beschwerdemanagement-Controlling und Beschwerdereporting
4.2.6. Nutzung der Beschwerdeinformationen
4.3. Rahmenbedingungen des Beschwerdemanagements
4.3.1. Organisation
4.3.2. Mitarbeiter
4.3.3. Kunde-Bank-Beziehung
5. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Gesetzesverzeichnis
Ehrenwörtliche Erklärung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Beschwerdemanagement als Instrument der Kundenbindung
Abb. 2: Confirmation/Disconfirmation-Paradigma
Abb. 3: Auswirkungen von Kunden(un)zufriedenheit
Abb. 4: Der Beschwerdemanagementprozess im Überblick
Abb. 5: Ablauf interner Beschwerdebearbeitungsprozesse
Abb. 6: Reaktionsformen für die Problemlösung von Kundenbeschwerden
Abb. 7: Beispiel eines Ursache-Wirkungs-Diagramms
Abb. 8: Das Eisberg-Phänomen des Beschwerdemanagements
Abb. 9: Zuordnung der Verantwortlichkeiten in einer Bank
1.Einleitung
Die Branche der Finanzdienstleister ist durch die globale Finanz- und Wirtschaftskrise einer Fülle noch nicht da gewesener Herausforderungen ausgesetzt. Das Vertrauen der Anleger ist am Tiefpunkt und bringt eine veränderte Anspruchshaltung der Verbraucher mit sich. Bankkunden fordern eine adäquate und kompetente Beratung, die sich in einem höheren Kundennutzen widerspiegelt.[1] Neue Informations- und Kommunikationstechnologien erleichtern Kunden heutzutage einen Bankenwechsel, wodurch Direktbanken viele Kunden durch attraktive Konditionen gewinnen konnten.[2] Die damit verbundene sinkende Kundenloyalität führt dazu, dass Maßnahmen zur Kundenbindung für Banken immer wichtiger werden.[3] Vor dem Hintergrund, dass sich immer mehr Verbraucher über ihre Bank beschweren, wird der Handlungsdruck für Banken spürbar. Der Ombudsmann des Bundesverbandes deutscher Banken meldete im Jahr 2009 eine Zunahme der Beschwerden um 35 % gegenüber dem Vorjahr.[4]
Diese dramatische Entwicklung zeigt, dass die Erfüllung von Kundenbedürfnissen und -erwartungen durch den Aufbau von intensiven und nachhaltigen Kundenbeziehungen für Banken essentiell wird.[5] Dazu kann ein professionelles Beschwerdemanagement beitragen, da nicht nur eine gefährdete Kundenbeziehung stabilisiert, sondern auch die Kundenbindung stärker werden kann.[6] Deshalb sollte das Beschwerdemanagement in Banken einen hohen Stellenwert einnehmen. Es besteht jedoch noch viel Nachholbedarf, wie Ergebnisse einer Gallup-Studie bestätigen. Von rund 3500 befragten Bankkunden hatten 12 % in den letzten sechs Monaten ein Problem oder Ärgernis mit Produkten und Dienstleistungen. Bei 42 % der Kunden ist das Problem in diesem Zeitraum sogar mehrmals aufgetreten.[7]
Ziel dieser Arbeit ist, die zentrale Bedeutung des Beschwerdemanagements für Banken herauszustellen und darzustellen, welche Aspekte bei einer Implementierung zu beachten sind.„Glücklich sind die, die erfahren, was man an ihnen aussetztund sich danach bessern können.“ (William Shakespeare, 1602)
2. Warum brauchen Banken ein Beschwerdemanagement?
2.1.Besonderheiten von Finanzdienstleistungen
Finanzdienstleistungen sind im weitesten Sinne alle Dienstleistungen, die einen Bezug zu Finanzprodukten und Kapitalanlagen haben. Diese können sowohl von Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten, als auch von Unternehmen wie Versicherungen oder Bausparkassen angeboten werden. Im Sprachgebrauch werden zu den Finanzdienstleistungen auch alle von Kreditinstituten erbrachten Bankgeschäfte im Sinne von §1 Abs. 1 KWG gezählt.Die vorliegende Arbeit bezieht sich ausschließlich auf die Dienstleistungen von Banken.
Bankdienstleistungen sind aufgrund ihrer Merkmale von den üblichen Produkten und Dienstleistungen grundlegend zu differenzieren. Dienstleistungen sind in der Regel immaterielle Güter und durch ihre Abstraktheit physisch nicht wahrnehmbar, was eine Inspizierung vor dem Kauf schwierig macht.[8] Viele Bankdienstleistungen und -produkte haben durch ihre besondere Abstraktheit und Komplexität einen hohen Erklärungsbedarf.[9]
Damit sind unter Umständen erhebliche Anforderungen an dem Sachverstand des Kunden verbunden. Weiterhin können Kunden erst nach dem Kauf der Leistung ihre Wirkung wahrnehmen, so dass eine Überprüfung der Eignung vor Kaufentscheidung unmöglich ist.[10] Dies führt zu einer erschwerten Bewertung der in Anspruch genommenen Dienstleistungen. Kunden empfinden, insbesondere bei geringer Erfahrung mit der zu beurteilenden Dienstleistung, ein erhöhtes Kaufrisiko.[11] Demnach orientieren sich Kunden ersatzweise an für sie erkenn- und bewertbaren Kriterien wie Auftreten und Freundlichkeit der Mitarbeiter, Bekanntheit der Bank sowie kompetente Beratung.[12]
Als zweites wesentliches Merkmal von Bankdienstleistungen ist die Integration eines externen Faktors zu nennen. Das bedeutet, dass in der Regel der Kunde an der Leistungserstellung mitwirkt. Es kann sich dabei um eine kontaktintensive, erklärungshohe Problemleistung wie Investitionsdarlehen oder eine kontaktarme, oft vorkommende und erklärungsarme Routineleistung wie eine Überweisung handeln.[13]
Der zum Teil intensive Interaktionsprozess zwischen Berater und Kunde führt dazu, dass Bankdienstleistungen grundsätzlich schwerer standardisierbar sind[14] und hohen Schwankungen in der Qualität unterliegen können.[15] Unter Berücksichtigung des letzten Sachverhalts ergibt sich eine Heterogenität der Dienstleistungen, durch die von Kunden zur Verfügung gestellten Informationen,[16] die meist sehr persönlich und diskret sind.[17]
Angesichts der dargestellten Eigenschaften von Bankdienstleistungen wird deutlich, dass für eine starke Kunden-Bank-Beziehung Vertrauen eine wichtige Rolle spielt. Die Schaffung eines Vertrauensverhältnisses insbesondere durch persönliche Kommunikation, individuelle Beratung sowie Aufbau eines positiven Images ist von zentraler Bedeutung. Das führt zu einer hohen Kundenbindungsintensität, die sich eine Bank durch langjährige und kompetente Betreuung aufbauen muss. Ein einziger Fehler kann das Vertrauen des Kunden beeinträchtigen und deshalb haben Ruf und Image einer Bank einen hohen Stellenwert.[18]
2.2.Unternehmenserfolg durch Kundenbindung
Zu den strategischen Zielen von Banken gehört, neben der Gewinnmaximierung, profitabel und wachstumsorientiert zu handeln. Kundenbindung gehört nicht zu den strategischen Unternehmenszielen und deshalb ist zu klären, inwieweit sie zur Erreichung ökonomischer Ziele beiträgt. Um die Unternehmensziele erreichen zu können, müssen Marketingziele wie Umsatz, Marktanteil und Wettbewerbsvorteil verfolgt werden.[19] Wettbewerbsvorsprünge durch Marktinnovationen sind für Banken aufgrund fehlender Patentierbarkeit von Dienstleistungen nicht möglich.[20] Durch den Wettbewerbsdruck unter den Instituten ist ein breites Filialnetz entstanden und die Märkte sind weitgehend verteilt.[21]
Angesichts dieser Bedingungen müssen Banken eine hohe Produktqualität liefern, die sich in der Zufriedenheit der Kunden auswirkt. Aus wirtschaftlicher Sicht muss das Ziel verfolgt werden, den Kunden stärker zu binden, um die Kundenloyalitätsrate zu steigern.[22] Für eine langfristige Bindung bedarf es einer konsequenten und nachhaltigen Ausrichtung der unternehmerischen Aktivitäten an Kunden-anforderungen.[23] Studien belegen einen positiven Zusammenhang zwischen den Effekten der Kundenbindung und dem Unternehmenserfolg. Branchenübergreifend lässt sich feststellen, dass die Ertragskraft einer Kundenbeziehung grundsätzlich mit der Dauer der Geschäftsverbindung zunimmt.[24]
Die Effekte der Kundenbeziehung zeigen sich nicht nur in den Kosteneinsparungspotenzialen, sondern auch in der Möglichkeit die Gewinne zu steigern. Kundenbindung setzt sich zusammen aus tatsächlichem Verhalten (Wiederkauf, Cross-Selling, Weiterempfehlung und Preiserhöhungsakzeptanz) und der Verhaltensabsicht.Es wirkt sich deshalb positiv auf den Unternehmenserfolg aus, da gebundene Kunden wiederholt Produkte kaufen, Weiterempfehlungen aussprechen und eine Bereitschaft zu höheren Preisen mitbringen.[25]
2.3. Einordnung in das Customer-Relationship-Management
Banken streben langfristige und intensive Kundenbeziehungen zuprofitablen Kunden an, um eine positive Wirkung für den Unternehmenserfolg zu erreichen. Kundenbindung steht dabei im engen Zusammenhang mit der Kundenzufriedenheit, da sie unter anderem daraus resultiert.[26] Das Kundenbindungsmanagement als ein Teilbereich desCustomer-Relationship-Managements(CRM) verfolgt das Ziel, die Geschäftsbeziehung zu ihren Kunden positiv aufzubauen, um damit eine anhaltende und stabile Partnerschaft zu schaffen. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, müssen Banken eine Unternehmensphilosophie vertreten, die sich am Kunden orientiert und wo er bedürfnisgerechte Serviceleistungen angeboten bekommt.[27]
Zum Kundenbindungsmanagementgehören das Beziehungs-, Zufriedenheits-und Beschwerdemanagement. Unter Beziehungsmanagement sind aufeinander abgestimmte Maßnahmen zur Anbahnung und Pflege von Geschäftsbeziehungen zu zufriedenen Kunden zu verstehen.Das Beschwerdemanagement verfolgt hingegen das Ziel, durch Kundenunzufriedenheit brüchig gewordene Geschäftsbeziehungen durch Problemlösung und Wiedergutmachung zu stabilisieren. Im Zufriedenheitsmanagement geht esdarum,bei Kunden gar nicht erst Unzufriedenheit aufkommen zu lassen und eine Erhöhung des Leistungswertes zu schaffen,z. B. durch Vorteile aus einer Clubmitgliedschaft (vgl. Abb. 1).[28]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.1: Beschwerdemanagement als Instrument der Kundenbindung
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Jeschke (2007), S. 329.
2.4.Bedeutung des Beschwerdemanagements
Mitarbeiter gehen unzufriedenen Kunden gerne aus dem Weg, da es für sie unangenehm ist, wenn Fehler sichtbar werden und das persönliche Konsequenzen mit sich ziehen kann. Außerdem werden niedrige Beschwerdequoten als ein Zeichen von Qualität gedeutet, hohe Beschwerdequoten hingegen lassen auf einen schlechten Service schließen. Dabei kann es trügerisch sein, zu glauben, dass eine geringe Beschwerdequote mit hoher Kundenzufriedenheit zusammenhängt.[29]
Auch ist zu bedenken, dass ein Großteil der Kunden seine Unzufriedenheit gar nicht mitteilt. Eine Studie des Instituts für Management- und Wirtschaftsforschung ergab, dass sich nur 28 % der Bankkunden schon einmal beschwert haben.[30] Die Beschwerdeführer stellen in der Regel nur die „Spitze des Eisbergs“ der Unzufriedenheit dar (vgl. Abb. 8).[31]
Die Praxis in Filialbanken zeigt, dass über 90 % der Kunden mit der Qualität und Beratung zufrieden sind.[32] Das sind unbestritten gute Zufriedenheitswerte, die aber wenig Wirkung in der Weiterempfehlung zeigen. Denn kaum jemand wird den Dienstleistungsservice einer Sparkasse oder Bank besonders loben. Ein guter Service wird vorausgesetzt und als selbstverständlich gesehen.
Ein zufriedener Kunde berichtet nur drei Personen von seinen guten Erfahrungen. Dagegen erfahren elf Personen die Problemeeines unzufriedenen Kunden.[33] Kommt es zu einer Benachteiligung des Kunden, z. B. durch Widerruf einer Lastschrift mangels Deckung oder Verlusten aus Wertpapiergeschäften, bringen Kunden es ggf. nicht zu einer Beschwerde. Stattdessen berichten sie Freunden, Bekannten, Kollegen oder Geschäftspartnern überihre schlechte Erfahrung. Beschwert sich allerdings ein Kunde, gibt er der Bank eine nahezu 50%ige Chance, ihn zufriedenzustellen und einen Anbieterwechsel zu vermeiden.[34]
In einer Online-Kundenbefragung von Swi Finance im Rahmen der Studie „Beste Bank“ im ersten Quartal 2010 wurden mehr als 100.000 Bankkunden befragt. 70 % der Kunden gaben an, dass die Ursache für ihre Verärgerung in der Servicequalität lag. In 27 % der Fälle waren die Bankprodukte dafür verantwortlich, während die anderen Kunden unfreundliche Mitarbeiter, mangelnde Termintreue und inkompetente Beratung bemängelten. Untergeordnet waren Verärgerungen über Gebühren und die Zinspolitik. Nur zwei Drittel der Kunden teilten die Verärgerung ihrer Bank mit.[35]
Wird die Erwartung eines Kunden in Hinblick auf die Beschwerdeantwort erfüllt, dann dient der Kunde als guter Multiplikator im Empfehlungsgeschäft. Eine Beschwerdebearbeitung im Kundensinne erzeugt beim Beschwerdeführer ein hohes Maß an Zufriedenheit und stärkt die Kundenbindung.[36] Wird die Beschwerde aber nicht zufriedenstellend erledigt, hat das zur Folge, dass 27 % der Beschwerdeführer den Anbieterwechsel vorbereiten und bis zu 32% die Bank wechseln.[37]
Ein weiterer Grund für den Einsatz eines professionellen Beschwerdemanagements ist, dass durch die Auswertung von Beschwerden betriebliche Schwächen lokalisiert werden können. Durch Behebung der Ursachen können Banken Marktchancen nutzen.[38] Weiterhin ergeben sich interne und externe Ausstrahlungseffekte für Mitarbeiter und Kunden. Intern bekommen die Mitarbeiter zu spüren, dass ihr Unternehmen Wert auf Kundenorientierung legt. Auf der anderen Seite entsteht bei den Kunden durch die Existenz eines Beschwerdemanagements mehr Vertrauen gegenüber der Bank. Der Kunde kann des Weiteren davon ausgehen, dass sich seine Bank in einer möglichen kritischen Phase kundenorientiert verhält.[39]
3. Kundenbindung durch Kundenzufriedenheit
3.1.Kundenzufriedenheit
3.1.1. Entstehung
Für den Umgang mit einem Zufriedenheitsgrad ist es hilfreich, Ursachen fürdie Entstehung von Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheitzu kennen und zu wissen,welche Einflussfaktoren den Grad der Zufriedenheit bestimmen. Nur ausreichende Kenntnisse über das Unzufriedenheitsphänomen erlauben eine sachgerechte Beurteilung und Entwicklung von Beschwerdemanagementkonzepten.
Kundenzufriedenheit basiert, so zeigen Erkenntnisse der Sozialpsychologie, auf einem komplexen Soll-Ist-Vergleich,der auf verschiedenen Faktoren beruht.[40] Informationen haben dabei einen wesentlichen Einfluss auf die Erwartungen der Kunden. Dazu zählen Informationen, die Kunden auf dem Weg der Mundkommunikation in ihrem sozialen Umfeld aufnehmen, wie auch Informationen, die Banken über sich selbst durch Direktwerbung preisgeben.[41] In der Kundenzufriedenheit spiegelt sich, in welchem Grad es einerBank gelingt, die Erwartungen der Kunden zu erfüllen.[42] Im Prozess der Nutzung von Dienstleistungen erlebt der Kunde nun die tatsächliche Leistung und vergleicht die wahrgenommene Leistungmit seinen Erwartungen mittels eines Abwägungsverfahrens. Während Erwartungen immer auf einem Leistungsniveau basieren, beziehen sich Erfahrungsnormen auf frühere Erfahrungen, die der Kunde mit gleichen oder ähnlichen Produkten bzw. Leistungen gemacht hat.[43]
In der Theorie existieren mehrere Erklärungsmodelle, wie Kundenzufriedenheit entsteht, aber das Confirmation/Disconfirmation-Paradigma findet die häufigste Anwendung. Im Ergebnis von Kundenzufriedenheit sindzwei verschiedene Zufriedenheitsniveaus möglich: Indifferenz und Zufriedenheit. Der Kunde vergleicht die wahrgenommene Ist-Leistung mit einer Vergleichsleistung (Soll-Leistung). Wird die Ist-Leistung im Vergleich zur erwarteten Soll-Leistung erfüllt, kommt es zur Zufriedenheit auf Konfirmationsniveau.
In dieser Situationempfinden Kunden ein Gefühl der Indifferenz (vgl. Abb.2).Dies ist als ein geringer Grad der Zufriedenheit anzusehen, da nur die grundlegenden Erwartungen des Kunden erfüllt werden. Der Kunde ist in diesem Fall weder zufrieden noch unzufrieden.[44] Das Ziel jeder Bank sollte jedoch darin bestehen, Zufriedenheit über dem Konfirmationsniveau zu erreichen. Erst hier wird der Erwartungsgrund des Kunden übertroffen, woraus sich Kundenzufriedenheit entwickelt. Im Fall der Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit entsteht nach einem Vergleich der Leistung und Erwartung eine positive bzw. negative Diskonfirmation.
Kundenunzufriedenheit tritt entsprechend dann auf, wenn die Leistungserwartung (Soll) einerseits und die tatsächliche Leistungswahrnehmung (Ist) andererseits eine negative Differenz bilden. Die Kundenerwartungen werden hinsichtlich der Wahrnehmung maßgeblich unterschritten. Kunden reagieren erst dann mit einer Beschwerde, wenn ihre Erwartungen weit unterschritten werden.Es liegt eine grobeVerletzung der Mindesterwartungen vor, die zur Verärgerung der Kunden führt und damitdie Geschäftsbeziehung gefährdet.[45]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Confirmation/Disconfirmation-Paradigma
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Homburg, Stock-Homburg (2008), S. 21.
3.1.2. Messung
Während Kundenzufriedenheit erfasst werden kann, lassen sich beim Beschwerdemanagement nur die Ziele messen. Um abwägen zu können, ob ein Beschwerdemanagement für eine Bank in Betracht kommt, ist neben den leichter abzuschätzenden Kosten für eine Implementierung auch der Nutzen zu beziffern. In der vorliegenden Arbeit steht deshalb der Nutzen und nicht das monetäre Ergebnis im Vordergrund.
Für eine Kalkulation ist es von Vorteil, dass zunächst die Kundenzufriedenheit bewertet werden kann. Um Kundenzufriedenheit messbar machen zu können, kann auf eine Vielzahl von Messverfahren zurückgegriffen werden. Es kann zwischen objektiven und subjektiven Verfahren unterschieden werden. Während objektive Verfahren auf einer Beobachtung von Größen wie Umsatz oder Marktanteil beruhen, befassen sich subjektive Verfahren mit den subjektiv wahrgenommenen Zufriedenheitsurteilen.[46]
Die subjektiven Verfahren lassensich in ereignis- und merkmalsorientierte Verfahren differenzieren. Merkmalsorientierte Verfahren basieren auf der Annahme, dass sich das Zufriedenheitsurteil aus der Beurteilung einzelner Qualitätsmerkmale zusammensetzt. Hierbei wird der Zufriedenheitsgrad durch Kundenbefragung mit Hilfe eines standardisierten Fragebogens ermittelt.[47] Da bei diesem Ansatz auch einzelne Leistungsmerkmale abgefragt werden, lassen sich daraus Rückschlüsse auf Gründe von Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit ziehen.[48]
Bei ereignisorientierten Verfahren liegt der Schwerpunkt in der Erfassung und Untersuchung von besonders wichtig empfundenen Kundenkontaktereignissen. Diese sollen Aufschluss über Einstellungen, Bedürfnisse und Wünsche der Kunden geben, indem Kunden zu ihren positiven oder negativen Erlebnissen befragt werden.[49] Eine Beschwerde, als ein stark empfundenes kritisches Ereignis, lässt anschließend eine Auswertung durch Anwendung der Beschwerdeanalyse zu.[50]
3.2. Kundenunzufriedenheit
3.2.1.Verhalten unzufriedener Kunden
Wie bereits im Kapitel 3.1.1. beschrieben, entsteht Unzufriedenheit durch eine negative Differenz zwischen der Leistungserwartung und der Leistungswahrnehmung des Kunden. Auf ein erlebtes Problem und damit zusammenhängende Unzufriedenheit kann ein Kunde unterschiedlich reagieren.
In vielen nicht schwerwiegenden Fällen werden Kunden dazu neigen, das negative Gefühl loszuwerden. Sie lassen sich auf einen psychischen Dissonanzabbau ein, indem sie nachträglich ihre Eingangserwartungen reduzieren oder den ersten Eindruck positiv umkehren. Gelingt ihnen eine solche Harmonisierung von Erwartung und Wahrnehmung nicht, stellt sichdie Frage, wie sie sich verhalten sollen.[51] Grundsätzlich stehen einem unzufriedenen Kunden mehrere Verhaltensweisen zur Verfügung. Diese müssen nicht zwingend alternativ sein,sie können auch kumulativ auftreten.[52]
Der Kunde kann:[53]
- trotz Unzufriedenheit nichts unternehmen
- abwandern
- negative Mundkommunikation ausüben
- sich gegenüber der Bank bzw. Dritten beschweren
Nicht selten kommt es vor, dass Kunden auf ein negatives Erlebnis gar nicht reagieren. Für viele Kunden sind die mit einer Beschwerde verbundenen Kosten (Zeit, Telefon- bzw. Portokosten) und Unbequemlichkeiten (Ärger, Auflösung und Neueröffnung eines Bankkontos) zu hoch.[54] Auch die Ansicht, dass ihre Meinung nicht zähle und die Bank auf Grund ihrer Beschwerde ohnehin keine Änderung vollziehe, spielt eine Rolle.[55]
Die negativen Erfahrungen wirken sich dann auf ihr Urteil über die Bank aus. Kommt es wiederholt zu Negativerfahrungen, kann dies zum Wechsel der Bankverbindung des Kunden führen. Ein Großteil solcher Kunden, wechselt früher oder später ihre Bankverbindung. Gleichzeitig ist er als nicht loyaler Kunde für Abwerbungsmaßnahmen der Mitbewerber empfänglich.[56]
Die aus Unternehmenssicht radikalste Reaktionsform ist der Abbruch der Geschäftsbeziehung. Der Kunde wird allerdings unter Umständen nicht bei einem negativen Erlebnis einen Bankwechsel vornehmen. Treten Enttäuschungen jedoch vermehrt auf und wird seine Toleranzschwelle überschritten, wird der Kunde ein weiteres negatives Erlebnis zum Anlass nehmen, die Geschäftsbeziehung abzubrechen.[57] Die schlechten Erfahrungenkönnen sich negativ auf die Kundenbindung auswirken. Ergebnisse einer Gallup-Studie aus dem Jahr 2010 zeigen, dass der Anteil gebundener Kunden von 40 % auf 13 % sinkt.[58]
Warum sich Kunden auf eine Auseinandersetzung nicht einlassen, kann mehrere Gründe haben. Zum einen fehlt ihnen die Zeit oder es für sie belastend bzw. aussichtslos.[59] In Zeiten, die gekennzeichnet sind durch eine hohe Substituierbarkeit der Produkte, ist es für Kunden oft einfacher, sich eine neue Bank zu suchen als sich zu beschweren.[60] Nicht selten kommt es vor, dass unzufriedene Kunden negative Mundkommunikation im Freundes- oder Familienkreis betreiben. Unter Umständen kann der Kunde auch durch das Kommunizieren seinen Ärger abbauen und die Abwanderungsabsicht schwächtsich ab.[61]
Die letzte mögliche Verhaltensreaktion eines unzufriedenen Kunden ist, dass er von einer Beschwerde Gebrauch macht. Wann es sich bei einer geäußerten Unzufriedenheit um eine Beschwerde handelt und welchen Verlauf sie nehmen kann, wird im folgenden Kapitel untersucht.Abb. 3 zeigt zusammenfassend, welche Verhaltensweisendurch Kundenunzufriedenheit bzw. -zufriedenheit hervorgerufen werden können.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Auswirkungen von Kunden(un)zufriedenheit
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Homburg, Stock-Homburg (2008), S. 23.
3.2.2. Beschwerde und Reklamation
Es gibt zahlreiche Definitionen, was unter Beschwerden zu verstehen ist. Diese Definitionen sind durch die Wissenschaft zur genauen Abgrenzung ihrer Forschungsumfänge sowie der operativen Prozesse des Beschwerdemanagements entstanden. Dabei ist es wichtig, dass jede Bank Beschwerden für sich definiert, um Kundenreaktionen als Beschwerde einstufen zu können.[62]
Beschwerde ist ein Oberbegriff für die Artikulationen als Folge von Unzufriedenheit, die gegenüber Banken getätigt werden. Wenn die Erwartungen des Kunden nicht vollständig erfüllt wurden, sind solche Äußerungen als eine Beschwerde einzustufen. Der Kunde beschwert sich, weil er damit eine bestimmte Absicht verfolgt.[63]
Beschwerden können in jeder Phase des Kundenkontakts entstehen, sprich in der Vorkauf-, Kauf- und Nachkaufphase.[64] Die meisten Beschwerden treten in der Nachkaufphase auf, wenn der Kunde mit der erbrachten Leistung unzufrieden ist. Solche Beschwerden können z. B. auf nicht eingehalteneZinskonditionen oder versäumte Preisnachlässe zurückzuführen sein. Oft möchte der Kunde eine verbesserte bzw. völlig neue Leistung, die sich auch in Erstattung zu viel gezahlter Gebühren äußern kann.[65]
Beschwerden und Reklamationen werden umgangssprachlich oft synonym verwendet. Reklamationen müssen aber differenziert betrachtet werden. Kunden können bei Reklamationen im Gegensatz zu Beschwerdeneinen Anspruch auf Schadensersatz oder Nachbesserung geltend machen, der mit Hilfe von Rechtsmitteln durchgesetzt werden kann.Die Voraussetzungen für die Geltendmachung der zustehenden Rechte und Ansprüche sind im § 437 BGB geregelt.[66]
[...]
[1] Vgl. Neske (2010), S. 32.
[2] Vgl. Krempel (2010), S. 1.
[3] Vgl. Bergmans (2007), S. 238.
[4] Vgl. bankenverband.de, Stand 29.01.2011.
[5] Vgl. Cerwinka, Schranz (2009), S. 18.
[6] Vgl. Stauss, Seidel (2007), S. 30.
[7] Vgl. Nink (2010), S. 49.
[8] Vgl. Busch, Fuchs, Unger (2008), S. 869.
[9] Vgl. Schwarzbauer (2009), S. 28.
[10] Vgl. Haller (2010), S. 14.
[11] Vgl. Bruhn (2011), S. 62.
[12] Vgl. Schwarzbauer (2009), S. 28.
[13] Vgl. Renker (2005), S. 27.
[14] Vgl. Haller (2010), S. 26.
[15] Vgl. Keck, Hahn (2006), S. 24.
[16] Vgl. Fließ (2009), S. 14.
[17] Vgl. Renker (2005), S. 30.
[18] Vgl. Schwarzbauer (2009), S. 28.
[19] Vgl. Meffert, Bruhn (2009), S. 357.
[20] Vgl. Büschgen, Börner (2003), S. 244.
[21] Vgl. Geyer (2009), S. 20.
[22] Vgl. Töpfer, Mann (2008), S. 71.
[23] Vgl. Bruhn (2009), S. 46.
[24] Vgl. Mierzwa (2005), S. 55.
[25] Vgl. Haller (2010), S. 41.
[26] Vgl. Kreutzer (2010), S. 167.
[27] Vgl. Stauss, Seidel (2007), S. 29.
[28] Vgl. Jeschke (2007), S. 329.
[29] Vgl. Schneider, Henning (2008), S. 61.
[30] Vgl. presseportal.de, Stand 12.02.2011.
[31] Vgl. Fließ (2009), S. 220.
[32] Vgl. Effert (2010), S.20.
[33] Vgl. Töpfer, Mann (2008), S. 73.
[34] Vgl. Beetz (2009), S. 149.
[35] Vgl. Plambeck (2010), S. 1.
[36] Vgl. Niefind, Wiegran (2010a), S. 25.
[37] Vgl. Beetz (2009), S. 149.
[38] Vgl. Stauss, Seidel (2007), S. 79.
[39] Vgl. Cerwinka, Schranz (2009), S. 28.
[40] Vgl. Mierzwa (2005), S. 56.
[41] Vgl. Stauss, Seidel (2007), S. 59.
[42] Vgl. Füller, Mühlbacher, Bartl (2009), S. 207.
[43] Vgl. Diller, Haas, Ivens (2005), S. 83; Renker (2005), S. 45.
[44] Vgl. Homburg, Stock-Homburg (2008), S. 20.
[45] Vgl. Stauss, Seidel (2007), S. 59.
[46] Vgl. Matzler, Bailom (2009), S. 269.
[47] Vgl. Stauss, Seidel (2007), S. 60.
[48] Vgl. Matzler, Bailom (2009), S. 269.
[49] Vgl. Töpfer, Mann (2008), S. 69.
[50] Vgl. Meffert, Bruhn (2009), S. 333.
[51] Vgl. Stauss, Seidel (2007), S. 63.
[52] Vgl. Haller (2010), S. 312.
[53] Vgl. Homburg, Stock-Homburg (2008), S. 23.
[54] Vgl. Schneider, Henning (2008), S. 61.
[55] Vgl. Plambeck (2010), S. 31.
[56] Vgl. Stauss, Seidel (2007), S. 65.
[57] Vgl. Spiecker, Stauss (2011), S. 212.
[58] Vgl. Nink (2010), S. 49.
[59] Vgl. Stauss, Seidel (2007), S. 64.
[60] Vgl. Schwarzbauer (2009), S. 29.
[61] Vgl. Spiecker, Stauss (2011), S. 226.
[62] Vgl. Niefind, Wiegran (2010a), S. 20.
[63] Vgl. Stauss, Seidel (2007), S. 49.
[64] Vgl. Cerwinka, Schranz (2009), S. 17.
[65] Vgl. Stauss, Seidel (2007), S. 50.
[66] Vgl. Pepels (2008a), S. 44.
- Quote paper
- Anita Baron (Author), 2011, Beschwerdemanagement als Instrument der Kundenbindung in Finanzdienstleistungsunternehmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/170665
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