Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) entstand in einem historischen Prozess, welcher bereits 1872 mit Gustave Moynier einsetzte (Auswärtiges Amt, 2008) und sich über die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse (Nürnberger Prinzipien) sowie die Einrichtung einer Völkerrechtskommission bei den Vereinten Nationen 1946 (Wittke, 2001, S. 232), internationale und internationalisierte Ad-hoc-Gerichtshöfe, die Institutionalisierung des Internationalen Strafgerichtshof 1989 durch die Verabschiedung des Rom-Statuts durch die Vertragsstaaten, der Aufnahme der Arbeit des IStGH durch die 60. Hinterlegung einer Ratifikationsurkunde bei den Vereinten Nationen (2002) (Nürnberger Menschenrechtszentrum, Auswärtiges Amt, Goethe-Institut, 2006) bis hin zur ersten Überprüfungskonferenz in Kampala (Coalition for the International Criminal Court, 2010) fortsetzt.
Er ist ein lebendiger Ausdruck der Staatengemeinschaft für die Notwendigkeit die letzten Lücken bei der Strafverfolgung von schwersten internationalen Verbrechen zu schließen. Der IStGH leistet somit einen wichtigen Beitrag zur zunehmenden Vereinheitlichung des internationalen Strafrechts (Hermsdörfer, 2001, S. 12 f.), gleichzeitig soll und kann er die nationale Gerichtsbarkeit nicht ersetzen oder letztinstanzlich überprüfen. Das Verhältnis zu den Vertragsstaaten ist ein komplementäres und bei Ausfallerscheinungen ein absicherndes (Hermsdörfer, 2001, S. 9 f.).
Der IStGH ist ein Bestandteil des Systems Kollektiver Sicherheit innerhalb der United Nations Organization (UNO/UN), zu welchem der Internationale Gerichtshof ebenso gehört wie der UN-Sicherheitsrat. Er ist eingebunden in ein Geflecht zur Gewährleistung des internationalen Friedens durch die friedenssichernde Wirkung von Recht und Gerechtigkeit (IStGH) und durch die Wahrung und Herstellung internationaler Sicherheit (UN-Sicherheitsrat). Auf dem Spannungsverhältnis zwischen Sicherheit und Gerechtigkeit und dem damit verbundenen Verhältnis von UN-Sicherheitsrat zum IStGH (Heilmann, 2006, S. 163) liegt das Hauptaugenmerk der nachfolgenden Betrachtung. Die leitende Fragestellung ist:
Welchen Ausdruck findet das Verhältnis von Gerechtigkeit (Recht) und Sicherheit im Statut des IStGH und was bedeutet dies für die Effektivität des Internationalen Strafgerichtshofes?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das System Kollektiver Sicherheit
- Zielsetzungen des IStGH und des UN-Sicherheitsrates
- IStGH und UN-Sicherheitsrat - ein konkurrenzhaftes Verhältnis
- deferral-Kompetenz
- IStGH und UN-Sicherheitsrat - ein kooperatives Verhältnis
- Referral-Kompetenz
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert das Verhältnis des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) zum UN-Sicherheitsrat im Kontext des Systems Kollektiver Sicherheit. Sie untersucht, wie sich die beiden Institutionen in ihren Zielsetzungen und Aufgabenbereichen ergänzen, aber auch in Konkurrenz zueinander stehen, und welche Auswirkungen diese Dynamik auf die Effektivität des IStGH hat. Die Arbeit beschränkt sich auf eine de jure Betrachtung, die auf den statutarisch festgelegten Funktionsweisen und Aufgabenbereichen der beiden Institutionen basiert.
- Das Spannungsverhältnis zwischen Sicherheit und Gerechtigkeit im internationalen Strafrecht
- Die Zielsetzungen und Aufgaben des IStGH im System Kollektiver Sicherheit
- Die Rolle des UN-Sicherheitsrates im System Kollektiver Sicherheit
- Die Kompetenz des UN-Sicherheitsrates, die Zuständigkeit des IStGH zu suspendieren (deferral)
- Die Kompetenz des UN-Sicherheitsrates, den IStGH mit der Verfolgung bestimmter Verbrechen zu beauftragen (referral)
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung stellt den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) als ein wichtiges Instrument zur Strafverfolgung schwerster internationaler Verbrechen vor und beschreibt seinen historischen Entstehungsprozess. Der IStGH ist ein Bestandteil des Systems Kollektiver Sicherheit innerhalb der Vereinten Nationen und steht in einem Spannungsverhältnis zwischen Sicherheit und Gerechtigkeit. Die Arbeit untersucht die Effektivität des IStGH, indem sie die Beziehung zwischen dem UN-Sicherheitsrat und dem IStGH im Detail analysiert.
- Das System Kollektiver Sicherheit: Dieses Kapitel erläutert das System Kollektiver Sicherheit, zu dem der IStGH und die UNO gehören. Es werden die Zielsetzungen und Aufgaben des IStGH und des UN-Sicherheitsrates innerhalb dieses Systems dargestellt. Beide Institutionen streben die Wahrung und Schaffung des internationalen Friedens an, wobei sie unterschiedliche Schwerpunkte auf Sicherheit und Gerechtigkeit legen.
Schlüsselwörter
Internationale Strafgerichtshof, UN-Sicherheitsrat, System Kollektiver Sicherheit, Gerechtigkeit, Sicherheit, Rom-Statut, UN-Charta, deferral, referral, Effektivität, Spannungsverhältnis, komplementäre Gerichtsbarkeit.
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- Rick Sendelbeck (Autor), 2011, Der Internationale Strafgerichtshof & der UN-Sicherheitsrat, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/169873