Der Untertitel klingt schon etwas abenteuerlich. Wie kann ein Vorurteil, das doch nur im Kopf eines Menschen sitzt, zur (sozialen) Wirklichkeit werden? Ein typisches Beispiel für eine solche Selbsterfüllende Prophezeiung sind Gerüchte:
Nehmen wir an, es hätte sich das Gerücht verbreitet, dass der Psychologiestudent Xaver ein merkwürdiger Außenseiter ist und sich nicht mit anderen Kommilitonen unterhalten will. Eines Tages treffen sich Xaver und sein Mitstudent Peter im Treppenhaus. Peter hat
schon über Xaver gehört, dass er etwas sonderbar und zurückgezogen lebt. Daher verhält er sich Xaver gegenüber auf eine Art und Weise, die mit seinem Vorurteil konsistent ist und beschließt, Xaver erst gar nicht zu grüssen. Er ist nämlich überzeugt, dass dieser ohnehin nicht an Kommunikation mit anderen Studenten interessiert ist. Peter sagt daher zu Xaver kein Wort, schaut absichtlich beim Zusammentreffen weg und schickt sich an, einfach weiterzugehen. Xaver, der in Wahrheit nur etwas schüchtern ist, wundert sich über das unfreundliche Verhalten Peters, den er eigentlich gerade grüßen wollte. Er reagiert auf das ihm entgegengebrachte Verhalten auf ähnliche Art und Weise, indem er sich ärgert und denkt: „Er hat nicht einmal Hallo gesagt! Dann sage ich aber auch nichts!“ Peter sieht das Verhalten von Xaver nun wiederum als Beweis dafür, dass sein Vorurteil korrekt war. Was er jedoch hierbei nicht bedenkt, ist die Rolle, die er selbst dabei gespielt hat: Durch sein (unkommunikatives, abwertendes) Verhalten hat er die Reaktion von Xaver (sich dementsprechend unfreundlich zu verhalten) selbst hervorgerufen. Was ist hier passiert? Das Vorurteil oder Gerücht, Xaver wäre unfreundlich, wurde zur Realität. Peter selbst hat dazu beigetragen, sich Xaver so zu „erschaffen“, wie er ihn in seiner Vorstellung gesehen hat.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung: „When belief creates reality“
- 2. Self-Fulfilling-Phrophecy-Effekt (Kernmechanismus)
- 3. Laborexperiment: Snyder, Tanke, Berscheid (1977)
- 3.1 Ziele
- 3.2 Methode
- 3.3 Ergebnisse
- 3.4 Kurzdiskussion
- 4. Laborexperiment: Rosenthal & Lawson (1964)
- 4.1 Ziele
- 4.2 Methode
- 4.3 Ergebnisse
- 5. Feldexperiment zum Lehrererwartungseffekt: Rosenthal & Jacobsen (1971)
- 6. Treatmentvorschläge
- 6.1 In Experimenten
- 6.2 In der Alltagswelt
- 7. Diskussion
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht den Effekt selbsterfüllender Prophezeiungen. Ziel ist es, den Kernmechanismus dieses Effekts zu erläutern und anhand von Labor- und Feldexperimenten zu veranschaulichen. Die Arbeit beleuchtet, wie Erwartungen und Vorurteile das Verhalten beeinflussen und soziale Realität formen können.
- Der Mechanismus selbsterfüllender Prophezeiungen
- Die Rolle von Erwartungen und Vorurteilen
- Empirische Belege durch Laborexperimente
- Der Lehrererwartungseffekt als Beispiel für selbsterfüllende Prophezeiungen im Feld
- Möglichkeiten zur Intervention und Prävention
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: „When belief creates reality“: Die Einleitung führt in das Thema selbsterfüllender Prophezeiungen ein und illustriert den Effekt anhand eines Beispiels: Das Gerücht über einen schüchternen Studenten, das durch das Verhalten anderer bestätigt und zur Realität wird. Es wird die Frage aufgeworfen, wie Vorurteile die soziale Wirklichkeit beeinflussen können.
2. Self-Fulfilling-Phrophecy-Effekt (Kernmechanismus): Dieses Kapitel beschreibt den Kernmechanismus selbsterfüllender Prophezeiungen. Es wird erklärt, wie Erwartungen an eine Person das eigene Verhalten beeinflussen, was wiederum das Verhalten der anderen Person so beeinflusst, dass die ursprünglichen Erwartungen bestätigt werden. Ein schematisches Diagramm verdeutlicht diesen Prozess. Es wird betont, dass nicht alle Vorurteile selbsterfüllend sind, sondern nur diejenigen, die durch vorurteilskonformes Verhalten bekräftigt werden.
3. Laborexperiment: Snyder, Tanke, Berscheid (1977): Dieses Kapitel beschreibt ein Laborexperiment, das den Einfluss sozialer Stereotype auf die soziale Realität untersucht. Männer führten Telefongespräche mit Frauen, wobei ihnen vorher Fotos gezeigt wurden, die die Frauen als attraktiv oder unattraktiv darstellten. Die Ergebnisse zeigten, dass die Männer ihre Erwartungen an die Frauen entsprechend dem vorgelegten Foto hatten, und die Frauen ihr Verhalten entsprechend diesen Erwartungen anpassten, wodurch die Stereotype bestätigt wurden. Die Studie verwendete eine Doppelblind-Methode, um die Validität der Ergebnisse sicherzustellen. Die quantitative Auswertung mittels Varianzanalyse zeigte statistisch signifikante Ergebnisse.
Schlüsselwörter
Selbsterfüllende Prophezeiung, Vorurteile, Erwartungen, soziale Realität, Stereotype, Interaktion, Laborexperiment, Feldexperiment, Lehrererwartungseffekt, Snyder, Tanke, Berscheid (1977), Rosenthal & Jacobsen (1971), Rosenthal & Lawson (1964).
Häufig gestellte Fragen zu: Selbsterfüllende Prophezeiungen
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Hausarbeit untersucht den Effekt selbsterfüllender Prophezeiungen. Sie erläutert den Kernmechanismus dieses Effekts und veranschaulicht ihn anhand von Labor- und Feldexperimenten. Ein Schwerpunkt liegt darauf, wie Erwartungen und Vorurteile das Verhalten beeinflussen und soziale Realität formen.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt den Mechanismus selbsterfüllender Prophezeiungen, die Rolle von Erwartungen und Vorurteilen, empirische Belege durch Laborexperimente (u.a. Snyder, Tanke, Berscheid (1977); Rosenthal & Lawson (1964)), den Lehrererwartungseffekt als Beispiel im Feld (Rosenthal & Jacobsen (1971)) und Möglichkeiten zur Intervention und Prävention.
Welche Experimente werden beschrieben?
Die Arbeit beschreibt detailliert drei Experimente: Das Laborexperiment von Snyder, Tanke und Berscheid (1977) zum Einfluss sozialer Stereotype auf die soziale Realität (mit detaillierter Beschreibung von Zielen, Methode, Ergebnissen und Diskussion), das Laborexperiment von Rosenthal & Lawson (1964) und das Feldexperiment von Rosenthal & Jacobsen (1971) zum Lehrererwartungseffekt.
Wie funktioniert der Mechanismus selbsterfüllender Prophezeiungen?
Der Kernmechanismus besteht darin, dass Erwartungen an eine Person das eigene Verhalten beeinflussen, was wiederum das Verhalten der anderen Person so beeinflusst, dass die ursprünglichen Erwartungen bestätigt werden. Wichtig ist, dass nicht alle Vorurteile selbsterfüllend sind, sondern nur diejenigen, die durch vorurteilskonformes Verhalten bekräftigt werden.
Was sind die zentralen Ergebnisse der Experimente?
Die Ergebnisse der Experimente zeigen konsistent, dass Erwartungen und Vorurteile das Verhalten von Personen beeinflussen und somit die soziale Realität mitgestalten. Im Experiment von Snyder et al. (1977) bestätigten sich die Erwartungen der Männer bezüglich der Attraktivität der Frauen durch das Verhalten der Frauen selbst. Die Experimente von Rosenthal und Kollegen zeigen den Einfluss von Lehrererwartungen auf den Lernerfolg von Schülern.
Welche Interventionsmöglichkeiten werden genannt?
Die Arbeit schlägt Interventionsmöglichkeiten sowohl im experimentellen Kontext als auch im Alltag vor, um den Effekt selbsterfüllender Prophezeiungen zu reduzieren oder zu verhindern. Konkrete Maßnahmen werden jedoch nicht im Detail ausgeführt.
Welche Schlüsselwörter sind relevant?
Relevante Schlüsselwörter sind: Selbsterfüllende Prophezeiung, Vorurteile, Erwartungen, soziale Realität, Stereotype, Interaktion, Laborexperiment, Feldexperiment, Lehrererwartungseffekt, Snyder, Tanke, Berscheid (1977), Rosenthal & Jacobsen (1971), Rosenthal & Lawson (1964).
Welche Struktur hat die Arbeit?
Die Arbeit ist strukturiert in eine Einleitung, ein Kapitel zum Kernmechanismus der selbsterfüllenden Prophezeiung, detaillierte Beschreibungen der genannten Experimente, ein Kapitel zu Interventionsmöglichkeiten und eine abschließende Diskussion. Ein Inhaltsverzeichnis und Kapitelzusammenfassungen erleichtern die Navigation.
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- Dipl.-Psych. (Univ.) - B.Sc. (F.C. Hon.) in Psych. Sebastian A. Wagner (Author), 2005, Selbsterfüllende Prophezeiungen , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/170564