Subsidiarität ist seit Jahrzehnten ein viel debattiertes Prinzip in der öffentlichen Diskussion um die Europäische Gemeinschaft. Dem Subsidiaritätsprinzip begegnet man im politischen Leben der Europäischen Union und auch in der Bundesrepublik Deutschland in vielfältiger Form. Es dient nicht nur der einfachen Verwaltung staatlicher Strukturen, sondern begünstigt auch die politische Partizipation des Einzelnen. Jedoch sind sowohl die Theorie als auch die Praxis des Subsidiaritätsprinzips heftig umstritten. Eine Vielzahl der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sehen besonders in der gegenwärtigen praktischen Anwendung des Subsidiaritätsgrundsatzes eine starke Zentralisierungstendenz, welche von den Institutionen der Europäischen Union ausgeht. Zudem wird seitens der Mitgliedsstaaten die Frage nach der Legitimation der gemeinschaftlichen Handlungen sowie Festsetzungen von Verordnungen und Richtlinien gestellt. Parallel dazu hat sich in der Wissenschaft eine Diskussion ergeben, in welchem Maße und zu welchem Prozentsatz die Union die nationalstaatlichen Gesetze beeinflusst. Hierbei wurde die These aufgestellt, dass bereits eine achtzigprozentige Beeinflussung durch die Europäische Union auf die Gesetzgebung der Mitgliedsstaaten mit zunehmender Tendenz geben ist.
In dieser Hausarbeit soll nun untersucht werden, ob die praktische Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips letztendlich zu einer Zentralisierung der Europäischen Union führt. Um diese These zu überprüfen, sollen zunächst die rechtlichen Hintergründe auf europäischer Ebene geklärt sowie die Auslegung des Subsidiaritätskonzepts seitens der Gemeinschaft und seitens der Mitgliedsstaaten dargestellt werden. Anschließend werden zwei für die Europäische Union wichtige Politikbereiche, Umwelt und Wirtschaft, in Hinblick auf die Subsidiaritätsumsetzung näher beleuchtet. Hierbei soll veranschaulicht werden, inwieweit das Subsidiaritätsprinzip in diesen Bereichen zur Anwendung kommt und Tendenzen, welche für oder gegen eine Zentralisierung in diesen Politikfeldern sprechen, diskutiert werden. Abschließend wird auf die wissenschaftliche Diskussion um die oben genannte 80-Prozent-These näher eingegangen und die Kritiken um die Subsidiarität auf Europäischer Ebene gegenübergestellt.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Definitionen
- 2.1 Subsidiarität
- 2.2 Zentralismus
- 3 Entwicklung der rechtlichen Grundlagen der Subsidiarität
- 3.1 Der Weg des Subsidiaritätsprinzips in das europäische Gemeinschaftsrecht
- 3.2 Die Subsidiarität gemäß Maastrichter Vertrag
- 3.3 Die Fortentwicklung des Subsidiaritätsprinzips nach Maastricht
- 4 Auslegung der Subsidiarität im europäischen Kontext
- 4.1 Die Erwartungen der Mitgliedsstaaten an das Subsidiaritätsprinzip
- 4.2 Die Subsidiarität aus Sicht der europäischen Institutionen
- 5 Fallbeispiele zur Praxis der Subsidiarität
- 5.1 Umweltpolitik
- 5.2 Wirtschaftspolitik
- 6 Kritik an der Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips
- 7 Fazit
- 8 Literaturverzeichnis
- 8.1 Monographien
- 8.2 Aufsätze
- 8.3 Internetquellen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht, ob die praktische Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips in der Europäischen Union zu einer Zentralisierung führt. Die Arbeit analysiert die rechtlichen Grundlagen der Subsidiarität, deren Auslegung durch die EU-Institutionen und die Mitgliedsstaaten, und beleuchtet die Anwendung des Prinzips in den Bereichen Umwelt- und Wirtschaftspolitik. Die wissenschaftliche Diskussion um den Einfluss der EU auf die nationale Gesetzgebung, insbesondere die sogenannte "80-Prozent-These", wird ebenfalls berücksichtigt.
- Rechtliche Grundlagen des Subsidiaritätsprinzips in der EU
- Auslegung des Subsidiaritätsprinzips durch die EU-Institutionen und Mitgliedsstaaten
- Fallbeispiele zur praktischen Umsetzung der Subsidiarität (Umwelt- und Wirtschaftspolitik)
- Kritik an der Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips
- Diskussion der "80-Prozent-These" bezüglich des Einflusses der EU auf nationale Gesetzgebung
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema ein und stellt die zentrale Forschungsfrage nach dem Zusammenhang zwischen der praktischen Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips und einer möglichen Zentralisierung der Europäischen Union. Sie skizziert den Forschungsansatz und die Struktur der Arbeit, die die rechtlichen Grundlagen, die unterschiedlichen Auslegungen des Prinzips, Fallbeispiele aus der Umwelt- und Wirtschaftspolitik und die wissenschaftliche Kritik an der Umsetzung beleuchten wird.
2 Definitionen: Dieses Kapitel definiert die Kernbegriffe "Subsidiarität" und "Zentralismus". Subsidiarität wird historisch im Kontext des römischen Heeres und der katholischen Soziallehre beleuchtet, bevor ihre Bedeutung im europäischen Gemeinschaftsrecht erläutert wird. Zentralismus wird anhand seines griechischen Ursprungs und seiner normativen und strukturellen Aspekte in staatlicher und gesellschaftlicher Hinsicht definiert. Der Unterschied zwischen organisatorischer und funktioneller Komponente des Zentralismus wird herausgearbeitet.
3 Entwicklung der rechtlichen Grundlagen der Subsidiarität: Dieses Kapitel beschreibt die historische Entwicklung des Subsidiaritätsprinzips im europäischen Recht, beginnend mit frühen Ansätzen im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und seiner späteren formalen Aufnahme in die europäischen Verträge. Die Entwicklung wird chronologisch dargestellt, wobei die Bedeutung und Intention des Prinzips im Kontext der jeweiligen europäischen Verträge hervorgehoben wird.
4 Auslegung der Subsidiarität im europäischen Kontext: Dieses Kapitel befasst sich mit der Auslegung des Subsidiaritätsprinzips aus verschiedenen Perspektiven. Es analysiert einerseits die Erwartungen der Mitgliedsstaaten an das Prinzip und andererseits die Sichtweise der europäischen Institutionen. Die verschiedenen Interpretationen und die daraus resultierenden Differenzen werden kritisch betrachtet.
5 Fallbeispiele zur Praxis der Subsidiarität: In diesem Kapitel werden anhand von Fallbeispielen aus der Umwelt- und Wirtschaftspolitik die praktische Anwendung des Subsidiaritätsprinzips in der EU untersucht. Es wird analysiert, inwieweit das Prinzip in diesen Bereichen tatsächlich angewendet wird und welche Tendenzen (für oder gegen eine Zentralisierung) erkennbar sind. Die Analyse fokussiert auf die jeweiligen politischen Prozesse und deren Ergebnisse.
6 Kritik an der Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips: Dieses Kapitel fasst die wissenschaftliche Kritik an der praktischen Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips zusammen. Es wird auf die Diskussion um die "80-Prozent-These" eingegangen, die von einem starken Einfluss der EU auf die nationale Gesetzgebung ausgeht. Die Kapitel analysiert die Argumente der Kritiker und bewertet deren Bedeutung im Kontext der Zentralisierungsdebatte.
Schlüsselwörter
Subsidiarität, Zentralisierung, Europäische Union, Gemeinschaftsrecht, Mitgliedsstaaten, Umweltpolitik, Wirtschaftspolitik, Legitimation, 80-Prozent-These, nationale Gesetzgebung, Integration, Dezentralisierung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Hausarbeit: Subsidiarität und Zentralisierung in der EU
Was ist der Gegenstand dieser Hausarbeit?
Die Hausarbeit untersucht, ob die praktische Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips in der Europäischen Union zu einer Zentralisierung führt. Sie analysiert die rechtlichen Grundlagen, die Auslegung durch die EU-Institutionen und Mitgliedsstaaten, und die Anwendung des Prinzips in der Umwelt- und Wirtschaftspolitik. Die "80-Prozent-These" zum Einfluss der EU auf die nationale Gesetzgebung wird ebenfalls betrachtet.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit umfasst die rechtlichen Grundlagen des Subsidiaritätsprinzips, dessen Auslegung durch die EU und die Mitgliedsstaaten, Fallbeispiele aus Umwelt- und Wirtschaftspolitik, Kritik an der Umsetzung und die Diskussion der "80-Prozent-These". Die Definitionen von Subsidiarität und Zentralismus bilden die Grundlage der Analyse.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in mehrere Kapitel gegliedert: Einleitung, Definitionen (Subsidiarität und Zentralismus), Entwicklung der rechtlichen Grundlagen der Subsidiarität, Auslegung der Subsidiarität im europäischen Kontext, Fallbeispiele (Umwelt- und Wirtschaftspolitik), Kritik an der Umsetzung, Fazit und Literaturverzeichnis.
Welche Definitionen von Subsidiarität und Zentralismus werden verwendet?
Subsidiarität wird historisch beleuchtet (römisches Heer, katholische Soziallehre) und im Kontext des europäischen Gemeinschaftsrechts erläutert. Zentralismus wird anhand seines griechischen Ursprungs und seiner normativen und strukturellen Aspekte definiert, wobei der Unterschied zwischen organisatorischer und funktioneller Komponente herausgearbeitet wird.
Wie wird die Entwicklung der rechtlichen Grundlagen der Subsidiarität dargestellt?
Die Entwicklung wird chronologisch dargestellt, beginnend mit frühen Ansätzen im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl bis hin zur formalen Aufnahme in die europäischen Verträge. Die Bedeutung und Intention des Prinzips in den jeweiligen Verträgen wird hervorgehoben.
Welche Perspektiven werden zur Auslegung des Subsidiaritätsprinzips betrachtet?
Die Arbeit analysiert die Erwartungen der Mitgliedsstaaten an das Subsidiaritätsprinzip und die Sichtweise der europäischen Institutionen. Die verschiedenen Interpretationen und resultierenden Differenzen werden kritisch betrachtet.
Welche Fallbeispiele werden untersucht?
Die Arbeit untersucht Fallbeispiele aus der Umwelt- und Wirtschaftspolitik, um die praktische Anwendung des Subsidiaritätsprinzips zu analysieren und Tendenzen (für oder gegen Zentralisierung) zu erkennen. Der Fokus liegt auf den politischen Prozessen und deren Ergebnissen.
Wie wird die Kritik an der Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips behandelt?
Die Arbeit fasst die wissenschaftliche Kritik zusammen, insbesondere die Diskussion um die "80-Prozent-These", die von einem starken Einfluss der EU auf die nationale Gesetzgebung ausgeht. Die Argumente der Kritiker und deren Bedeutung im Kontext der Zentralisierungsdebatte werden bewertet.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Subsidiarität, Zentralisierung, Europäische Union, Gemeinschaftsrecht, Mitgliedsstaaten, Umweltpolitik, Wirtschaftspolitik, Legitimation, 80-Prozent-These, nationale Gesetzgebung, Integration, Dezentralisierung.
- Quote paper
- Björn Piechotta (Author), Andrea Bormann (Author), 2010, Führt die praktische Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips zu einer Zentralisierung der Europäischen Union?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/169753