Der deutsche Medienmarkt im Bereich des Rundfunks befand sich in den letzten Jahren in festen Händen. Da waren auf der einen Seite die öffentlichrechtlichen Sendeanstalten, ARD und ZDF, und auf der anderen Seite die beiden privaten Sendergruppen von Bertelsmann und Kirch. Lange Zeit schien es undenkbar, dass sich dort etwas ändern sollte. Die neuesten Entwicklungen auf dem deutschen Medienmarkt brachten Bewegung in die deutsche Medienlandschaft. Die KirchGruppe befindet sich in der Insolvenz und damit höchstwahrscheinlich vor der Zerschlagung. In diesem Zusammenhang stellen sich nun einige Fragen:
1. Wie konnte es zum Zusammenbruch von Kirchs Medienunternehmen kommen? 2. Was hat das für Konsequenzen für den Medienmarkt in Deutschland? 3. Welche Rolle spielen internationale Medienunternehmen in der deutschen Medienlandschaft und wie wird das zukünftig aussehen? 4. Wie wird die Zukunft der deutschen Medienlandschaft aussehen? Die vorliegende Arbeit soll zunächst einen Einblick in den Aufbau und die Entwicklung der KirchGruppe und die dabei verwendeten Geschäftspraktiken geben. In diesem Zusammenhang sollen die Ursprünge und Wurzeln der derzeitigen Situation des Unternehmens dargelegt werden. Darüber hinaus sollen die Gründe für das Scheitern der KirchGruppe aufgezeigt werden. Weiterhin soll untersucht werden, inwieweit ausländische Medienunternehmen versucht haben auf dem deutschen Markt mitzuwirken und wie erfolgreich sie dabei gewesen sind. Zum Schluss soll dann die aktuelle Situation unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden, inwieweit ausländische Medienunternehmen ihren Nutzen aus einer Zerschlagung des Kirch-Konzerns ziehen oder überhaupt ziehen können. Aufgrund des beschränkten inhaltlichen und zeitlichen Rahmens der Arbeit wird nur auf die wesentlichen Punkte bei der Beantwortung der o.g. Fragen einzugehen sein. Auf die Erörterung nicht weniger interessanter Fragestellungen, wie dem offensichtlich geplanten unternehmerischen Neubeginn des Leo Kirch1 wird deshalb vor allem auch aus Gründen der Anschaulichkeit verzichtet.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Entwicklung und Bedeutung der KirchGruppe
3. Versuche ausländischer Investoren auf dem deutschen Medien Markt Fuß zu fassen
A. Rechtliche Grundlagen für den Rundfunk in Europa und Deutschland
B. Ausländische Investoren auf dem deutschen Markt
Rupert Murdoch
Silvio Berlusconi
John Malone
4. Derzeitige Situation in Bezug auf Kirch-Insolvenz und mögliche Konsequenzen
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Der deutsche Medienmarkt im Bereich des Rundfunks befand sich in den letzten Jahren in festen Händen. Da waren auf der einen Seite die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, ARD und ZDF, und auf der anderen Seite die beiden privaten Sendergruppen von Bertelsmann und Kirch. Lange Zeit schien es undenkbar, dass sich dort etwas ändern sollte. Die neuesten Entwicklungen auf dem deutschen Medienmarkt brachten Bewegung in die deutsche Medienlandschaft. Die KirchGruppe befindet sich in der Insolvenz und damit höchstwahrscheinlich vor der Zerschlagung. In diesem Zusammenhang stellen sich nun einige Fragen:
1. Wie konnte es zum Zusammenbruch von Kirchs Medienunternehmen kommen? 2. Was hat das für Konsequenzen für den Medienmarkt in Deutschland? 3. Welche Rolle spielen internationale Medienunternehmen in der deutschen Medienlandschaft und wie wird das zukünftig aussehen? 4. Wie wird die Zukunft der deutschen Medienlandschaft aussehen?
Die vorliegende Arbeit soll zunächst einen Einblick in den Aufbau und die Entwicklung der KirchGruppe und die dabei verwendeten Geschäftspraktiken geben. In diesem Zusammenhang sollen die Ursprünge und Wurzeln der derzeitigen Situation des Unternehmens dargelegt werden. Darüber hinaus sollen die Gründe für das Scheitern der KirchGruppe aufgezeigt werden. Weiterhin soll untersucht werden, inwieweit ausländische Medienunternehmen versucht haben auf dem deutschen Markt mitzuwirken und wie erfolgreich sie dabei gewesen sind. Zum Schluss soll dann die aktuelle Situation unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden, inwieweit ausländische Medienunternehmen ihren Nutzen aus einer Zerschlagung des Kirch-Konzerns ziehen oder überhaupt ziehen können.
Aufgrund des beschränkten inhaltlichen und zeitlichen Rahmens der Arbeit wird nur auf die wesentlichen Punkte bei der Beantwortung der o.g. Fragen einzugehen sein. Auf die Erörterung nicht weniger interessanter Fragestellungen, wie dem offensichtlich geplanten unternehmerischen Neubeginn des Leo Kirch[1] wird deshalb vor allem auch aus Gründen der Anschaulichkeit verzichtet.
2. Entwicklung und Bedeutung der KirchGruppe
Notwendigerweise kann das folgende Kapitel nur einen groben Überblick über die Entwicklung und den Aufbau von Kirchs Medienimperium geben. Dabei soll auch versucht werden die Hintergründe der Ereignisse und der Entwicklungen knapp darzustellen. Es muss an dieser Stelle deutlich gemacht werden, dass die Kirch-Geschäfte an sich schon ganze Bücher füllen könnten und es unter anderem auch tun. Da die unternehmerischen Tätigkeiten aber nur ein Punkt dieser Arbeit sind, soll hier nur das Wesentlichste betrachtet werden.
Mit Frederico Fellinis Film ‚La Strada’ hat es angefangen. Leo Kirch fuhr mit seinem ehemaligen Studienfreund Hans Andresen im Januar 1956 nach Rom und kaufte die ersten deutschsprachigen Rechte an einem Film. Das Geld für dieses Geschäft haben sich die beiden damals noch zusammengeborgt. Nach mehreren Monaten gelang es, den Film in die österreichischen Kinos zu bringen und in Deutschland den Film beim Constantin-Verleih unterzubringen. Damit war der Anfang gemacht, der Film brachte nun mehr Geld wieder ein als er gekostet hatte. Die nächste Hürde nahm Kirch als er es schafft, der ARD Nutzungsrechte an seinen Filmen zu verkaufen und damit den wachsenden Programmbedarf zu decken. „Geschickt nutzt er die Lücken der Boykottregelung sowie den Programmbedarf der ARD, damals die einzige Fernsehanstalt, um sich als Lieferant der begehrten Ware zu etablieren. Nach dem italienischen Film sind polnische Streifen dran, frühere Polanskis und Arbeiten von Regisseur Andrzej Wajda.“[2]
All dies geschieht unter dem Namen der Sirius Film, der ersten Firma von Leo Kirch. „1959: Mit der Gründung der Beta Film etabliert Leo Kirch eine Vertriebsgesellschaft. Heute ist Beta Film die größte nichtamerikanische Lizenzhandelsgesellschaft für die internationale Vermarktung von Filmen und TV-Serien.“[3] Im gleichen Jahr gelang es Leo Kirch auch erstmals, Filmrechte in den USA zu erwerben. Im Jahre 1960 wendete sich Kirch auch dem japanischen Filmmarkt zu und erwarb dort in einem Paket 100 Filme, darunter Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme. Im gleichen Jahr schaffte er es zudem mit der ARD ein großes Geschäft abzuschließen, indem er der Fernsehanstalt ein Filmpaket mit 700 Filmen verkaufte. Zu verdanken hatte er solche Erfolge unter anderem auch seinen guten Kontakten. So hatte er z.B. einen sehr guten Draht zu dem Einkäufer von Programminhalten der ARD Wack und zu dessen Vorgesetzten. Dies führte dazu, dass Kirch bis in die 70er Jahre hinein den überwiegenden Teil seiner Geschäfte im Rechtehandel mit der ARD machte.[4] Die TaurusFilm, welche Programme für Film und Fernsehen auf dem deutschsprachigen Markt anbietet, wurde 1963 gegründet.
Die Gründung und Inbetriebnahme des ZDF stellten für Kirch dann schließlich die Sicherung und den Ausbau seiner Stellung dar. „Die Mainzelmännchen logieren noch in ihren provisorischen Baracken in Eschborn bei Frankfurt, (...) da schafft es Kirch bereits, der Senderspitze ein Filmpaket mit 300 Titeln für rund 15 Millionen DM zu verkaufen.“[5]
Die Ära von 1965 bis 1975 sollte dann den Durchbruch für Leo Kirch bedeuten. „Zehn Jahre sind entscheidend für Leo Kirch und seine Firmengruppe. Ohne die enormen Verkaufserfolge zwischen 1965 und 1975 – hauptsächlich bei der ARD, zunehmend beim ZDF – hätte Kirch die späteren Krisen nie überstanden. Seine Programmvorräte wie sein Know-how-Vorsprung machen ihn für lange Zeit unantastbar.[6]
Mit der Einführung und Etablierung des An- und Verkaufs von „Filmpaketen“ steigt die KirchGruppe zur Nummer 1 und damit zum Monopolisten im Rechtehandel in Deutschland auf.
„Paketverkauf heißt also: Mit einigen guten Filmen der Kategorie ‚A’ werden mehrer mittlere Filme der Kategorie ‚B’ und ein ganzer Schwung von Streifen der Kategorie ‚C’ (die sonst kaum verkaufbar wären) zusammengeschnürt, dieses ‚Paket’ wird dann dem Sender angeboten und zwar zu einem Durchschnittspreis pro Film. Das bedeutet, dass die Menge des schlechten Zelluloids deutlich überbezahlt wird (denn diese Filme sind im Einkauf besonders billig); und der Sender den guten Film der Kategorie ‚A’ zu einem eher reduzierten Preis erhält.“[7]
Dieses Vorgehen wurde natürlich von verschiedenen Seiten kritisiert. Doch ganz selbstverständlich hatte man dafür auch eine Erklärung – diese heißt stabile Preise. Mittels der Durchschnittspreise für gute Filme der Kategorie ‚A’ war es den Sendeanstalten möglich, zu argumentieren, dass sie die Filme bei Kirch billiger bekämen als anderswo. „Denn jetzt kann der Sender auch gegenüber kleineren Anbietern, deren Film womöglich mehr wert ist als der Durchschnittspreis in einem der großen Kirch-Pakete, argumentieren: Ihr verkauft uns zu den gleichen Konditionen wie Kirch oder überhaupt nicht. Was konkret heißt: Ihr verkauft den Film zuvor an Kirch.“[8] Diese Geschäftspraxis machte den Rechtehandel für Leo Kirch kalkulierbar und bot den kreditgebenden Banken die notwendige Transparenz. Durch die hohen Abnahmemengen wurde Kirch erster Ansprechpartner der großen Filmstudios in den USA und damit faktisch Monopolist sowohl für Anbieter als auch für Abnehmer für die deutschsprachigen Rechte an amerikanischer Filmware.
Die enormen Umsätze nutzte Kirch auch, um seinen Neigungen – der klassischen Musik nachzugehen. Natürlich nicht ohne auf Rentabilität zu achten. Während all dieser Jahre gründete Kirch weitere Firmen: Da wäre z.B. 1964 die Cosmotel. Sie produzierte zusammen mit Herbert von Karajan klassische Musikprogramme. 1966 wurde von Klaus Hallig die International Television Trading Corporation gegründet, welche Kirch auf dem US-Amerikanischen Markt vertritt. Noch im gleichen Jahr wurde zusammen mit Karl Böhm die Firma Unitel gegründet und es wurde das Ballett ‚Schwanensee’ verfilmt. Die IdunaFilm (heute TaurusProduktion) trat 1968 seine Geschäfte als Produktionsgesellschaft für Kino- und Fernsehfilme an.
Mit der Firma Unitel wurde Kirch dann im Jahre ´74 auch auf dem Amerikanischen Markt tätig. Zusammen mit dem US Public Broadcasting Network (PBS) entstand das erste wöchentlich ausgestrahlte klassische Musikprogramm. Die Firma ISPR, ein Internationale Sportrechte-Verwertungsgesellschaft wurde 1991 zu gleichen Teilen von der KirchGruppe und dem Axel Springer Verlag gegründet und gewann in den folgenden Jahren durch die Fußball-Bundesliga und die Formel 1 an großer Bedeutung.[9]
In den 80er Jahren breitet Kirch dann seine Flügel noch weiter aus. Zum Einen investierte Kirch in Printmedien, indem er sich mit zunächst 10% am Axel Springer Verlag beteiligte. Später sollen seine Anteile auf bis zu 40,05% ansteigen und er schaffte es dadurch, auch Einfluss auf die Printmedien zu nehmen. Die, dem Axel Springer Verlag angehörende, Bildzeitung spielt dabei als Meinungsmacher eine wichtige Rolle.
Im gleichen Jahr gibt es schließlich ein erstes Pilotprojekt für private Rundfunkanstalten, welches Kirch tatkräftig unterstützte. Der Sender PKS (Vorgänger des späteren Fernsehsenders SAT1) strahlte sein Programm zunächst im Kabelprojekt Ludwigshafen aus und bekam das gesamte Unterhaltungsprogramm von Kirch kostenfrei zur Verfügung gestellt.[10]
Der Beginn des privaten Rundfunks wurde durch Anbietergemeinschaften gekennzeichnet: „ An der SAT 1 Satelliten Fernsehen GmbH mit Sitz in Mainz waren 1986 folgende Gesellschaften beteiligt: Aktuell Presse-Fernsehen (APF, 15%), Axel-Springer-Verlag (15 %), AV Euromedia (Holzbrinck-Gruppe, 15%), Neue Medien Ulm TV (1%) und die Programmgesellschaft für Kabel- und Satellitenrundfunk (PKS 40%). Weitere 13% der Anteile werden zunächst von den Gesellschaftern gemeinsam gehalten.“[11]
Im Fischer Lexikon heißt es schließlich mit Stand 1994: „Die Beta/Taurus-Gruppe von Leo Kirch ist an SAT 1 (59%), DSF (100%) und Premiere (95%) direkt beteiligt. Sein Sohn Thomas Kirch hält 58,4% der Anteile am Sender PRO 7, der wiederum 100% der Anteile an Kabel 1 besitzt. Eine horizontale Verflechtung ergibt sich zusätzlich daraus, dass Leo Kirch 35% der Aktien der Axel Springer AG hält.“[12]
Hintergrund der Beteiligungen an den privaten TV-Sendern ist die Erkenntnis, dass sich der Rechtehandel erst richtig lohnt, wenn man über eigene Abspielstationen für die bereits einmal erworbene Programmware verfügt. Die Werbewirtschaft drängt in den 80er Jahren immer stärker auf neue massenwirksame Werbeträger und –medien. Das Zukunftspotential wird im privaten Fernsehen vermutet. Das erkennt auch L.K. und richtet seine Geschäftsstrategie weiter aus. Die Idee vom „vertikalen integrierten Medienkonzern“ deutet sich langsam an.
[...]
[1] Ruzas, Treser, Elflein, Seitz, Heinrich: Insolvenz. Die Unzertrennlichen – Leo Kirch und Dieter Hahn wollen auch in Zukunft im Mediengeschäft – „wie auch immer“. FOCUS 27.05.02
[2] Radtke: Außer Kontrolle Die Medienmacht des Leo Kirch. 1996; S. 22
[3] www.kirchgruppe.de - KirchGruppe Chronologie
[4] vgl. Radtke: Außer Kontrolle Die Medienmacht des Leo Kirch. 1996; S. 25
[5] Radtke: Außer Kontrolle Die Medienmacht des Leo Kirch. 1996; S. 25
[6] Radtke: Außer Kontrolle Die Medienmacht des Leo Kirch. 1996; S. 29
[7] Radtke: Außer Kontrolle Die Medienmacht des Leo Kirch. 1996; S. 36
[8] Radtke: Außer Kontrolle Die Medienmacht des Leo Kirch. 1996; S. 37
[9] vgl. www.kirchgruppe.de - KirchGruppe Chronologie
[10] vgl. www.kirchgruppe.de - KirchGruppe Chronologie
[11] Noelle-Neumann, Schulz, Wilke: Publizistik Massenkommunikation. 2000; S. 507
[12] Noelle-Neumann, Schulz, Wilke: Publizistik Massenkommunikation. 2000; S. 507
- Quote paper
- Katharina Wilsdorf (Author), 2002, Die Kirch-Insolvenz und daraus resultierende Konsequenzen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17033
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