„Keine Größe scheint bei der Bewertung von Unternehmen in der Praxis so umstritten zu sein wie der Kalkulationszinsfuß.“ Schon eine geringe Verminderung bzw. Erhöhung führt zu einer erheblichen Steigerung bzw. Reduzierung des Unternehmenswertes. Es mag daher nicht überraschen, dass bei einer umfangreichen Erhebung zur Unternehmensbewertung unter deutschen Unternehmen im Jahre 2006 nahezu 50% der Befragten angaben, dass die Höhe des Kapitalisierungszinssatzes „häufig“ oder „sehr häufig“ zu Meinungsverschiedenheiten führe.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzes für Zwecke der Unternehmensbewertung. Dieses Problemfeld kann auf eine lange Geschichte zurückblicken: So behauptet etwa Gelhausen im Jahre 1948, dass „die Frage nach dem Kapitalisierungszinsfuß […] theoretisch als durchaus gelöst angesehen werden“ kann, wohingegen Kolbe 1959 urteilt: „Es hat den Anschein, als ob sich das Problem des Kapitalisierungszinsfußes jeder Lösungsmöglichkeit entzöge.“ Zwischen diesen beiden diametralen Ansichten bewegen sich bis heute die zahlreichen Meinungen aus der Wissenschaft und Bewertungspraxis ohne zu einer abschließenden bzw. allgemein akzeptierten Lösung zu gelangen. Der heutige Erkenntnisstand kann in groben Zügen wie folgt umschrieben werden:
Als wesentliche Komponenten des Kapitalisierungszinssatzes werden in der Literatur und der Bewertungspraxis im Allgemeinen der Basiszinssatz im Sinne des risikolosen Zinses und die Risikoprämie genannt. Als weitere Komponente hat sich in der betriebswirtschaftlichen Theorie die Berücksichtigung persönlicher Steuern des Bewertungssubjekts im Kapitalisierungszinssatz weitgehend durchgesetzt. Als vierte und letzte Komponente wird häufig der Wachstumsabschlag aufgeführt.
Im Rahmen dieser Arbeit erfolgt eine Fokussierung auf die beiden ersten Komponenten (Basiszinssatz und Risikoprämie) des Kapitalisierungszinssatzes. Dabei werden alle gängigen und darüber hinaus einige bislang selten angewendete Verfahren zur Bestimmung dieser Komponenten ausführlich dargestellt und kritisch gewürdigt. Steuern werden im Rahmen dieser Arbeit hingegen nicht von Bedeutung sein, da eine vertiefende Würdigung dieser Komponente den Rahmen dieser Arbeit deutlich übersteigen würde. Verzichtet wird ebenfalls auf eine Darstellung des Wachstumsabschlags, da dieser lediglich eine rechentechnische Vereinfachung und somit kein spezifisches Problem des Kapitalisierungszinssatzes darstellt.
Table of Contents
- Einleitung
- Grundlagen der Unternehmensbewertung
- Methodik der Unternehmensbewertung
- Methoden zur Risikoberücksichtigung in der Unternehmensbewertung
- Sicherheitsäquivalenzmethode
- Risikozuschlagsmethode
- Äquivalenzprinzipien bei der Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzes
- Funktionen des Kapitalisierungszinssatzes
- Verfahren der Unternehmensbewertung
- Discounted-Cashflow-Verfahren – Ein Überblick
- WACC-Ansatz
- APV-Ansatz
- FTE-Verfahren
- Zusammenfassung
- Basiszinssatz
- Konkretisierung des Basiszinssatzes
- Basiszinssatz als zukünftiger Zinssatz oder Stichtagszins
- Verwendung eines zukünftigen Zinssatzes
- Verwendung eines Stichtagszinses
- Würdigung
- Ermittlung der Zinsstrukturkurve
- Fortschreibung der Zinsstrukturkurve
- Ermittlung eines einheitlichen Basiszinssatzes
- Verwendung von EZB- oder Bundesbank-Daten
- Zusammenfassung
- Risikoprämie
- Capital Asset Pricing Model (CAPM)
- Kritik am CAPM
- Kritik an Prämissen
- Logische Einwände
- Empirische Bewährung
- Würdigung
- Kritik am CAPM
- Marktrisikoprämie
- Vergangenheitsorientierte Schätzung der Marktrisikoprämie
- Spezifikationsprobleme
- Festlegung des Marktportfolios
- Festlegung des Beobachtungszeitraums
- Arithmetische und geometrische Durchschnittsbildung
- Wahl des risikolosen Zinses
- Empirische Ergebnisse
- Kritik an der vergangenheitsorientierten Schätzung der Marktrisikoprämie
- Spezifikationsprobleme
- Zukunftsorientierte Schätzung der Marktrisikoprämie
- Empirische Ergebnisse
- Kritik an der zukunftsorientierten Schätzung der Marktrisikoprämie
- Würdigung der Verfahren zur Schätzung der Marktrisikoprämie
- Vergangenheitsorientierte Schätzung der Marktrisikoprämie
- Beta-Faktor
- Vergangenheitsorientierte Schätzung von Beta-Faktoren anhand historischer Kapitalmarktdaten
- Spezifikationsprobleme
- Festlegung des Marktportfolios
- Festlegung der Intervalllänge
- Festlegung des Beobachtungszeitraums
- Stabilität von Beta-Faktoren
- Analogieansätze
- Kritik an der vergangenheitsorientierten Schätzung des Beta-Faktors
- Spezifikationsprobleme
- Schätzung von Beta-Faktoren anhand fundamentaler Unternehmensdaten
- Zusammenhänge zwischen Beta-Faktor und Unternehmenskennzahlen
- Im Rahmen des CAPM theoretisch begründbare Zusammenhänge
- Im Rahmen des CAPM theoretisch nicht begründbare Zusammenhänge
- Vorgehensweise zur Schätzung fundamentaler Beta-Faktoren
- Empirische Ergebnisse der fundamentalen Prognose von Beta-Faktoren
- Kritik an der fundamentalen Schätzung des Beta-Faktors
- Zusammenhänge zwischen Beta-Faktor und Unternehmenskennzahlen
- Zukunftsorientierte Schätzung von Beta-Faktoren
- Ermittlung einer impliziten Volatilität
- Ermittlung einer impliziten Korrelation
- Ansatz zur Ermittlung der impliziten Korrelation aus Austauschoptionen
- Ansatz zur Ermittlung der impliziten Korrelation aus Minimum-/Maximumoptionen
- Kritik an der zukunftsorientierten Schätzung des Beta-Faktors
- Würdigung der Verfahren zur Schätzung des Beta-Faktors
- Vergangenheitsorientierte Schätzung von Beta-Faktoren anhand historischer Kapitalmarktdaten
- Zusammenfassung und Fazit
Objectives and Key Themes
Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzes für Zwecke der Unternehmensbewertung. Sie untersucht verschiedene Verfahren zur Ermittlung des Basiszinssatzes und der Risikoprämie sowie die verschiedenen Methoden zur Schätzung des Beta-Faktors. Die Arbeit beleuchtet die Stärken und Schwächen der einzelnen Verfahren und diskutiert kritisch deren Anwendbarkeit.
- Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzes
- Risikoberücksichtigung in der Unternehmensbewertung
- Verfahren zur Ermittlung des Basiszinssatzes
- Schätzung der Marktrisikoprämie
- Schätzung des Beta-Faktors
Chapter Summaries
Das erste Kapitel bietet eine Einleitung in die Thematik der Unternehmensbewertung und erläutert die Bedeutung des Kapitalisierungszinssatzes. In Kapitel 2 werden die Grundlagen der Unternehmensbewertung, die Methodik und die verschiedenen Verfahren zur Risikoberücksichtigung vorgestellt. Kapitel 3 befasst sich mit der Bestimmung des Basiszinssatzes, der als Grundlage für die Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes dient. Kapitel 4 widmet sich der Risikoprämie, die den Einfluss des spezifischen Risikos des Unternehmens auf den Kapitalisierungszinssatz berücksichtigt. Hier werden verschiedene Methoden zur Schätzung der Marktrisikoprämie und des Beta-Faktors präsentiert und analysiert.
Keywords
Unternehmensbewertung, Kapitalisierungszinssatz, Basiszinssatz, Risikoprämie, Beta-Faktor, CAPM, Sicherheitsäquivalenzmethode, Risikozuschlagsmethode, Discounted-Cashflow-Verfahren, WACC, APV, FTE, Zinsstrukturkurve, Marktrisikoprämie, Beta-Faktor, Fundamentalanalyse, Marktmodell, Regressionsanalyse, Implizite Volatilität, Implizite Korrelation.
- Capital Asset Pricing Model (CAPM)
- Quote paper
- Timo D'Ambrosio (Author), 2010, Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzes für Zwecke der Unternehmensbewertung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/170082